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Technisches Sachgebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft eine automatische Bestimmung von Strukturresonanzfrequenzen in einem technischen System, insbesondere in einem technischen System, das durch äußere Einflüsse oder Betriebsbedingungen mechanischen Anregungen ausgesetzt ist.
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Technischer Hintergrund
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Bei der Bewertung der Robustheit komplexer Systeme, wie etwa üblicher Sensor-Verarbeitung-Aktuator-Systeme, besteht ein Aspekt darin, das System im Hinblick auf mechanische Strukturresonanzen unter verschiedenen Betriebsbedingungen zu analysieren. Die Analyse führt in der Regel zur Feststellung von Abhängigkeiten zwischen Betriebsbedingungen und dem Auftreten von Resonanzverhalten.
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Üblicherweise werden Strukturresonanzen durch Anwendung einer experimentellen Modalanalyse oder einer operationellen Modalanalyse bestimmt. Diese Techniken werden nicht standardmäßig angewandt oder können nicht implementiert werden, da sie einen erheblichen Aufwand und spezielle Ausrüstung erfordern oder nicht angewandt werden dürfen, z. B. bei einem End-of-Line-Test. Die Suche nach Strukturresonanzen erfordert häufig einen Ansatz, bei dem die Intuition eines Experten zur Auswahl der wesentlichen Frequenzen herangezogen wird.
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Solche Ansätze können beinhalten, dass durch Anwendung einer schnellen Fourier-Transformation ein Spektrogramm einer oder mehrerer physikalischer Schwingungsgrößen in einer oder mehreren verschiedenen Richtungen über einen breiten Frequenzbereich von Anregungen erstellt wird, um die Amplituden der einen oder mehreren physikalischen Schwingungsgrößen in ihren verschiedenen Richtungen des analysierten Systems wiederzugeben. Das Spektrogramm gibt dann den Amplitudenwert der jeweiligen physikalischen Schwingungsgröße über das Maß von Anregung an. Dann werden spezielle Merkmale von Geräusch- und Vibrationsbelastungen durch Sichterkennung identifiziert, um kritische Punkte in den Spektrogrammen zu finden. Ein solcher kritischer Punkt hat typischerweise einen erhöhten Amplitudenwert bei einer gewissen Frequenz und einem gewissen Maß von Anregung. Da alle Ordnungen, die eine Strukturresonanzfrequenz kreuzen, das analysierte System anregen, können diese Frequenzen durch eine sichtbare horizontale Linie im erstellten Spektrogramm identifiziert werden (Amplitudenwert bei der jeweiligen Frequenz über dem Maß von Anregung).
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Darüber hinaus wird in dem ermittelten Frequenzbereich, in dem im Spektrogramm für alle aufgezeichneten Signale ein Peak der Amplitudenwertcharakteristik zu finden ist, die kritischste Ordnung dieser Resonanz ermittelt, die zusammen mit dem Maß von Anregung, z. B. der Drehzahl eines Motors, den höchsten Amplitudenwert aufweist. Ein solcher Ansatz erfordert eine gründliche Inspektion der Spektrogramme durch einen Experten, was einen hohen Aufwand bedeutet. Die Ergebnisse sind jedoch subjektiv und nur bis zu einem gewissen Grad reproduzierbar. Darüber hinaus stößt die manuelle Methode bei Signalen, bei denen eine Ordnung das gesamte Spektrum dominiert, an ihre Grenzen, so dass die notwendigen Auswertungen nicht durch menschliche Inspektion durchgeführt werden können.
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Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, ein vollautomatisches Verfahren zur Bestimmung von Strukturresonanzfrequenzen bereitzustellen und eine objektive und reproduzierbare Bewertung und Feststellung von Strukturresonanzen zu erhalten.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Gemäß der vorliegenden Erfindung werden ein computerimplementiertes Verfahren zur Analyse eines technischen Systems hinsichtlich Strukturresonanzfrequenzen gemäß Anspruch 1 und eine Vorrichtung gemäß einem weiteren unabhängigen Anspruch bereitgestellt.
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Weitere Ausführungsformen sind in den abhängigen Unteransprüchen angegeben.
