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Die
Erfindung betrifft eine Anordnung zur Prozesszustandsklassifikation
bei der Messdatenverarbeitung träger
Eingangsgrößen, zum
Beispiel in Anlagen zur anaeroben Biogasproduktion.
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In
den letzten Jahren sind eine Reihe von Biogasanlagen errichtet worden,
die erfolgreich zur Energieversorgung beitragen. Jedoch treten in
der Praxis immer wieder Probleme beim Anlagenbetrieb auf. Dies führt dazu,
dass Anlagen ihre ökonomischen
Potenziale nicht ausschöpfen.
Ursachen dafür
sind überwiegend in
der unzureichenden Qualität
der Prozessführung
der Biogasanlagen zu sehen. Ungünstig
gewählte
Substratzufuhrmengen und Substratzusammensetzungen, insbesondere
bei Anlagen im Co-Substratbetrieb und unzulängliche Kenntnisse des Anlagenpersonals
auf der einen Seite und im Hinblick auf Online-Messtechnik unterinstrumentierte
Anlagen auf der anderen Seite, verursachen die mangelnde Qualität der Prozessführung.
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Anaerobe
Fermentationen sind immer dann problematisch, wenn die Substratzufuhr
hinsichtlich Raumbelastung und Zusammensetzung nicht homogen ist.
In einer komplexen Mischkultur, wie sie bei der Biogaserzeugung
aus organischen Reststoffen vorliegt, kann es dabei zu Schwankungen
innerhalb einer adaptierten Population und damit in der Gesamtstoffwechselleistung
kommen.
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Der
worst-case beim Betrieb von Biogasanlagen ist das „Umkippen" des Fermenters.
Vom „Umkippen" wird gesprochen,
wenn der Säuregehalt
im Fermenter einen kritischen Wert erreicht, so dass keine Methanbildung
mehr möglich
ist. Der Gärprozess
kommt damit zum Stillstand. Hauptgrund für das „Umkippen" ist eine Überladung des Fermenters mit
organischer Substanz, z.B. durch Schwankungen der Zudosiermengen
und der Substratzusammensetzungen. Besonders bei Co-Fermentationen
ist die Gefahr des Prozessversagens sehr hoch.
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Zur
Verhinderung solch kritischer Verfahrenszustände wurden intelligente Regelsysteme
entwickelt. Ein solches System unter Verwendung der Fuzzy Logik
wird von Murnleitner (E. Murnleitner „Zustandserkennung und Regelung
der anaeroben Abwasserreinigung mit Hilfe der Fuzzy Logik", Fortschritts-Berichte
des VDI, Reihe 15: Umwelttechnik, Band 237 [2002], VDI Verlag Düsseldorf,
ISBN 3-18-323715-6) vorgeschlagen. Ein Nachteil dieser Lösung besteht
darin, dass u.a. Prozessgrößen verwendet
werden, die nur offline erfassbar sind, wie COD (Chemische Sauerstoffzehrung
(engl. chemical oxygen demand)), Gehalt an oTS (Organische Trockensubstanz)
und die Konzentration an VFA (Flüchtige
organische Fettsäuren
(engl. volatile fatty acid)) und daher ein echtes Prozesszustandsmonitoring
nicht ermöglichen.
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Holubar
u.a. schlagen die Verwendung neuronaler Netze für die Prozesskontrolle bzw.
Prozessregelung von Biogasfermentationen vor (Holubar, P., Zani,
L., Hager, M., Fröschl,
W., Radak, Z., Braun, R.: Verwendung neuronaler Netze für die Prozesskontrolle
bzw. Prozessregelung von Biogasfermentationen, Konferenz-Einzelbericht: Virtuelle
Instrumente in der Praxis, Begleitband zum Kongress VIP 2000 (Automation),
S. 135 ff., VDE-Verlag Berlin u. Offenbach, ISBN 3-8007-2473-1). Der Nachteil
dieser Lösung
besteht im fehlenden Prozessmonitoring hinsichtlich klassifizierter
Prozesszustände.
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Die
Nachteile vorhandener Lösungen
des Standes der Technik bestehen also in einer fehlenden Möglichkeit,
die betreffenden Prozesse einer wirksamen und onlinefähigen Zustandskontrolle
zu unterwerfen, die ein Prozessversagen mit hoher Sicherheit verhindert
und eine stabile und hohe Biogasausbeute sichert.
