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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur sensorlosen Erfassung der Rotorposition einer aus einem Umrichter gespeisten Synchronmaschine, insbesondere bei niedrigen Drehzahlen oder bei Stillstand, wobei die Induktivität in der Synchronmaschine sich durch sättigungs- oder bauartbedingte Anisotropie in der Längs- und Querachse der Synchronmaschine unterscheidet.
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Es ist im Stand der Technik Standard bekannt, Synchronmaschinen feldorientiert zu regeln. Bei einer feldorientierten Regelung erfolgt die Regelung in einem am Läuferflussraumzeiger orientierten Koordinatensystem. Da bei der Synchronmaschine die Richtung des Läuferflusses (Polradflusses) definitionsgemäß mit der Längsachse des Rotors zusammenfällt, erfolgt bei der Synchronmaschine die Regelung vorzugsweise im rotor- bzw. läuferorientierten Koordinatensystem d, q. Durch diese spezielle Orientierung gelingt es, den Ständerstromraumzeiger in eine drehmomentbildende und eine flussbildende Komponente zu zerlegen und – analog zur kompensierten fremderregten Gleichstrommaschine – getrennt und weitgehend entkoppelt zu regeln. Erst durch die feldorientierte Regelung ist es Drehstromantrieben möglich, eine den Gleichstromantrieben vergleichbare Regelgüte zu erreichen.
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Bei einem auf den Ständer bezogenen Koordinatensystem α, β, in dem üblicherweise die Ständer- bzw. Ankerströme gemessen werden, ändert sich die magnetische Kopplung zwischen den Ständer- und Läuferwicklungen mit dem Winkel ϑ(t). Diese sich ändernde Kopplung verschwindet durch die Transformation der Ständergrößen in das mit dem Läufer bzw. dem Polrad rotierende Koordinatensystem d, q.
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Zur feldorientierten Regelung der Synchronmaschine sind zwei Koordinatentransformationen erforderlich. Am Beginn des Regelalgorithmus müssen die im ständerbezogenen Koordinatensystem α, β gemessenen Ständerströme in das am Läufer bzw. Polrad orientierte, rotierende Koordinatensystem d, q transformiert werden. Am Ende des Regelalgorithmus müssen die berechneten Sollwerte der Ständerspannung zur Ansteuerung des Wechselrichters der Synchronmaschine vom läuferbezogenen Koordinatensystem d, q ins ständerbezogene Koordinatensystem α, β transformiert werden. Für beide Transformationen ist die Kenntnis des Momentanwertes der Rotorposition, d. h. des Verdrehungswinkels ϑ(t) des Läufers gegenüber dem Ständer erforderlich.
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In 1 ist der Zusammenhang zwischen dem ständerbezogenen Koordinatensystem α, β und dem läuferbezogenen Koordinatensystem d, q dargestellt. Dabei ist i1 der gemessene Ständerstrom, i1α und i1β die orthogonalen Komponenten des gemessenen Ständerstroms im ständerorientierten Koordinatensystem α, β. Die Bezeichnungen i1d und i1q repräsentieren die orthogonalen Komponenten des Stroms im läuferbezogenen Koordinatensystem d, q, ε ist der Zeigerwinkel des gemessenen Stroms im ständerbezogenen Koordinatensystem α, β, und ϑ ist der Verdrehwinkel, der die relative Lage der beiden Koordinatensysteme zueinander beschreibt.
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Bei der klassischen feldorientierten Regelung der Synchronmaschine wird die Rotorposition mit einem magnetischen, kapazitiven oder optischen Drehwinkelsensor, der als Inkrementalgeber oder Absolutwertgeber ausgeführt ist, erfasst und digital weiterverarbeitet. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Erfassung der Rotorposition mit Drehwinkelsensoren spürbare Nachteile, wie zusätzliche Kosten für Geber und Montage, größeres Bauvolumen, verminderte Zuverlässigkeit, Probleme bei der störsicheren Übertragung der Gebersignale, mit sich bringt, so dass in der Vergangenheit Lösungen für eine sensorlose Regelung der Synchronmaschine angestrebt wurden, damit auf mechanische Sensoren vollständig verzichtet werden kann.
