Beim
dauerhaften oder zumindest mittelfristigen Verbleib im menschlichen
oder tierischen Körper
führen
Implantate verschiedenster Ausführungsformen
in einem nicht zu vernachlässigendem
Umfang zu Abstoßungsreaktionen
des Körpers,
die die Funktionalität
des Implantats und den Heilungserfolg der mit der Implantation verbundenen
Therapie mindern. Dieses Problem stellt sich insbesondere bei Stents
sowie Elektroden für
Herzschrittmachern, Defibrillatoren, Knochen- oder Neurostimulatoren.
Aber
nicht nur die bloße
Anwesenheit des Implantates kann Ausgangpunkt entzündlicher
Prozesse sein, sondern auch schon der Vorgang der Implantati on selbst
kann ursächlich
an entzündlichen
Prozessen im Körper
beteiligt sein. Unter Entzündung
wird die vom Bindegewebe und den Blutgefäßen getragene Reaktion des
Organismus auf einen äußeren oder
innerlich ausgelösten
Entzündungsreiz
mit dem Zweck, diesen zu beseitigen oder zu inaktivieren und die
reizbedingte Gewebsschädigung
zu reparieren verstanden. Auslösend wirken
mechanische Reize (Fremdkörper,
Druck, Verletzung) und andere physikalische Faktoren (ionisierende Strahlen,
UV-Licht, Wärme,
Kälte),
chemische Stoffe (Laugen, Säuren,
Schwermetalle, bakterielle Toxine, Allergene und Immunkomplexe)
sowie Erreger (Mikroorganismen, Würmer, Insekten) beziehungsweise
krankhafte Stoffwechselprodukte (entgleiste Enzyme, bösartige
Tumore). Die durch die genannten auslösenden Faktoren komplexen zellbiologischen
Prozesse gehen in der Regel mit der Freisetzung sogenannter Wachstumsfaktoren
wie FGF, PDGF und EGF einher, die die Proliferation, das heißt die Vermehrung
von Gewebe durch Wucherung oder Sprossung, anregen.
Unter
bestimmten medizinischen Indikationen sollte die Proliferation allerdings
zumindest temporär gehemmt
werden. Um der reproduktiven Aktivität der Zellen oder Organismen
entgegenzuwirken ist es beispielsweise bekannt Mitosehemmer, ionisierende
Strahlen oder Interferone zur Virenbekämpfung einzusetzen.
Besondere
Anforderungen bestehen bei der Behandlung von koronaren Herzerkrankungen.
Koronare Herzerkrankungen, insbesondere akute Myokardinfarkte, stellen
in Westeuropa und Nordamerika eine der häufigsten Todesursachen dar.
In mehr als 80% der Fälle
ist die Ursache des Myokardinfarktes der thrombotische Verschluss
einer Koronararterie z.B. bedingt durch Ruptur einer atheromatösen Plaque
bei vorbestehender stenosierender Atheromatose. Entscheidende Faktoren
für die
Langzeitprognose nach akutem Myokardinfarkt sind:
- – eine effektive
und langanhaltende Wiedereröffnung
der Infarktarterie,
- – die
Dauer des thrombotischen Gefäßverschlusses,
- – die
Verhinderung eines größeren Myokardverlustes
und eines ventrikulären
Remodeling,
- – die
Beherrschung rhythmogener Komplikationen.
Die
genannten Faktoren bestimmen nicht nur die kardiovaskuläre Mortalität, sondern
auch die Lebensqualität
nach dem Infarkt.
Seit
mehr als zwanzig Jahren sind nicht-operative Methoden zur Stenose-Behandlung etabliert,
bei denen u.a. durch Ballondilatation (PTCA Perkutane Transluminale
Coronare Angioplastie) das verengte oder verschlossene Blutgefäß wieder
aufgeweitet wird. Dieses Vorgehen hat sich insbesondere bei der
Therapie des akuten Myokardinfarktes bewährt. Mit dem Aufweiten des
Blutgefäßes entstehen
allerdings kleinste Verletzungen, Einrisse, Dissektionen in der
Gefäßwand, die
zwar häufig
problemlos verheilen, jedoch in etwa einem Drittel der Fälle durch
das ausgelöste
Zellwachstum zu Wucherungen führen
(Proliferation), die letztendlich zu einer erneuten Gefäßverengung
(Restenose) führen.