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Nach einem ersten Aspekt wird ein computerimplementiertes Verfahren zur Bestimmung mindestens einer Resonanzfrequenz eines technischen Systems bereitgestellt, umfassend die folgenden Schritte:
- - Erfassen mindestens einer physikalischen Schwingungsgröße in einer oder mehreren Raumrichtungen für verschiedene Maße von Anregungen, die unterschiedliche Anregungsfrequenzen in einem Bereich von Anregungsfrequenzen darstellen, um entsprechende Sensorsignale der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße zu erhalten;
- - Erstellen eines Spektrogramms für jede der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße unter Verwendung einer schnellen oder diskreten Fourier-Transformation, wobei das Spektrogramm für jedes Sensorsignal die spektralen Amplitudenniveaus von Segmenten von Anregungsfrequenzen innerhalb des Bereichs von Anregungsfrequenzen angibt;
- - Für jede der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße, Erzeugen von Ordnungsverläufen für eine gegebene Liste von Ordnungen durch Extraktion der spektralen Amplitudenniveaus aus dem Spektrogramm in Abhängigkeit von der Anregungsfrequenz;
- - Für jede der physikalischen Schwingungsgrößen über den Frequenzbereich von Anregungsfrequenzen, Erzeugen von Mittelwerten aller Ordnungsverläufe jeweils über alle Ordnungen der gegebenen Liste von Ordnungen für jede gegebene Anregungsfrequenz.
- - Anwenden einer Peak-Erkennung, Bestimmung der Frequenzen an den Peaks der Mittelwerte über den Bereich von Anregungsfrequenzen für jede der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße als in Frage kommende Frequenzen;
- - Clustern der Verteilung aller in Frage kommenden Frequenzen für alle der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße zum Erhalten mindestens einer Mittenfrequenz pro Cluster als die mindestens eine Resonanzfrequenz eines technischen Systems.
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Die Analyse eines technischen Systems mit dem Ziel, Strukturresonanzen zu finden, ist ein wichtiger Schritt in der Produktentwicklung. So können beispielsweise Dämpfungselemente in die Systemkonstruktion eingeführt werden, um mechanische Schwingungen bei oder in der Nähe der analysierten Resonanzfrequenzen zu reduzieren. Darüber hinaus kann das Wissen über Strukturresonanzen genutzt werden, um die Betriebsbedingungen des Systems so anzupassen, dass kritische Betriebspunkte vermieden werden, um Geräusch- und Vibrationsbelastungen zu verringern.
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So können beispielsweise die Parameter der Maschinensteuerung nach der Installation des technischen Systems am Einsatzort optimiert werden. Darüber hinaus können die Strukturresonanzen zur Aufdeckung von Anomalien verwendet werden, wenn Strukturresonanzen an unerwarteten Betriebspunkten festgestellt werden. Insbesondere die Frequenz der Strukturresonanzen kann auf die Ursache dieser Anomalien hinweisen, so dass Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.
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Darüber hinaus können die Strukturresonanzfrequenzen zur Klassifizierung als Merkmal für datengesteuerte Klassifizierungsmodelle verwendet werden, z. B. für die Qualitätskennzeichnung eines Produkts bei einer End-of-Line-Verifizierung.
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Das obige Verfahren ermittelt automatisch die Strukturresonanzfrequenzen von technischen Systemen mit mechanischen Aktuatoren wie etwa Elektromotoren und/oder mechanischen Sensoren wie etwa Trägheitssensoren, Gyroskopen oder dergleichen durch Analysieren von Sensorsignalen verschiedener physikalischer Schwingungsgrößen wie Schall, Beschleunigung, Kraft oder dergleichen jeweils in eine oder mehrere Richtungen.
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Ein solches technisches System ist einer mechanischen Anregung ausgesetzt. Die mechanische Anregung kann entweder durch den Betrieb eines eigenen Aktuators oder durch eine externe Anregungsquelle erfolgen.
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Insbesondere kann die mindestens eine physikalische Schwingungsgröße mindestens eine von einer Beschleunigung, einer Kraft, einer Geschwindigkeit, einem Geräusch oder einer Bewegung beinhalten.
