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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei einem mikroelektromechanischen System (MEMS-System) auftretenden Winkelfrequenzen. Weiter betrifft die Erfindung ein MEMS-System.
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Stand der Technik
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Steigende Anforderungen an die Leistung und die Funktionalität bei niedrigen Kosten erfordern miniaturisierte und komplexere MEMS-Designs. Als Folge der Miniaturisierung entstehen Herausforderungen in den Entwicklungsphasen durch unerwartetes nichtlineares Verhalten in MEMS-Systemen, etwa mit Gyroskopen und Mikrospiegeln, das auf geometrische Nichtlinearitäten zurückzuführen ist.
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Ein wichtiges Merkmal geometrischer Nichtlinearitäten sind Frequenzverschiebungen von Winkelfrequenzen, die aufgrund der großen Änderungen der Schwingungsamplituden der getriebenen Mode auf alle Moden wirken. Diese Frequenzverschiebungen können unerwartete Resonanzen erzeugen, die zu unerwünschten nichtlinearen Effekten führen und die Zuverlässigkeit des MEMS-Systems beeinträchtigen.
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Bei der Entwicklung von MEMS-Systemen werden zahlreiche Simulationen und Bewertungen der Leistungsparameter durchgeführt, um die Entscheidungsprozesse bei der Produktentwicklung zu unterstützen. Besonders anspruchsvoll ist die Simulation geometrisch nichtlinearer Phänomene.
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Aus Touze et al. „Model order reduction methods for geometrically nonlinear structures: a review of nonlinear techniques", Nonlinear Dyn. 105, 1141-1190 (2021) ist ein approximativer Ansatz zur Reduzierung der Modellordnung bekannt.
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Es besteht jedoch Bedarf an effizienten Ansätzen für die Bestimmung der durch geometrische Nichtlinearitäten bedingten Frequenzverschiebungen von Winkelfrequenzen in einem realen MEMS-System mit hoher Modendichte.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Erfindung stellt ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Berechnen von Frequenzverschiebungen bei einem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen, sowie ein MEMS-System mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche bereit.
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Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der jeweiligen Unteransprüche.
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Gemäß einem ersten Aspekt betrifft die Erfindung demnach ein computerimplementiertes Verfahren zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei einem mikroelektromechanischen, MEMS,-System auftretenden Winkelfrequenzen. Das MEMS-System wird durch ein finite-Elemente (FE)-Modell modelliert. Es werden modale Winkelfrequenzen und Formfaktoren für eine Vielzahl von Hauptmoden des FE-Modells berechnet. Die Gesamtheit der Moden des FE-Modells wird dabei in die Vielzahl von Hauptmoden und in eine Vielzahl von Nebenmoden unterteilt. Die Hauptmoden umfassen eine Antriebsmode des MEMS-Systems. Für jeden Knoten des FE-Modells wird unter Verwendung der Formfaktoren eine von den Nebenmoden abhängige erste Kraft auf den Knoten berechnet und es wird eine von den Nebenmoden und der Antriebsmode abhängige zweite Kraft auf den Knoten berechnet. Erste Hilfsmoden werden berechnet, welche der ersten Kraft entsprechen. Zweite Hilfsmoden werden berechnet, welche der zweiten Kraft entsprechen. Ein erster Energiebeitrag und ein zweiter Energiebeitrag werden unter Verwendung der ersten und zweiten Hilfsmoden berechnet. Unter Verwendung der modalen Winkelfrequenzen, des ersten Energiebeitrags und des zweiten Energiebeitrags wird eine Frequenzverschiebung einer der Winkelfrequenzen berechnet, welche von einer Amplitude der Antriebsmode abhängt.