Die Aufweitung beseitigt auch nicht die Ursachen der Stenose, also
die pathologischen Veränderungen
in der Gefäßwand. Eine
weitere Ursache der Restenose ist die Elastizität des gedehnten Blutgefäßes. Nach
dem Entfernen des Ballons zieht sich das Blutgefäß übermäßig zusammen, so dass der Gefäßquerschnitt
verringert wird (Obstruktion, sogenanntes negatives remodeling).
Letzterer Effekt kann nur durch Platzierung eines Stents vermieden
werden.
In
der interventionellen Therapie der stabilen und instabilen Angina
pectoris bei koronarer Herzkrankheit, hat die Einführung der
Stents zu einer deutlichen Reduktion der Rate an Restenosen und
damit zu besseren Langzeitresultaten geführt. Dies gilt sowohl für die primäre als auch
die Rezidivstenose. Ursächlich
für den
Nutzen der Stent-Implantation ist der höhere primäre Lumengewinn.
Durch
den Einsatz von Stents kann zwar ein optimaler Gefäßquerschnitt
erreicht werden, allerdings führt
der Einsatz von Stents ebenfalls zu kleinsten Verletzungen, die
die Proliferation induzieren können
und damit letztendlich eine Restenose auslösen können. Weiterhin initiiert die
Anwesenheit eines derartigen Fremdkörpers eine Kaskade von zellulären molekularen
Prozessen, die zu einem allmählichen
Zuwachsen des Stents führen
können.
Mittlerweile
bestehen umfangreiche Erkenntnisse zum zellbiologischen Mechanismus
und zu den auslösenden
Faktoren der Stenose und Restenose. Die Restenose entsteht – wie bereits
erläutert – als Reaktion der
Gefäßwand auf
die lokale Verletzung infolge der Dehnung des atherosklerotischen
Plaque. Über
komplexe Wirkmechanismen wird die lumengerichtete Migration und
Proliferation der glatten Muskelzellen der Media und der Adventitia
induziert (neointimale Hyperplasie). Unter Einfluss verschiedener
Wachstumsfaktoren produzieren die glatten Muskelzellen eine Deckschicht
aus neointimalen Glattmuskelzellen und Matrixproteinen (Elastin,
Kollagen, Proteoglykane), deren ungesteuertes Wachstum allmählich zu
einer Einengung des Lumens führen
kann. Systemische medikamentöse
Therapieeinsätze
sehen u.a. die orale Verabreichung von Calzium-Antagonisten, ACE-Hemmern,
Antikoagulantien, Antiaggregantien, Fischölen, antiproliferativen Substanzen,
antiinflammatorischen Substanzen und Serotonin-Antagonisten vor,
signifikante Reduktionen der Restenosearten wurden auf diesem Wege
bisher jedoch nicht erreicht. Eine mögliche Erklärung für die enttäuschenden Ergebnisse aller
bisherigen Versuche systemischer Applikation verschiedenster Substanzen
ist darin zu sehen, dass eine systemische Applikation die Substanz
nicht in ausreichender Konzentration an die Stelle der Gefäßverletzung
bringen kann.
Derzeit
werden 80% aller Stents aus medizinischem Stahl (316L) hergestellt.
Im Laufe der Zeit zeigte sich allerdings, dass das eingesetzte Material
zwar biokompatibel, aber über
mittlere und lange Zeiträume
teils eine Thrombosebildung und teils eine Adhäsion von Biomolekülen an ihrer
Oberfläche
förder ten.
Ein Ansatzpunkt zur Lösung
dieser Problematik sind Stents mit einer Beschichtung aus einem
biokompatiblen Material.
Teilweise
dient die Beschichtung als Träger,
in die ein oder mehrere pharmakologisch wirksame Subtanzen eingebettet
sind (Local Drug Delivery, LDD). Durch die lokale Applikation kann
ein höherer
Gewebsspiegel erreicht werden, wobei die systemische Substanzabgabe
gering bleibt und damit die Gefahr einer systemischen toxischen
Wirkung verringert wird. Die Beschichtungssysteme bedecken in der
Regel zumindest eine der Gefäßwand zugewandte
Umlaufswandung des endovaskulären
Implantates. Als Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen für LDD-Systeme
wurden bisher zahlreiche Präparate
vorgeschlagen, z. B. Paclitaxel, Actinomycin, Sirolimus, Tacrolimus,
Everolimus und Dexamethason.