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Die Sensorsignale der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße werden über einen weiten Betriebsbereich variierender Anregungen abgetastet, wie etwa einer variierenden Drehzahl eines systeminternen Elektromotors. Die variierenden Anregungen sind so beschaffen, dass sie mechanische Stöße bei unterschiedlichen Anregungsfrequenzen entlang des Variationsbereichs der Anregungsfrequenzen erzeugen. Die so erhaltenen Sensorsignale über variierende Maße von Anregungseigenschaften werden frequenzanalysiert, z. B. mittels einer diskreten oder schnellen Fourier-Transformation, um ein Spektrogramm der spektralen Amplitudenniveaus bei Anregungsfrequenzen über das angewendete Maß von Anregung zu erhalten. Diese Merkmale werden verwendet, um eine Ordnungsverlauf für jede der physikalischen Schwingungsgrößen zu erhalten, gefolgt von einer Erzeugung der Mittelwerte aller Ordnungsverläufe einer gegebenen Liste von Ordnungen für jede der Anregungsfrequenzen. Anhand der Auffälligkeit werden die Peaks des resultierenden Spektrums automatisch als in Frage kommende Frequenzen bestimmt.
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Durch Clustern werden Cluster der in Frage kommenden Frequenzen bestimmt, wobei die Mittenfrequenzen die zu bestimmenden Resonanzfrequenzen darstellen.
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Das Clustern der Verteilung aller in Frage kommenden Frequenzen für alle der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße kann das Bilden einer geschätzten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion über alle in Frage kommenden Frequenzen und das Anwenden einer Indikatorfunktion zur Bestimmung der Clustergrenzen jedes bestimmten Clusters beinhalten, wobei die Mittenfrequenz der Mittelwert oder Median der in Frage kommenden Frequenzen innerhalb des jeweiligen bestimmten Clusters ist.
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Jeder der bestimmten Resonanzfrequenzen eines jeden Clusters kann eine maximale spektrale Amplitude unter den spektralen Amplituden jeder der physikalischen Schwingungsgrößen und die zugehörige Ordnung zugeordnet werden.
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Im Gegensatz zum herkömmlichen Ansatz ist es nicht notwendig zu prüfen, ob alle durchlaufenden Ordnungen an den angegebenen Peaks bzw. den zugehörigen Frequenzen angeregt werden, da diese Annahme bereits inhärent im Spektrum berücksichtigt ist. Die rein subjektive Kombination der Ergebnisse aus den verschiedenen Signalen durch Expertenwissen wird durch Clustern mittels eines angepassten Kerneldichte-Schätzalgorithmus ersetzt. Schließlich, nachdem die Strukturresonanzen identifiziert wurden, werden die Zwischenergebnisse verwendet, um automatisch die Ordnung mit dem höchsten Amplitudenniveau sowie das entsprechende Maß von Anregung für jede ermittelte Resonanzfrequenz und jede physikalische Schwingungsgröße zu bestimmen. Die obige Methode ermöglicht die vollautomatische Bestimmung von Strukturresonanzen eines technischen Systems und deren Abhängigkeit vom Maß der sie verursachenden Anregung.
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Es kann vorgesehen werden, dass vor der Erzeugung von Mittelwerten aller Ordnungsverläufe über alle gegebenen Ordnungsvielfachen ein Schritt der Normierung der Ordnungsverläufe über die Frequenz durch minimale und maximale Amplitudenwerte bei jeder der jeweiligen Frequenzen durchgeführt werden kann.
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Darüber hinaus können vor der Bestimmung der Peaks der Mittelwerte über den Bereich der Anregungsfrequenzen für jede der mindestens einen physikalischen Schwingungsgröße die Merkmale der Mittelwerte über den Bereich der Anregungsfrequenzen geglättet werden, insbesondere durch Anwendung eines kernelbewerteten Mittelwerts unter Anwendung eines angepassten Kernels, der auf der Grundlage einer Boxcar-Funktion definiert ist, wie z. B. des kernelbewerteten Mittelwerts nach Nadarya-Watson.
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Gemäß einer Ausführungsform kann die mindestens eine Resonanzfrequenz verwendet werden, um über eine Anpassung oder ein Redesign des technischen Systems zu entscheiden, um die Betriebsbedingungen des technischen Systems anzupassen, um Maschinensteuerungsparameter zu optimieren oder um Anomalien zu erkennen.
