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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Berechnen einer Rotorflussposition eines Elektromotors sowie ein zugehöriges Steuerungsmodul zur Ausführung eines solchen Verfahrens.
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Elektromotoren können beispielsweise verwendet werden, um ein Fahrzeug anzutreiben oder um in einem Bremssystem hydraulischen Druck aufzubauen. Es hat sich gezeigt, dass für die Ansteuerung von bestimmten Arten von Elektromotoren, insbesondere Wechselstrommotoren, eine Information über eine Rotorflussposition zu einer bestimmten Zeit sinnvoll ist, um die Steuerung des Elektromotors zu verbessern.
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Es ist deshalb eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Berechnen einer Rotorflussposition eines Elektromotors bereitzustellen. Es ist des Weiteren eine Aufgabe der Erfindung, ein zugehöriges Steuerungsmodul bereitzustellen. Dies wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren und ein Steuerungsmodul gemäß den jeweiligen Hauptansprüchen erreicht. Vorteilhafte Ausgestaltungen können beispielsweise den jeweiligen Unteransprüchen entnommen werden. Der Inhalt der Ansprüche wird durch ausdrückliche Inbezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Berechnen einer Rotorflussposition eines Elektromotors.
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Die Rotorflussposition θ̂
el(t), welche auch als elektrische Position bezeichnet werden kann, wird insbesondere unter Verwendung der folgenden Formel berechnet, und zwar insbesondere in Abhängigkeit von einem Fluss:
- - wobei eine zweite Komponente des Flusses ist, und
- - wobei eine erste Komponente des Flusses ist.
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Diese Formel erlaub in einfacher Weise eine Berechnung einer Rotorflussposition bei bekanntem Fluss.
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Der Fluss
zu einer Zeit t wird vorzugsweise unter Verwendung der folgenden Formel berechnet:
- - wobei ein Statorspannungsraumvektor in stationärem Referenzrahmen ist,
- - wobei ein Statorstromraumvektor in stationärem Referenzrahmen ist,
- - wobei Rs ein Widerstand des Elektromotors ist,
- - wobei ein Startwert ist, und
- - wobei Leq ein Induktivitätswert ist, welcher von dem Typ des Elektromotors abhängt.
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Mittels eines solchen Verfahrens kann in einfacher und zuverlässiger Weise ein Fluss
für einen Elektromotor berechnet werden. Der Startwert kann beispielsweise wie weiter unten ausgeführt berechnet werden. Strom und Spannung können insbesondere in geeigneter Weise gemessen werden und gegebenenfalls in einen geeigneten Rahmen transformiert werden. Durch die Vektordarstellung von Größen kann deren vektorielle Natur berücksichtigt werden. Der Widerstand eines bestimmten Motors ist typischerweise bekannt. Der Induktivitätswert ist abhängig von dem Typ des Elektromotors, wobei beispielsweise implementiert sein kann, dass sich eine Programmierung bzw. ein Steuerungsmodul an einen Typ anpassen kann. Typische Zuordnungen werden weiter unten näher beschrieben.
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Der Vektor
ist dabei ein komplexer Vektor, wobei
dessen Realteil ist und
dessen Imaginärteil ist. Eine entsprechende Aufteilung und Bezeichnung gilt auch für andere Vektoren.
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Bei dem Elektromotor handelt es sich insbesondere um einen Elektromotor, welcher mit Wechselstrom betrieben wird. Typische Ausführungen werden weiter unten genannt.
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Gemäß einer Ausführung ist vorgesehen, dass der Statorspannungsraumvektor unter Verwendung der folgenden Formel berechnet wird:
- - wobei ein Fluss ist.
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Dies erlaubt eine einfache Berechnung des Statorspannungsraumvektors unter Verwendung von gemessenen und bekannten Größen. Die Gleichung (3) ist eine Umformulierung der Gleichung (2).
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Dadurch kann zusätzlich zur Information über den Fluss eine Information über eine Rotorflussposition oder elektrische Position, anders ausgedrückt über einen Motorwinkel, erhalten werden. Ein solcher Motorwinkel kann ebenfalls in einer Steuerung verwendet werden. Die beiden Komponenten beziehen sich darauf, dass es sich bei dem Fluss um einen Vektor handelt. Insbesondere kann es sich um einen aktiven Fluss handeln.
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Gemäß einer Ausführung kann vorgesehen sein, dass der Fluss in zeitdiskreter Form berechnet wird. Ebenso kann die Rotorflussposition in zeitdiskreter Form berechnet werden. Dadurch kann auf eine zeitdiskrete Berechnung zurückgegriffen werden, welche sich numerisch in typischen Steuerungseinrichtungen implementieren lässt.
