Die gezielte Verlangsamung der schnellen Neutronen erfolgt in erster Linie
durch sogenannte "Moderatoren", die mit der schnellen Neutronenstrahlung in
Kontakt gebracht werden. Hierbei handelt es sich einfach ausgedrückt um
Ansammlungen von Materie in gasförmiger, flüssiger oder fester
Erscheinungsform mit speziellen Eigenschaften bei einer vorgegebenen Temperatur. Durch
die Wechselwirkung der schnellen Neutronen mit den möglichst leichten
Atomen der Moderatormaterie werden die hochenergetischen Neutronen stark
abgebremst, bis ihre Energien und Wellenlängen die für die Experimente an
kondensierter Materie geeigneten Werte aufweisen. Es wird ein Neutronengas
mit einer kinetischen Energieverteilung erzeugt, die durch eine Maxwellsche
Geschwindigkeitsverteilung bei einer gegebenen Temperatur angenähert
werden kann. Dabei handelt es sich um eine theoretisch abgeleitete Funktion,
die den Geschwindigkeiten der Atome eines Gases ihre relativen Häufigkeiten
zuordnet. Die effektive Temperatur des Maxwellschen Spektrums des
Neutronengases ist jedoch etwas höher als die Temperatur des
Moderatormaterials. Dabei sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass auch
Neutronenreflektoren, wie beispielsweise (schweres) Wasser, Blei, Beryllium, Graphit
etc., langsame Neutronen erzeugen, allerdings mit einem anderen Spektrum
als das von den Moderatoren durch das Maxwellspektrum annäherbare
Spektrum. Trotzdem tragen auch Reflektoren, die hauptsächlich der Erhöhung
des Neutronenflusses dienen, zur Neutronen-Verlangsamung bei, sodass sie
im weiteren Sinne als neutronenoptische Bauelemente auch der Gruppe der
Moderatoren zugerechnet werden können. Genauso werden auch
Premoderatoren wie Wasser oder alle anderen Strukturen einer Neutronenquelle der
Gruppe der Moderatoren zugerechnet, die überhaupt langsame Neutronen
emittieren können.
Je nach der Temperatur des Moderatormaterials unterscheidet man die
langsamen Neutronen in "heiße", "thermische" und "kalte" Neutronen, wodurch
auch die Moderatoren in "heiße", "thermische" und "kalte" Moderatoren
unterschieden werden können. Mit langsamen Neutronen werden im
vorliegenden Kontext Neutronen mit einer kinetischen Energie im Bereich von 1 eV
und weniger bezeichnet. Heiße Neutronen mit höherer Geschwindigkeit und
geringerer Wellenlänge weisen eine Energie in einem Bereich oberhalb 100 meV
auf und sind insbesondere für Streuexperimente an Flüssigkeiten
geeignet. Thermische Neutronen besitzen eine kinetische Energie im Bereich
zwischen 10 meV und 100 meV und die kalten Neutronen haben kinetische
Energien in einem Bereich zwischen 0,1 meV und 10 meV. Kalte Neutronen
mit einer relativ geringen Geschwindigkeit und einer großen Wellenlänge sind
vor allem für Anwendungen der Neutronenstreuung zur Untersuchung
biologischer Substanzen von Bedeutung. Moderatoren existieren in den
unterschiedlichen Ausbildungsformen. Nach der Art ihrer hauptsächlich
erzeugten langsamen Neutronen unterscheidet man heiße, thermische und
kalte Moderatoren. Eine Übersicht möglicher Moderator-Aufbauten in einer
Spallationsquelle ist dem Aufsatz I von D. Filges et al. "Particle Transport
Simulations of the Neutronic Performance of Moderators of the ESS Mercury
Target - Moderator - Reflector System " (abrufbar aus dem Internet unter
http:/ / www.hmi.de/bereiche/SF/ess/ESS_moderators3.pdf, Stand 18.01.2002)
zu entnehmen. Beispiele sind der flüssige Wasserstoffmoderator mit einer
Betriebstemperatur im Bereich von 25 K zur Erzeugung von kalten Neutronen
und der Wassermoderator mit der Umgebungstemperatur als
Betriebstemperatur zur Erzeugung von thermischen Neutronen. Dabei erzeugt ein
kalter Moderator jedoch auch thermische und heiße und ein thermischer
Moderator auch kalte und heiße Neutronen. Dies jedoch immer mit einem
mindestens eine Größenordnung kleineren Fluss als der Moderator, der in der
Hauptsache der Erzeugung von kalten, thermischen oder heißen Neutronen
dient.