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Den bekannten Verfahren zur sensorlosen Regelung ist gemeinsam, dass sie die benötigte Information über die Rotorposition aus den elektrischen Klemmengrößen der elektrischen Maschine, aus den gemessenen Ständerspannungen und Ständerströmen mithilfe von mathematischen Maschinenmodellen gewinnen. Bei mittleren und hohen Drehzahlen kann die Rotorposition der Synchronmaschine relativ leicht über die induzierte Polradspannung bestimmt werden. Dagegen stellt die Ermittlung der Rotorposition bei niedrigen Drehzahlen mit n < 0,1 und besonders bei Stillstand derzeit noch eine Herausforderung dar.
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Aus dem Stand der Technik ist für die sensorlose Erfassung der Rotorposition bei Stillstand und niedrigen Drehzahlen das sogenannte INFORM-Verfahren (indirekte Flusserfassung durch Online-Reaktanzmessung) von Schrödl bekannt (siehe auch
EP 0 539 401 B1 ). Das INFORM-Verfahren basiert auf mit der Rotorposition variierenden magnetischen Eigenschaften der Synchronmaschine, wobei sich die Induktivität durch Sättigungs- und Reluktanzeffekte abhängig von der Lage des Rotors ändert. Bei diesem Verfahren wird in die Ansteuerung des Umrichters der Synchronmaschine eingegriffen, und eine bestimmte Abfolge von Testspannungsraumzeigern an die Ständerwicklung der Synchronmaschine gelegt und die von der Rotorposition abhängigen Stromreaktionen gemessen. Beim INFORM-Verfahren werden die verwendeten Differentialquotienten des Stroms durch Differenzenquotienten angenähert, wobei diese durch zwei um einen festen Zeitraum versetzte Strommessungen bestimmt werden.
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Nachteil dieses bekannten Verfahrens ist, dass zur Ermittlung der Rotorposition eine gemessene Größe, hier der Ständerstrom, differenziert werden muss. Die Differentiation einer gemessenen Größe ist in der Praxis immer problematisch, weil durch die Differentiation das Messrauschen verstärkt wird. Außerdem wird bei diesem Verfahren der Schätzwert für die Rotorposition aus den kleinen Unterschieden von drei Differentialquotienten des Ständerstroms, also aus kleinen Unterschieden von drei problematischen Größen, gewonnen. Nachteilig ist weiterhin, dass zur Ermittlung der Rotorposition eine bestimmte Folge von Testspannungsraumzeigern an die Ständerwicklung der Synchronmaschine angelegt werden muss, also die Möglichkeit bestehen muss, in die Umrichtersteuerung einzugreifen. Durch diesen Eingriff in die Generierung des Pulsmusters geht Spannungszeitfläche für die Umrichterregelung der Maschine verloren, welche für die Aufschaltung und Messung der Testspannungsraumzeiger verwendet werden muss. Dadurch ist mit Einschränkungen bei extremer Maschinenausnutzung zu rechnen.
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In der
DE 10 2012 205 540 A1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur sensorlosen Regelung einer fremderregten Synchronmaschine beschrieben, bei denen die Rotorposition während eines geregelten Betriebes durch Auswertung eines Testsignals ermittelt und gemäß den Betriebsbedingungen eingestellt wird. Dabei wird durch Korrelieren einer gemessenen Kenngröße des den Rotor antreibenden elektrischen Stroms mit einem zeitlich verzögerten Testsignal ein Fehlersignal bestimmt, mittels dem der Rotorwinkel angepasst werden kann. Bei diesem Verfahren nach dem Stand der Technik ist die Verwendung von Testsignalen im laufenden Umrichterbetrieb für den eigentlichen Schätzvorgang notwendig.
