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Verfahren zur Desoxydation von Metallschmelzen mit Kohlenstoff im
Vakuum Es ist bekannt, daß die Herstellung von Metallen und Metallegierungen mit
definierten Gehalten an Gasen und entgasend wirkenden Stoffen deshalb zu Schwierigkeiten
führt, weil sich oberhalb der Schmelze entweder als Atmosphäre oder in der Schlacke
oder in beiden bei der Entgasung gebildete Reaktionserzeugnisse einstellen, unter
deren Einfluß es zu Gleichgewichtszuständen in der Schmelze kommt, welche die vollständige
Durchführung der beabsichtigten Reaktion erschweren oder verhindern. Im Sonderfall
sei auf den bekanntesten Desoxydationsprozeß der Metallurgie verwiesen. Beispielsweise
können bei der Erschmelzung von reinem Eisen und von Stahllegierungen, wenn sie
nach dem üblichen Verfahren unter Normaldruck und unterhalb einer Schlackendecke
bewirkt wird, weder vollständige Desoxydationen noch vollkommene Entkohlungen durchgeführt
werden, weil die Reaktion FeO+C c C O+Fe infolge der sich über der Schmelze einstellenden
Kohlenoxydatmosphäre quantitativ nicht zu Ende geführt werden kann. Vielmehr sind
Kohlenstoff und Sauerstoff in der Schmelze im Gleichgewicht nebeneinander vorhanden,
wobei das Verhältnis der beiden Komponenten zueinander im wesentlichen vom Kohlenstoffgehalt
und vom Gehalt an weiteren Legierungsbestandteilen abhängig ist.
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Will man praktisch kohlenstoff- und sauerstofffreie Stähle herstellen,
so kann dies nur dadurch bewirkt werden, daß der Druck der Kohlenoxydansammlung
oberhalb der Schmelze erniedrigt wird. Aus diesen Gründen ist man bereits dazu übergegangen,
die Herstellung bestimmter Stähle nur im Vakuum durchzuführen, wobei eine exakte
Analyse der Ausgangsstoffe erforderlich ist, um im Enderzeugnis einen unerwünscht
hohen Kohlenstoff- oder Sauerstoffgehalt vermeiden zu können.
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Bei der Herstellung von reinstem Eisen, das sich bei praktischer Sauerstoff-
und Kohlens.tofffreiheit durch besonders günstige magnetische Werte, insbesondere
durch sehr niedrige Wattverluste auszeichnet, ist man beispielsweise so vorgegangen,
daß die Ausgangsstoffe mit einem gewissen Sauerstoffüberschuß im Vakuumraum niedergeschmolzen
und dann längere Zeit bis zur vollständigen Dissoziation des in der Schmelze enthaltenen
Eisenoxyds unter Vakuum behandelt wurden. Da die Dissoziation nur sehr langsam verläuft,
hat man auch bereits versucht, die Desoxydation mittels einer chemischen Reaktion
mit Hilfe von Wasserstoff zu beschleunigen, indem reines Wasserstoffgas auf das
Schmelzbad aufgeblasen wird. Durch Fortsetzung des Schmelzverfahrens unter Vakuum
konnte dann ein gasfreies Enderzeugnis mit äußerst niedrigen Sauerstoff- und Kohlenstoffgehalten
erzielt werden.
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Das bekannte Verfahren ist jedoch unwirtschaftlich. Es muß ein erheblicher
baulicher Aufwand getrieben werden, um den Wasserstoff erzeugen bzw. heranschaffen,
umlaufen und regenerieren zu können. Außerdem aber führt das bekannte Verfahren
zu der entscheidenden Schwierigkeit, daß das Ende der Reaktion 02+2H2#e2H20 während
der Durchführung des Verfahrens ebensowenig wie beim einfachen Dissoziationsverfahren
genau genug erkannt bzw. erfaßt werden kann, so daß aus Vorsichtsgründen die Behandlungsdauer
über das absolut richtige Maß fortgesetzt werden muß. Weiter wird die nachträgliche
Entfernung des Wasserstoffes notwendig, dessen Diffusionsgeschwindigkeit bei Stahl
in geschmolzenem Zustand relativ gering ist, so daß sehr lange Behandlungszeiten
erforderlich werden, wenn man die -erforderliche Freiheit des Enderzeugnisses von
Wasserstoff erreichen will.
