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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens eines Kraftfahrzeugs.
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Stand der Technik
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Ein guter Zustand der Reifen ist für die Verkehrssicherheit von erheblicher Bedeutung. Der Fahrer ist dafür verantwortlich, vor jeder Fahrt auf öffentlichen Straßen zu prüfen, ob alle Reifen noch in einem guten Zustand sind. Es ist jedoch zeitaufwendig und gerade für Laien nicht einfach, den Zustand jedes einzelnen Reifens visuell zu erkennen und zu beurteilen.
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Aus der
EP 3 124 292 B1 ist ein Verschleißindikator für einen Reifen bekannt, welcher sich in Abhängigkeit von dem Verschleißzustand des Reifens ändert. Der Verschleißindikator kann ausgewertet werden. Insbesondere für hochautomatisiertes Fahren wäre es jedoch wünschenswert, dass der Verschleißzustand des Reifens vom Fahrzeug selbst erkannt werden kann.
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Auch beim Verleihen von Reifen oder Fahrzeugen wäre es vorteilhaft, den genauen Zustand des Reifens zu kennen. Derzeit wird der Zustand des Reifens basierend auf Laufleistungsinformationen berechnet. Da dies nicht den individuellen Fahrstil und fahrzeug- oder straßenspezifische Einflüsse widerspiegelt, wird ein effektiver und profitabler Einsatz im Feld behindert und die Marktakzeptanz bleibt eher gering. So ist es schwierig, die Erhebung eines einheitlichen Preises für alle Fahrer, Fahrzeuge und Regionen zu rechtfertigen.
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Weiter wird nur der klassische Abrieb über die gefahrenen Fahrzeugkilometer abgedeckt, ohne Berücksichtigung der Straßenoberfläche oder möglicher Reifenschäden, nach denen ein sofortiger Austausch unumgänglich ist. Schließlich ist die Bestimmung des Reifenzustands anhand der Laufleistung nicht genau genug, um den Zeitpunkt zur Erneuerung der Reifen exakt zu bestimmen.
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Es besteht daher Bedarf, die Bestimmung des Reifenverschleißes zu verbessern.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Erfindung stellt ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens eines Kraftfahrzeugs bereit.
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Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der jeweiligen Unteransprüche.
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Gemäß einem ersten Aspekt betrifft die Erfindung demnach ein Verfahren zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens eines Kraftfahrzeugs. Dabei werden Sensordaten durch mindestens einen Fahrzeugsensor des Kraftfahrzeugs erzeugt. Eine Recheneinrichtung ermittelt mindestens einen Indikator, welcher zu einem verstärkten Verschleiß des Reifens beiträgt, unter Verwendung der erzeugten Sensordaten, wobei der mindestens eine Indikator sich auf mindestens eines von einem Fahrereignis, einem Fahrverhalten, einem Fahrzeugzustand, einer Fahrzeugumgebung und einem Betriebsmodus des Kraftfahrzeugs bezieht. Die Recheneinrichtung ermittelt weiter den Verschleißzustand des Reifens des Kraftfahrzeugs durch die Recheneinrichtung unter Berücksichtigung des mindestens einen ermittelten Indikators.
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Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens eines Kraftfahrzeugs, mit einer Schnittstelle und einer Recheneinrichtung. Die Schnittstelle ist dazu ausgebildet, erzeugte Sensordaten von mindestens einem Fahrzeugsensor des Kraftfahrzeugs zu empfangen. Die Recheneinrichtung ist dazu ausgebildet ist, mindestens einen Indikator zu ermitteln, welcher zu einem verstärkten Verschleiß des Reifens beiträgt, unter Verwendung der erzeugten Sensordaten, wobei der mindestens eine Indikator sich auf mindestens eines von einem Fahrereignis, einem Fahrverhalten, einem Fahrzeugzustand, einer Fahrzeugumgebung und einem Betriebsmodus des Kraftfahrzeugs bezieht. Die Recheneinrichtung ist weiter dazu ausgebildet, den Verschleißzustand des Reifens des Kraftfahrzeugs unter Berücksichtigung des mindestens einen ermittelten Indikators zu ermitteln.
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Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung ermöglicht die Ermittlung von Verschleißzuständen eines Reifens anhand von Indikatoren, welche auf Daten basieren, die üblicherweise in Personen- und Nutzfahrzeugen vorhanden sind, wenn auch oftmals nicht direkt auf dem Fahrzeug internen Kommunikationssystem abgreifbar. Insbesondere benötigt das Verfahren nur minimale Rechenressourcen, da es sensornah zur Anwendung kommen kann.
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Darüber hinaus bietet die exakte Angabe des Reifenzustands von Kraftfahrzeugen neue Möglichkeiten. Flottenbesitzer, wie z.B. Autovermietungen, können attraktivere Mietpreise auf Basis des Fahrstils anbieten oder zusätzliche Gebühren im Falle einer vom Reifenmodell erkannten Fehlnutzung erheben. Autohersteller oder Zulieferer können Endkunden und Flottenbesitzern einen Reifenverschleißservice anbieten, was das klassische Geschäft erweitern kann. Die Informationen können die Reifenvertriebskanäle des gesamten Reifengeschäfts aktiv beeinflussen.