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur sensorlosen Erfassung der Rotorposition einer aus einem Umrichter gespeisten Synchronmaschine, insbesondere bei niedrigen Drehzahlen oder bei Stillstand, zu schaffen, bei denen die problematische Differentiation von gemessenen Größen vermieden werden kann und mit denen verbesserte und genauere Schätzwerte für die Rotorposition erhalten werden.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale des unabhängigen Verfahrensanspruchs und des Vorrichtungsanspruchs gelöst.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur sensorlosen Erfassung der Rotorposition einer aus einem Umrichter gespeisten Synchronmaschine, insbesondere bei niedrigen Drehzahlen oder bei Stillstand, wobei die Induktivität in der Synchronmaschine sich durch sättigungs- oder bauartbedingte Anisotropie in der Längs- und Querachse der Synchronmaschine unterscheiden, weist die folgenden Schritte auf:
- – Anlegen einer Folge von Spannungsraumzeigern an die Ständerwicklungen über den Umrichter und zwei- oder dreiphasige Messung von zeitlichen Verläufen der Ständerströme durch Abtastung zu vorgegebenen Abtastzeitpunkten, wobei aus den abgetasteten Augenblickswerten der Ständerströme in einem auf den Ständer der Synchronmaschine bezogenen Koordinatensystem die orthogonalen Komponenten des Ständerstromraumzeigers bestimmt und gespeichert werden,
- – zwei- oder dreiphasige Erfassung von zeitlichen Verläufen der Ständerspannungen durch Abtastung zu den vorgegebenen Abtastzeitpunkten, wobei aus den abgetasteten Augenblickswerten der Ständerspannungen in dem auf den Ständer der Synchronmaschine bezogenen Koordinatensystem die orthogonalen Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers bestimmt und gespeichert werden,
- – Bestimmen von Schätzgleichungen aus einem mathematischen Modell einer Synchronmaschine in der ständerorientierten Raumzeigerdarstellung mithilfe der an sich bekannten Ständerspannungsgleichung und des Zusammenhangs zwischen Ständerflussverkettung und Ständerstrom im auf den Ständer bezogenen Koordinatensystem und unter Verwendung von orthogonalen Komponenten des Ständerstromraumzeigers und orthogonalen Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers, wobei die Schätzgleichungen von der Rotorposition und den Induktivitätswerten in den magnetischen Hauptachsen der Synchronmaschine abhängige Parameter enthalten,
- – Durchführen einer Faltungsoperation der ständerspannungs- und ständerstromabhängigen Komponenten der Schätzgleichungen mit einer vorbestimmten Gewichtsfunktion zur Vermeidung einer Differentiation von gemessenen Stromgrößen und Bestimmen einer abgewandelten Form der Schätzgleichungen, bei der die benötigten Faltungssummen aus den aktuellen Werten der orthogonalen Komponenten des Ständerstromraumzeigers und des Ständerspannungsraumzeigers und aus zu vorherigen Abtastzeitpunkten gespeicherten Werten der jeweiligen orthogonalen Komponenten sowie aus diskreten Funktionswerten der vorgegebenen Gewichtsfunktion und deren analytisch berechenbaren Ableitungen berechnet werden,
- – Identifizieren der von den Induktivitätswerten und der Rotorposition abhängigen Parameter mittels eines an sich bekannten Identifikationsverfahrens und Berechnen der Rotorposition unter Verwendung der identifizierten Parameter.
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Das erfindungsgemäße Verfahren bringt die Vorteile mit sich, dass aufgrund der erfindungsgemäßen Signalvorverarbeitung die problematische Differentiation von gemessenen Größen vermieden wird und die zeitlichen Ableitungen der gemessenen Ständerströme auf die analytisch leicht lösbare Differentiation einer Gewichtsfunktion und auf die Berechnung von Faltungsintegralen zurückgeführt wird. Da nur integriert wird, werden nahezu unverrauschte Schätzwerte der Rotorposition erhalten.
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Das vorgeschlagene erfindungsgemäße Verfahren arbeitet kontinuierlich und nicht stichprobenartig, wobei der rechentechnische Aufwand mäßig ist, da im Wesentlichen nur Additionen/Subtraktionen und Multiplikationen durchgeführt werden müssen, so dass eine Echtzeitanwendung auf einer Standardhardware, wie einer CPU, DSP oder einem Mikrocontroller, möglich ist.
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Durch die in den Unteransprüchen angegebenen Maßnahmen sind vorteilhafte Weiterbildungen und Verbesserungen möglich.
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In bevorzugter Weise ist die zwischen den Abtastzeitpunkten der zeitlichen Verläufe der Ständerströme bzw. der Ständerspannungen liegende Abtastzeit konstant und wird das Messen der zeitlichen Verläufe der Ständerspannungen zeitlich synchronisiert zur Messung der Ständerströme durchgeführt, so dass eine genaue Messwerterfassung gewährleistet wird. In einfacher Weise werden die abgetasteten Augenblickswerte der Ständerspannungen und der Ständerströme synchron A/D-gewandelt und digital als Feld mit vorgegebener Länge gespeichert, wodurch einfache Schaltungskomponenten verwendet werden können.
