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Die Erfindung betrifft ein Schaltmodul für einen elektronischen Schutzschalter, einen elektronischen Schutzschalter sowie eine elektrische Anlage mit einem elektronischen Schutzschalter.
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Moderne Halbleiter-Leitungsschutzschalter (englisch: Semiconductor Circuit Breaker, kurz SCCB, mitunter auch Solid State Circuit Breaker, kurz SSCB oder allgemeiner Electronic Circuit Protection Device, kurz ECPD) sind in der Lage, elektrische Stromkreise im Kurzschlussfall sehr viel schneller abzuschalten als herkömmliche mechanische Leitungsschutzschalter (englisch: Miniature Circuit Breaker, kurz MCB).
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Wie allgemein bekannt entstehen beim Abschalten elektrischer Stromkreise aufgrund induktiver Lastanteile im Stromkreis und der in den entsprechenden induktiven Komponenten gespeicherten Energie Überspannungen am Schaltelement. Diese Energie wird im Fall herkömmlicher Leitungsschutzschalter in Lichtbogenlöschkammern durch die Bildung eines Lichtbogens in Wärme umgewandelt. Bei elektronischen Halbleiter-Leitungsschutzschaltern ist es bekannt, Varistoren einzusetzen, um insbesondere bei Abschaltvorgängen die Spannung über dem Schalter zu begrenzen und die Energie aufzunehmen. Nachteilig an Varistoren ist, dass diese Leckströme sowie ein nachteiliges Alterungsverhalten aufweisen.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, Anordnungen anzugeben, bei welchen auf Varistoren zum Schutz vor Überspannungen verzichtet werden kann.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Schaltmodul mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1, durch einen elektronischen Schutzschalter mit einem erfindungsgemäßen Schaltmodul sowie durch eine elektrische Anlage mit einem derartigen Schutzschalter.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Ein Vorteil der Erfindung ist darin zu sehen, dass durch die Kombination der die elektronischen Schalter überbrückenden RC-Komponenten mit einer oder mehrerer beide elektronischen Schalter überbrückender TVS-Dioden auf Varistoren verzichtet werden kann. Zudem wird die maximal auftretende Spannung besser begrenzt, da TVS Dioden im Vergleich zu Varistoren eine flachere Kennlinie aufweisen, d.h. die Klemmspannung bzw. Clamping-Spannung ändert sich weniger stark in Abhängigkeit vom fließenden Strom als bei einem Varistor. Deswegen können bei Anwendung der vorliegenden Erfindung elektronische Schalter mit einer (gegenüber Schaltanordnungen mit Varistoren) niedrigeren Sperrspannung verwendet werden, was die Kosten eines erfindungsgemäßen Schaltmoduls gegenüber herkömmlichen Schaltmodulen verringert.
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Falls mehrere TVS-Dioden in Reihe geschaltet werden, kann bei Ausfall einer TVS-Diode der Überspannungsschutz bzw. die Energieabsorption dennoch funktionieren, wenn auch eingeschränkt.
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Im Folgenden werden Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert.
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Die einzige 1 zeigt ein Prinzipschaltbild eines Schaltmoduls 100 gemäß eines Ausführungsbeispiels der vorliegenden Erfindung. Schaltmodul 100 weist zwei Anschlüsse X1 und X2 auf, zwischen denen sich der zu schaltende Strompfad eines Stromkreises (nicht dargestellt) erstreckt. Im Strompfad zwischen den Anschlüssen X1 und X2 sind zwei elektronische Schalter T1 und T2 in Reihe geschaltet, und zwar zur Gewährleistung der bipolaren Spannungsfestigkeit antiseriell. Im Beispiel der 1 sind die elektronischen Schalter T1, T2 als MOSFETs dargestellt. Dabei ist der Drain-Anschluss des ersten MOSFET T1 mit dem ersten Anschluss X1 des Schaltmoduls verbunden. Der Source-Anschluss des ersten MOSFET T1 ist mit dem Source-Anschluss des zweiten MOSFET T2 verbunden und der Drain-Anschluss des zweiten MOSFET ist mit dem zweiten Anschluss X2 des Schaltmoduls verbunden. Die Beschaltung der Gate-Anschlüsse der beiden MOSFET ist zur Vereinfachung nicht dargestellt. Üblicherweise sind die Gate-Anschlüsse miteinander verbunden oder werden anderweitig gleichsinnig und gleichzeitig mit Steuersignalen beaufschlagt.
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Die MOSFETs T1 und T2 weisen, wie allgemein bekannt, jeweils (intrinsische) Inversdioden auf, die jeweils in Richtung Source-Drain leitend sind.
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Es sei darauf hingewiesen, dass die Darstellung von MOSFETs für die elektronischen Schalter T1 und T2 rein beispielhaft zu verstehen ist und andere elektronische Schalter wie beispielsweise IGBTs eingesetzt werden können.