Der
Träger
derartiger Beschichtungssysteme besteht aus einem biokompatiblen
Material, welches entweder natürlichen
Ursprungs ist oder auf synthetischem Wege gewonnen werden kann.
Eine besonders gute Verträglichkeit
und die Möglichkeit,
die Elutionscharakteristik des eingebetteten Arzneistoffs zu beeinflussen
bieten biodegradierbare Beschichtungsmaterialien. Beispiele für die Verwendung
biodegradierbarer Polymere sind Cellulose, Kollagen, Albumin, Casein,
Polysaccharide (PSAC), Polylactid (PLA), Poly-L-lactid (PLLA), Polyglykol
(PGA), Poly-D,L-lactid-co-glycolid (PDLLA/PGA), Polyhydroxybuttersäure (PHB),
Polyhydroxyvaleriansäure
(PHV), Polyalkylcarbonate, Polyorthoester, Polyethylenterephthalat
(PET), Polymalonsäure (PML),
Polyanhydride, Polyphosphazene, Polyaminosäuren und deren Copolymere sowie
Hyaluronsäure
und ihre Derivate.
Unter
Biodegradation werden hydrolytische, enzymatische und andere stoffwechselbedingte
Abbauprozesse im lebendem Organismus verstanden, die zu einer allmählichen
Auflösung
zumindest großer
Teile des Implantats führen.
Synonym wird häufig
der Begriff Biokorrosion verwendet. Der Begriff Bioresorption umfasst
zusätzlich
die anschließende
Resorption der Abbauprodukte.
Implantierbare
Elektroden zur Stimulation von Körpergewebe,
insbesondere zur Verwendung in Herzschrittmachern, Defibrillatoren,
Knochen- oder Neurostimulatoren, sind in großer Vielgestaltigkeit bekannt.
Der weit überwiegende
Anteil derartiger Stimulationselektroden basiert auf metallischen
Werkstoffen, da diese zur Übertragung
elektrischer Ströme
an lebendes Gewebe auf Grund ihrer guten Leitfähigkeit prädestiniert sind. Andere Lösungen sehen
den Einsatz von leitfähigen
Polymeren vor (z. B.
US 5,080,099 ).
Für den Gebrauchswert
einer implantierbaren Stimulationselektrode – insbesondere einer solchen,
die für
den Langzeiteinsatz an einem Gewebestimulator mit einer erschöpfbaren
Energiequelle gedacht ist und daher zum minimalen Energieverbrauch
beitragen muss – sind
eine hohe Elektrodenkapazität
und damit niedrige Elektrodenimpedanz und ein möglichst hoher Grad an Biokompatibilität von herausragender
Bedeutung.
In
den ersten Wochen nach der Implantation von Stimulationselektroden
ist allgemein eine temporäre Reizschwellenerhöhung festzustellen,
die sich auf lokale Entzündungserscheinungen
des anliegenden Gewebes zurückführen lassen.
Diese Entzündungserscheinungen
führen
außerdem
zu einem ungünstigen
Einwachsverhalten der Stimulationselektroden, was langfristig die
Stimulationseigenschaften des Systems negativ beeinflusst. Ein Ansatzpunkt
zur Lösung
der Problematik besteht darin Gewebsirritationen durch eine spezielle
Beschichtung mit einer biokompatiblen Substanz zu vermeiden. Ergänzend wird
die Abgabe von entzündungshemmenden
Wirkstoffen vorgeschlagen.
Es
ist demnach allgemein bekannt, Beschichtungen auf Implantaten aufzubringen,
die die Gewebeverträglichkeit
erhöhen
und damit die Gefahr von Abstoßungsreaktionen
unterschiedlichster Ausprägung
mindern.
Die
geschilderten Maßnahmen
im Bereich der Implantatsbeschichtungen haben bisher allerdings
nur einen begrenzten Erfolgt gehabt. Es besteht demnach nach wie
vor ein großer
Bedarf an einer den ungewünschten
zellbiologi schen Prozessen gegensteuernden Beschichtung, die gegebenenfalls
auch alternativ oder in Ergänzung
zu bestehen Beschichtungen Einsatz finden kann.
Eine
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine zumindest
alternative Beschichtung für
Implantate bereitzustellen, die einen positiven Effekt auf die zellbiologischen
Vorgänge
nach der Implantation ausübt.