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Figurenliste
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Ausführungsformen werden in Verbindung mit den beigefügten Zeichnungen näher beschrieben:
- 1 ist ein Blockdiagramm, das ein System zeigt, für das die Strukturresonanzen bestimmt werden sollen;
- 2 ist ein Flussdiagramm mit den Verfahrensschritten zur Durchführung einer Frequenzanalyse zum Bestimmen einer oder mehrerer Strukturresonanzen und der damit verbundenen Betriebsbedingungen, die sie anregen;
- 3a - 3e zeigen für eine Reihe von physikalischen Schwingungsgrößen Spektrogramme, die die maximalen Amplituden von physikalischen Schwingungsgrößen bei Frequenzen über einem Maß von Anregung angeben.
- 4 zeigt Ordnungsverläufe für verschiedene Ordnungen durch Extraktion des spektralen Amplitudenniveaus aus dem interpolierten Spektrogramm der jeweiligen physikalischen Schwingungsgröße.
- 5 zeigt normalisierte Ordnungsverläufe für verschiedene Ordnungen durch Extraktion des spektralen Amplitudenniveaus.
- 6 zeigt als eine exemplarische physikalische Schwingungsgröße ein unbearbeitetes mittleres normalisiertes Ordnungsverlaufswertspektrum und ein geglättetes mittleres normalisiertes Ordnungsverlaufswertspektrum.
- 7 zeigt die Ergebnisse einer Peak-Erkennungsfunktion auf einem exemplarischen mittleren normalisierten Ordnungsverlaufswertspektrum.
- 8 zeigt eine grafische Darstellung einer Liste von in Frage kommenden Resonanzfrequenzen für jede der physikalischen Schwingungsgrößen.
- 9 zeigt eine geschätzte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion, die zum Clustern der in Frage kommenden Resonanzfrequenzen für jede der physikalischen Schwingungsgrößen verwendet wird.
- 10 zeigt die Clusterränder der Cluster, die durch die geschätzte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (siehe 9) erkannt wurden.
- 11 ist eine Tabelle für alle betrachteten physikalischen Schwingungsgrößen bei den bestimmten Strukturresonanzfrequenzen und zugehörigen höchsten harmonischen Ordnungen für die jeweiligen physikalischen Schwingungsgrößen.
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Beschreibung von Ausführungsformen
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1 zeigt ein zu prüfendes technisches System 1, für das Strukturresonanzen bestimmt werden sollen. Das technische System 1 kann ein makroskopisches technisches System und mikroskopische Systeme wie MEMS (mikroelektromechanische Systeme) beinhalten. Um das technische System 1 zu analysieren, kann es durch eine externe Quelle 2 mechanischer Anregung oder durch eine interne Quelle 2' mechanischer Anregung, wie etwa durch einen Aktuator des technischen Systems 1, angeregt werden. Bei dem Aktuator kann es sich um einen Elektromotor, eine beliebige Vibrationsquelle oder dergleichen handeln. Eine Anregung durch den Elektromotor kann durch Betreiben des Elektromotors erfolgen. Das Maß von Anregung ist steuerbar, wie etwa durch Variieren der Drehzahl des Elektromotors.
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Darüber hinaus ist das technische System 1 mit einem oder mehreren Sensoren 3 zum Erfassen einer physikalischen Schwingungsgröße bereitgestellt, die der Messung einer Schwingung zugeordnet ist, wie etwa einer Beschleunigung, einer Kraft, einer Bewegung, einer Vibration, eines Geräuschs oder dergleichen. Der Schwingungssensor kann auf spezifische Richtungen ausgerichtet werden, so dass Beschleunigungen, Kräfte, Bewegungen und dergleichen in Bezug auf eine dominante Richtung erfasst werden. Eine Vielzahl von Schwingungssensoren für eine physikalische Größe können mit Empfindlichkeiten für unterschiedliche Schwingungsrichtungen eingerichtet werden, wie etwa die Beschleunigung in drei Dimensionen.