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Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Berechnen von Frequenzverschiebungen bei einem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen, mit einer Recheneinrichtung. Die Recheneinrichtung ist dazu ausgebildet, das MEMS-System durch ein FE-Modell zu modellieren und modale Winkelfrequenzen und Formfaktoren für eine Vielzahl von Hauptmoden des FE-Modells zu berechnen, wobei eine Gesamtheit von Moden des FE-Modells in die Vielzahl von Hauptmoden und in Nebenmoden unterteilt wird, wobei die Hauptmoden eine Antriebsmode des MEMS-Systems umfassen. Die Recheneinrichtung ist weiter dazu ausgebildet, für jeden Knoten des FE-Modells eine von den Nebenmoden abhängige erste Kraft auf den Knoten und eine von den Nebenmoden und der Antriebsmode abhängige zweite Kraft auf den Knoten unter Verwendung der Formfaktoren zu berechnen. Weiter ist die Recheneinrichtung ausgebildet, erste Hilfsmoden, welche der ersten Kraft entsprechen, und zweite Hilfsmoden, welche der zweiten Kraft entsprechen, zu berechnen, und unter Verwendung der ersten und zweiten Hilfsmoden einen ersten Energiebeitrag und einen zweiten Energiebeitrag zu berechnen. Die Recheneinrichtung ist weiter dazu ausgebildet, unter Verwendung der modalen Winkelfrequenzen, des ersten Energiebeitrags und des zweiten Energiebeitrags eine Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz zu berechnen, welche von einer Amplitude der Antriebsmode abhängt.
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Gemäß einem dritten Aspekt betrifft die Erfindung ein MEMS-System mit einer Vorrichtung zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen. Das MEMS-System umfasst weiter eine Steuereinrichtung, welche dazu ausgebildet ist, mindestens eine Komponente des MEMS-Systems unter Verwendung einer von der Vorrichtung berechneten Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz anzusteuern.
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Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung ermöglicht die Berücksichtigung nichtlinearer Frequenzverschiebungen, die durch geometrische Nichtlinearitäten des MEMS-Systems hervorgerufen werden. Die Antriebsmode (getriebene Mode) kann dabei eine sich ändernde große Amplitude aufweisen, was zu geometrischen Nichtlinearitäten führt, sodass wiederum Frequenzverschiebungen entstehen, welche bei Resonanzen andere Moden anregen können.
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Die effiziente und genaue Auswertung dieser Frequenzverschiebungen ist von großer Bedeutung für das MEMS-Design und die Produktzuverlässigkeit von MEMS-Systemen. Die Erfindung stellt insbesondere ein Verfahren und eine Vorrichtung zur effizienten und genauen Berechnung solcher durch geometrische Nichtlinearitäten hervorgerufenen Frequenzverschiebungen bereit.
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Das Verfahren kann dabei nur durch Verwendung von Konstruktionsverfahren und linearen Lösungsverfahren ausgeführt werden und ist daher nicht auf Konvergenzkriterien numerischer Löser oder dergleichen angewiesen. Das Verfahren ist insbesondere auf oszillierende mechanische Sensor- und Aktorsysteme als MEMS-Systeme mit hohem Gütegrad im Grenzfall großer mechanischer Dehnungen aber kleiner mechanischer Spannungen im Rahmen der Elastizitätstheorie anwendbar.
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Unter der Berechnung der Frequenzverschiebungen der Winkelfrequenzen kann im Sinne dieser Erfindung verstanden werden, dass die Winkelfrequenz als Funktion der Amplitude der Antriebsmode berechnet wird. Es wird somit die Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz in Abhängigkeit von der Amplitude der Antriebsmode berechnet, relativ zur Winkelfrequenz bei verschwindender Amplitude der Antriebsmode.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen umfasst das FE-Modell eine Massenmatrix und eine Steifigkeitsmatrix. Das Berechnen der modalen Winkelfrequenzen und der Formfaktoren für die Hauptmoden des FE-Modells erfolgt unter Verwendung der Massenmatrix und der Steifigkeitsmatrix. Das Berechnen der ersten Hilfsmoden und der zweiten Hilfsmoden erfolgt unter Verwendung der Steifigkeitsmatrix des FE-Modells. Das FE-Modell kann nach bekannten Verfahren generiert werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen werden Moden-Kopplungskoeffizienten unter Verwendung der Formfaktoren, der ersten Kraft und der zweiten Kraft berechnet. Das Berechnen des ersten Energiebeitrags und des zweiten Energiebeitrags erfolgt weiter unter Verwendung der Moden-Kopplungskoeffizienten. Das Berechnen der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz erfolgt weiter unter Verwendung der Moden-Kopplungskoeffizienten. Die Moden-Kopplungskoeffizienten entsprechen effektiven Wechselwirkungen von Moden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen wird eine nichtlineare mechanische Modenspannung unter Verwendung der Formfaktoren berechnet. Ein modaler Duffing-Koeffizient und modale Kreuz-Duffing-Koeffizienten werden unter Verwendung der nichtlinearen mechanischen Modenspannung berechnet. Das Berechnen der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz erfolgt weiter unter Verwendung des modalen Duffing-Koeffizienten und der modalen Kreuz-Duffing-Koeffizienten. Der Duffing-Koeffizient β bezeichnet dabei den Koeffizienten des kubischen Terms in der sogenannten Duffing-Gleichung, wobei dieselbe Mode kubisch auftritt. Beim den Kreuz-Duffing-Koeffizienten (englisch: cross-Duffing coefficient) treten verschiedene Moden kubisch auf.