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Es muß weiterhin noch berücksichtigt werden, daß neben den Reaktionen
innerhalb der Schmelze ständig eine Reaktion zwischen Schmelze und Tiegelmaterial
nebenhergeht, die zu einer laufenden Sauerstoffaufnahme aus dem Tiegelmaterial führt.
Der
Sauerstoffgehalt des Endproduktes wird nun um so niedriger sein, je langsamer diese
Reaktion im Verhältnis zur Desoxydationsgeschwindigkeit ist. Er ist weiterhin davon
abhängig, wie lange das Material nach beendigter Desoxydation im Tiegel verbleibt.
Eine hohe Desoxydationsgeschwindigkei.t und die Möglichkeit zum Vergießen unmittelbar
nach dem Desoxydationsvorgang sind also für das Endergebnis sehr wichtig.
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Es ist auch schon ein Verfahren zur Rückkoh lung flüssigen Stahls
mittels in Stückform gepreßter Kohle bekanntgeworden, bei dem beschwerte Kohleblöcke
bestimmten Gewichtes mittels einer mit einer Wägevorrichtung versehenen Hebevorrichtung
in die zu kohlende Metallschmelze eingetaucht und nach Auflösen der an den Stahl
abzugebenden Kohlenstoffmenge wieder aus der S chmelze herausgezogen werden. Aber
auch bei diesem Verfahren ist ohne chemische Analyse nicht auszukommen. Es muß zunächst
auf Grund des Gewichtes der Schmelze und ihrer Zusammensetzung die Menge zuzugebenden
Kohlenstoffes ermittelt werden, und diese Menge wird mit Hilfe einer Wägevorrichtung
eingewogen. Verlauf und Ende der Reaktion können wegen der Bildung einer Schlackendecke
nicht beobachtet werden. Selbst wenn die Beobachtung möglich wäre, würde der Zeitpunkt,
an dem die Reaktion zum Stillstand kommt, nicht den Zeitpunkt der quantitativen
Desoxydation anzeigen., weil die Reaktion wegen der sich über der Schmelze ansammelnden
Reaktionserzeugnisse nicht bis zu ihrem Ende verläuft.
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Die sich damit ergebende Aufgabe, die in Betracht kommenden Verfahren
unter Vermeidung der dargelegten Nachteile durchzuführen, wird durch ein Verfahren
zur Desoxydation von Metallschmelzen mit Kohlenstoff im Vakuum gelöst, das sich
erfindungsgemäß dadurch kennzeichnet, daß in der Schmelze zunächst ein Überschuß
an Sauerstoff eingestellt und ein anfänglich im Vakuumraum oberhalb der Schmelze
gehaltener, vorzugsweise in Stabform ausgebildeter Tauchkörper aus Kohlenstoff anschließend
in die Schmelze getaucht wird, wobei der Verlauf der Desoxydation an Hand der Gasentwicklung
beobachtet und durch mehr oder weniger tiefes Eintauchen des Tauchkörpers gesteuert
sowie insbesondere abgebrochen wird, wenn. der Zeitpunkt der Beendigung der Reaktion
festgestellt wird.