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Eine Analyse des technischen Systems 1 erfolgt mit Hilfe von Analyseausrüstung 4, die mit den Sensoren 3 verbunden ist und entweder mit der externen Quelle 2 mechanischer Anregung verbunden ist oder dafür ausgelegt ist, die interne Quelle 2' mechanischer Anregung zu steuern, um eine variierende mechanische Anregung des technischen Systems 1 bereitzustellen.
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Anhand des Flussdiagramms in 2 wird das Verfahren zur automatischen Bestimmung von Strukturresonanzfrequenzen und eines Maßes der mechanischen Anregung, bei der sie auftreten, dargestellt. Das beschriebene Beispiel bezieht sich auf ein technisches System mit einem Elektromotor, der mit unterschiedlichen Drehzahlen als variierendem Maß von Anregung zum Drehen gebracht wird.
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Das Verfahren wird in der Analyseausrüstung 4 durchgeführt, die ein Computersystem umfassen kann. Das Verfahren kann durch Software implementiert werden, die dafür ausgelegt ist, die Sensorsignale für die physikalischen Schwingungsgrößen abzutasten.
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In Schritt S1 werden die Sensorsignale der eingesetzten Schwingungssensoren 3 erfasst, um für mindestens eine der zu messenden/erfassenden physikalischen Schwingungsgrößen ein oder mehrere Sensorsignale für eine oder mehrere Richtungen (Modi) von Schwingung zu erhalten. Die Sensorsignale können mit einer Abtastfrequenz abgetastet werden, die mindestens 2 - 5 mal höher ist als die zu erwartende maximale Resonanzfrequenz, die im technischen System auftreten kann.
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Die Sensorsignale werden in einem Bereich von Maßen von Anregung wie Hochlauf und/oder Auslauf des Elektromotors bis zu 10000 U/min erfasst.
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In Schritt S2 wird mittels einer schnellen Fourier-Transformation ein Spektrogramm bestimmt, das für jede der physikalischen Schwingungsgrößen die Amplitude bei einer spezifischen Frequenz und bei einem spezifischen Maß von Anregung darstellt, wie in 3 für verschiedene physikalische Größen am Beispiel eines Elektromotors zu sehen ist, bei dem das Maß von Anregung die Drehzahl des Motors in Einheiten von U/min ist.
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Im vorliegenden Beispiel werden die physikalischen Schwingungsgrößen einer Schallleistung (3a), einer tangentialen Beschleunigung (3b), einer radialen Beschleunigung (3c), einer axialen Beschleunigung (3d) und einer Kraft in einer tangentialen Richtung (3e) erfasst und analysiert.
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Man erkennt an der Graustufe der Punkte das Amplitudenniveau (je heller, desto höher) bei einer auf der Ordinate angegebenen Frequenz über den Drehzahlen in U/min. Beim Erzeugen der Spektrogramme kann das Sensorsignal in kleine Zeitsegmente unterteilt werden, die jeweils einen kleinen Bereich von Maßen von Anregung repräsentieren (z. B. Segmente von jeweils 10 U/min), und das Momentanspektrum für jedes Segment wird unter Verwendung einer diskreten Fourier-Transformation berechnet. Jedes dieser Spektren ist mit der mittleren Drehzahl des Segments im aufgezeichneten Drehzahlsignal versehen. Das resultierende Spektrogramm
S(m, n) ist eine Matrix, in der jedes Element das spektrale Amplitudenniveau für die Momentanfrequenz fm für das jeweilige Segment von Drehzahlen ωn darstellt.
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In Schritt S3 werden aus den erhaltenen Spektrogrammen für jede der physikalischen Schwingungsgrößen die Ordnungsverläufe ok(f) für eine gegebene Liste von Ordnungen extrahiert. Die gegebene Liste kann mit einer Anzahl von Ordnungen voreingestellt sein oder einfach alle möglichen Ordnungen enthalten. Im Falle eines Elektromotors für die Anregung werden die Ordnungsverläufe ok(f) für Vielfache (z. B. 0,5,1,0,1,5,2,0 ... )der Grunddrehfrequenz des Elektromotors extrahiert. Der Ordnungsverlauf ok (f) der k - ten Ordnung kann durch Extraktion des spektralen Amplitudenniveaus aus dem interpolierten Spektrogramm der jeweiligen physikalischen Schwingungsgröße in Abhängigkeit von der Momentanfrequenz unter Verwendung der Beziehung f = kω ermittelt werden, die resultierenden Ordnungsverläufe können wie in 4 dargestellt werden.