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen hängen die Moden-Kopplungskoeffizienten, den modalen Duffing-Koeffizienten und die modalen Kreuz-Duffing-Koeffizienten von der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz ab. Die Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz hängt von der Amplitude der Antriebsmode ab. Die Berechnung der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenzen erfolgt iterativ. Durch die iterative Lösung erfolgt die Berechnung selbstkonsistent, um eine hochgradig nichtlineare Abhängigkeit der Winkelfrequenzen von der Amplitude der Antriebsmode zu berücksichtigen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen wird zum Berechnen der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz ein Beitrag der Nebenmoden unter Verwendung des modalen Duffing-Koeffizienten und modalen Kreuz-Duffing-Koeffizienten, des ersten Energiebeitrags und des zweiten Energiebeitrags berechnet. Die Nebenmoden werden somit durch die effektiven Energiebeiträge beschrieben, d.h. die Summation über die Nebenmoden wird effektiv durchgeführt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen wird zum Berechnen der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz ein Beitrag der Hauptmoden berechnet, wobei über Beiträge aller Hauptmoden summiert wird. Die Beiträge der Hauptmoden werden somit explizit berücksichtigt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen werden 3-Moden-Kopplungskoeffizienten unter Verwendung der Formfaktoren, der ersten Kraft und der zweiten Kraft berechnet. Das Berechnen der Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz erfolgt weiter unter Verwendung der 3-Moden-Kopplungskoeffizienten. Die 3-Moden-Kopplungskoeffizienten (bzw. 3-Wellen-Kopplungskoeffizienten) bezeichnen effektive Wechselwirkungen von drei Moden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen wird weiter das MEMS-System unter Verwendung der berechneten Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz angesteuert. Beispielsweise kann die Ansteuerung von Mikrospiegeln oder Drehratensensoren von der berechneten Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz abhängig sein.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnung verschiedene Ausführungsbeispiele im Einzelnen beschrieben sind.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Es zeigen:
- 1 ein schematisches Blockdiagramm eines MEMS-Systems mit einer Vorrichtung zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei einem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen gemäß einer Ausführungsform der Erfindung; und
- 2 ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei einem MEMS-System auftretenden Winkelfrequenzen gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Die Nummerierung von Verfahrensschritten dient der Übersichtlichkeit und soll im Allgemeinen keine bestimmte zeitliche Reihenfolge implizieren. Insbesondere können auch mehrere Verfahrensschritte gleichzeitig durchgeführt werden.
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Beschreibung der Ausführungsbeispiele
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1 zeigt ein schematisches Blockdiagramm eines MEMS-Systems 1 mit einer Vorrichtung 2 zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von Winkelfrequenzen, welche bei dem MEMS-System 1 auftreten. Bei dem MEMS-System 1 kann es sich beispielsweise um eine Sensorvorrichtung oder eine Aktorvorrichtung handeln. Das MEMS System 1 umfasst beispielsweise einen Mikrospiegel und/oder einen Drehratensensor, etwa ein MEMS-Gyroskop.
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Die Vorrichtung 2 umfasst eine Recheneinrichtung 4 und eine Speichereinrichtung 5. Die Recheneinrichtung 4 kann Software- und/oder Hardwarekomponenten umfassen, etwa Prozessoren, Mikroprozessoren, Mikrokontroller, integrierte Schaltkreise, anwendungsorientierte integrierte Schaltkreise oder dergleichen. Die Speichereinrichtung 5 kann einen flüchtigen oder nicht-flüchtigen Speicher umfassen, etwa eine Festplatte, Speicherkarte oder dergleichen.
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Die Recheneinrichtung 4 ist dazu ausgebildet, das MEMS-System durch ein FE-Modell zu modellieren. Das FE-Modell ermöglicht eine Modenanalyse und die Recheneinrichtung 4 ermittelt dabei zwei globale FE-Matrizen, die Massenmatrix Mund die Steifigkeitsmatrix K.