Um für verschiedene Experimente mit langsamen Neutronen immer das
richtige, erforderliche Neutronenspektrum zur Verfügung stellen zu können,
arbeiten die bekannten Neutronenquellen mit verschiedenen Moderatoren in
Kombinationen. Aus dem Aufsatz II von Jose R. Alonso "The Spallation
Neutron Source Project" aus den Proceedings of the 1999 Particle Accelerator
Conference, New York, 1999, pp 574-578 (abrufbar aus dem Internet unter
http:/ / accelconf.web.cern.ch/accelconf/p99/PAPERS/FRAL1.pdf, Stand
18.01.2002) ist es bekannt, zwei mit Raumtemperatur temperierte
Wassermoderatoren unterhalb der Ebene mit dem zu zertrümmernden Targetmaterial
und zwei superkritische Wasserstoffmoderatoren mit 20 K Betriebstemperatur
oberhalb der Targetebene zu positionieren. Jeder von den Moderatoren
versorgt nun ausschließlich einen oder mehrere von achtzehn verschiedenen
Experimentierplätze über Neutronenleiter mit den von ihm erzeugten
langsamen Neutronenspektrum (vgl. Fig. 9 und Kapitel 6 aus dem Aufsatz II).
Ein ähnlicher Aufbau ist auch bekannt aus dem Aufsatz III von N. Watanabe
"5.3 - Material Issues for Spallation Target by GeV
Proton Irradiation" (abrufbar aus dem Internet unter
http:/ / wwwndc.tokai.jaeri.go.jp/nds/proceedings/1998/watanabe_n.pdf, Stand
18.01.2002). Hier wird eine Target-Moderator-Konfiguration zur Durchführung
hochintensiver und hochaufgelöster Experimente mit kalten Neutronen
beschrieben, bei der ein gekoppelter kalter Moderator mit Vormodulator und
zwei thermische Moderatoren eng benachbart in der Region höchster und
schnellster Neutronenstrahlung am Target angeordnet sind. (vgl. Aufsatz III,
Kapitel 4 (2) bis (4) und Fig. 2). Als wichtigem Punkt wird in diesen Aufsatz
darauf hingewiesen, dass trotz der engen Benachbarung ein Übersprechen
zwischen den einzelnen Moderatoren, das sich in der Neutronenintensität
auswirkt, zu vermeiden ist (vgl. Aufsatz III, Kapitel 4 (ii)). Die Moderatoren sind
deshalb in solchen Winkeln zueinander angeordnet, dass sich ihre jeweils
nach vorne und hinten orientierten Abstrahlrichtungen bzw. abgegebenen
Neutronenstrahlen in unterschiedliche Raumrichtungen orientiert sind und sich
nicht überlagern. Jeder Moderator versorgt auf diese Weise etwa vier bis acht
Experimentierplätze mit einem Neutronenstrahl mit charakteristischem
Spektrum. Zwischen den beiden Ebenen sind zudem Reflektoren zur Trennung
der Spektren angeordnet.
Ausgehend von dem bekannten Stand der Technik zum bekannten Einsatz
von Moderatoren, wie er beispielsweise in dem zuletzt zitierten Aufsatz III
beschrieben wird, ist zu erkennen, dass sowohl die Bereitstellung eines für ein
spezielles Experiment benötigten Neutronenspektrum aus langsamen
Neutronen als auch in dessen Erzeugung größere Probleme aufwirft. Insbesondere
im Hinblick auf die sehr aufwändigen und kostenintensiven sowie hohen
Schutzaufwand erfordernden Aufbauten der neutronenoptischen Bauelemente
ist im Stand der Technik keine Flexibilität bei der Bereitstellung eines
Neutronenspektrums für einen einzelnen Experimentierplatz vorhanden. Jeder
Platz wird mit einem Neutronenspektrum, dessen Maximum die hauptsächlich
erzeugten langsamen Neutronen anzeigt, aus einem direkt zugeordneten
Moderatortyp versorgt. Veränderungen im Spektrum des Neutronenstrahls an
einem Experimentierplatz können nur durch große bauliche Veränderungen im
Moderatorenaufbau in langen Betriebspausen der Neutronenquelle realisiert
werden. Experimente in weiter gefassten Energiebereichen als der einer
einzelnen langsamen Neutronenform sind nicht möglich oder sehr ineffizient.