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Die
erfindungsgemäße Anordnung
zur Prozesszustandsklassifikation kann die Gefahr eines Prozessversagens
bei der Anaerobfermentation minimieren, den Prozessablauf verbessern
und damit die Biogasausbeute erheblich steigern.
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Die
online verfügbare
Information über
den Prozesszustand, in Form der Ausgabe einer Betriebsklasse, kann
entweder als Monitoring- bzw. Entscheidungshilfesystem den Anlagenfahrer
bei seinen Prozesseingriffen (z.B. Zusammensetzung und Menge der
zugeführten
Substrate) unterstützen
oder als Steuerinformation direkt für die Realisierung von automatischen
Prozesseingriffen genutzt werden.
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Die
erfindungsgemäße Anordnung
zur Prozesszustandsklassifikation ist entsprechend dem Hauptanspruch
zusammengesetzt und gem. der Unteransprüche weiter ausgestaltet.
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Das
Wesen der Erfindung besteht darin, dass innerhalb der Anordnung
zur Prozesszustandsklassifikation in einer speziellen Einheit zur
Merkmalsbildung vorverarbeitete Daten zu Prozessmerkmalen verdichtet werden.
Diese Prozessmerkmale charakterisieren den Prozesszustand innerhalb
der Änderungsintervalle
der Prozessgrößen und
gestatten die optimale Steuerung des Prozesses mit den an sich bekannten
Steuerungsverfahren.
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Die
Erfindung wird nachstehend an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert. Dabei
zeigen zugehörige
Zeichnungen in
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1:
Bestandteile der Datenkonditionierung
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2:
online erfasste Prozessgrößen und
eine Verdeutlichung ihrer Separation in Zyklus- und Tageskurven
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3:
die Struktur eines Systems zur Prozesszustandsklassifikation mit
normierten Merkmalen
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4:
Verläufe
von Online-Merkmalen, Ergebnisse von Offline-Analysen, Prozesszustände in Form der
Einordnung der Merkmale in Prozesszustandsklassen sowie die Trennungsgrundlage
für Trainings-
und Recalldatensatz
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5:
einen Entscheidungsbaum zur Einschätzung des Prozesszustandes
des Biogasprozesses mit Hilfe von Online- und Offline-Kenngrößen
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6:
eine Darstellung der Werte der Prozessmerkmale als Gitterdiagramm
für vier
Prozesszustände
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7:
Merkmale und Ergebnisse des Klassifikatorsystems in der Trainings-
und Anwendungsphase (Recall)
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8:
Merkmale zur Charakterisierung eines Einzelmesswertes und Merkmale
zur Charakterisierung des zeitlichen Verlaufes eines Mess-Signals
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9:
Berechnungsvorschriften der ausgewählten Merkmale Teil 1
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10:
Berechnungsvorschriften der ausgewählten Merkmale Teil 2
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Das
Ausführungsbeispiel
betrifft Biogasanlagen kleinerer Leistungsklasse mit unterschiedlicher Co-Substratzusammensetzung,
bei denen aber ein relativ gleichbleibender Substratinput (Substratdosierung QS
und hydraulische Verweilzeit HRT relativ konstant) und eine stoßweise Substratzu-
und abfuhr vorhanden sind.
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Ziel
der Anwendung der Erfindung innerhalb des Prozesszustandserfassungsverfahrens
soll die Einschätzung
des Prozesszustandes durch Prozessmonitoring mittels definierter
Prozesszustandsmerkmale auf Grundlage online erfasster Prozesskennwerte
sein.
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Das
Verfahren basiert auf nachfolgend genannten Online-Prozessparametern
bzw. -messgrößen:
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Die
dem Ausführungsbeispiel
der Erfindung zu Grunde liegende Biogasanlage besitzt 5,5 Liter
Fermentervolumen. An dieser Anlage wird ein Fermentationsprozess
mit Gülle
als Grundsubstrat, Ei und Öl
als Co-Substraten, sowie Katzenfutter als Modellsubstrat für Schlachtabfälle über eine
Zeitraum von 59 Tagen durchgeführt.