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Beispielsweise kann hierzu auf die folgenden Formeln zurückgegriffen werden:
- - wobei Ts eine Samplingperiode von akquirierten diskreten Signalen ist,
- - wobei tk = k·Ts ein Wert der Samplingzeit von akquirierten diskreten Signalen ist,
- - wobei ξ̂α(tk) ein Startwert des Flusses einer AC-elektrischen Maschine einer direkten Achse in stationärem Referenzrahmen ist, und
- - wobei ξ̂β(tk) ein Startwert des Flusses einer AC-elektrischen Maschine einer quadratischen bzw. orthogonalen Achse in stationärem Referenzrahmen ist.
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Die Startwerte können beispielsweise mittels folgender Formeln berechnet werden:
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Diese Differenzgleichungen werden erhalten durch Diskretisierung von den nachfolgenden kontinuierlichen zeitbezogenen Differentialgleichungen:
- - wobei α>0 ein Parameter eines kontinuierlichen Differentiators ist,
- - wobei β>0 ein Parameter eines kontinuierlichen Tiefpassfilters ist,
- - wobei γ1>0, γ2>0 Verstärkungen eines Gradientenschätzers sind,
- - wobei ein kontinuierlicher Ableitungsoperator ist.
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Diese Gleichungen können verwendet werden, um Startwerte zu berechnen. Sofern ein Ableitungsoperator in einem Nenner vorkommt, kann die Gleichung insbesondere derart verstanden werden, dass die Gleichung mit dem Nenner multipliziert wird, so dass die Gleichung eine Form hat, in welcher der Ableitungsoperator direkt auf eine jeweilige Variable wirkt.
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Insbesondere kann, wenn der Elektromotor eine permanentmagneterregte Synchronmaschine mit oberflächenmontierten Magneten (surface-mounted permanent magnet synchronous machine) ist, Leq eine Stranginduktivität Ls (synchronous inductance) des Elektromotors sein.
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Insbesondere kann, wenn der Elektromotor eine permanentmagneterregte Synchronmaschine mit intern montierten Magneten (interior permanent magnet synchronous machine) ist, Leq eine Induktivität Lq des Elektromotors in q-Achse sein.
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Insbesondere kann, wenn der Elektromotor eine gleichstromerregte Synchronmaschine (DC-excited synchronous machine) ist, Leq eine Induktivität Lq des Elektromotors in q-Achse sein.
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Insbesondere kann, wenn der Elektromotor eine hybriderregte Synchronmaschine (hybrid-excited synchronous machine) ist, Leq eine Induktivität Lq des Elektromotors in q-Achse sein.
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Insbesondere kann, wenn der Elektromotor ein Reluktanzmotor (reluctance synchronous machine) ist, Leq eine Induktivität Lq des Elektromotors in q-Achse sein.
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Insbesondere kann, wenn der Elektromotor eine rotorfeldorientierte Asynchronmaschine (rotor field oriented asynchronous machine) ist, Leq eine Statorinduktivität Ls des Elektromotors multipliziert mit einem globalen Verlustkoeffizienten σ sein.
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Insbesondere kann der Elektromotor unabhängig von der Definition der Induktivität von einem der angegebenen Typen sein.
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Die Erfindung betrifft des Weiteren ein Steuerungsmodul für einen Elektromotor, welches dazu konfiguriert ist, ein Verfahren wie hierin beschrieben auszuführen. Die Erfindung betrifft des Weiteren ein nichtflüchtiges computerlesbares Speichermedium, welches Programmcode enthält, bei dessen Ausführung ein Prozessor ein hierin beschriebenes Verfahren ausführt. Bezüglich des Verfahrens kann auf alle hierin beschriebenen Ausführungen und Varianten zurückgegriffen werden.
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Eine Messung der relevanten Größen kann beispielsweise zu Abtastzeitpunkten n erfolgen. Diese können beispielsweise zeitlich um eine Zeit Ts voneinander beabstandet sein. Es erfolgen somit mehrere diskrete Messungen. Insbesondere können diese zu gleichmäßig beabstandeten Zeiten erfolgen. Auch unregelmäßige Messungen sind jedoch grundsätzlich möglich. In diesem Fall kann die Zeit Ts beispielsweise als Mittelwert der zeitlichen Abstände zwischen jeweils aufeinanderfolgenden Abtastzeitpunkten bestimmt werden.