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Die Recheneinrichtung 4 führt weiter eine Modenanalyse durch, wobei das verallgemeinerte Eigenwertproblem:
gelöst wird, um die modalen Winkelfrequenzen ω
n und die modalen Formfunktionen
zu bestimmen. Die Ausdrücke „modal“ bzw. „Mode-...“ deuten dabei an, dass die dadurch näher bezeichneten Größen sich auf die in dem FE-Modell auftretenden Moden beziehen.
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Im Prinzip entspricht die Anzahl der Moden der Anzahl der Freiheitsgrade (DOF) im FE-Modell. Bei der Modenanalyse werden N Hauptmoden bestimmt, so dass n ∈ {1,2,... N} mit N « DOF. Die Anzahl N der Hauptmoden kann in der Größenordnung 10 bis 100 liegen, die Gesamtanzahl der Knoten kann mehrere Millionen betragen. Die Gesamtheit der Moden des FE-Modells wird somit in Hauptmoden und in Nebenmoden unterteilt. Die Nebenmoden entsprechen dabei den Moden mit n > N.
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Die Hauptmoden umfassen insbesondere mindestens eine Antriebsmode des MEMS-Systems. Bei der Antriebsmode handelt es sich um eine Mode, welche dem Antrieb des MEMS-Systems 1 entspricht, etwa einer hauptsächlich auftretenden Schwingung eines Mikrospiegels oder Drehratensensors.
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Für den Entwurfsprozess ist die Kenntnis der Winkelfrequenzen sehr wichtig. Sie sind konstante Größen im linearen Bereich des Gerätebetriebs, sie ändern sich jedoch aufgrund geometrischer Nichtlinearitäten, wenn die Schwingungsamplitude der Antriebsmode zunimmt. Eine solche Antriebsmodus ist in MEMS-Drehratensensoren und resonanten MEMS-Mikrospiegeln als Teil ihrer Funktionalität immer vorhanden. Die Winkelfrequenzen hängen also von der Amplitude A der Antriebsmode ab.
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Die Recheneinrichtung berechnet für jeden Knoten n des FE-Modells eine von den Nebenmoden abhängige erste Kraft
auf den Knoten und eine von den Nebenmoden und der Antriebsmode abhängige zweite Kraft
auf den Knoten unter Verwendung der Formfaktoren.
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Die erste Kraft und die zweite Kraft können als Renovierungskräfte bezeichnet werden, da sie die Beiträge sämtlicher Nebenmoden mit einbeziehen und dadurch eine effektive Beschreibung der Kräfte auf die Moden erlauben.
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Mit den modalen Formfunktionen
wird dabei die n-te Renormierungskraft
(d.h. die erste Kraft bzgl. Mode n) an jedem Knoten n des FE-Modells unter Verwendung von Standard-Diskretisierungsverfahren für finite Elemente ermittelt. Die n-te Renormierungskraft am Knoten µ in der p-ten Raumrichtung ist gegeben durch:
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Hier wird die Einsteinsche Summenkonvention verwendet, bei der implizit eine Summe über doppelt vorkommende Indizes gebildet wird. Die Berechnung kann auf der Grundlage von Standard-FE-Verfahren erfolgen, wobei die Element-Formfunktion N
µ berechnet wird und die Integration des Volumens über die Element-Integrationspunkte erfolgt. Weiter bezeichnet δ
i,j das Kronecker-Symbol,
bezeichnet die lineare mechanische Modenspannung,
bezeichnet die nichtlineare mechanische Modenspannung und D
i,j,k,l den Materialtensor des durch das FE-Modell beschriebenen linear-elastischen Materials.
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Zusätzlich zur n-ten Renormierungskraft (erste Kraft) wird die n-te Renormierungspaar-Kraft
(zweite Kraft bzgl. Mode n) berechnet, die auf den Knoten µ in der p-ten Raumrichtung wirkt, gegeben durch
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Die Gleichungen (1) und (2) können numerisch berechnet werden, wobei für gegebene modale Formfunktionen
nur Konstruktionsschritte sowie Vektor- und Matrixmultiplikationen erforderlich sind. Numerisch rechenintensive Schritte wie eine Matrixinversion sind nicht erforderlich und die Anzahl der Konstruktionsschritte skaliert linear mit der Anzahl der Hauptmoden N.