Eine
weitere Aufgabe besteht darin, neue medizinische Verwendungen für die magnesiumhaltigen
Bestandteile der Beschichtung anzugeben.
Gemäß einem
ersten Aspekt der Erfindung wird die gestellte Aufgabe gelöst durch
eine Beschichtung für
eine äußere Oberfläche eines
medizinischen Implantats, die Magnesium oder eine Magnesiumlegierung oder
ein Magnesiumsalz enthält.
Es
hat sich überraschender
Weise herausgestellt, dass die Anwesenheit von Magnesium – sei es
in elementarer Form, als Legierung oder in Form seiner Salze – eine äußerst positiven
Effekt auf die zellbiologischen Vorgänge nach der Implantation medizinischer
Implantate ausübt.
Dieser positive Effekt äußert sich
unter anderem darin, dass übliche
Entzündungsreaktionen
des Körpers,
die auf die Anwesenheit des Implantates bzw. auf den Vorgang der
Implantation zurückzuführen sind,
unterdrückt
oder zumindest gemindert werden. Dies führte wiederum dazu, dass die
Gewebeverträglichkeit
insgesamt erhöht
wird und z. B. im Bereich von Stents die Restenoseraten weiter sinken.
Die genauen physiologischen Ursachen und Wirkmechanismen, die diesen überraschenden
Effekt des Magnesiums auf umgebene Gewebe begründen, sind derzeit noch nicht gänzlich geklärt. Bekannt
ist, dass Magnesium als Aktivator des Zuckerabbaus, als Stabilisator
von Plasmamembranen, intrazellulären
Membranen und Nukleinsäuren
sowie als Ca-Antagonist wirken kann (Altura et al., Magnesium in
Cellular Processes and Medicine, Basel; Karger 1987). Weiterhin
scheint eine ausreichende Magnesiumversorgung der Arteriosklerose
vorzubeugen (Der inform. Arzt 10, Nr. 11-52 (1982)). Magnesium ist
zudem an der Nukleinsäurensynthese
im Zellkern und der oxidativen Phosphorilierung in den Mytochondrien
beteiligt und spielt eine Rolle bei der Biosynthese von Fettsäuren.
Unter
elementarem Magnesium im Sinne der Erfindung wird hier ein metallischer
Werkstoff verstanden, der zu mindestens 99,5 Gew.% aus Magnesium
besteht, wobei eine an der Luft durch Oxidation entstandene Passivierungsschicht
aus Magnesiumoxid unberücksichtigt
bleibt.
Als
Magnesiumlegierungen im Sinne der Erfindung werden alle Legierungen
verstanden, bei denen Magnesium im Vergleich zu allen weiteren Komponenten
den höchsten
Gewichtsanteil an der Legierung und zudem mindestens 20 Gew.% aufweist,
insbesondere bei denen Magnesium gleich oder mehr als 50 Gew.%, besonders
bevorzugt bei denen Magnesium gleich oder mehr als 70 Gew.%, an
der Legierung besitzt. Im Sinne der Erfindung besonders geeignete
Magnesiumlegierungen sind biodegradierbar, d. h. sie werden aufgrund hydrolytischer,
enzymatischer und anderer stoffwechselbedingte Abbauprozesse im
lebenden Organismus allmählich
aufgelöst.
Vorzugsweise enthalten diese Legierungen Zusätze wie Aluminium, Mangan,
Zink, Kupfer, Nickel, Cer, Seltenerdmetalle einschließlich Yttrium
und Zirkonium, Silber, Silizium oder Beryllium, besonders bevorzugt
sind dabei Magnesiumlegierungen folgender Zusammensetzung:
Magnesium: | > 90% |
Yttrium: | 3,7%–5,5% |
Seltene
Erden (ohne Yttrium): | 1,5%–4,4% |
Rest: | < 1 % |
wobei die Prozentangaben sich auf Gew.% beziehen.
Eine besonders bevorzugte Magnesiumlegierung ist WE 43 (W25/EP5M),
das einen Zirkoniumanteil von etwa 0,5 Gew.%, einen Yttriumanteil
von etwa 4,1 Gew.%, einen Neodymanteil von etwa 2,2 Gew.% und einen
Anteil anderer Bestandteile der Legierung von etwa < 0,4 Gew.% besitzt.
