DE10305062A1 - Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung in Therapie und Chirurgie - Google Patents
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft ein chirurgisches Verfahren, insbesondere für Eingriffe am Gehirn, bei dem eine Selektion des zu behandelnden Gewebes möglich ist. DOLLAR A Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine Sonde in das Gebiet der krankhaften Veränderung positioniert und die Gewebeselektion aktiviert, indem verschiedene voreinstellbare oder modulierbare elektrische und/oder elektromagnetische Reizsignale an das Gewebe abgegeben werden. Durch Auswertung der Antworten auf diese Reize können die gesunden von krankhaft veränderten Gewebebestandteilen unterschieden werden. Erhält man keine bzw. eine nicht erwartete Reizantwort, wird über die gleiche Sonde am selektierten Ort die entsprechende therapeutische bzw. chirurgische Behandlung durchgeführt. Anderenfalls wird die Sonde repositioniert und die Gewebeselektion erneut aktiviert. DOLLAR A Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung insbesondere im Gehirn ist es möglich, bestimmte krankhaft veränderte Gewebeteile von den übrigen gesunden Gewebeteilen zu trennen, zu fragmentieren und/oder abzusaugen, ohne dabei die gesunden Gewebeteile zu beschädigen.
Description
- Die vorliegende Erfindung betrifft ein chirurgisches Verfahren, insbesondere für therapeutische und chirurgische Eingriffe am Gehirn, bei dem eine Selektion des zu behandelnden Gewebes möglich ist.
- Nach dem bekannten Stand der Technik sind elektrochirurgische Instrumente in der Medizintechnik sehr verbreitet. Dabei werden sie zur thermischen Koagulation, zum Schneiden als auch zum Fragmentieren von Gewebe an den verschiedensten Körperteilen und Organen genutzt. Insbesondere bei der Anwendung am Gehirn kommt es darauf an, erkrankte Gewebearten (z. B. Tumore) von gesunden Gewebearten (z. B. Nerven, Sehnen) zu trennen. Das erkrankte Gewebe ist zu fragmentieren und abzusaugen ohne dabei das gesunde Gewebe zu beschädigen, da beispielsweise eine Beschädigung oder Zerstörung des Facialnerves oder des Sprachzentrums schwerwiegende Schäden bei den Patienten hervorrufen können. Gehirnoperationen werden dadurch erschwert, dass diese meist über Endoskope durchgeführt werden müssen und eine Biopsie im Vorfeld nicht möglich ist. Da die Unterscheidung von krankhaftem und gesundem Gewebe für den Betrachter visuell kaum möglich ist, sind nach dem Stand der Technik zahlreiche Lösungen bekannt, bei denen die chirurgischen Geräte über Mittel zur Gewebedifferenzierung verfügen.
- In der
DE 195 42 419 wird beispielsweise ein Hochfrequenzgenerator für die Hochfrequenzchirurgie mit Gewebedifferenzierung beschrieben. Diese Technik wird insbesondere dann zum Abtragen von Gewebeteilen angewendet, wenn der Operationsort nur durch natürliche oder kleine künstliche Körperöffnungen erreichbar ist. Ein großes Problem in der Hochfrequenzchirurgie ist die richtige Dosierung der momentan applizierten Leistung. Die für die Schneidwirkung erforderliche Hochfrequenzleistung kann hierbei sehr schwanken, da sie von Faktoren, wie beispielsweise Gewebebeschaffenheit und Wassergehalt, Schnittgeschwindigkeit und -tiefe u. a., abhängig ist. Daraus resultieren zwangsläufig auch Unterschiede in der Qualität der Schnittflächen, die durch eine Mess- und Regelvorrichtung zur Anpassung der Laserleistung an das zu schneidende Gewebe behoben werden soll. Eine Gewebedifferenzierung bleibt jedoch trotz verschiedenster messtechnisch erfassbarer elektrischer Signale schwierig. Erst durch eine Verknüpfung möglichst vieler gewebespezifischer Kenngrößen kann eine Gewebedifferenzierung erfolgen. - Die Anordnung zum Schneiden von biologischem Gewebe nach
US 5,749,869 basiert ebenfalls auf Hochfrequenzstrom und erlaubt Gewebedifferenzierungen in der Nähe des Operationsortes. Damit ist eine Anpassung des Generators an den Operationszweck möglich. Zur Differenzierung verschiedener Materialien werden deren unterschiedliche elektro-physikalischen Eigenschaften betrachtet, die den zum Schneiden notwendigen Lichtbogen beeinflussen. Die dadurch beeinflusste spektrale Leistungsverteilung des Generatorsignals wird mittels zweier Filter ausgewertet und dient als Basis für das Einstellen neuer Sollwerte des Generators. - Nachteilig bei den genannten Lösungen ist jedoch, dass die Differenzierung des Gewebes hierbei erst beim direkten Schneid- oder Koagulationsvorganges erfolgt. Dadurch ist in den Bereichen des Gewebeüberganges ein vorsichtiges und langsames Schneiden unbedingt erforderlich, um den Schneid- oder Koagulationsvorgang rechtzeitig abbrechen zu können.