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Weiter ist die Recheneinrichtung 4 ausgebildet, für jeden Knoten n erste Hilfsmoden, welche der ersten Kraft entsprechen, und zweite Hilfsmoden, welche der zweiten Kraft entsprechen, zu berechnen. Die ersten Hilfsmoden können auch als Renormierungsmoden
und die zweiten Hilfsmoden können als Renormierungsmodenpaare
bezeichnet werden, wobei sich der Index d auf die Antriebsmode bezieht. Hierzu werden folgende lineare algebraische Gleichungen gelöst, welche von der Steifigkeitsmatrix K und den ersten und zweiten Kräften abhängen:
und
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Die Berechnung kann mit herkömmlichen FE-Lösern ausgeführt werden, um die ersten Hilfsmoden (Renormierungsmoden)
und die zweiten Hilfsmoden (Renormierungsmodenpaare)
zu erhalten.
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Die Recheneinrichtung 4 berechnet weiter Moden-Kopplungskoeffizienten a
ncc und a
dnc unter Verwendung der Formfaktoren
der ersten Kraft
und der zweiten Kraft
Die Moden-Kopplungskoeffizienten α
ncc und α
dnc sind dabei Moden-Kopplungskoeffizienten (Drei-Moden-Kopplungskoeffizienten bzw. Drei-Wellen-Kopplungskoeffizienten entsprechend einer effektiven Punktwechselwirkung dreier Moden) und sind durch folgende Formeln gegeben:
und
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Weiter berechnet die Recheneinrichtung 4 für jeden Knoten n einen ersten Energiebeitrag R
d (bzgl. der Antriebsmode) und einen zweiten Energiebeitrag R
n (bzgl. der weiteren Hauptmoden) unter Verwendung der ersten Hilfsmoden
der zweiten Hilfsmoden
der Moden-Kopplungskoeffizienten α
ddn, α
dnm, der Steifigkeitsmatrix K und der Massenmatrix M gemäß folgender Formeln:
und
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Dabei bezeichnet ωd die Winkelfrequenz der Antriebsmode und ωc die Winkelfrequenz der Hauptmoden, wobei ωd(0), ωc(0) angibt, dass die Abhängigkeit von der Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode d vernachlässigt wird bzw. die Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode d gleich Null gesetzt wird.
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Die Recheneinrichtung 4 berechnet weiter eine nichtlineare mechanische Modenspannung
unter Verwendung der Formfaktoren
gemäß folgender Formel:
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Die Recheneinrichtung 4 berechnet modale Kreuz-Duffing-Koeffizienten V
n und den modalen Duffing-Koeffizienten β unter Verwendung der mechanischen Modenspannung
gemäß folgender Formeln:
und
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Die für die Koeffizienten in den Gleichungen (10a) und (10b) benötigten Größen wurden bereits zur Berechnung der Renormierungskräfte in Gleichung (1) und (2) benötigt. Daher verursacht die Berechnung keinen nennenswerten numerischen Aufwand mehr und skaliert linear mit der Anzahl N der Hauptmoden.
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Die Recheneinrichtung 4 ist weiter dazu ausgebildet, unter Verwendung der modalen Winkelfrequenzen, des ersten Energiebeitrags, des zweiten Energiebeitrags, des modalen Duffing-Koeffizienten und der modalen Kreuz-Duffing-Koeffizienten und der Moden-Kopplungskoeffizienten eine Frequenzverschiebung der Winkelfrequenz (d.h. eine Abhängigkeit der Winkelfrequenz von der Amplitude der Antriebsmode) zu berechnen, welche von einer Amplitude der Antriebsmode abhängt. Dies wird im Folgenden genauer beschrieben.
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Die von der Amplitude der Antriebsmode abhängige Winkelfrequenz auf eine Hauptmode n für n # d, wobei d den Index der Antriebsmode bezeichnet, ist zunächst durch folgende Gleichung gegeben:
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Für die Antriebsmode d ist die Winkelfrequenz durch folgende Gleichung gegeben:
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Dabei treten die Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode, die von der Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode abhängigen modalen Winkelfrequenzen ωn(Ad), die Kreuz-Duffing-Koeffizienten Vn, der modale Duffing-Koeffizient β, die 3-Moden-Kopplungskoeffizienten αnml und die dynamischen Übertragungsfunktionen adnc und cdnc auf.
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Die dynamischen Übertragungsfunktionen adac und bddc hängen von den Winkelfrequenzen ωn und dem modalen Gütefaktor Qc der Mode c ab, die im FE-Modell für alle Hauptmoden gegeben sind.