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4 zeigt in Abhängigkeit von der jeweiligen Ordnung k und der jeweiligen Frequenz f, wie sie sich aus den in Schritt S2 ermittelten Spektrogrammen ergeben, das Amplitudenniveau der entsprechenden physikalischen Größe. Das Amplitudenniveau wird durch den Grauwert des Diagramms angezeigt. In 4 zeigt der grau schattierte Bereich die betrachteten analysierten Betriebspunkte, wobei die linke Grenze BL des Bereichs durch das niedrigste Maß von Anregung (niedrigste Drehzahl) und die rechte Grenze BR des dargestellten Bereichs durch das höchste Maß von Anregung (höchste Drehzahl) definiert wird. Strukturresonanzfrequenzen sollten zu Säulen oder vertikalen Linien im Diagramm von 4 führen, die höhere Amplitudenwerte aufweisen, da für diese Resonanzfrequenzen alle kreuzenden Ordnungen höhere spektrale Amplituden aufweisen sollten. Bei einer spezifischen Resonanz weisen alle Ordnungen in Bezug auf Frequenzen, bei denen keine Resonanz auftritt, eine höhere Amplitude auf.
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Um diesen Effekt zu verstärken, werden in Schritt S4 alle Ordnungsverläufe für jede der physikalischen Schwingungsgrößen einzeln normiert durch:
was zu einem normalisierten Ordnungsverlauf führt, wie in
5 dargestellt. Es können auch andere Arten der Normalisierung angewendet werden.
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Nach der Normalisierung zeigt
5 deutlicher die Frequenzen f, bei denen alle Ordnungen hohe spektrale Amplituden aufweisen. So können relevante Frequenzen deutlicher von anderen Frequenzen unterschieden werden. Um diese Frequenzen zu ermitteln, kann der Mittelwert aller Ordnungsverläufe MNOV je Frequenz in Schritt S5 wie folgt berechnet werden:
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Für jede der physikalischen Schwingungsgrößen können die Mittelwerte dann wie in 6 als Frequenzdiagramm dargestellt werden, das hier als mittleres normalisiertes Ordnungsverlaufswertspektrum MNOVS_raw bezeichnet wird.
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Da das mittlere normalisierte Ordnungsverlaufsspektrum zumindest für höhere Frequenzen sehr verrauscht ist, kann das Spektrum in Schritt S6 geglättet werden. Dies kann durch einen angepassten kernelbewerteten Mittelwert erreicht werden:
wobei N die Anzahl der beobachteten Punkte ist,
Y(X
i) die Werte oder Beobachtungen an X
i Punkten und K
oct(X
o,X
i) ein angepasster Kernel ist, der auf der Grundlage einer Boxcar-Funktion definiert ist:
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Dabei ist die Boxcar-Funktion Π
a,b(x) = H(x - a) - H(x - b). Hier ist H(x)die Heaviside - Stufenfunktion. In der Spektralformulierung entsprechen der untere und der obere Rand der Boxcar - Funktion
den Rändern des
Oktavteilbandes mit einer Mittenfrequenz f
0 gemäß EN 61260-1_201410:
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Dieses Verfahren kann auch als gleitender Durchschnitt mit einer dynamischen, frequenzabhängigen Bandbreite betrachtet werden. Wie auch in 6 zu sehen ist, ermöglicht dies eine gute Glättung für Funktionen (z. B. MNOVS_filt), die einen großen Bereich der Frequenzdomäne abdecken.
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Im geglätteten mittleren normalisierten Ordnungsverlaufswertspektrum für jede der physikalischen Schwingungsgrößen können in Schritt S7 Peaks unter Verwendung eines auf der Auffälligkeit der Peaks basierenden Peak-Erkennungsalgorithmus identifiziert werden, z. B. mit der SciPy-Funktion find_peaks, deren Wirkung in 7 dargestellt ist. Das Ergebnis von Schritt S8 ist, dass für jede der physikalischen Schwingungsgrößen Frequenzen bestimmt werden, bei denen das mittlere normierte Ordnungsverlaufswertspektrum Peaks aufweist.