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Vorteilhafterweise wird als Gewichtsfunktion eine Funktion gewählt, die auf einen einer Periode der Funktion entsprechenden Zeitbereich beschränkt ist und an den Grenzen des Zeitbereichs null ist. Vorzugsweise bietet sich ein Polynom trigonometrischer Funktionen und besonders die Funktion
an. Eine solche Funktion ist optimal für die Faltungsoperation, da sich mit ihr auch eine zweimalige Differentiation einer gemessenen Größe umgehen lässt.
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In einem bevorzugten Ausführungsbeispiel werden die gewichteten, d. h. die durch die Faltungsoperation modifizierten ständerbezogenen orthogonalen Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers, läuferbezogenen orthogonalen Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers und ständerbezogenen orthogonalen Komponenten des Ständerstromraumzeigers zu jedem Abtastzeitpunkt mittels Faltungssummen von 0 bis N – 1 berechnet werden, wobei N die Filterlänge bzw. Feldlänge ist. Da die zeitlichen Verläufe der Ständerspannung und des Ständerstroms äquidistant abgetastet werden, lassen sich die bei der Faltungsoperation mit der Gewichtsfunktion verwendeten Faltungsintegrale in leicht zu berechnende Faltungssummen überführen, wodurch einfache Hardwarekomponenten für den Rechenvorgang verwendet werden können.
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In vorteilhafter Weise ergibt sich mittels der Faltungsoperation mit der vorgegebenen Gewichtsfunktion und den daraus resultierenden berechneten Faltungssummen für die abgetasteten Augenblickswerte der Ständerströme und Ständerspannungen die abgewandelte Form der Schätzgleichungen, die linear ist. Auch dies fördert die Verwendung von einfachen Rechenkomponenten.
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Besonders vorteilhaft ist, dass bei dem erfindungsgemäßen Verfahren als Identifikationsverfahren bzw. zur Parameterschätzung innerhalb des Gleichungssystems der abgewandelten Form der Schätzgleichungen eine Methode der kleinsten Quadrate, vorzugsweise die rekursive Methode der gewichteten kleinsten Quadrate, bevorzugt mit exponentiell nachlassendem Gedächtnis, gewählt wird, da dadurch genauere Schätzwerte erhalten werden.
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In vorteilhafter Weise können nach dem Identifizieren der Parameter die aktuellen Schätzwerte für die Induktivitäten in den magnetischen Hauptachsen im sich auf den Läufer beziehenden Koordinatensystem der Synchronmaschine kontinuierlich berechnet werden, die gegebenenfalls zu einer besseren Regelung der Synchronmaschine beitragen können.
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Besonders vorteilhaft ist, dass zum Messen der zeitlichen Verläufe der Ständerströme eine von der Regelung der Synchronmaschine kontinuierlich erzeugte Folge von Spannungsraumzeigern verwendet werden kann, so dass prinzipiell kein Eingriff in die Wechselrichtersteuerung erforderlich ist. Gegebenenfalls kann jedoch auch eine Folge von Testspannungsraumzeigern angelegt werden.
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In einem weiteren Ausführungsbeispiel können die zeitlichen Verläufe der Ständerspannung indirekt durch Messen der zeitlichen Verläufe der Zwischenkreisspannungen des Umrichters und Erfassen seiner Schaltzustände ermittelt werden.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur sensorlosen Erfassung der Rotorposition einer über eine Steuer/Regelvorrichtung aus einem Umrichter gespeisten Synchronmaschine, insbesondere bei niedrigen Drehzahlen oder bei Stillstand, wobei die Induktivitäten der Synchronmaschine sich durch sättigungs- oder bauartbedingte Anisotropie in der Längs- und Querachse der Synchronmaschine unterscheiden, umfasst mindestens eine Messvorrichtung zum Erfassen der zeitlichen Verläufe der Ständerströme und der Ständerspannungen der Synchronmaschine, eine Auswerteeinrichtung zum Bestimmen der Rotorposition und der Verwendung der erfassten zeitlichen Verläufe der Ständerströme und der Ständerspannungen, wobei die Auswerteeinrichtung programmtechnisch eingerichtet ist, im Zusammenspiel mit der Messvorrichtung das zuvor beschriebene Verfahren durchzuführen. Eine solche Vorrichtung benötigt nur wenige Änderungen bei der vorhandenen Hardware der für die Steuerung/Regelung der Synchronmaschine verwendeten Steuer/Regelvorrichtung, so dass kein großer Aufwand bei der Implementierung des erfindungsgemäßen Verfahrens notwendig ist.