- Auch die in der Patentschrift WO 93/03679 beschriebene Lösung betrifft einen Hochfrequenzchirurgiegenerator zum geregelten koagulierenden Schneiden. Die Lösung beinhaltet eine Regeleinrichtung zur Einstellung der elektrischen Ausgangsgrößen und eine Einrichtung zum Feststellen des Gewebezustandes in der Nähe der Schneidelektrode. Die Feststellung des Gewebezustandes dient hierbei dem Zweck, die erforderliche Betriebsart „Schneiden" oder „Koagulieren" für die weitere Behandlung zu bestimmen. Dazu wird der Behandlungsablauf in entsprechende zeitliche Intervalle unterteilt. Für eine Gewebedifferenzierung, beispielsweise zwischen krankhaftem und gesundem bzw. normalem Gewebe dürfte diese Lösung jedoch kaum geeignet sein.
- Die Erfindung nach
EP 0 599 007 betrifft eine Anordnung und ein Verfahren zum selektiven Schneiden von biologischem Gewebe mit einem pulsierenden Flüssigkeitsstrahl. Dabei werden Lichtimpulse eines Pulslasers in eine mit Flüssigkeit gefüllte Röhre geleitet, die dort absorbierten Lichtimpulse bewirken die Beschleunigung einer Flüssigkeitssäule in Richtung des zu schneidenden Gewebes. Durch die Einstellung der Schnittleistung soll verhindert werden, dass beim Durchtrennen von Gewebepartien die im allgemeinen festeren Blutgefäße nicht verletzt werden. Eine Gewebedifferenzierung im eigentlichen Sinne ist mit dieser Lösung also nicht möglich. Die exakte Regelung der Schnittleistung ist zudem äußerst schwierig. - Die genannten technischen Lösungen sind zwar zum Schneiden, Koagulieren und/oder Fragmentieren an Operationsorten geeignet, die nur durch natürliche oder kleine künstliche Körperöffnungen erreichbar sind; zur Differenzierung von zum Beispiel krankhaftem und gesundem Gewebe sind diese jedoch nicht geeignet.
- Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde ein verbessertes therapeutisches und chirurgisches Verfahren, insbesondere für Eingriffe am Gehirn zu entwickeln, bei dem eine Gewebedifferenzierung möglich ist.
- Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
- Das Verfahren beruht auf der unmittelbaren Gewebeselektion vor, während und/oder nach der Behandlung und kombiniert eine therapeutische und eine diagnostische Methoden in nur einer Sonde. Durch das Belassen der Sonde am Applikationsort kann auf einen zeitaufwendigen Wechsel und eine erneute Positionierung der Sonde verzichtet werden. Mit dem Verfahren werden wesentliche Nachteile des bekannten Standes der Technik behoben.
- Das erfindungsgemäße Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung in der Therapie und Chirurgie wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispieles beschrieben.
- Das Verfahren sieht die Verwendung einer Sonde mit mindestens einem elektrisch wirksamen Verbindungselement vor, um eine direkte oder indirekte (über eine isotone Kochsalzlösung) Verbindung mit dem zu behandelnden Gewebe herzustellen. Bei Gewährleistung dieser Bedingung ist das Verfahren universell einsetzbar. Vorzugsweise können hierbei jedoch elektrochirgische Instrumente wie „ArthroCare", „FugoBLADE" oder das von der Carl Zeiss Jena GmbH vorgestellte gepulstes, bipolares Plasmaskalpell (Pulsed Electron Avalanche Knife) zum Schneiden und Fragmentieren von Gewebe.
- Das erfindungsgemäße Verfahren ist allerdings auch anwendbar, wenn chirurgische Instrumente basierend auf Laserstrahlung oder anderen Energiequellen zum Einsatz kommen. Die Gesamtanordnung zur Durchführung des Verfahrens ist den verwendeten unterschiedlichen Impulsformen, beispielsweise elektrische Impulse zur Gewebeselektion und Lichtimpulse zur therapeutischen und chirurgischen Behandlung, entsprechend anzupassen.
- Bei dem Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung in der Therapie und Chirurgie wird eine Sonde nach dem Ansetzen an das zu behandelnde Körperorgan bzw. Körpergewebe, in das Gebiet der krankhaften Veränderung positioniert und die Gewebeselektion aktiviert. Die Positionierung der Sonde kann anhand vorher durchgeführter diagnostischer Untersuchungen visuell über Endoskope oder über sonstige Methoden, wie beispielsweise MRT, CTG, usw. erfolgen.