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Die so ermittelten in Frage kommenden Resonanzfrequenzen für jede der physikalischen Schwingungsgrößen können in Schritt S8 zu einer Liste oder einem Diagramm zusammengefasst werden, wie z. B. 8 dargestellt.
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Die in Frage kommenden Resonanzfrequenzen aller physikalischen Schwingungsgrößen werden in Schritt S9 auf der Grundlage einer geschätzten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion P̂(f) geclustert, die durch die gewichtete Gaußsche Kerneldichteschätzung mit einer adaptiven Bandbreite erstellt wird.
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Die sich daraus ergebende geschätzte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ist in 9 dargestellt, die dann zum Clustern der in Frage kommenden Resonanzfrequenzen verwendet wird. In Schritt S10 wird die geschätzte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion normalisiert, und in Schritt S11 wird eine Indikatorfunktion I(P̂(f) < t) (mit t als gegebenem Schwellenwert von z. B. 0,1) auf die geschätzte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion angewendet. Die Indikatorfunktion hat den Wert 1 , wenn die logische Aussage wahr ist, ansonsten den unveränderten Wert P̂(f) der geschätzten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion.
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Nach dieser Transformation werden in Schritt S12 die lokalen Minima der resultierenden Indikatorfunktion gesucht. Diese Minima können als Clusterränder interpretiert werden, wie in 10 dargestellt. Für jedes so bestimmte Cluster werden in Schritt S13 die Mittenfrequenzen berechnet, indem der Mittelwert oder Median aller in Frage kommenden Frequenzen innerhalb jedes Clusters ermittelt wird. Die so gefundenen Mittenfrequenzen werden dann als Strukturresonanzfrequenzen in Bezug auf das Maß von Anregung ermittelt.
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Für jede ermittelte Resonanzfrequenz und jedes Signal im entsprechenden Cluster, werden in Schritt S14 die maximale spektrale Amplitude sowie die zugehörige Ordnung bestimmt. Ein exemplarisches Ergebnis zeigt die Tabelle in 11 für die physikalischen Schwingungsgrößen einer axialen Beschleunigung aaxi, einer radialen Beschleunigung arad, einer tangentialen Beschleunigung atan, einer Gesamtkraft fsum und einer Schallleistung. Die Tabelle in 11 zeigt ein Beispiel für ein elektromotorisch angeregtes technisches System.
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Dies ist das Endergebnis für alle gefundenen Strukturresonanzfrequenzen, die entsprechenden Cluster, die maximale spektrale Amplitude und die zugehörige Ordnung für alle analysierten physikalischen Schwingungsgrößen. Der Wert 1 für einen Cluster bedeutet, dass die zugehörige physikalische Schwingungsgröße die höchste spektrale Amplitude in dem durch den entsprechenden Cluster spezifizierten Frequenzbereich aufweist.
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Wie man erkennt, bestimmt der oben beschriebene Algorithmus automatisch die Strukturresonanzfrequenzen und die zugehörigen höchsten harmonischen Ordnungen einer rotierenden Maschine, aus denen sich die physikalischen Schwingungsgrößen bei verschiedenen Anregungsgrößen ergeben.
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Im Allgemeinen können die Ergebnisse des Algorithmus verwendet werden, um die Konstruktion der rotierenden Maschine während der Produktentwicklung zu verbessern (zum Beispiel durch die Einführung geeigneter Dämpfungselemente), um die Betriebsbedingungen einer rotierenden Maschine anzupassen, um kritische Betriebspunkte zu vermeiden, um die Geräusch- und Vibrationsbelastungen zu reduzieren, zum Beispiel durch die Optimierung der Maschinensteuerungsparameter nach der Installation am Einsatzort, um Anomalien (Unterschiede zwischen Exemplaren des gleichen Typs, zum Beispiel in einer End-of-Line-Qualitätsprüfung) zu erkennen und um die Ursachen von Anomalien zu identifizieren und Gegenmaßnahmen abzuleiten.
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Darüber hinaus können die resultierenden Resonanzfrequenzen zur Merkmalsextraktion für Machine-Learning-Algorithmen und zur Identifizierung von Arten von Maschinen verwendet werden.