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Ausführungsbeispiele des erfindungsgemäßen Verfahrens und der erfindungsgemäßen Vorrichtung werden in der folgenden Beschreibung im Zusammenhang bei den beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigt
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1 eine Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem ständerbezogenen Koordinatensystem und dem läuferbezogenen Koordinatensystem einer Synchronmaschine und
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2 eine schematische Darstellung einer Schaltungsanordnung zur Ansteuerung einer Synchronmaschine, die die erfindungsgemäße Vorrichtung zur sensorlosen Erfassung der Rotorposition einschließt.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur sensorlosen Erfassung der Rotorposition, insbesondere bei niedrigen Drehzahlen oder bei Stillstand, wird davon ausgegangen, dass eine ausreichend große Anisotropie der Synchronmaschine vorhanden ist, d. h., dass sich die Induktivitäten in Längs- und Querachse Ld und Lq ausreichend stark unterscheiden. Dabei kann die Anisotropie zwei Ursachen haben. Beispielsweise kann der Läufer der Synchronmaschine asymmetrisch ausgeführt sein und die Luftspaltlängen sind in der d-Achse und der q-Achse ungleich. Diese Asymmetrie führt zu entsprechend ungleichen Induktivitäten in Längs- und Querachse. Bei Permanentmagnet-Synchronmaschinen mit Oberflächenmagneten ist die Anisotropie sättigungsbedingt, d. h., das Permanentmagnetfeld sättigt das Ständereisen in der d-Achse stärker als in der q-Achse, so dass dadurch Ld < Lq wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist sowohl bei Permanentmagnet-Synchronmaschinen als auch bei elektrisch erregten Synchronmaschinen anwendbar.
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Bei der Ermittlung der Rotorposition, d. h. des Drehwinkels ϑ(t), aus gemessenen Ständerspannungen und Ständerströmen wird vom Gleichungssystem der Synchronmaschine im ständerbezogenen Koordinatensystem α, β ausgegangen. Für die Ständerspannungsgleichung gilt im ständerbezogenen Koordinatensystem (in komplexer Schreibweise)
wobei u
1 die Ständerspannung, i
1 der Ständerstrom, R
1 der Ständerwiderstand und ψ
1 der Ständerfluss bzw. die Flussverkettung ist. Aus dieser Ständerspannungsgleichung im ständerbezogenen Koordinatensystem ergeben sich die Schätzgleichungen für den komplexen Raumzeiger in Real- und Imaginärteil aufgespalten zu
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Dabei sind
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Die verwendeten Parameter ϑ
1α, ϑ
1β und ϑ
2 sind wie folgt definiert:
ϑ1α = y0 – Δycos(2ϑ) (6) ϑ1β = y0 + Δycos(2ϑ) (7) ϑ2 = Δysin(2ϑ) (8), wobei y
0 und Δy wie folgt definiert sind:
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Gegebenenfalls kann bei den Gleichungen (4) und (5) der zweite Bestandteil R1i1α bzw. R1i1β vernachlässigt werden, da bei großen Maschinen üblicherweise die ohmschen Ständerwicklungswiderstände klein sind. Es sei bemerkt, dass die in den Gleichungen (2) und (3) die auftauchenden Größen u'1α und u'1β, die entsprechend den Gleichungen (4) und (5) definiert sind, der Einfachheit halber in der folgenden Beschreibung und in den Ansprüchen als orthogonale Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers bezeichnet werden, obwohl dies korrekterweise nur für u1α und u1β zutrifft.