Die biodegradierbaren Magnesiumlegierungen – insbesondere die Legierungen
mit den genannten Bereichsgrenzen sowie die spezielle Legierung
WE 43 – scheinen
die beobachtete positive physiologische Wirkung auf die Gewebsumgebung
noch stärker
zu unterstützen,
wobei nicht klar ist, worauf dieser Effekt genau beruht.
Werden
Magnesiumsalze eingesetzt, so sollten diese soweit in einem physiologischen
Medium, wie zum Beispiel Blut, lösbar
sein, dass sich die gewünschten
Effekte des Magnesiums einstellen. Unter der Begriff „im physiologischen
Medium lösbar" wird neben den rein
physikalischen Vorgängen
bei auch – analog
den Vorgängen
beim Abbau des Magnesiums bzw. der Magnesiumlegierung – ein allmählicher
Abbau des Salzes aufgrund von hydrolytischen, enzymatischen oder
stoffwechselbedingten Prozessen im lebenden Organismus verstanden.
Entsprechend ungeeignet erscheinen damit Gegenionen des Magnesiums,
die Salze bilden, die nur in einem sehr geringen Maße in physiologischen
Flüssigkeiten
löslich
sind oder durch Biodegradation abgebaut werden können. Besonders geeignet sind
dagegen Salze des Magnesiums aus der Gruppe der Chloride, Phosphate,
Hydrophosphate, Carbonate, Hydroxide und Oxide. Ebenfalls besonders
geeignet sind Magnesiumsalze von Asparagin-, Orot-, Glutamin-, Ascorbin-,
Glucon-, Lävulin-,
Milch-, Zitronensäure
und andere Carbon- oder Aminosäuren.
Eine
weitere bevorzugte Ausführungsform
der Erfindung sieht vor, dass die Beschichtung eine die äußere Oberfläche des
Implantats bedeckende Schicht aus einem Trägermaterial, insbesondere biodegradierbaren
Trägermaterial,
umfasst. Dieses Trägermaterial
enthält
Magnesium, die Magnesiumlegierung oder das Magnesiumsalz und ist
so beschaffen, dass es eine allmähliche
Freisetzung von des Magnesiums, der Magnesiumlegierung oder des
Magnesiumsalzes z.B. aufgrund von Diffusionsprozessen und/oder allmählicher
Degradation erlaubt. Durch die Diffusion und den Abbau des Trägermaterials
im Körper
werden demnach die genannten magnesiumhaltigen Bestandteile all mählich freigesetzt.
Der Vorteil der Einbindung in ein Trägermaterial liegt darin, dass
die Freisetzung sehr gleichmäßig erfolgen
kann und die freigesetzten Partikel eine sehr viel größere Oberfläche, als
vergleichbare direkte Beschichtungen aus Magnesium, Magnesiumlegierungen oder
Magnesiumsalzen besitzen. Letzterer Effekt kann insbesondere dadurch
noch unterstützt
werden, dass Mikropartikel mit einem Durchmesser im Bereich von
etwa 1–100 μm, insbesondere
von etwa 5–20 μm Einsatz finden.
Eine große
Oberfläche
erlaubt eine intensivere Wechselwirkung mit dem das Implantat umgebenden Gewebe,
wobei in der Regel die positiven Effekte des Magnesiums auf die
physiologischen Abläufe
in diesem Gewebe verstärkt
werden.
Vorzugsweise
werden als biodegradierbare Trägermaterialien
ein oder mehrere ggf. derivatisierte Polymere aus der Gruppe Hyaluronsäure, Polyglykolide
(PGA) und deren Coplymere, Polylactide (PLA) inclusive Stereoisomere
und Copolymere von PLA; wie Poly-L-lactide (PLLA), Poly-D-lactide
(PDLA), Poly-DL-lactide (PDLLA),
L-Lactide/DL-LactideCopolymere und L-Lactide/D-Lactide-Copolymere, asymmetrische 3,6-substitutierte
Poly-1,4-dioxan-2,5-dione,
Poly-β-hydroxybutyrat
(PHBA), Poly-β-hydroxypropionat
(PHPA), Poly-β-dioxanon
(PDS), Poly-δ-valerolacton,
Poly-ε-caprolacton,
Polyesteramide, Polyester von Oxalsäure, Polyalkyl-2-cyanoacrylate,
Polypeptide, Chitinpolymere eingesetzt. Selbstverständlich ist
die Auswahl der geeigneten biodegradierbaren Polymere nicht auf
die vorgenannte Liste beschränkt,
sondern es können
auch Polymere mit ähnlichen
Eigenschaften, wie sie beispielsweise in den US-Patenten 4,700,704,
4,655,497, 4,649,921, 4,559,945, 4,532,928 beschrieben sind, eingesetzt
werden. Die Polymere können
zudem weitere Additive enthalten, die als Stabilisatoren, Antioxidantien
oder dergleichen für
eine geeignete Bearbeitung bzw. Stabilisierung des Materials notwendig
sind.