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Ein Induktivitätswert kann für eine bestimmte Art von Elektromotoren vorgegeben werden, beispielsweise wie dies weiter oben angegeben wurde. Es können in einer das Verfahren ausführenden Einheit, beispielsweise einer Steuerungsvorrichtung oder einem Steuerungsmodul, auch mehrere Induktivitätswerte gespeichert sein, so dass eine Verwendung mit unterschiedlichen Arten von Motoren möglich ist. Eine Auswahl kann beispielsweise manuell oder automatisch erfolgen.
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Das hierin beschriebene Verfahren kann insbesondere in einer elektronischen Einheit wie beispielsweise einem Steuerungsmodul ausgeführt werden.
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Wenn d-Achsen oder q-Achsen erwähnt sind, bezieht sich dies typischerweise auf die Achsen nach einer d/q-Transformation oder Park-Transformation oder einer anderen Transformation, mit welchen dreiphasige Größen in zweidimensionale Größen überführt werden können.
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Die Erfindung wird nun anhand eines Ausführungsbeispiels beschrieben. Dabei zeigt:
- 1: einen Elektromotor mit einem Steuerungsmodul, und
- 2: ein Blockschaltbild.
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1 zeigt rein schematisch einen Elektromotor 10 mit einem zugehörigen Steuerungsmodul 20.
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Das Steuerungsmodul 20 weist eine Messeinheit 22 auf. Diese ist dazu ausgebildet, Betriebsdaten des Elektromotors 10 zu messen. Hierzu zählen insbesondere mindestens zwei Spannungen u und mindestens zwei Ströme i. Daraus werden aufbereitete Größen gebildet, welche hierin beschrieben werden.
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Allgemein kann eine besonders vorteilhafte Steuerung derartiger Elektromotoren 10 durch feldorientierte Steuerungstechniken erreicht werden. Dazu ist es typischerweise hilfreich, wenn ein exaktes Wissen über einen Rotorfluss und/oder über eine Winkelposition vorhanden sind.
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Bei üblichen feldorientierten Steuerungstechniken werden beispielsweise zwei Stromsteuerungsschleifen implementiert, und zwar insbesondere in einem synchron rotierenden dq-Referenzrahmen. Dadurch kann im Vergleich zu stationären Referenzregulatoren eine bessere Performance erreicht werden, da diese auf DC-Größen basieren. Die d-Komponente eines Statorstroms agiert auf einem Statorfluss, wohingegen die q-Komponente auf einem Drehmoment agiert. Eine Positionssteuerung liefert die Referenzgeschwindigkeit, wohingegen eine Geschwindigkeitssteuerung das Referenzdrehmoment steuert. Für eine permanentmagneterregte Synchronmaschine mit oberflächenmontierten Magneten kann der Strom an der direkten Achse auf null unterhalb einer Basisgeschwindigkeit gesetzt werden, um das Drehmoment zu steuern, welches durch einen Strom auf einer orthogonalen Achse erzeugt wird.
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Eine exakte Rotorposition und eine Geschwindigkeit werden typischerweise benötigt, um eine AC-elektrische Maschine zu steuern, wobei derartige Größen beispielsweise von einem installierten Positionstransducer auf einer Rotorwelle erhalten werden können. Die Rotorposition kann für eine Park-Transformation und für eine Positionssteuerung verwendet werden, und die Geschwindigkeit kann zur Geschwindigkeitssteuerung, Drehmomentsteuerung und zur Stromsteuerung verwendet werden.
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Eine Herausforderung in diesem Bereich ist eine sogenannte sensorlose (oder selbstsensierende) Steuerung, welche dazu führen soll, dass mechanische Sensoren durch Abschätzer oder Beobachter unter Verwendung der verfügbaren Informationen bezüglich Maschinenströmen und Spannung ersetzt werden sollen. Eine sensorlose Steuerung kann insbesondere zu einer deutlichen Kostenersparnis führen. Zudem werden der Platzbedarf reduziert und elektromagnetische Kompatibilitätsprobleme behoben.