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Wenn die Parameter ϑ
1α, ϑ
1β, ϑ
2 identifiziert sind, lässt sich aus ihnen die Rotorposition über ϑ
1α + ϑ
1β = 2y
0 und ϑ
1β – ϑ
1α = 2Δycos(2ϑ) berechnen, wodurch der Schätzwert der Rotorposition erhalten wird zu:
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Die Schätzgleichungen (2), (3) zur Identifikation der Parameter ϑ1α, ϑ1β, ϑ2 sind Differentialgleichungen und haben die allgemeine Form ẋ(t) = dx(t) / dt = ϑ1u1(t) + ϑ2u2(t) (12), wobei x(t) die Zustandsgröße, u1(t), u2(t) die Eingangsgrößen und ϑ1, ϑ2 Parameter sind.
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Die problematische Differentiation von gemessenen Zustandsgrößen (x = i1α, i1β) kann erfindungsgemäß vermieden werden, indem beide Seiten der allgemeinen Schätzgleichung (12) mit einer ”geeigneten” Gewichtsfunktion g(t) gefaltet werden. (g(t)·ẋ(t))t = ϑ1(g(t)·u1(t))t + ϑ2(g(t)·u2(t))t (13).
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Wird die Gewichtsfunktion g(t) so gewählt, dass sie auf den Bereich [0, T
F] beschränkt ist und an den Rändern (t = 0, t = T
F) ihres Geltungsbereichs 0 ist,
g(t) = 0 ∉ [0, TF] (14) g(t = 0) = g(t = TF) = 0, (15), so wird die folgende fundamentale Eigenschaft für die Faltung zum Zeitpunkt t = T
F erhalten:
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An die Stelle der problematischen Differentiation einer gemessenen Größe tritt somit die analytisch leicht lösbare Differentiation der Gewichtsfunktion und die Berechnung der Faltungsintegrale. Die Gleichung (13) kann somit umgewandelt werden zu:
y = ϑ1z1 + ϑ2z2 (17) mit
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Bemerkenswert ist, dass die Gleichung (17) frei von zeitlichen Ableitungen der gemessenen Eingangs- und Zustandsgrößen ist. Sie hat die abgewandelte Form der Schätzgleichung für ein lineares statisches System. Die zeitlichen Ableitungen von gemessenen Größen werden auf die analytisch berechenbaren Ableitungen einer Gewichtsfunktion zurückgeführt, wobei eine solche Gewichtsfunktion als MOD-Funktion (Modulationsfunktion) bezeichnet wird.
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Die Faltung einer gemessenen Eingangs- oder Zustandsgröße in der beschriebenen Form entspricht einer kontinuierlichen Filterung der gemessenen Größen u(t) bzw. x(t) mit dem Filterkernel g(t) bzw. ġ(t).
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Da das erfindungsgemäße Verfahren zur Erfassung bzw. Schätzung der Rotorposition vorzugsweise auf einem digitalen Signalprozessor oder einer entsprechenden Hardware implementiert werden soll, wird eine diskrete Berechnungsform der Faltungsintegrale benötigt. Unter der Voraussetzung, dass die zeitlichen Verläufe der Eingangsgrößen u(t) und der Zustandsgrößen x(t) äquidistant abgetastet werden, lassen sich die Faltungsintegrale in leicht zu berechnende Faltungssummen überführen:
wobei t
i = iΔt die Abtastzeitpunkte, Δt = T
A die Abtastzeit, T
F = (N – 1) Δt die Periodendauer der Gewichtsfunktion, N die Filterlänge und k der Zählindex sind.
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Durch Einsetzen der Faltungssummen (19) bis (24) in die allgemeine abgewandelte Form der Schätzgleichung (17) werden die Gleichungen (25) und (26) erhalten, deren Parameter ϑ1α, ϑ1β und ϑ2 identifiziert werden müssen: yα(ti) = ϑ1αz1α(ti) + ϑ2z2α(ti) (25) yβ(ti) = ϑ1βz1β(ti) + ϑ2z2β(ti) (26).
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Als Identifikationsverfahren lässt sich ein bekanntes rekursives Parameterschätzverfahren anwenden, mit dem die anfangs unbekannten Parameter kontinuierlich geschätzt werden. Ein solches Verfahren ist beispielsweise die rekursive Methode der kleinsten Fehlerquadrate und insbesondere die sogenannte rekursive Methode der gewichteten kleinsten Quadrate mit exponentiell nachlassendem Gedächtnis.