Die
magnesiumhaltige Schicht muss selbstverständlich nicht die gesamte Oberfläche des
Implantats bedecken, sondern kann auch nur partiell, z.B. im Bereich
dazu vorgesehener Kavitäten
im Grundkörper,
aufgebracht sein. Im Sinne der Erfindung sind wieterhin auch Beschichtungssysteme
zu verstehen, bei denen die magnesiumhaltige Schicht in einen porösen Grundkörper ein gearbeitet
ist, d.h. das diese Schicht bildende Material in den Poren des Grundkörpers eingebracht
ist.
Ein
zweiter Aspekt der Erfindung betrifft Implantate, die eine zumindest
bereichsweise die erfindungsgemäße Beschichtung
tragen.
In
den ersten Wochen nach der Implantation von Stimulationselektroden,
sei es für
Herzschrittmacher, als auch für
Defibrilatoren wird oft eine temporäre Reizschwellenerhöhung festgestellt,
die vermutlich auf lokale Entzündungserscheinungen
des anliegenden Gewebes zurückzuführen ist.
Diese Entzündungserscheinungen
führen
außerdem
zu einem ungünstigen
Einwachsverhalten der Elektroden, was langfristig die Stimulationseigenschaften
des Systems negativ beeinflusst. Durch die erfindungsgemäße magnesiumhaltige
Beschichtung kann dieses Problem behoben oder zumindest abgemindert
werden. Daher werden Elektroden mit der Beschichtung gesondert beansprucht.
Im
Zuge einer akuten Myokardtherapie werden sehr häufig Stents implantiert. Durch
spezifische mikrobiologische Prozesse kommt es jedoch oftmals im
Laufe der Zeit zu einem erneuten Verschluss des geöffneten
Gefäßes (Restenose).
Dem kann wirkungsvoll mit der erfindungsgemäßen magnesiumhaltigen Beschichtung
entgegengewirkt werden. Daher werden Stents, insbesondere Koronarstents
mit der Beschichtung gesondert beansprucht.
Ein
dritter Aspekt der Erfindung liegt in der Verwendung von Magnesium,
einer Magnesiumlegierung oder eines Magnesiumsalzes zur Herstellung
einer die Proliferation von humanen glatten Muskelzellen hemmenden
pharmazeutischen Formulierung.
Es
hat sich nun überraschenderweise
gezeigt, dass die Proliferation von humanen glatten Muskelzellen,
insbesondere arteriellen Muskelzellen, in Gegenwart von Magnesium,
Magnesiumlegierungen und/oder Magnesiumsalzen deutlich gehemmt wird.
Insbesondere kann durch Einsatz dieser Elemente die neointimale Hyperplasie
nach Ballondilatation vermindert oder gar gänzlich verhindert werden. Besondere
geeignet erscheint die Verwendung von Magnesium, Magnesiumlegierungen
und/oder Magnesiumsalzen zur Behandlung sklerotischer, vorzugsweise
atherosklerotischer Läsionen.
Bei den die Restenose begründenden
pathophysiologischen Prozessen spielt die Proliferation von zuvor
aus der Media migrierten glatten Muskelzellen eine entscheidende
Rolle. Eine Hemmung des Zellwachstums über einen bestimmten Zeitraum
bis die das Wachstum stimulierenden Faktoren größtenteils oder vollständig abgebaut
sind kann daher einer Restenose wirksam vorbeugen. von Magnesium,
Magnesiumlegierungen und/oder Magnesiumsalzen eignen sich somit
insbesondere zur Restenoseprophylaxe nach Stentimplantation. Die
Gründe
für die überraschende
pharmazeutische Wirkung von Magnesium, Magnesiumlegierungen und/oder
Magnesiumsalzen auf humane arterielle glatte Muskelzellen sind noch
nicht gänzlich
geklärt.
