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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Spritzgießen, bei dem unter Druck
stehender Kunststoff aus einem mittels einer Absperrung absperrbaren Vorraum nach
Öffnen der Absperrung in einen Formhohlraum gespritzt wird und diesen unter Druck
füllt.
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Aus der US 2,952,041 A ist ein Verfahren bekannt geworden, bei welchem der Druck
im Vorraum durch die kontinuierliche Drehung einer Extrusionsschnecke erzielt wird,
die kontinuierlich plastifiziertes Material in einen Schneckenvorraum zuführt. Der auf
diese Weise erzielbare maximale Druck liegt bei etwa 700 bar. Die Expansion des
Kunststoffes in die Form nach dem Öffnen der Absperrung des Vorraumes würde für
sich allein nicht ausreichen, die Form zu füllen, doch wird während des
Einspritzvorganges dauernd Kunststoff in den Schneckenvorraum nachgefüllt.
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Anders als nach US 2,952,041 A ist die Erfindung weniger auf eine rasche Folge von
Einspritzvorgängen gerichtet, sondern es ist vielmehr ein Ziel der Erfindung, die Zeit
jeden einzelnen Einspritzvorganges in den Formhohlraum zu verkürzen. Insbesondere
beim Herstellen kleiner und dünnwandiger Teile ist es wesentlich, den Einspritzvorgang
rasch zu vollenden, da es sonst bereits während des Einspritzens zu einem teilweisen
Erstarren des Kunststoffes in der gekühlten Form kommt. Um hohe
Einspritzgeschwindigkeiten zu erzielen, hat man bisher die Vorlaufgeschwindigkeit der
Schnecke bzw. eines allenfalls vorgesehenen gesonderten Einspritzkolbens immer
mehr gesteigert. Die Erfindung geht von der Überlegung aus, daß eine
Weiterentwicklung in dieser Richtung nicht sinnvoll ist, da bei hohen
Schneckenvorlaufgeschwindigkeiten in erster Linie die Schmelze im Vorraum verdichtet wird, wogegen für die Füllung
des Formhohlraumes dadurch wenig gewonnen wird.
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Eine Aufgabe der Erfindung ist es somit, insbesondere beim Spritzen von dünnen und
kleinen Formteilen den Formhohlraum rasch zu füllen, wobei die Geschwindigkeit des
Einspritzkolbens keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen soll.
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Diese Aufgabe wurde von der Anmelderin in einer früheren Anmeldung (WO 01/03906)
im Prinzip dadurch gelöst, daß der plastifizierte Kunststoff durch einen Kolben so stark
komprimiert wurde, daß lediglich durch Expansion des Kunststoffes im Vorraum die
Füllung des Formhohlraumes erzielt wird.
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Soweit man früher bereits vor dem Öffnen einer Absperrung einen mit dem Druck im
Forminnenraum vergleichbaren Druck vor der Absperrung aufgebaut hatte, führte dies
lediglich dazu, daß die Form zunächst teilweise durch Expansion des Kunststoffes im
Vorraum gefüllt wurde, bis nach einiger Verzögerung die Wirkung des
Schneckenvorschubs einsetzte. Die WO 01/03906 hingegen geht davon aus, daß der gesamte
Formhohlraum lediglich durch Expansion des im Vorraum angesammelten, unter
hohem Druck stehenden Kunststoffvorrates gefüllt wird. Kommt es hierbei absichtlich
oder unabsichtlich zu einer Bewegung der Schnecke bzw. eines sonstigen
Einspritzkolbens, so führt diese lediglich zu einer Modifikation des an sich die Füllung
der Form beherrschenden adiabatischen Expansionsvorganges. Praktisch bedeutet
dies, daß der herkömmlicherweise 800 bar nicht übersteigende Druck im Vorraum bei
Durchführung der Erfindung typischerweise über 1500 bar gesteigert wird, und vor
allem, daß das Volumen des Vorraumes nicht wie üblich beim Einspritzvorgang
weitestgehend reduziert wird, sondern ganz oder doch überwiegend erhalten bleibt.
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Bei der praktischen Durchführung des in der WO 01/03906 skizzierten Gedankens
stellte sich heraus, daß das Füllgewicht der unter anscheinend gleichen Bedingungen
hergestellten Gegenstände und damit deren Qualität unerwarteten Schwankungen
unterworfen war. Als mögliche Erklärung dafür boten sich Variationen beim
Fließvorgang der Schmelze oder Veränderungen in der Absperrung an. Schließlich
wurde herausgefunden, daß eine wesentliche Ursache für das unbefriedigende
Funktionieren der bekannten Einrichtung darin liegt, daß das Volumen des Vorraumes
am Beginn der Axialbewegung des Kolbens nicht identisch ist mit dem im Vorraum
eingeschlossenen Volumen des Kunststoffes. Üblicherweise wird die an der Spitze der
Plastifizierschnecke angeordnete Rückströmsperre erst durch die axiale Bewegung der
Schnecke selbst wirksam gemacht. Der Augenblick, an dem die Schnecke beginnt,
mehr als Kolben zu wirken als als Plastifiziereinrichtung, ist daher nicht bestimmt.