Die Anlage arbeitet mit einer konstanten Substratzu- und -abfuhr
(Substratzufuhrmenge QS = 275 ml, hydraulische Verweilzeit HRT =
20 d). Die Prozessbeeinflussung wird durch Variation der Menge an organischer
Trockensubstanz oTS im zugegebenen Co-Substrat realisiert. Die Abtastrate
des Messdatenerfassungssystems liegt bei 10 Minuten.
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Zusätzlich zur
Erfassung der Online-Prozessparameter werden einmal pro Zykluszeit
Offline-Analysen von Fermenterproben durchgeführt, um die Parameter Gesamtsäurekonzentration
der Fermenterprobe cGS,Destille (ermittelt
durch Destillationsverfahren), Essigsäurekonzentration der Fermenterprobe
cES,HPLC (ermittelt durch Hochleistungsflüssigkeitschromatographie
HPLC) und Propionsäurekonzentration
der Fermenterprobe cPS,HPLC (ermittelt durch
Hochleistungsflüssigkeitschromatographie
HPLC) zu bestimmen. Die Erfassung dieser Offline-Prozessparameter
ist notwendig, um unter Verwendung eines entwickelten Entscheidungsbaumes
den Prozesszustand für
die Lernmuster zu charakterisieren. Die Zykluszeit beschreibt den
Zeitabstand zwischen zwei Substratzuführungen. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel
wird einmal täglich
Substrat zu- und abgeführt,
wodurch die Zykluszeit 24 h beträgt.
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Das
Verfahren, innerhalb dessen die erfindungsgemäße Anordnung zur Prozesszustandsklassifikation
bei der Messdatenverarbeitung träger
Eingangsgrößen zur
Anwendung kommt, beginnt mit der Erfassung und Konditionierung der
benötigten
Daten.
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Dies
beinhaltet zunächst
die Erfassung von Prozessdaten – Online-Prozessmessdaten,
ggf. Prozesseingriffe sowie Offline-Prozessdaten – durch
ein Messsystem, vorteilhafterweise ein PC-basiertes Messsystem.
Die aufgezeichneten Daten müssen
dabei einen weiten Bereich von Prozesszuständen abdecken. Die Art der
Prozessmessdaten bzw. überwachten
Prozessgrößen wurde
in Hinblick auf ihre Relevanz für
das zu erstellende Prozessmodell und/oder das Prozessführungssystem
im Vorfeld der Messungen oder aber auch nach Sichtung der Zeitreihen
mit Hilfe eines Prozessexperten ausgewählt und verifiziert. Nach Abschluss
der Datenaufzeichnung erfolgt eine Datenkonditionierung mit den
in 1 gezeigten Hauptschritten.
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Die
aufgezeichneten Prozessdaten spiegeln das Prozessverhalten wider
und bilden quasi eine experimentelle Prozessanalyse. Zur Interpretation
dieser Daten und zur Auswahl möglicher
Verfahren der Datenkonditionierung ist es i.d.R. notwendig und zweckmäßig, einen
Prozessexperten für
die Datenanalyse zu Rate zu ziehen.
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Den
ersten Schwerpunkt der Datenkonditionierung bildet die Datenvorverarbeitung.
Bei dieser steht die Aufbereitung der Rohdaten im Vordergrund. Da
Rohdaten häufig störungsbehaftet
sind, werden geeignete Verfahren zur Datenglättung oder Filterung eingesetzt,
um die Zeitdatenreihen möglichst
gut interpretierbar zu gestalten. Gebräuchliche Methoden sind Hochpassfilter
und Spikeeliminierer zur Beseitigung punktueller Messwertausreißer. Weiterhin
müssen
die Messsignale in die physikalischen Einheiten der Größen umgerechnet
werden, die sie prozesstechnisch repräsentieren. Für diese
Skalierung werden häufig
Umrechnungsvorschriften in Polynomform genutzt. Die Signalskalierung
als erster Schritt der Datenvorverarbeitung wird durch eine übliche Mess-Software
realisiert. Gleiches gilt für
die Glättung
und die Filterung der Mess-Signale.
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Die
Datenverarbeitung beginnt mit einer Normierung der Prozessgrößen auf
bestimmte Wertebereiche. Dies kann auch mit Hilfe moderner Mess-Steuer-Regel-Softwaresysteme vollzogen
werden. Die für
die Normierung zu verwendenden Zeitreihen-Kenngrößen „Minima" und „Maxima" werden für eine spätere Möglichkeit zur Denormierung
gespeichert. Bei Prozessen, bei denen sich bestimmte Vorgänge oder
Zustände
zyklisch wiederholen – z.B.