Aufgabe für die vorliegende Erfindung ist es daher, eine solche Anordnung
aus neutronenoptischen Bauelementen zur gezielten Gestaltung des
Spektrums eines Neutronenstrahls der eingangs genannten, gattungsgemäßen Art
anzugeben, die bezüglich der Bereitstellung eines Neutronenstrahls an einem
Experimentierplatz große Flexibilität aufweist, sodass hier keine aufwändigen
Umbaumaßnahmen bei veränderten Anforderungen erforderlich sind.
Insbesondere sollen auch Experimente mit Neutronen aus einem größeren
Energiebereich möglich sein. Desweiteren soll der mit der Erfindung bereitstellbare
Neutronenstrahl eine hohe Qualität aufweisen. Die Mittel zur Realisierung der
Erfindung sollen einfach aufgebaut und handhabbar und damit relativ
störunfällig und kostengünstig sein. Vorhandene Sicherheitsaspekte sollen
berücksichtigt, zusätzliche Risiken sollen vermieden werden.
Als Lösung hierfür ist bei einer neutronenoptischen Bauelementanordnung zur
gezielten Beeinflussung von Neutronenstrahlen oder -pulsen der eingangs
erläuterten Art deshalb erfindungsgemäß vorgesehen, dass die
Abstrahlrichtungen der Moderatoren direkt oder durch weitere neutronenoptische
Bauelemente im Neutronenleiter oder im Experimentierplatz überlagert werden
und die von den Moderatoren erzeugten langsamen Neutronen
unterschiedlicher Energiespektren in einem überlagerten Neutronenstrahl mit einem
Multispektrum, das durch die Ausführungsform und die Anzahl der verwendeten
Moderatoren bestimmt wird, gemeinsam erfasst sind.
Mit der erfindungsgemäßen neutronenoptischen Bauelementanordnung
werden die Energiespektren von verschiedenen Moderatoren miteinander zu
ein am "Multispektrum" kombiniert. Ein Neutronenstrahl (oder auch
Neutronenpuls - diese Alternative soll stets bei der Verwendung des Begriffes
"Neutronenstrahl" miteinbezogen sein) mit einem solchen Multispektrum ist besonders
vielseitig verwendbar. Da er ein größeres Energiespektrum besitzt als die
jeweils von nur einem Moderator erzeugten Neutronenstrahlen, sind mit dem
überlagerten Neutronenstrahl nach der Erfindung auch Neutronenexperimente
in einem weiten Energiebereich der auftreffenden Neutronen, beispielsweise
zwischen 0,1 meV und 100 meV, mit hoher Effizienz durchführbar. Die
Zusammensetzung des Multispektrums des überlagerten Neutronenstrahls
hängt dabei von der Art und Anzahl der verwendeten Moderatoren ab. Es
körnen beispielsweise ein kalter und ein thermischer oder ein kalter, ein
thermischer und ein heißer Moderator in ihrer Ausbreitungsrichtung vereinigt
werden. Genauso können auch unterschiedliche Ausführungsformen eines
Moderatortyps zur Erzielung eines besonders breiten oder speziell
ausgebildeten Multispektrums in ihrer Emission zusammengeführt werden. Der
Kombination unterschiedlicher Modertoren sind hier lediglich konstruktive
Grenzen gesetzt, da eine Vereinigung der Abstrahlrichtungen
apparatetechnisch noch mit vertretbarem Aufwand umsetzbar sein muss. In diesem
Zusammenhang ist zu erwähnen, dass auch andere im Neutronensystem
vorhandene neutronenoptische Bauelemente sowie Teile der Neutronenquelle
selbst mit anderen Hauptfunktionen, die eine abbremsende Wirkung auf die
Neutronen ausüben, wie beispielsweise Reflektoren, Neutronenleiter und
Primärmoderatoren, in die Zusammensetzung des Multispektrums durch
Vereinigung der emittierten Strahlung in den gemeinsamen Neutronenstrahl
konkret miteinbezogen werden können. Somit entsteht ein einfach oder
mehrfach überlagerter, vielseitig verwendbarer Neutronenstrahl. Dabei liegt der
Schwerpunkt der Erfindung auf der Vereinigung der einzelnen
Neutronenstrahlen in einem gemeinsamen Neutronstrahl mit einem entsprechend
erweiterten Energiespektrum. Bislang wurde im Stand der Technik immer von
einer ausdrücklichen und konsequenten Separierung der
Moderatorenwirkungsbereiche ausgegangen, da dies als die einzige Möglichkeit erschien,
ohne allzu großen technischen Aufwand geeignete langsame
Neutronenstrahlen zur Erzielung verwertbarer Messergebnisse zur Verfügung zu stellen.