Vermutlich spielen die an sich bekannten vasodelatorischen Effekte, die
Magnesium auslösen
kann eine Rolle. Hinweise auf die anti-proliferative Wirkung von
Magnesium, dessen Legierungen oder dessen Salzen in pharmazeutischen
Formulierungen finden sich im Stand der Technik nicht.
Ein
vierter Aspekt der Erfindung betrifft pharmazeutische Formulierungen,
die Magnesium, Magnesiumlegierungen und/oder Magnesiumsalze enthalten
und bei der die Formulierung zur intravaskulären Freisetzung nach Implantation
in ein vaskuläres
Gefäß angepasst
ist. Nach diesem Aspekt der Erfindung soll insbesondere eine lokale
Applikation der Wirkstoffe im Bereich der zu behandelnden Läsion erfolgen.
Derartige Ansätze
lassen sich unter dem Begriff 'local
drug delivery' (LDD)
zusammenfassen.
Die
pharmazeutischen Formulierungen können alle zuvor bei der Beschreibung
der Beschichtung erörterten
Zusammensetzungen aufweisen. So kann die Formulierung auch eine
Magnesiumlegierung sein, bei der Magnesium im Vergleich zu allen
weiteren Komponenten den höchsten
Gewichtsanteil an der Legierung und zudem mindestens 20 Gew.% aufweist,
insbesondere bei der Magnesium gleich oder mehr als 50 Gew.%, besonders
bevorzugt bei der Magnesium gleich oder mehr als 70 Gew.%, an der
Legierung besitzt. Werden Magnesiumsalze für die Formulierungen eingesetzt,
so sollten diese soweit in einem physiologischen Medium, wie zum
Beispiel Blut, lösbar
sein, dass sich die gewünschten
Effekte des Magnesiums einstellen. Unter der Begriff „im physiologischen
Medium lösbar" wird neben den rein
physikalischen Vorgängen
bei auch – analog den
Vorgängen
beim Abbau des Magnesiums bzw. der Magnesiumlegierung – ein allmählicher
Abbau des Salzes aufgrund von hydrolytischen, enzymatischen oder
stoffwechselbedingten Prozessen im lebenden Organismus verstanden.
Eine
vorteilhafte Anpassung der pharmazeutischen Formulierung besteht
darin, dass die Formulierung einen zumindest weitestgehend biodegradierbaren
Träger
umfasst, der in vivo mit einem vorbestimmten Degradationsverhalten
abgebaut wird. Unter dem Begriff „Degradationsverhalten" wird der über die
Zeit durch chemische, thermische, oxidative, mechanische oder biologische
Prozesse stattfindende Abbau des Trägers im lebenden Organismus
verstanden.
Besonders
geeignete Magnesiumlegierungen sind biodegradierbar, d. h. sie werden
aufgrund hydrolytischer, enzymatischer und anderer stoffwechselbedingte
Abbauprozesse im lebenden Organismus allmählich aufgelöst. Eine
weitere, besonders geeignete Formulierung auf Basis einer Magnesiumlegierung
hat folgende Zusammensetzung:
Magnesium: | > 90% |
Yttrium: | 3,7%–5,5% |
Seltene
Erden (ohne Yttrium): | 1,5%–4,4% |
Rest: | < 1 % |
wobei sich die Prozentangaben auf Gew.% beziehen.
Vorzugsweise umfasst die Formulierung ferner eine Magnesiumlegierung
mit einem Gehalt von Yttri um im Bereich von 3,7 bis 5,5 Gew.%, einem
Gehalt von Neodym im Bereich von 1,8 bis 2,7 Gew.% und einem Gehalt
von Zirconium im Bereich von 0,2 bis 1,2 Gew.%. Besonders bevorzugt
entspricht die Formulierung der kommerziell erhältlichen Magnesiumlegierung
WE43 (W-25 EP 5M). Die vorgenannten Materialien und Angaben zur
Zusammensetzung zeichnen sich durch ihre gute Verarbeitbarkeit und
günstiges
Freisetzungsverhalten für
Magnesium beim in vivo-Abbau des Trägers aus. Aus der Literatur
ist u.a. eine Studie zum Degradationsverhalten einer Magnesiumlegierung
unter physiologischen Bedingungen bekannt, die Hinweise dazu liefert,
welche Faktoren und Maßnahmen
bei der Optimierung der Wirkstofffreisetzung zu beachten sind (Levesque,
J., Dube, D., Fiset M. and Mantovani, D. (2003) Material Science Forum
Vols. 426–432,
pp. 225–238).