Feed-Batch-Prozesse in der Biotechnologie mit stoßweisen
Substratzu- und -abfuhren -, ist es sinnvoll, die Datenreihen dem
Intervallzyklus anzupassen, d.h., die Separation der Messdatenreihen
in Zykluskurven vorzunehmen.
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Die
stoßweise
Substratzuführung
erfolgt im vorliegenden Ausführungsbeispiel
einmal täglich.
Diese Betriebsart ist typisch für
kleinere landwirtschaftliche Biogasanlagen. Ein Prozesszyklus entspricht
der Zeitspanne zwischen zwei Substratzuführungen, d.h. 24 Stunden bzw.
1 Tag. Er enthält
144 Messwerte. Andere Zykluszeiten können bei der Systemerstellung
Berücksichtigung
finden.
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2 verdeutlicht
diesen Separationsvorgang. Dargestellt sind Online-Verläufe der
sechs Prozessgrößen über einen
Zeitraum von 59 Tagen, wobei die Abtastrate der Messgrößen TADC 10 min beträgt. Unterhalb jeder Gesamtzeitreihe
sind jeweils drei Zykluskurven abgebildet – es sind dies Reihe 8, 34,
42 und 54, die Reihen-Nummer entspricht der Anzahl der Tage ab Versuchsbeginn.
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Der
Separationszeitpunkt wurde so gewählt, dass noch 5 Abtastpunkte
der jeweiligen Prozessgröße vor der
Substratzugabe mit in die Zykluskurve des aktuellen Prozess zyklus
eingeschlossen sind. Die Zykluskurven repräsentieren dadurch sehr gut
das Prozessverhalten im Betrachtungszeitraum, z.B. fallende pH-Wertverläufe direkt
nach der Zugabe, die in einer Stabilisierungsphase allmählich wieder
ansteigen. Durch die tägliche
Substratzugabe und die dadurch bedingten, sich zyklisch wiederholenden
charakteristischen Signalverläufe
in den Gesamtzeitreihen, weisen auch die Zykluskurven charakteristische
Eigenschaften auf, die in allen Zykluskurven der beobachteten Prozessgröße auftreten.
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Weiterhin
repräsentieren
die Zykluskurven in geeigneter Weise das Prozessverhalten. Ein nach
der Zudosierung nicht ansteigender pH-Wert ist z.B. ein Indiz für eine fehlende
Stabilisierungsphase, wodurch eine Versäuerung des Reaktors und damit
eine Prozessinstabilität
eintreten kann. Durch die Charakterisierung des zeitlichen Verlaufes
der Zykluskurven der Prozessgrößen lässt sich
damit eine Reihe von Aussagen über
das Prozessverhalten treffen.
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Von
entscheidender Bedeutung für
die Datenkonditionierung und damit für das Klassifikationssystem ist
die erfindungsgemäße Merkmalsbildung
in der zusätzlichen
Einheit der beanspruchten Anordnung, auf die im Folgenden detailliert
eingegangen wird.
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Um
eine dem menschlichen Verhalten bei der Anlagenbedienung/Prozessführung analoge
Vorgehensweise mit einem automatisierten Prozessführungssystem
nachbilden zu können,
müssen
Merkmale aus den Signalen gewonnen werden, die den Verlauf der Signale
zweckmäßig beschreiben
(Merkmalsextraktion). Diese Merkmale sind im Allgemeinen numerische
Kennzahlen, die mit Methoden der digitalen Signalverarbeitung oder
der Zeitreihenanalyse aus den Messsignalen gewonnen werden und müssen online
berechenbar sein. Für
diese spezielle Merkmalsbildung besitzt die beanspruchte Anordnung
zur Prozesszustandsklassifikation die erfindungsgemäß zusätzlich vorhandene
Einheit zur Prozessmerkmalsbildung, die die in der Einheit zur Datenbe-
und -verarbeitung bearbeiteten Prozessgrößen zu Prozessmerkmalen verdichtet,
die den Zustand des Prozesses definiert charakterisieren können.