Der Nachteil der geringen Flexibilität und der Begrenzung der durchführbaren
Experimente wurde in Kauf genommen und entsprechende Anzahlen von
verschiedenen Experimentierplätzen konzipiert.
Eine Überlagerung der einzelnen Neutronenstrahlen der verwendeten
Moderatoren zu einem gemeinsamen Neutronenstrahl kann sowohl im Neutronenleiter
als auch am Experimentierplatz erfolgen. Im ersten Fall wird ein überlagerter
Neutronenstrahl erzeugt, der wie ein einzelner Neutronenstrahl auch in einem
Neutronenleiter zum Experimentierplatz und zur Probe geleitet wird. Im zweiten
Fall werden die die verschiedenen Neutronenstrahlen gleichsam auf die zu
untersuchende Probe fokussiert, sodass der überlagerte Neutronenstrahl direkt
in der Probe auftritt. Der Vorteil dieser überlagerten Bestrahlung am
Experimentierplatz selbst ist in dem relativ geringen technischen Aufwand zur
Zusammenführung der Abstrahlrichtungen der einzelnen Moderatoren zu
sehen. Im einfachsten Fall sind die benachbarten Moderatoren in solchen
Winkeln zueinander auszurichten, dass sich ein Schnittpunkt der
Abstrahlrichtungen in der Probe oder kurz davor ergibt. Hierbei kann nach einer
Fortführung der erfindungsgemäßen neutronenoptischen
Bauelementanordnung vorteilhaft vorgesehen sein, dass bei einer direkten Überlagerung der
Abstrahlrichtungen diese im Experimentierplatz durch ein vorgegebenes
Kodierungsschema ermittelbar sind. Für die Auswertung der Messergebnisse
kann es wichtig sein, die verschiedenen Abstrahlrichtungen, aus denen die
unterschiedlichen Neutronensorten dann auf der Probe auftreffen, zu kennen.
Dies kann insbesondere durch eine Überwachung der Neutronenflugzeit bei
einer gepulsten Neutronenquelle erfolgen. Bei einer kontinuierlichen
Neutronenquelle muss der Neutronenstrahl entsprechend gechoppt werden. Da sich
innerhalb der langsamen Neutronen die kalten, thermischen und heißen
Neutronen durch ihr Energiespektrum und damit durch ihre
Geschwindigkeitsverteilung unterscheiden, kann durch die Kenntnis der einzelnen
Neutronenflugzeiten aus den Pulsen heraus überwiegend eine Zuordnung zu den
einzelnen Moderatoren und damit zu deren Abstrahlrichtungen in Relation zur
Probe vorgenommen werden.