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Mit Hilfe derartiger Verfahren können die gewünschten Reaktionen schnell
und vor allem quantitativ vollständig durchgeführt werden. Durch das Eintauchen
des entgasend wirkenden Stoffes entstehen zwei grundsätzliche Vorteile. Zunächst
wird die Reaktion an der Tauchstelle durch Gasausbrüche, Lichterscheinungen, Änderungen
des Druckes im Reaktionsraum od. dgl. vollständig überwachbar und die Anfangs- und
Endzeitpunkte feststellbar. Weiter führt das Eintauchen des Körpers aus entgasend
wirkenden Stoffen zu der Möglichkeit, zur Reaktion nur die Stoffmengen zur Verfügung
zu stellen, die gerade benötigt werden. Würde man den entgasend wirkenden Kohlenstoff
in die Schmelze einwerfen, so bestände ohne weiteres die Möglichkeit, daß zu viel
oder zu wenig Kohlenstoff eingeführt würde, um die Desoxydation zur Durchführung
bringen zu können.
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Demgegenüber gewährt das erfindungsgemäß vorgeschlagene Verfahren
die Möglichkeit einer genauen Dosierung des Desoxydationsmittels.
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Falls in der Schmelze von vornherein ein Kohlenstoffüberschuß auftreten
sollte, so wird dieser sofort am Ausbleiben der Reaktion erkannt. In diesen Fällen
braucht beispielsweise nur Eisenoxyd in die Schmelze eingeführt zu werden, um den
im überSChüß vorhandenen Kohlenstoff beseitigen und einen Sauerstoffeüberschuß einstellen
zu können, der dann mit dem wiedereingetauchten Kohle- oder Graphitstab schnellstens
entfernt wird. Vor allem aber besteht die Möglichkeit, zeitpunktartig in dem Moment,
in welche die Reaktion beendet ist, die Schmelze zu vergießen, ohne daß eine weitere
Entgasung notwendig wäre. Die nachträgliche Sauerstoffaufnahme aus dem Tiegelwerkstoff
wird damit auf ein Mindestmaß herabgesetzt.
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Das Verfahren ist in keiner Weise auf die Behandlung gerade von Eisen
und Stahl beschränkt, sondern es ist ganz allgemein bei der Erzeugung reiner Metalle
und bei der Herstellung von Metallegierungen mit definierten Legierungsanteilen
anwendbar. Dgrartige Anwendungsmöglichkeiten sind beispiels'*A#e bei Nickel-, Cobalt-
und Chromschmelzen vorhanden wobei lediglich an die Stelle des Eisenoxyds Nickel-Oxyd,
Cobalt- und Chromoxyd treten. In sämtlichen dieser Fälle bewirkt der Kohlenstoff
eine Reduktion des Metalloxyds.
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Das Verfahren läßt sich auch bei Kupfer anwenden. Zwar genügt es im
allgemeinen bei Kupferschmelzen, Kohlepulver im Überschuß zuzugeben, um eine quantitative
Desoxydation zu erreichen, weil Kohlenstoff in Kupferschmelzen nicht löslich ist.
Trotzdem ist die Anwendung des erfindungsgemäß vorgeschlagenen Verfahrens in den
Fällen vorteilhaft, in denen ein Kohlenstoffüberschuß mit Sicherheit vermieden sv=
den muß, um beispielsweise zu verhüten, daß der anschließend vergossene Ingot Einschlüsse
an Kohlenstoffteilchen enthält, oder wenn zu prüfen ist, ob eine Kupferschmelze
einen Sauerstoffgehalt aufweist. Das Verfahren leistet auch wertvolle Dienste, wenn
es sich darum handelt, Legierungen mit genau bestimmten Kohlenstoffgehalten oder
anderen Legierungszusätzen, die desoxydierend wirken, herzustellen. In diesem Falle
geht man so vor, daß nach denn oben beschriebenen Verfahren quantitativ oxydiert
wird und daß dann der Kohlenstoff oder andere desoxydierend wirkende Legierungsbestandteile
zugesetzt werden: Man erhält so eine dem Einwiegen entsprechende Legierungszusammensetzung.