- Die Gewebeselektion erfolgt durch Abgabe verschiedener voreinstellbarer oder modulierbarer elektrischer und/oder elektromagnetischer Reizsignale an das Gewebe der betreffenden Region. Durch Auswertung der Reizantworten werden gesunde von krankhaft veränderten Gewebebestandteile unterschieden. Zur Auswertung der an das Gewebe abgegebenen Reizsignale können als Reizantworten zum Beispiel folgende Veränderungen oder Beeinflussungen genutzt werden:
- – Veränderungen im EKG oder EGG,
- – Beeinflussung des Seh-, Hör- oder Sprachvermögens,
- – Muskelzittern,
- – Bewegungen von Gliedmaßen oder Körperteilen,
- – Beeinflussung des Gleichgewichtsinnes,
- – Veränderungen im Herz-Kreislaufsystem, wie beispielsweise Herzfrequenzänderungen oder Flimmern sowie
- – Beeinflussung von Gedächtnisleistung, logischer Denkleistung oder Motorik.
- Bei einer erwarteten, gesundes Gewebe kennzeichnenden, Reizantwort wird die Sonde repositioniert und die Gewebeselektion erneut aktiviert. Die Gewebeselektion während der Repositionierung der Sonde, infolge einer erwarteten, gesundes Gewebe kennzeichnenden Reizantwort, kann hierbei durch iterative oder fortlaufende Aussendung von Reizsignalen erfolgen.
- Im Gegensatz dazu wird bei keiner bzw. einer nicht erwarteten, krankhaft verändertes Gewebe kennzeichnenden, Reizantwort über die gleiche Sonde am selektierten Ort die entsprechende therapeutische bzw. chirurgische Behandlung durchgeführt.
- In einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur gewebeselektiven Behandlung kann durch eine abwechselnde Behandlung und Positionierung mit Gewebeselektion sowie der sofortigen Auswertung der Reizantworten quasi eine ONLINE-Gewebeselektion erfolgen. Dabei ist zu gewährleisten, dass die Gewebeselektion in Richtung der Schneidbewegung vor der Schneide realisiert wird, so dass bei erfolgender Schneidbewegung nicht in gesundes Gewebe geschnitten wird. Dabei ist es weiterhin möglich den Nutzer während der Behandlung von kritischen Geweberegionen zu warnen und/oder die Behandlung zu unterbrechen. Weiterhin wäre möglich den Nutzer bei einer zu schnellen Schneidbewegung zu warnen oder den Vorgang zu unterbrechen.
- Für das erfindungsgemäße Verfahren ist es unerheblich, ob das Instrument, welches die Reize aussendet auch selbst die Reizantworten erfasst und weiterverarbeitet, oder ob andere Systeme zur Erfassung und Verarbeitung genutzt werden.
- Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung in der Therapie und Chirurgie insbesondere im Gehirn ist es möglich bestimmte krankhaft veränderte Gewebeteile (z. B. Tumore) von den übrigen gesunden Gewebeteile (z. B. Nerven, Sehnen) zu trennen, zu fragmentieren und/oder abzusaugen, ohne dabei die gesunden Gewebeteile zu beschädigen. Eine Beschädigung oder Zerstörung bestimmter Gewebearten wie beispielsweise Facialnerv, Sprachzentrum, u. a. kann schwerwiegende Schäden beim Patienten zur Folge haben. Durch das Belassen der Sonde am Applikationsort kann auf einen zeitaufwendigen Wechsel der Sonde und eine erneute Positionierung verzichtet werden. Das Verfahren beruht auf der Kombination von therapeutischen und diagnostischen Methoden in einer Sonde und der Gewebeselektion unmittelbar vor, während und nach der Behandlung.
Claims (3)
- Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung in der Therapie und Chirurgie bei dem, eine Sonde nach dem Ansetzen an das zu behandelnde Körperorgan bzw. Körpergewebe, in das Gebiet der krankhaften Veränderung positioniert und die Gewebeselektion aktiviert wird, indem verschiedene voreinstellbare oder modulierbare elektrische und/oder elektromagnetische Reizsignale an das Gewebe abgegeben werden um dieses zu reizen und durch Auswertung der Antworten auf diese Reize die gesunden von krankhaft veränderten Gewebebestandteile unterschieden werden, wobei bei einer erwarteten, gesundes Gewebe kennzeichnenden, Reizantwort die Sonde repositioniert und die Gewebeselektion erneut aktiviert, oder bei keiner bzw. einer nicht erwarteten, krankhaft verändertes Gewebe kennzeichnenden, Reizantwort über die gleiche Sonde am selektierten Ort die entsprechende therapeutische bzw. chirurgische Behandlung durchgeführt wird.
- Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung nach Anspruch 1, bei dem die Gewebeselektion während der Repositionierung der Sonde, infolge einer erwarteten, gesundes Gewebe kennzeichnenden Reizantwort, durch iterative oder fortlaufende Aussendung von Reizsignalen erfolgen kann.
- Verfahren zur gewebeselektiven Behandlung nach mindestens einem der vorgenannten Ansprüche, bei dem durch eine abwechselnde Behandlung und Positionierung mit Gewebeselektion und sofortige Auswertung der Reizantworten eine direkte ONLINE-Gewebeselektion erfolgt und der Nutzer während der Behandlung kritischer Geweberegionen gewarnt und/oder die Therapie unterbrochen werden kann.
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