Nach
einer weiteren Variante der erfindungsgemäßen Formulierung ist der Träger ein
biodegradierbares Polymer und das Magnesium, die Magnesiumlegierung
und/oder das Magnesiumsalz wird in Form von Pulvern oder Mikropartikeln
in das Polymer eingebettet. Durch den allmählichen Abbau des Polymers
in vivo wird das Pulver beziehungsweise werden die Mikropartikel
langsam freigesetzt und können
nach Bioresorption ihre pharmakologische Wirkung entfalten. Der
polymere Träger
kann insbesondere Hyaluronsäure,
Poly-L-Lactid oder ein Derivat der Polymere sein.
Die
nachfolgenden Verfahrensbeschreibungen eignen sich insbesondere
zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Beschichtung auf Stents
oder Stimulationselektroden und illustriert einen Weg, wie die Erfindung
ausgeführt
werden kann.
Nach
einer ersten beispielhaften Variante wird ein bereits in der Schichtabfolge
dem späteren
Produkt entsprechender rohrförmiger
Rohling zur Herstellung eines Stents verwendet. Die Wandungen des
rohrförmigen
Rohlings bestehen aus mindestens zwei Schichten unterschiedlicher
Werkstoffe, wobei eine ca. 1–100 μm dicke Außenschicht
des rohrförmigen
Rohlings aus Magnesium oder einer Magnesiumlegierung geformt ist. Zumindest
eine weiter innen liegende Schicht erfüllt die mechanischen Eigenschaften,
die zur Stützung
einer Gefäßwand im
medizin-technischen Sinne erforderlich sind. Diese innere Schicht
kann beispielsweise aus medizinischem Stahl, wie 316L, bestehen.
Es können
auch weitere Schichten vorhanden sein, die z. B. die Ausbildung
von Lokalelementen zwischen unterschiedlich edlen Metallen im Implantat
verhindern sollen. Auch die Innenseite des rohförmigen Rohlings kann von einer
dünnen
Schicht aus Magnesium oder einer Magnesiumlegierung bedeckt sein.
Aus dem rohrförmigen
Rohling wird der Stent unter Einsatz bekannter Schnitttechniken,
z.B. mittel Laser, geschnitten. Derartige Schnitttechniken sind
hinlänglich
bekannt, so dass sich ein näheres
Eingehen hierauf erübrigt.
Das zuvor beschriebene Vorgehen eignet sich analog zur Herstellung
von Implantaten, die mit einer Magnesiumlegierung, z.B. WE 43, beschichtetet
sind.
Nach
einer zweite Variante wird eine Beschichtung aus Magnesium oder
einer Magnesiumlegierung auf dem Implantat, z.B. einem metallischen
Stent, abgeschieden. Eine Abscheidung erfolgt mit Hilfe bekannter Abscheidungsverfahren,
wie Sputtern, galvanische Verfahren, PVD oder CVD. Alle diese Verfahren
sind in ihrer Durchführung
dem Fachmann hinlänglich
geläufig,
so dass sich ein näheres
Eingehen hierauf erübrigt.
Gemäß einer
dritten Variante der erfindungsgemäßen Beschichtung kann das Magnesium,
die Magnesiumlegierung oder das Magnesiumsalz in ein biodegradierbares
Trägermaterial
eingebettet sein. Das magnesiumhaltige Material wird dazu z.B. in
Partikelform einer Lösung
des aufzubringenden Trägermaterials
zugesetzt. Die entstehende Dispersion, bei der zu Zwecken einer
möglichst
homogenen Verteilung und Vereinfachung der Aufbringung die magnesiumhaltigen
Partikel möglichst
in Form von Mikropartikeln vorliegen, werden dann mit herkömmlichen
Sprüh-
oder Tauchverfahren auf die Implantatsoberfläche aufgebracht. Auch ein derartiges
Bearbeitungsverfahren von Implantatsoberflächen sind dem Fachmann hinlänglich bekannt
und bedürfen
keiner tiefergehenden Erläuterung
an dieser Stelle.