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Beide elektronischen Schalter sind von einer Reihenschaltung aus jeweils einem kapazitiven Element und einem resistiven Element überbrückt bzw. zu beiden elektronischen Schaltern ist jeweils eine Reihenschaltung aus jeweils einem kapazitiven Element und einem resistiven Element parallel geschaltet. Während es aus ökonomischen Gründen bevorzugt ist, jeweils genau ein kapazitives Element C1, C2 und genau ein resistives Element R1, R2 zu verwenden, kann natürlich sowohl das kapazitive Element als auch das resistive Element aus einer Reihen- und/oder Parallelschaltung mehrerer kapazitiver bzw. resistiver Elemente gebildet werden, um anhand dem Fachmann geläufiger Überlegungen eine gewünschte Gesamtkapazität bzw. einen gewünschten gesamten ohmschen Widerstandswert zu erhalten.
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Zum ersten elektronischen Schalter T1 ist dabei eine Reihenschaltung aufweisend einen ersten Kondensator C1 und einen ersten Widerstand R1 parallelgeschaltet. Zum zweiten elektronischen Schalter T2 ist eine Reihenschaltung aufweisend einen zweiten Kondensator C2 und einen zweiten Widerstand R2 parallelgeschaltet.
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Eine möglichst unmittelbare und niederinduktive Anordnung der RC-Netzwerke direkt an den Halbleiter-Schaltern ist dabei von Vorteil, weil so beim Abschaltvorgang besonders schnell Strom aus dem Schalter übernommen werden kann. Daraus, dass jedem Leistungshalbleiter eine RC-Schaltung zugeordnet ist, ergibt sich zusätzlich folgender Vorteil: für die Höhe des Leckstroms ist (im Wesentlichen) die Summe der Kapazitäten maßgeblich, siehe hierzu auch die Formel für Zges weiter unten. Da jeder Leistungshalbleiter eine Halbwelle der Netzspannung sperrt, wird beim Abschaltvorgang nur die parallel zum entsprechenden Leistungsschalter geschaltete RC-Schaltung beansprucht. Folglich liefert die vorliegende Erfindung im Vergleich zu einer zwischen den Punkten X1 und X2 angeordneten RC-Schaltung mit der gleichen Gesamtkapazität bei gleichem Leckstrom die doppelte Aufnahmekapazität. Anders ausgedrückt verringert sich durch die Erfindung bei gleicher wirksamer Kapazität der Leckstrom auf die Hälfte im Vergleich zu einer zwischen den Punkten X1 und X2 angeordneten RC-Schaltung.
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Zusätzlich zu den für jeden elektronischen Schalter separat ausgebildeten RC-Schaltungen ist ein für beide Schalter gemeinsames Überspannungs-Diodennetzwerk vorgesehen. Das Diodennetzwerk weist mindestens eine TVS-Diode D auf und ist parallel zur Reihenschaltung der beiden Schalter angeordnet, zwischen den Anschlüssen X1 und X2 des Schaltmoduls. Im Beispiel der 1 weist das Diodennetzwerk vier in Reihe geschaltete TVS-Dioden Dx,1, Dx,2, Dx,3, Dx,4 auf.
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Die Kombination aus RC-Schaltungen und Dioden ist vorteilhaft, da die RC-Netzwerke sofort, d.h. innerhalb von Nanosekunden nach Beginn eines Abschaltvorgangs, Energie aufnehmen können, aber bei praktikabler Dimensionierung insgesamt vergleichsweise wenig Energie aufnehmen können. Sobald die Klemmspannung bzw. Clamping-Spannung der TVS-Diode(n) überschritten ist, nehmen die Dioden die gesamte noch im System verbliebene Energie auf.
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Der besondere Nutzen der RC-Schaltungen in der erfindungsgemäßen Schaltung wiederum besteht darin, dass die TVS-Diode(n) erst dann beginnt/beginnen Strom zu führen, wenn ihre Klemmspannung bzw Clamping-Spannung erreicht ist. Unmittelbar nach dem Abschalten ist diese noch nicht erreicht, aber die Kondensatoren führen aufgrund der Spannungsänderung Strom. Mit anderen Worten führt die Spannungsänderung direkt nach dem Abschalten dazu, dass der RC-Teil der Schaltung den Strom trägt und die Diode(n) nicht. Diese erste Phase des Abschaltvorgangs, in welcher allein die RC-Schaltungen die Energie aufnehmen, ist jedoch entscheidend, um den Schalter vor einer zu hohen Überspannung zu schützen, sodass ein Verzicht auf die RC-Schaltungen eine geringere Überspannungsfestigkeit zur Folge hätte.
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Im Folgenden werden Beispiele zur Dimensionierung der Komponenten C1, C2, R1, R2, Dx,1, Dx,2, Dx,3, Dx,4 näher erläutert.
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Die RC-Schaltungen überbrücken die elektronischen Schalter permanent und sind somit entscheidend für den fließenden Leckstrom im ausgeschalteten Zustand des Schaltmoduls. Der zulässige Ableitstrom ergibt sich in der Regel aus den entsprechenden Normen und darf nicht überschritten werden. Beispielsweise sieht die Leitungsschutzschalter-Norm DIN EN 60947 einen maximalen Ableitstrom von Ia = 2 mA vor, die dem entsprechende UL-Norm sogar nur maximal Ia = 0,5 mA.