Daher variiert die vom Kolben komprimierte Masse von einem Zyklus zum anderen.
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Hier setzt nun die Erfindung ein, welche vorsieht, daß nach dem Beginn der
Axialbewegung des Kolbens die Position des Kolbens und der Druck im Vorraum
überwacht werden, und daß jene Position des Kolbens, bei welcher die Vorkammer
zum Formraum hin geöffnet wird, aufgrund einer Rechnung bestimmt wird, in welche
zumindest ein zugehöriges Wertepaar dieses gemessenen Druckes und der
zugehörigen Position des Kolbens eingeht.
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Durch die erfindungsgemäße Maßnahme kann der Tatsache Rechnung getragen
werden, daß für verschieden große im Vorraum eingeschlossene Massen eine
verschieden starke Kompression zu gleichem Gewicht und damit zu gleicher Qualität des
Spritzteils führt. Dies wird im einzelnen anhand der Zeichnung erläutert. In dieser zeigt
Fig. 1 das bekannte Verfahrensprinzip anhand eines Ausführungsbeispiels aus WO
01/03906, und Fig. 2 die Erfindung anhand eines Diagramms.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann auf jeder herkömmlichen Spritzgießeinrichtung
durchgeführt werden, sofern der Zufluß zum Formhohlraum durch eine Absperrung
steuerbar ist. Es sind daher nur die verfahrenswesentlichen Teile einer
Spritzgießeinrichtung dargestellt und beschrieben.
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Bei der dargestellten Einrichtung wird thermoplastischer Kunststoff im Zylinder 8 durch
eine Schnecke 5 plastifiziert und gelangt dabei in den Vorraum 1. Dieser reicht durch
die Bohrungen 13 bis fast an die Form 7. Seine vordere Öffnung 14 ist zur Form 7 hin
mittels einer Absperrung 2 verschließbar, wogegen ein Rückströmen des Kunststoffes
aus dem Vorraum 1 durch eine Rückstromsperre 6 an der Spitze der Schnecke 5
verhindert wird.
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Wesentlicher Funktionsteil der Absperrung 2 ist eine Verschlußnadel 9, welche unter
dem Druck des Kunststoffes im Vorraum 1 die Tendenz hat, sich nach rechts in der
Zeichnung zu bewegen. In Verschlußrichtung wird die Nadel 9 von einem um den
Bolzen 10 schwenkbaren Hebel 11 beaufschlagt, welcher unter der Wirkung einer
steuerbaren Hydraulikeinheit 12 steht.
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Wesentlich für die Erfindung ist, daß in dem vor der Absperrung 2 liegenden Kunststoff
ein hoher Druck aufgebaut wird, und daß die Füllung des Formhohlraumes 3 und des
davor liegenden Angußbereiches 4 durch Expansion des Kunststoffes im Vorraum 1
erfolgt. Das Öffnen der Absperrung 2 kann gesteuert erfolgen, um den Druckverlauf im
Formhohlraum 3, der primär durch die adiabatische Entspannung des Kunststoffes im
Vorraum 1 bestimmt ist, zu modifizieren.
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Um für einen gegebenen Formhohlraum 3 Druck und Volumen im Vorraum 1 passend
bestimmen zu können, wählt man zweckmäßigerweise zuerst ein Volumen für den
Vorraum 1, welches das Volumen des Formhohlraumes 3 wesentlich übersteigt.
Anschließend wird der gewünschte Druck im Formhohlraum 3 gewählt. Der Druck im
Vorraum 1, welcher zu diesem Resultat führt, kann in einer einfachen Versuchsreihe
ermittelt werden. Bei Kenntnis der Zustandsgleichung des verwendeten Kunststoffes ist
es auch ohne weiteres möglich, diesen Druck zu berechnen. Dies wird anschließend
anhand eines Ausführungsbeispieles dargelegt.
Beispiel
Verwendetes Material: Polystyrol 143 E
Dichte bei Raumtemperatur: 1,047 g/cm3
Volumen des vor der Absperrung 2 liegenden Vorraumes 1 : 45,6 cm3
Hinter der Absperrung 2 liegendes Volumen: 1,37 cm3, davon 1 cm3 eigentlicher
Formhohlraum 3.