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Vorteilhaft wird die Schmelze bei Durchführung des Verfahrens Rührbewegungen
unterworfen, so daß dafür gesorgt ist, daß alle Teilchen der Schmelze mit dem festen
Körper aus entgasend wirkenden Stoffen schnellstens zur Berührung kommen. Das wird
in besonders wirkungsvoller und einfacher Weise erreicht, wenn die zur Herstellung
der Schmelze dienenden Stoffe Induktionsströmen zweck Niederschmelzung, und gleichzeitigen
Durchrührens des Schmelzsumpfes unterworfen werden.
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Das Verfahren gewährt erstmals die Möglichkeit, in einem über den
Laboratoriumsrahmen hinaus.-gehenden technischen Maßstab Reinheitsgrade von" Metallen
und Metallegierungen zu erreichen, die für ganz bestimmte physikalische Eigenschaften
entschzidend sind. Da die Behandlungszeiten um ein Vielfaches kürzer ausfallen als
bei den bisher entwickelten Verfahren gleicher Zielsetzung, werden außerdem die
Herstellungskosten so ermäßigt, daß sich Anwendengen erschließen lassen, die bisher
infolge der hohen Kosten von Werkstoffen mit bestimmten physikalischer Eigenschaften
trotz des auftretenden Bedürfnisse nicht verwirklicht werden konnten.
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Die Zeichnung zeigt die beispielsweise Ausführufg' einer Vorrichtung,
mittels deren das Verfahren durchzuführen ist.
In der rein schematisch
gehaltenen Zeichnung bedeutet 1 den Rezipienten, in dem sich die Induktionsspule
2 mit dem Schmelztiegel 3 befindet, der das zu behandelnde Gut 4 enthält. Mit 5
ist die Anschlußleitung zur Vakuumpumpe bezeichnet. Bei 6 befindet sich eine Meßvorrichtung,
mittels deren der jeweilige, im Rezipienten 1 herrschende Innendruck überwach-und
feststellbar ist. Mit 7 ist ein Schauglas bezeichnet, mittels dessen die im Schmelztiegel
3 auftretenden Reaktionen überwachbar sind. Im Falle der Herstellung von reinem
Eisen oder Stahllegierungen mit geringsten Sauerstoff- und Kohlenstoffgehalten besteht
der Werkstoff des Stabes 8 aus Kohlenstoff, beispielsweise aus Graphit oder Kohle.
Der Kohlenstoffstab 8 ist in einem Halter 9 befestigt, der gelenkig gelagert, beispielsweise
um eine Achse 10 drehbar ist. Die Drehachse 10 ist durch den Rezipienten 1 vakuumdicht
durchgeführt. Sie steht unter dem Einfluß eines Handhebels 11, so daß in der ausgezogenen
Stellung dieses Hebels der Kohlenstoffstab 8 in das Schmelzgut 4 eingetaucht ist,
während sich in der gestrichelt gezeichneten Stellung der Teile 8, 9, 10 und 11
der Kohlenstoffstab 8 oberhalb des Schmelzgutes 4 befindet. In der gestrichelt gezeichneten
Stellung der Teile 8 bis 11 werden die zum Schmelzgut 4 führenden Ausgangsstoffe
niedergeschmolzen. Ist der Zeitpunkt der Durchführung der Desoxydation herangekommen,
so wird Hebel 11 in die ausgezogene Stellung gebracht. Die eintretende Reaktion
ist durch Schauglas 7 oder mittels der Meßvorrichtung 6 überwachbar. Im Zeitpunkt
des Eintauchens des Stabes tritt eine sehr starke Gasentwicklung ein, die über die
Einrichtungen 7 und 6 beobachtbar ist. Sobald die durch Beobachtungsfenster 7 sichtbare
Gasentwicklung bzw. über Meßvorrichtung 6 überwachbare Druckerhöhung im Rezipienten
1 zurückgezogen ist, wird aus dem zu diesem Zweck kippbar angeordneten Tiegel 3
die Schmelze vergossen.