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Davon ausgehend müssen die Komponenten C
1, C
2, R
1, R
2 folgende Bedingung erfüllen:
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Dabei ist U
L der Effektivwert der Wechselspannung im vom Schutzschalter geschalteten Stromkreis, I
a der zulässige Ableitstrom und Z
ges die Impedanz der Reihenschaltung der beiden RC-Schaltungen. Für Z
ges gilt dabei:
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Dabei ist f die Frequenz des Wechselstromsystems, in welchem das Schaltmodul eingesetzt werden soll.
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Im allgemeinen Fall sind C1 und C2 sowie R1 und R2 verschieden und auch die elektronischen Schalter können verschieden sein. In der Praxis wird jedoch häufig eine möglichst geringe Anzahl verschiedener Bauelemente bzw. Baugruppen angestrebt, so dass beispielsweise elektronische Schalter vom gleichen Typ gewählt werden und die RC-Glieder gleich dimensioniert werden.
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Für diesen praktisch bedeutsamen Fall ergibt sich also die Vereinfachung C
1 = C
2 = C sowie R
1 = R
2 = R. Dann ergibt sich für Z
ges:
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Durch die Reihenschaltung der beiden separaten RC-Schaltungen kann somit ein doppelt so großer Kondensator eingesetzt werden, was einen Vorteil gegenüber einem ebenfalls denkbaren gemeinsamen RC-Schaltungsteil darstellt.
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Die Größe des Widerstandes wird vorzugsweise so gewählt, dass die Höhe des Stromimpulses in den Kondensator so begrenzt wird, dass dieser nicht beschädigt wird.
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Für ein europäisches 230V-System kann folgende Dimensionierung gewählt werden:
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In Worten ausgedrückt: Der Mindestwert für die Impedanz im Geltungsbereich der DIN EN 60947 beträgt 115kΩ. Mit ohmschen Widerständen R1, R2 von je 50Ω und Kondensatoren C1, C2 mit einer Kapazität von je 10nF beträgt die Impedanz 637kΩ und liegt damit deutlich über dem geforderten Impedanzwert.
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Mit der vorliegenden Dimensionierung wird auch die UL-Norm eingehalten:
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Auch hier liegt die Impedanz mit 530kΩ deutlich über dem geforderten Impedanzwert von 240kΩ.
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Bei der vorstehenden Berechnung wurden die Leckströme durch die Schalthalbleiter T1, T2 nicht berücksichtigt. Dies ist dem zuständigen Fachmann jedoch ohne Schwierigkeiten möglich, da es sich um einfache Parallelschaltungen der Schaltelemente und der RC-Schaltungen handelt.
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Die Diode (n) Dx,1, Dx,2, Dx,3, Dx,4 überbrücken sämtliche Komponenten des Schaltmoduls zwischen den Anschlüssen X1 und X2 und sind daher sicherheitskritische Bauteile. Fällt eine Diode aus, insbesondere als Kurzschluss, ist ein Abschalten des Schaltmoduls nicht mehr möglich. Daher werden vorzugsweise mehrere Dioden in Serie geschaltet, so dass der Kurzschluss einer Diode nicht zum Kurzschluss des gesamten Schaltmoduls führt.
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Vorzugsweise erfolgt die Dimensionierung anhand folgender Gesichtspunkte: Die Summe der Klemmspannungen (Clamping Spannungen) der Dioden wird kleiner gewählt als die maximale Sperrspannung der Leistungshalbleiter UT,max unter Berücksichtigung eines Sicherheitsfaktors. Als zusätzliche Dimensionierungsvorschrift soll die Summe der Klemmspannungen auch nach dem Ausfall (Durchlegierung) einer Diode größer als die Scheitelspannung des Wechselstromsystems sein. Dies stellt sicher, dass auch bei Durchlegierung einer Diode im ausgeschalteten Zustand des Schaltmoduls kein Strom über die Dioden fließt.
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In Form einer Gleichung ausgedrückt:
wobei U
max die Scheitelspannung des Wechselstromsystems, N die Anzahl der in Reihe geschalteten TVS-Dioden D
x,1, D
x,2, D
x,3, D
x,4 und U
cl die Klemmspannung (Clamping Spannung) jeder einzelnen Diode ist und wobei wie bereits für die Kondensatoren und Widerstände vereinfachend Dioden mit gleichen Parametern, insbesondere mit gleicher Klemmspannung eingesetzt werden.
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Gleichzeitig soll die Summe der Klemmspannungen um einen Sicherheitsfaktor unter der maximal zulässigen Sperr- bzw. Nennspannung der Leistungshalbleiter liegen, d.h.:
mit f = 0,5 .. 0,9 und U
T,max beispielsweise 600V oder 650V oder 750V.
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Folgende Tabelle gibt geeignete Kombinationen von Dioden für ein 230V Wechselstromsystem mit einer Scheitelspannung von 325V an:
N | Ucl | ΣUcl | (N-1) * Ucl |
3 | 170V | 510V | 340V |
4 | 125V | 500V | 375V |
5 | 100V | 500V | 400V |
6 | 85V | 510V | 425V |
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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