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Der Kunststoff steht unter einem Druck von 2000 bar, seine Temperatur liegt um 30°
über der gewünschten Arbeitstemperatur von 220°C. Dieser Druck ist weit über dem
durch Rotation der Schnecke erreichten Gegendruck. Er ist hauptsächlich von der
Vorwärtsbewegung der nach dem Verschluss des Vorraumeinganges als Kolben
wirkenden Schnecke 5 abhängig. Dieser Eingang liegt in der Rückströmsperre 6 und
wird von der Position eines Ringes 15 kontrolliert. Die Absperrung 2 wird nun geöffnet,
wodurch sich der Kunststoff auf das gesamte zur Verfügung stehende Volumen, also in
den Bereich 4 des Angusses und in den Formhohlraum 3 hinein ausbreitet. Durch
diese adiabatische Expansion erfolgt eine Abkühlung um 30°C und ein Druckabfall auf
den gewünschten Enddruck von 500 bar.
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Bisher ist man davon ausgegangen, daß sich bei einer bestimmten Stellung der als
Kolben wirkenden Schnecke ein definierter Druck ergibt, sofern die Werte von Druck
und Temperatur konstant sind, bei welchen die Vorwärtsbewegung des Kolbens
beginnt. Wie in Fig. 2 in übertriebenem Maßstab dargestellt worden ist, erfolgt das
Schließen der Rückströmsperre 6, das die Plastifizierschnecke in einen Kolben
wandelt, jedoch nicht in der Kolbenposition x0, bei welcher die Vorwärtsbewegung des
Kolbens beginnt, sondern mit einer gewissen Verzögerung in einer Kolbenposition xC.
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Je nach dem Ausmaß dieser Verzögerung ist eine verschieden große Masse (m1,
m2, . . .) im Schneckenvorraum 1 eingeschlossen. Für jede dieser eingeschlossenen
Massen ist der Druck eine eindeutige Funktion der Kolbenposition. Für jede dieser
Massen gibt es außerdem eine durch Versuche festzustellende, im Diagramm durch
ein Sternchen gekennzeichnete Kombination von Druck p und Endposition xF(m1),
xF(m2), xF(m3) der Schnecke 5, die das Volumen des Vorraums 1 bestimmt, und bei
welcher das Öffnen der Absperrung 2 zu einem bestimmten Gewicht des gespritzten
Gegenstandes führt. Es leuchtet ein, daß die kleinere Masse m3 auf einen höheren
Druck gebracht werden muß als etwa die größere Masse m1, um durch ihre Expansion
das gleiche Ergebnis zu erzielen. Im Falle der kleineren eingeschlossenen Masse m3
muß also der Kolben in eine weiter vorgefahrene Endposition xF(m3) gebracht und das
eingeschlossene Volumen stärker verringert werden.
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Um xF bestimmen zu können, muß man wissen, wie groß die im Vorraum
eingeschlossene Masse m ist. Da der Schließvorgang der Rückströmsperre 6 nicht
direkt überwachbar ist, ist xC nicht bekannt. Erfindungsgemäß ermittelt man daher den
Druck p im Vorraum als Funktion der Position x des Kolbens und schließt daraus auf
m. Vorteilhafterweise erfolgt diese Messung kontinuierlich, theoretisch genügt ein
einziger Wert p(x1), um zu erkennen, auf welcher der in Fig. 2 dargestellten Kurven
man sich befindet und bis zu welchem Wert xF(m1), xF(m2), xF(m3) daher der Kolben
vorgeschoben werden muß, um den durch ein Sternchen gekennzeichneten Wert des
Druckes p zu erzielen.
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Der angestrebte Wert von xF kann als Summe eines aus der Erfahrung gewonnenen
Mittelwertes und einer Korrektur dargestellt werden, die nach dem Messen von p(x)
während jedes Zyklus gemacht wird. Das stellt sicher, daß auch dann, wenn die
Messung oder die Berechnung zu keinem klaren Ergebnis führt, ein zwar
möglicherweise nicht optimaler, jedenfalls aber vernünftiger Wert von xF vorliegt, bei
welchem die Schnecke 5 zum Stillstand gebracht und die Absperrung 2 geöffnet
werden kann.
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Die Messung des Druckes p(x) kann durch einen Sensor erfolgen, welcher im Vorraum
1 angeordnet ist. Es kann jedoch auch jene Kraft gemessen werden, mit welcher die
Schnecke 5 durch den Druck des im Vorraum 1 befindlichen Kunststoffes gegen ihre
Lagerung gepreßt wird. Die Messung der Längsposition x der Schnecke 5 ist
konventionell. Bei Verwendung eines elektrischen Servomotors zur Erzeugung der
Längsbewegung der Schnecke 5 ergibt sich die Position x eindeutig aus den dem
Motor zugeführten Steuersignalen.
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Es ist nicht notwendig, die Absperrung 2 genau in jenem Zeitpunkt zu öffnen, in
welchem der Kolben an der Stelle xF(m1), xF(m2), xF(m3) zum Stillstand gekommen ist.
Es ist sogar vorteilhaft, mit dem Öffnen der Absperrung 2 ein bis zwei Sekunden zu
warten, um eine Homogenisierung der Verhältnisse im Vorraum 1 zu erzielen.