Für die meisten Anwendungen in Experimenten ist es jedoch wichtig, dass die
Neutronen alle aus einer gemeinsamen Raumrichtung auf die zu
untersuchende Probe auftreffen. Diese gemeinsame Raumrichtung wird im
Folgenden mit dem Begriff der "wirksamen, mittleren Strahlrichtung" bezeichnet. Zur
Erreichung einer gemeinsamen Strahlrichtung ist eine Überlagerung der
einzelnen Neutronenstrahlen durch weitere neutronenoptische Bauelemente
erforderlich. Zur gezielten Lenkung von Neutronenstrahlen sind verschiedene
Bauelemente bekannt, die prinzipiell alle geeignet sind, bei der
erfindungsgemäßen Anordnung eine Vereinigung der Moderatoremissionen
herbeizuführen. Dazu zählt auch der Neutronenleiter selbst, der gemäß einer
Erfindungsausgestaltung auf seiner inneren Oberfläche mit Nickel beschichtet
sein kann (vgl. DE 44 23 781 A1) und unter bestimmten, besonders flachen
Winkeln auftreffende Neutronen flach in das Rohrinnere reflektiert. Fallen in
den Eingangsbereich des Neutronenleiters nun beispielsweise zwei aus
unterschiedlichen Richtungen kommende Neutronenstrahlen ein, so werden
diese im Verlauf des Neutronenleiters durch dessen innere Reflexionen in die
gewünschte wirksame, mittlere Strahlrichtung gelenkt.
Desweiteren kann bei einer Überlagerung der Abstrahlrichtungen durch weitere
neutronenoptische Bauelemente zur Erreichung einer wirksamen, mittleren
Strahlrichtung des überlagerten Neutronenstrahls nach einer anderen
Erfindungsausgestaltung vorgesehen sein, dass ein weiteres neutronenoptisches
Bauelement als oszillierender Spiegel ausgebildet ist, der synchron mit einer
gepulsten Neutronenquelle oder mit dem gechoppten Neutronenstrahl einer
kontinuierlichen Neutronenquelle oszilliert. Durch den oszillierenden Spiegel
werden die Neutronenstrahlen verschiedener Moderatoren alternierend in den
überlagerten Neutronenstrahl mit der wirksamen, mittleren Strahlrichtung
eingeblendet. Oszilliert der Spiegel beispielsweise zwischen einem kalten und
einem thermischen Moderator im Takt einer Neutronenpulsquelle hin und her
und hat er den für die auftreffenden kalten Neutronen richtigen Winkel, so
reflektiert er zunächst den kalten Neutronenpuls in die mittlere Strahlrichtung.
Dann wird der Spiegelwinkel im Pulstakt verstellt, sodass die thermischen
Neutronen auftreffen und der thermische Neutronenpuls eingekoppelt wird. Der
jeweils andere Neutronenpuls wird außerhalb der mittleren Strahlrichtung
abgelenkt. Bei einem kontinuierlichen Neutronenstrahl aus einem Kernreaktor
können mechanische oder anders arbeitende Chopperanordnungen zur
Zerhackung des kontinuierlichen Neutronenstrahls in einzelne Pulse verwendet
werden. Die Messungen an der Probe sind bei dieser Ausführungsform im Takt
der Neutronenpulse bzw. im Oszillatortakt vorzunehmen.
Bereits weiter oben wurde erläutert, dass in den Energiespektren der einzelnen
Moderatoren jeweils zwei Randbereiche mit Neutronenergien auftreten, die in
der Hauptsache von den anderen Moderatoren zu erzeugen sind. Sind bei
einem Experiment der Probe beispielsweise nur kalte Neutronen zugeführt
worden, befinden sich trotzdem auch heiße und thermische Neutronen im
Neutronenstrahl, allerdings in einer deutlich geringeren Anzahl. Nach einer
anderen Fortführung der erfindungsgemäßen neutronenoptischen
Bauelementanordnung ist es besonders vorteilhaft, wenn ein weiteres neutronenoptisches
Bauelement mit einer energieabhängigen Schaltfunktion ausgebildet ist. Bei
dieser Ausführungsvariante wird nicht mit einem aktiven, sich bewegenden
Spiegel zwischen den einzelnen Neutronenstrahlen hin- und hergeschaltet,
sondern es wird ein neutronenoptisches System vorgesehen, das auf alle
einfallenden Neutronenstrahlen gleichzeitig zugreift. Dabei wird ein
neutronenoptisches Bauelement verwendet, das eine energieselektive Schaltfunktion
aufweist. Derartige Bauelemente können so gestaltet und ausgerichtet werden,
dass sie beispielsweise den zentralen Energiebereich jedes Moderators mit der
größten Anzahl der gezielt zu erzeugenden Neutronen durchlassen und in die
wirksame, mittlere Strahlenrichtung einkoppeln, wohingegen sie die
Randbereiche mit den energetisch abweichenden Neutronen sperren. Durch die
Schaltfunktion kann das Multispektrum des überlagerten Neutronenstrahls
zusammengesetzt werden, indem für die einzelnen Neutronensorten nurmehr
die entsprechenden Neutronen aus den sie in maximaler Anzahl erzeugenden
Moderatoren durchgelassen werden. Somit kann für sowohl für kalte als auch
für thermische und heiße Neutronen ein maximaler Neutronenfluss für die
Experimente erreicht werden.