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Mithilfe der kontinuierlich verbesserten Schätzwerte der Parameter ϑ1α, ϑ1β und ϑ2 lässt sich dann mit der Gleichung (11) die Rotorposition, d. h. der Verdrehwinkel des Läufers der Synchronmaschine gegenüber dem Ständer, berechnen.
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In 2 ist schematisch eine Schaltungsanordnung zur Ansteuerung einer Synchronmaschine 1 dargestellt, die eine Steuer/Regeleinheit 2 zum Liefern von Steuer/Regelsignalen an eine Umrichtereinheit 3, die die Synchronmaschine 1 ansteuert, aufweist. Mit 4 ist eine Messeinheit zum Messen von Ständerströmen und Ständerspannungen bezeichnet, die die gemessenen Signale an eine Auswerteeinrichtung 5 zum Bestimmen der Rotorposition der Synchronmaschine 1 liefert. Die Auswerteeinrichtung 5 ist programmtechnisch eingerichtet, das im Folgenden beschriebene Verfahren zur Bestimmung der Rotorposition durchzuführen.
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Für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird über die Einheit 2 zum Liefern von Steuer/Regelsignalen und den Umrichter 3 eine Folge von Spannungsraumzeigern an die Ständerwicklung der Synchronmaschine 1 angelegt, die die Steuer- und Regelvorrichtung für die feldorientierte Regelung der Synchronmaschine ermittelt hat. Dabei werden die läuferbezogenen Spannungsgrößen uSd und uSq in ständerbezogene Spannungsgrößen umgewandelt und in Impulse für die Ansteuerung der Schalter des Umrichters umgeformt. Dann werden die Ständerströme iS von der Messeinheit 4 zwei- oder dreiphasig gemessen, wobei die zeitlichen Verläufe der Ständer- bzw. Ankerströme zu Abtastzeitpunkten ti über eine Abtastzeit TA = Δt abgetastet werden, wobei TA beispielsweise 100 μs beträgt und konstant ist. Die abgetasteten Werte der zeitlichen Verläufe werden A/D-gewandelt und digital gespeichert. Dieser Vorgang kann von der Messeinheit 4 oder der Auswerteeinrichtung 5 durchgeführt werden. Aus diesen gespeicherten Augenblickswerten der Ständerströme werden die orthogonalen Komponenten i1α(ti) und i1β(ti) des Ständerstromraumzeigers zum jeweiligen Abtastzeitpunkt ti mithilfe der Clarke-Transformation bestimmt und in einem Schieberegister, das als Feld mit der Länge N ausgebildet ist, gespeichert. Dabei ist vorzugsweise das Schieberegister Bestandteil der Auswerteeinrichtung 5.
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Zeitlich synchronisiert zur Strommesswerterfassung werden die zwei- oder dreiphasigen zeitlichen Verläufe der Ständerspannung uS gemessen, wobei zeitdiskret mit der konstanten Abtastzeit TA abgetastet wird. Die Messwerte werden wiederum synchron A/D-gewandelt und digital zwischengespeichert.
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In einem anderen Ausführungsbeispiel werden die zeitlichen Verläufe der Ständerspannung nicht direkt gemessen, sondern indirekt, wobei die Zwischenkreisspannung uzwk über den von dem Gleichrichter 6 gespeisten Kondensator Czwk gemessen wird. Dabei werden die Zwischenkreisspannung und die Schaltzustände des Wechselrichters erfasst, entsprechend umgerechnet und zwischengespeichert.
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Aus den zwischengespeicherten Augenblickswerten der Ständerspannungen bzw. aus den gespeicherten Augenblickswerten der Zwischenkreisspannung und der Schaltzustände des Wechselrichters werden die Augenblickswerte der orthogonalen Komponenten des Spannungsraumzeigers u1α(ti) und u1β(ti) berechnet und jeweils in einem Schieberegister, das Bestandteil der Auswerteeinrichtung 5 ist und das ein Feld der Länge N aufweist, gespeichert.