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Die dynamischen Übertragungsfunktionen sind definiert durch
und
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Die dynamischen Übertragungsfunktionen sind von der Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode abhängig, da die Winkelfrequenzen von der Antriebsamplitude abhängen.
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Jede Winkelfrequenz ω
n der n-ten Mode hängt von den Winkelfrequenzen ω
m aller anderen Moden im System ab, was aus der Summe
in den obigen Gleichungen (11a), (11b) ersichtlich wird.
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Durch Approximieren der dynamischen Übertragungsfunktionen für ω
c >> |ω
d ± ω
n| bis zur zweiten Ordnung erhält man:
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In der letzten Näherung wird die Abhängigkeit der Frequenzen von der Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode vernachlässigt. Die Näherung gilt im Grenzwert ωc >> 2ωd, da die dynamischen Übertragungsfunktionen in diesem Grenzwert eine kleine Steigung haben und die Änderungen der Winkelfrequenzen über der Schwingungsamplitude Ad der Antriebsmode im Vergleich zu ihren absoluten Werten klein sind.
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Innerhalb dieser Näherungen ist der geschlossene Ausdruck für die von der Schwingungsamplitude A
d der Antriebsmode abhängige n-te Winkelfrequenz gegeben durch
für n ∈ {1,2, ... N |n ≠ d}, mit den von der Antriebsamplitude unabhängigen n-ten Renormierungsenergie (erste Renormierungsenergie für Mode n):
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Ebenso gilt für die Winkelfrequenz der Antriebsmode:
mit der von der Amplitude der Antriebsmode abhängigen Renormierungsenergie der Antriebsmode (zweite Renormierungsenergie):
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Die ersten und zweiten Renormierungsenergien wurden bereits gemäß den obigen Formeln (7) und (8) berechnet. Die weiteren für Gleichung (12) benötigten Größen hat die Berechnungseinrichtung 4 ebenfalls bereits berechnet und kann somit die Frequenzverschiebungen der Winkelfrequenzen ω
n(A
d), ω
d(A
d) berechnen. Insbesondere wurden die modalen Koeffizienten β, V
n und α
dnm für Moden innerhalb der Hauptmodenmenge, d.h. n, m ∈ {1,2, ..., N} effizient berechnet und die Summation über Größen, die nicht innerhalb der Hauptmodenmenge liegen, d.h.
wurde ebenfalls ausgeführt. Schließlich wurde die Lösung für den hochgradig nichtlinearen Fall ermittelt, in dem sowohl die Winkelfrequenzen als auch die dynamischen Übertragungsfunktionen von der Amplitude der Antriebsmode abhängen.
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Weiter kann ein spektral selbstkonsistentes Renormierungsverfahren verwendet werden, um die hochgradig nichtlineare Abhängigkeit der Winkelfrequenzen von der Amplitude der Antriebsmode zu berücksichtigen. Die dynamischen Übertragungsfunktionen a
ddc, c
ddc, a
dnc, c
dnc hängen den Winkelfrequenzen ab, die wiederum von der Amplitude der Antriebsmode abhängen. Durch die Einführung des renormierten Duffing-Koeffizienten β
RT (A
d) und der renormierten Kreuz-Duffing-Koeffizienten
in Abhängigkeit von der Amplitude der Antriebsmode, gegeben durch:
wird ein inkrementelles, iteratives Lösungsverfahren implementiert, gemäß
für n # d (d.h. für Hauptmoden, welche nicht die Antriebsmode sind) und
für n = d (d.h. für die Antriebsmode). Dabei werden die inkrementellen Antriebsamplitudenschritte A
d,j für j ∈ {1,2, ... ,J} mit A
d,1 = 0, A
d,J = A
d verwendet, wobei A
d die Zielamplitude der Berechnung ist, und das Inkrement ΔA = A
d,j+1 - A
d,j. Das Lösungsverfahren der Gleichungen (14) und (15) erfolgt iterativ. Für den Startwert A
d,0 = 0 sind die Winkelfrequenzen ω
n(0) für alle Hauptmoden n ∈ {1,2,... , N} bekannt, aus denen die dynamischen Korrekturfaktoren und schließlich die renormierten Größen in den Gleichungen (12) und (13) ermittelt werden können. Daraus lässt sich dann ω
n(A
d,1) usw. berechnen.