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Die sensorlosen Steuerungsverfahren können als passive und aktive Verfahren klassifiziert werden. Die passiven Verfahren beinhalten insbesondere Techniken unter Verwendung von Flussbeobachtern und schätzen die elektromotorische Gegenkraft (back electromotive force, BEMF) ab. Dabei wird kein Testsignal verwendet. Stattdessen wird der Rotorfluss von einem Observator abgeschätzt, oder die BEMF-Information wird von Verhältnissen von Spannung und Strom in Relation basierend auf dem Motormodell extrahiert. Die aktiven Verfahren verwenden ein Hochfrequenzsignal zum Beobachten einer Veränderung in Erhebungen des Rotors während einer Rotorbewegung. Im passiven Verfahren werden Rotorposition und Geschwindigkeit unter Verwendung von Beziehungen zwischen Statorströmen und Spannungen abgeschätzt. Dies kann insbesondere in einem stationären α-β-Koordinatensystem erfolgen, wobei Werte in diesem Koordinatensystem basierend auf gemessenen Statorströmen und gemessenen oder abgeschätzten Statorspannungen berechnet werden können.
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Für isotrope AC-elektrische Maschinen, wie beispielsweise Synchronmaschinen mit Permanentmagneten und/oder mit oberflächenmontierten Magneten, können BEMF-Verfahren normalerweise für die Abschätzung von Rotorposition und Rotorgeschwindigkeit verwendet werden. Um die Genauigkeit und dynamische Abschätzungen zu verbessern, kann ein Observator verwendet werden. Observatoren sind komplexe Abschätzungsalgorithmen, wobei Korrekturterme basierend auf gemessenen und abgeschätzten Signalen verwendet werden können.
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Für einen BEMF-Observator können die Korrekturterme auf gemessenen und abgeschätzten Strömen in einem α-β-stationären Referenzrahmen basieren.
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Eine mögliche Vorgehensweise zum Abschätzen von Rotorfluss ist es, den Fluss im Stator abzuschätzen, um den Rotorflusswinkel zu finden, und zwar durch Integration der Gleichung der elektromotorischen Gegenkraft:
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Ein Fluss einer permanentmagneterregten Synchronmaschine mit oberflächenmontierten Magneten kann beispielsweise folgendermaßen abgeschätzt werden:
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Im Gegensatz zum BEMF bleibt der Betrag eines Rotorflusses bei einer Geschwindigkeit von null konstant. Basierend auf dieser Information kann man folgende Beziehung für einen Winkel θ̂
el angeben:
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Dabei werden die beiden Komponenten des Vektors des Flusses verwendet.
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Andererseits kann die Winkelgeschwindigkeit ω̂
el folgendermaßen abgeschätzt werden:
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Die weiter oben beschriebene Vorgehensweise zur Berechnung eines Flusses hat sich als vorteilhaft herausgestellt, insbesondere da sie mit bestehenden Lösungen zur Berechnung bestimmter Größen wie beispielsweise eines Winkels kompatibel ist und leicht eingesetzt werden kann.
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Dies ist beispielsweise in 2 dargestellt, wobei als Eingangsgrößen Strom (i) bzw. zwei Ströme (i) und Spannung (u) bzw. zwei Spannungen (u) des Stators in einem α-β-Koordinatensystem zu jeweiligen diskreten Zeitpunkten tk als Eingangsgrößen fungieren, und ein Winkel θ̂el(tk) bzw. dessen Tangens berechnet wird. Die Größe „Leq“ wird dabei wie weiter oben beschrieben berechnet und geht in die Berechnung des Winkels ein. Auf die weiteren Details zur Vorgehensweise wird hier nicht näher eingegangen.
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Erwähnte Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens können in der angegebenen Reihenfolge ausgeführt werden. Sie können jedoch auch in einer anderen Reihenfolge ausgeführt werden, soweit dies technisch sinnvoll ist. Das erfindungsgemäße Verfahren kann in einer seiner Ausführungen, beispielsweise mit einer bestimmten Zusammenstellung von Schritten, in der Weise ausgeführt werden, dass keine weiteren Schritte ausgeführt werden. Es können jedoch grundsätzlich auch weitere Schritte ausgeführt werden, auch solche welche nicht erwähnt sind.
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Es sei darauf hingewiesen, dass in den Ansprüchen und in der Beschreibung Merkmale in Kombination beschrieben sein können, beispielsweise um das Verständnis zu erleichtern, obwohl diese auch separat voneinander verwendet werden können. Der Fachmann erkennt, dass solche Merkmale auch unabhängig voneinander mit anderen Merkmalen oder Merkmalskombinationen kombiniert werden können.
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Rückbezüge in Unteransprüchen können bevorzugte Kombinationen der jeweiligen Merkmale kennzeichnen, schließen jedoch andere Merkmalskombinationen nicht aus.
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Bezugszeichenliste:
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- 10
- Elektromotor
- 20
- Steuerungsmodul
- 22
- Messeinheit