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Als
geeignet für
das zu erstellende Klassifikationssystem von Prozessmerkmalen erwiesen
sich die nachfolgend aufgelisteten Merkmale. Diese wurden durch
Expertengespräche,
Korrelationsuntersuchungen und Zeitreihenanalysen aus einer Reihe
möglicher
Merkmalsbildungsvorschriften ausgewählt.
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Die
Bildungsvorschriften für
die genannten Merkmale zeigen die 9 und 10.
Durch die Merkmalsbildung werden aus den Zeitreihen definierte Informationen
extrahiert, wodurch einerseits bestimmte Aussagen über die
Signalverläufe
ermöglicht
werden und andererseits auch eine Kompression von Messwerten einer
Zeitreihe zu einem oder mehreren diskreten Merkmalswerten erfolgt.
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Die
Merkmale zur Beschreibung des zeitlichen Verlaufes eines Mess-Signals
besitzen i.d.R. einen höheren
Informationsgehalt als die Merkmale eines Einzelwertes. Sie können dafür jedoch
erst nach Ende des Betrachtungszeitraumes berechnet werden. Zur
Charakterisierung des zeitlichen Verlaufes eines Mess-Signals existieren
eine Reihe von Möglichkeiten.
Häufig
werden statistische Kenngrößen wie
z.B. der Mittelwert, oder die Spannweite der betrachteten Zeitreihe,
eingesetzt.
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Ausgangsbasis
für die
Merkmalsbildung sind die vorverarbeiteten oder konfektionierten
Signale, die eine Abtastung diskreter Funktionen der Zeit darstellen.
Merkmale die zur Beurteilung von Signalen herangezogen werden, können nach 8 in
zwei Gruppen gegliedert werden:
- • Merkmale
zur Charakterisierung eines Einzelmesswertes
- • Merkmale
zur Charakterisierung des zeitlichen Verlaufes eines Messsignals
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Die
Separation in Zykluskurven sowie die Merkmalsbildung kann, wie die
Schritte der Datenvorverarbeitung und Datenverarbeitung, mit modernen
MSR-Softwaresystemen durchgeführt
werden. Diese erlauben häufig
in Form einer eigenen Makrosprache auch komplexere Algorithmen.
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Der
Datenkonditionierung schließt
sich die Erstellung des Klassifikators an. Grundlagen von Klassifikatoren
sind beispielsweise Algorithmen von Selbstorganisierenden Neuronalen
Netzen (SOM) und Fuzzy-Kohonen-Clustering-Netzen (FKCN).
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Die
Struktur des Systems zur Klassifikation des Prozesszustands an Biogasanlagen
mit den benutzen Ein- und Ausgangsgrößen zeigt 3.
Das System klassifiziert die unter Verarbeitung der online in jedem
Zyklus berechneten Merkmale in eine vordefinierte Klasse des Prozesszustandes.
Dabei wird nach jedem Prozesszyklus mit der Abtastzeit des Prozessführungs-
bzw. Klassifikationssystems TPSF = 24h (bei
täglicher
Substratzugabe) das Klassifikationsergebnis berechnet, ausgegeben
und auf einem Display angezeigt (Monitoringsystem).
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Das
Klassifikationssystem arbeitet mit Merkmalsdatensätzen, die
auf Basis von Online-Prozessdaten, wie zuvor beschrieben, erzeugt
wurden.
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4 zeigt
die Verläufe
von Merkmalen, die an der Biogasanlage des Ausführungsbeispiels während eines
Komplexversuches gewonnen wurden und die als Eingangswerte des Klassifikators
dienen. Für
die Bestimmung des Prozesszustandes wurden zusätzlich Daten von offline durchgeführten Substratanalysen
verwendet. Zusätzlich
sind die Dauer und die Abfolge der Teilversuche, die Trennungsgrundlage
für Trainings- und
Recalldatensatz, die gewünschte
vorgegebene Prozesszustandsklasse (Ausgang des Klassifikators),
sowie die Ergebnisse der begleitenden (organische Trockensubstanz
einer Fermenterprobe oTSFerm, Gesamtsäurekonzentration
der Fermenterprobe cGS durch Hochleistungsflüssigkeitschromatografie
HPLC) und zur Prozesszustandsidentifikation notwendigen (Gesamtsäurekonzentration
der Fermenterprobe cGS durch Destillation,
Essigsäurekonzentration
cES durch Hochleistungsflüssigkeitschromatografie
HPLC, Propionsäurekonzentration
cPS durch Hochleistungsflüssigkeitschromatografie
HPLC) Offline-Analysen von Fermenterproben dargestellt.