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Das MEMS-System 10 umfasst weiter eine Steuereinrichtung 3, welche eine Komponente 6 des MEMS-Systems 1 unter Verwendung der von der Vorrichtung 2 berechneten Frequenzverschiebungen ansteuert, etwa einen Mikrospiegel oder einen Drehratensensor.
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2 zeigt ein Flussdiagramm eines Verfahren zum Berechnen von Frequenzverschiebungen von bei dem MEMS-System 1 auftretenden Winkelfrequenzen. Das Verfahren des insbesondere auf das oben beschriebene MEMS-System 1 anwendbar und kann durch die oben beschriebene Vorrichtung 2 ausgeführt werden. Umgekehrt kann die oben beschriebene Vorrichtung 2 zum Ausführen des nachfolgend beschriebenen Verfahrens ausgebildet sein.
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In einem Verfahrensschritt S1 wird das MEMS-System 1 durch ein finite-Elemente (FE)-Modell modelliert, wobei das FE-Modell eine Massenmatrix M und eine Steifigkeitsmatrix K umfasst.
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In einem Verfahrensschritt S2 werden unter Verwendung der Massenmatrix Mund der Steifigkeitsmatrix K modale Winkelfrequenzen und Formfaktoren für eine Vielzahl von Hauptmoden des FE-Modells berechnet. Die Gesamtheit der Moden des FE-Modells wird dabei in die Vielzahl von Hauptmoden und in eine Vielzahl von Nebenmoden unterteilt. Die Hauptmoden umfassen eine Antriebsmode des MEMS-Systems 1.
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In einem Verfahrensschritt S3 wird für jeden Knoten des FE-Modells unter Verwendung der Formfaktoren eine von den Nebenmoden abhängige erste Kraft auf den Knoten berechnet und es wird eine von den Nebenmoden und der Antriebsmode abhängige zweite Kraft auf den Knoten berechnet.
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In einem Verfahrensschritt S4 werden Moden-Kopplungskoeffizienten unter Verwendung der Formfaktoren, der ersten Kraft und der zweiten Kraft berechnet
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In einem Verfahrensschritt S5 werden unter Verwendung der Steifigkeitsmatrix K des FE-Modells erste Hilfsmoden berechnet, welche der ersten Kraft entsprechen. Zweite Hilfsmoden, welche der zweiten Kraft entsprechen, werden unter Verwendung der Steifigkeitsmatrix K des FE-Modells berechnet.
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In einem Verfahrensschritt S6 werden ein erster Energiebeitrag und ein zweiter Energiebeitrag unter Verwendung der ersten und zweiten Hilfsmoden und der Moden-Kopplungskoeffizienten berechnet.
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In einem Verfahrensschritt S7 wird eine nichtlineare mechanische Modenspannung unter Verwendung der Formfaktoren berechnet.
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In einem Verfahrensschritt S8 werden der modale Duffing-Koeffizient und die modalen Kreuz-Duffing-Koeffizienten unter Verwendung der mechanischen Modenspannung berechnet.
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In einem Verfahrensschritt S9 werden 3-Moden-Kopplungskoeffizienten unter Verwendung der Formfaktoren, der ersten Kraft und der zweiten Kraft berechnet.
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In einem Verfahrensschritt S10 wird unter Verwendung des modalen Duffing-Koeffizienten und der modalen Kreuz-Duffing -Koeffizienten, der 3-Moden-Kopplungskoeffizienten, der Moden-Kopplungskoeffizienten, der modalen Winkelfrequenzen, des ersten Energiebeitrags und des zweiten Energiebeitrags eine Frequenzverschiebung einer Winkelfrequenzen berechnet, welche von einer Amplitude der Antriebsmode abhängt. Die Berechnung kann für alle Hauptmoden durchgeführt werden.
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Zum Berechnen der Kraft wird ein Beitrag der Nebenmoden unter Verwendung des modalen Duffing-Koeffizienten, der modalen Kreuz-Duffing-Koeffizienten, des ersten Energiebeitrags und des zweiten Energiebeitrags berechnet. Ein Beitrag der Hauptmoden wird berechnet, wobei über Beiträge aller Hauptmoden summiert wird.
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Weiter kann die Berechnung iterativ erfolgen, wie oben beschrieben.
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Optional kann weiter das MEMS-System 1 unter Verwendung der berechneten Kraft auf die Hauptmoden angesteuert werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Touze et al. „Model order reduction methods for geometrically nonlinear structures: a review of nonlinear techniques“, Nonlinear Dyn. 105, 1141-1190 (2021 [0005]