Neutronenoptische Bauelemente mit einer energieselektiven Schaltfunktion
können in erster Linie durch spezielle Neutronenspiegel realisiert. Deshalb ist
nach einer weiteren Erfindungsausgestaltung vorgesehen, dass das weitere
neutronenoptische Bauelement mit einer energieabhängigen Schaltfunktion als
Neutronenspiegel ausgebildet ist, der auftreffende Neutronen durch eine
entsprechende Winkelausrichtung in Abhängigkeit von deren Energie
kontinuierlich oder abgestuft durchlässt oder reflektiert. Zur weiteren Erläuterung
des funktionellen Zusammenwirkens der Neutronenspiegel, um den oben
beschriebenen Schalteffekt zu erreichen, wird an dieser Stelle auf den
speziellen Beschreibungsteil verwiesen, um Wiederholungen zu vermeiden.
Nach einer anderen Erfindungsausgestaltung kann noch vorteilhaft vorgesehen
sein, dass die Neutronenspiegel in selbsttragender oder auf einem
neutronentransparenten Substrat aufgebrachter Form als einschichtige oder als
mehrschichtige Neutronenspiegel ausgebildet sind, wobei die Beschichtung an
einer oder beiden Seiten des Substrats aufgebracht ist. Bei den
mehrschichtigen, Neutronenspiegeln handelt es sich um sogenannte "Superspiegel"
mit interferierenden Eigenschaften (vgl. DE 198 44 300 A1). Als Substrate sind
beispielsweise Silizium oder Saphir geeignet. Alle diese neutronenoptischen
Bauelemente sind relativ einfach aufgebaut und damit im Vergleich zu anderen
neutronenoptischen Bauelementen kostengünstig. Eine besonders günstige
und kompakte Ausgestaltungsform der Erfindung ergibt sich, wenn gemäß
einer anderen Erfindungsfortführung die weiteren neutronenoptischen
Bauelemente mit einer energieabhängigen Schaltfunktion in den
Neutronenleiter integriert sind. Auch zu dieser Ausführungsform wird zur
Vermeidung von Wiederholungen auf den speziellen Beschreibungsteil
verwiesen.
Der im Neutronenleiter NGT durch Strahlüberlagerung erzeugte überlagerte
Neutronenstrahl SBL weist ein qualitativ besonders hochwertiges
Multispektrum auf, das sich nur aus den Maximalbereichen der Spektren der beiden
Moderatoren CNM, TNM zusammensetzt. Zur Erzielung eines solchen
bereinigten Multispektrums, das sich besonders gut für Experimente in einem
breiten Energiebereich einsetzen lässt, sind in den Neutronenleiter NGT an
seinem den beiden Moderatoren CNM, TNM zugewandten Ende in einem
Abstand von 1,5 m von diesen weitere neutronenoptische Bauelemente NOC
mit einer energieabhängigen Schaltfunktion integriert. Hierbei handelt es sich
im gewählten Ausführungsbeispiel um einen einfachen neutronenleitenden
Superspiegel RSM und um einen diesem gegenüberliegenden weiteren
Superspiegel SSM. Diese sind unter einem Winkel von 0,72° bezogen auf die
Richtung des Neutronenleiters NGT angeordnet, sodass der Superspiegel
SSM auftreffende Neutronen abhängig von deren kinetischer Energie reflektiert
oder durchlässt. Wird ein andere Winkel gewählt, sind auch die anderen
Dimensionierungen der beteiligten Komponenten entsprechend zu verändern.