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Ab dem Zeitpunkt (ti = iΔt) > (TF = (N – 1)Δt) werden zu jedem Zeitpunkt ti die Faltungsintegrale bzw. die Faltungssummen nach den Gleichungen (19) bis (24) berechnet, wobei, wie erwähnt, Δt die Abtastzeit TA, TF die Periodendauer der Gewichtsfunktion g(t) und N die Filterlänge bzw. Feldlänge ist. Dabei ergeben sich z1α(ti), z1β(ti), z2α(ti), z2β(ti) aus den ständerbezogenen gefilterten, d. h. mit der Gewichtsfunktion g(ti) gefalteten, orthogonalen Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers bzw. aus den läuferbezogenen gefilterten, d. h. mit der Gewichtsfunktion g(ti) gefalteten, orthogonalen Komponenten des Ständerspannungsraumzeigers und yα(ti), yβ(ti) aus den ständerbezogenen gefilterten, d. h. mit der analytisch berechneten Ableitung der Gewichtsfunktion g(ti) gefalteten, orthogonalen Komponenten des Ständerstromraumzeigers.
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Als Gewichtsfunktion g(t) wird die Gleichung
gewählt, die sich als nahezu optimal erwiesen hat, da sie nicht nur die Randbedingung g(0) und g(T
F) = 0 erfüllt, sondern auch ġ(0) und ġ(T
F) = 0 erfüllt, d. h., dass auch die Ableitung an den Begrenzungen der Periode null ist.
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Für die beschriebene Berechnung der Faltungssummen werden sowohl die aktuellen Werte der orthogonalen Komponenten u1α, u1β, i1α, i1β als auch die in den Schieberegistern gespeicherten Werte der orthogonalen Komponenten zu den letzten (N – 1) Abtastzeitpunkten benötigt. Außerdem werden die ebenfalls in einem Datenfeld der Auswerteeinrichtung im Vorfeld abgelegten diskreten Funktionswerte der Gewichtsfunktion g(k) mit k = 0 ... n – 1 sowie deren analytisch berechenbare erste Ableitung verwendet.
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Anschließend werden die zuvor berechneten Faltungssummen aus den Gleichungen (19) bis (24) in die lineare abgewandelte Form der Schätzgleichung entsprechend den Gleichungen (25), (26) eingesetzt, und die anfangs unbekannten Parameter ϑ1α, ϑ1β und ϑ2 werden mit dem rekursiven Parameterschätzverfahren kontinuierlich geschätzt, wobei insbesondere durch die Anwendung des Verfahrens der rekursiven Methode der gewichteten kleinsten Quadrate mit exponentiell nachlassendem Gedächtnis die Güte der zu jedem diskreten Zeitschritt ti berechneten Schätzwerte verbessert und so eine kontinuierlich arbeitende Bestimmung durch Schätzung der Rotorwinkelposition mit einer zeitlichen Veränderung der Rotorlage im Betrieb der Synchronmaschine ermöglicht wird. Die Rotorposition wird entsprechend der Gleichung (11) berechnet.
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Nach dem Identifizieren der Parameter ϑ
1α, ϑ
1β, ϑ
2 lassen sich gleichfalls die aktuellen Schätzwerte für die induktivitäten L
d und L
q in den magnetischen Hauptachsen, d. h. in Längs- und Querrichtung, im sich auf den Läufer beziehenden Koordinatensystem der Synchronmaschine kontinuierlich berechnen entsprechend den Gleichungen
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Da sich nach der Zielsetzung der vorliegenden Erfindung die Rotorlage, d. h. die Rotorposition bzw. der Verdrehwinkel des Läufers gegenüber dem Ständer, im Vergleich zur Abtastrate definitionsgemäß nur langsam ändert, müssen nicht zwangsläufig zu jedem Abtastzeitpunkt die Faltungssummen entsprechend den Gleichungen (19) bis (24) und die rekursive Schätzgleichung mit exponentiell nachlassendem Gedächtnis berechnet werden, sondern es genügt, diese Auswertung ggf. zu jedem n-ten Schritt durchzuführen.
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Im oben beschriebenen Ausführungsbeispiel wurde für die Messung und Bestimmung der orthogonalen Komponenten des Ständerstromraumzeigers an die Ständerwicklung eine Folge von Spannungsraumzeigern angelegt, die von der grundsätzlich vorhandenen Regelung der Synchronmaschine ermittelt wurde. In einem anderen Ausführungsbeispiel kann eine beliebige Folge von Testspannungsraumzeigern angelegt werden, die zusätzlich zu der von der Steuer-/Regeleinrichtung der Synchronmaschine gelieferten Folge von Spannungsraumzeigern erzeugt wird.