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Zur
Beurteilung des Prozesszustandes wird ein Entscheidungsbaum nach
5 verwendet.
Mit Hilfe des Entscheidungsbaumes kann der Prozesszustand durch
eine Klassierung von Prozessdaten (Online-Merkmale und Offline-Analyseergebnisse)
in eine der vier Klassen beschrieben werden, die nachfolgend aufgezeigt sind:
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Die
in den inneren Pfaden des Entscheidungsbaumes zur Klassierung notwendigen
Ergebnisse der Offline-Analysen von Fermenterproben sind nur im
Rahmen der Generierung des Trainingsdatensatzes notwendig (für den Recalldatensatz
als Überprüfungsgrundlage).
Aufgabe des Klassifikationssystems ist es, die diesem präsen tierten
Merkmalswerte auf Basis der online erfassten Prozessparameter in
die vier Prozessklassen einzuordnen (unüberwachtes Lernen). Die Labelingphase
ordnet den Prozessklassen ihre Bedeutung zu. In der Anwendung (Recall)
klassifiziert das System die Online-Merkmalswerte selbständig in
eine der vier Prozesszustandsklassen.
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Dass
die Prozesszustandsklassifikation im Anwendungsfall bzw. im Recall
ausschließlich
auf Basis der Online – Merkmalswerte
möglich
ist (Anwendung des Systems durch Klassierung von Merkmalen des höher dimensionalen
Merkmalsraums), zeigt 6 in der Darstellung aller Merkmale
des Versuchsdatensatzes als Gitternetzdiagramm. Hier sind alle Kombinationen
der Merkmale für
jede Zustandsklasse im Diagramm eingetragen und flächenmäßig verbunden.
Die Unterscheidung der sich durch die Punktepaare der Flächen ergebenden
Formen ist visuell möglich.
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Das
Klassifikationssystem wurde in einer Realisierungsform auf Mikrocontroller-Basis
durch die Beaufschlagung der Eingänge des Systems mit den Online-Prozessdaten
bzw. Prozessmerkmalen des Trainings- und des Recalldatensatzes getestet.
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7 zeigt
relevante Merkmalsverläufe,
die Vorgaben für
die zu detektierende Prozesszustandsklasse und die Klassifizierungsergebnisse
des Systems bilden. Das System eignet sich sehr gut zur gewünschten Prozesszustandsklassifikation
auf Grundlage der erläuterten
Online-Merkmale. Sowohl beim Test mit Trainingsdaten als auch bei
der Anwendung des Systems auf Datensätze, die nicht für den Lernvorgang
verwendet wurden (Recall), kann der Prozesszustand fehlerfrei detektiert
werden und entspricht der Einschätzung,
die mit Hilfe des Entscheidungsbaumes aus 5 getroffen
wurde.
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- CGS,Dest.
- Gesamtsäurekonzentration
der Fermenterprobe, ermittelt durch
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- Destillation
- CES,HPLC
- Essigsäurekonzentration
der Fermenterprobe, ermittelt durch HPLC
- cPS,HPLC
- Propionsäurekonzentration
der Fermenterprobe, ermittelt durch HPLC
- CH4
- Methan
- CO2
- Kohlendioxid
- FKCN
- Fuzzy-Kohonen-Clustering-Network
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- (Neuronales
Netz mit Fuzzy-Strukturen)
- GP
- Gasproduktion
- GPR
- Gasproduktionsrate
- HPLC
- Hochleistungsflüssigkeitschromatographie
- HRT
- Hydraulische
Verweilzeit
- MSR
- Messen-Steuern-Regeln
- Nl
- Normliter
- oTS
- Organische
Trockensubstanz
- pH
- pH-Wert
- PZ
- Prozesszustand
- QS
- Volumen
an zu- und gleichzeitig abgeführtem
Substrat (Substratdosie
-
- rung)
- SOM
- Selbstorganisierendes
Neuronales Netz
- TADC
- Abtastzeit
der Datenkonditionierung
- TPFS
- Abtastzeit
des Prozessführungs-
bzw. Klassifikatorsystems