Beide Superspiegel RSM, SSM sind 6,5 m lang und haben eine
handelsübliche Qualität m = 3, d. h. der Abschnittwinkel beträgt das Dreifache
des Abschnittwinkels von natürlichem Nickel. Der Superspiegel SSM ist auf
einem neutronentransparenten Si-Substrat mit einer Dicke von 0,75 mm
aufgebracht. Während der Superspiegel RSM der reinen Reflexion
auswandernder Neutronenstrahlen dient, hat der gegenüberliegende Superspiegel
SSM eine energie- und winkelabhängige Schaltfunktion. Im gewählten Beispiel
ist der Superspiegel SSM so aufgebaut und in seinem Winkel (hier
beispielsweise 0,72°) so eingestellt, dass er die kalten Neutronen CCN des
kalten Moderators CNM in den Neutronenleitern NGT hinein reflektiert,
wohingegen die kalten Neutronen CTN des thermischen Moderators TNM von
der anderen Spiegelseite aus dem Bereich des Neutronenleiters NGT
wegreflektiert werden. Im umgekehrten Falle werden die thermischen Neutronen
TCN des kalten Moderators CNM am Superspiegel SSM entlang aus dem
Neutronenleiter NGT herausgeleitet, wohingegen die thermischen Neutronen
TTN des thermischen Moderators TNM durch den Superspiegel SSM
ungehindert hindurchtreten können. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass
sich der überlagerte Neutronenstrahl SBL aus präferenziell emittierten
Neutronen der beiden Moderatoren CNM, TNM zusammensetzt. So wird
einerseits gesichert, dass bei jeder Neutronenenergie zu dem Moderator mit
dem jeweils höheren Neutronenfluss geschaltet wird und andererseits der
andere Moderator mit der eventuell ungünstigeren Strahlqualität - z. B.
Pulsform bei gepulsten Quellen - ausgeblendet wird.
In der Fig. 2 ist die Schaltfunktion zur Erzeugung des Multispektrums der
erfindungsgemäßen Anordnung in der beispielhaft gewählten Ausführungsform
gemäß Fig. 1 dargestellt. Hier in ist der relative Transmissionskoeffizient RTC
des gesamten neutronenoptischen Systems als Funktion der
Neutronenwellenlänge NWL in nm für beide Moderatoren CNM, TNM gemäß Fig. 1 dargestellt,
der sich im Vergleich zu den einfachen Spektren in einem identischen
Neutronenleiter definieren lässt, der in 1,5 m Entfernung entweder vor Dem
kalten oder vor dem thermischen Moderator CNM, TNM angeordnet ist.
Werden in einem Experiment Neutronenenergien von mehr als 20 meV (das
entspricht einer Neutronengeschwindigkeit oberhalb von 2000 m/s oder
äquivalent dazu einer Neutronenwellenlänge unterhalb von 0,2 nm) benötigt,
stehen im kombinierten Multispektrum ausschließlich thermische Neutronen
TTN des thermischen Moderators TNM zur Verfügung. Bei benötigten
Neutronenenergien von weniger als 5 meV (das entspricht einer
Neutronengeschwindigkeit von weniger als 1000 m/s bzw. einer Neutronenwellenlänge von
mehr als 0,4 nm) erfolgt die Neutronenversorgung fast ausschließlich durch
den kalten Moderator CNM mit kalten Neutronen CCN. In einem
Übergangsgebiet zwischen 5 meV und 20 meV werden die Neutronen TTN,
CCN aus beiden Moderatoren TNM, CNM in einer Mischform mit
unterschiedlichen Anteilen im überlagerten Neutronenstrahl SBL dem Experiment
zugeführt.
Bezugszeichenliste
CBL Abstrahlrichtung kalter Moderator
CCN kalte Neutronen kalter Moderator
CNM kalter Moderator für Neutronen
CTN kalte Neutronen thermischer Moderator
EBL mittlere Strahlrichtung
INS innere Oberfläche
NGT Neutronenleiter
NOA neutronenoptische Bauelementanordnung
NOC weiteres neutronenoptisches Bauelement
NWL Neutronenwellenlänge
RSM reflektierender Superspiegel
RTC relativer Transmissionskoeffizient
SBL überlagerter Neutronenstrahl
SSM schaltender Superspiegel
TBL Abstrahlrichtung thermischer Moderator
TCN thermische Neutronen kalter Moderator
TNM thermischer Moderator für Neutronen
TTN thermische Neutronen thermischer Moderator