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Unter dem Verschleißzustand ist neben dem eigentlichen Verschleiß des Reifenprofiles während der sachgerechten Nutzungsdauer auch die Beschädigung eines Reifens zu verstehen. Eine Vielzahl von Riefenschäden bringen einen unmittelbar darauffolgenden Verlust des Reifeninnendruckes mit sich, was relativ direkt über die Auswertung der Reifendrucksensor- oder Modelldaten zu erkennen ist. Es gibt aber auch eine Vielzahl an Reifenschäden, wie z.B. der Karkassenbruch, welche keine Druckminderung mit sich bringen und selbst visuell nur schwer zu erkennen ist. Erfindungsgemäß können auch derartige Schäden erkannt werden.
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Bei dem Kraftfahrzeug kann es sich um ein Zweirad, Dreirad, einen Personenkraftwagen, Lastkraftwagen, ein Motorrad oder dergleichen handeln.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens wird der Verschleißzustand für mehrere Reifen des Kraftfahrzeugs berechnet Der Verschleißzustand kann dabei für jeden Reifen individuell berechnet werden. Bestimmte Informationen, etwa ob und wie oft ein jeweiliges Reifen ein Schlagloch durchfährt, können sich für verschiedene Reifen unterscheiden. Der mindestens eine Indikator kann dadurch reifenspezifisch bestimmt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens des Kraftfahrzeugs wird der mindestens eine Indikator zusätzlich unter Verwendung mindestens eines Modells von Komponenten des Kraftfahrzeugs berechnet Anhand von eingebetteten Softwaremodellen können beispielsweise unter Verwendung der Sensordaten die Reifendruckwerte berechnet werden, die Straßenreibung ermittelt werden und/oder eine Lenkwinkelkorrektur für die Geradeausfahrt bestimmt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens des Kraftfahrzeugs kann die Berechnung des mindestens einen Indikators unter Verwendung eines Modell erfolgen, das in einer oder mehreren Berechnungsstufen Fahrereignisse bzw. Manöver vorselektiert.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens des Kraftfahrzeugs umfasst das Fahrereignis zumindest eines von einem Überfahren einer Fahrbahnunebenheit, einem Überfahren eines Bordsteins, einem Bremsereignis, einem Beschleunigungsereignis und einem teilweisen Blockieren oder Durchdrehen des Reifens (Radschlupf oder Raddrehmoment). Fahrbahnunebenheiten können Straßenschäden umfassen, etwa Schlaglöcher, Vertiefungen oder Erhöhungen, jedoch auch gewollte Fahrbahnunebenheiten, etwa Geschwindigkeitsschwellen, Rampen, Bordsteine und Ähnliches.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens des Kraftfahrzeugs bestimmt die Recheneinrichtung weiter eine Art und/oder Beschaffenheit der Fahrbahnunebenheiten anhand der Sensordaten. Eine Art der Fahrbahnunebenheit kann etwa ein Schlagloch, eine Vertiefung, eine Erhöhung, eine Geschwindigkeitsschwelle, Rampe, ein Bordstein oder dergleichen sein. Unter einer Beschaffenheit der Fahrbahnunebenheit kann eine räumliche Ausdehnung verstanden werden, etwa eine Tiefe, Breite und Länge eines Schlaglochs. Die Art und/oder Beschaffenheit der Fahrbahnunebenheiten kann ein weiterer Indikator zur Bestimmung des Verschleißzustandes des Reifens sein.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens umfasst das Fahrverhalten zumindest eines von einer statistischen Lenkwinkelverteilung, einer statistischen Geschwindigkeitsverteilung und einer statistischen Beschleunigungsverteilung.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens umfasst der Fahrzeugzustand zumindest eines von einer Beladung (bzw. Masse) des Fahrzeugs, einem Kilometerstand des Fahrzeugs, einem Reifendruck des Kraftfahrzeugs, einem Typ des Reifens, einer Größe des Reifens, einer Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs und einem Radversatz (verstellte Spur) einer Vorderachse des Kraftfahrzeugs.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens umfasst die Fahrzeugumgebung zumindest eines von einem Typ der Fahrbahn und einem Reibungswert einer Fahrbahn.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens umfasst der Betriebsmodus des Kraftfahrzeugs den Aktivierungszustand einer Fahrdynamikregelung.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens ermittelt die Recheneinrichtung den Verschleißzustand des Reifens des Kraftfahrzeugs unter Verwendung eines Maschinenlernmodells und/oder statistischen Modells, welches von dem mindestens einen Indikator abhängige Eingangsdaten empfängt.
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Die Eingangsdaten können beispielsweise den mindestens einen Indikator selbst umfassen. Der mindestens eine Indikator kann jedoch auch zuerst vorverarbeitet werden, bevor er dem Maschinenlernmodell und/oder statistischen Modell bereitgestellt wird. Beispielsweise können verschiedene Indikatoren zusammengefasst werden, um einen Eingangswert zu generieren.
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Das Maschinenlernmodell kann anhand von Trainingsdaten vorab trainiert werden. Gemäß einer Ausführungsform kann vorgesehen sein, dass das Maschinenlernmodell während des Betriebs in Echtzeit den Verschleißzustand des Reifens ermittelt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens berechnet die Recheneinrichtung eine zu erwartende Restlebenszeit des Reifens. Beispielsweise kann die noch zu erwartende Laufleistung (etwa in Kilometern) berechnet werden, nach welcher der Reifen erwartungsgemäß ausgetauscht werden muss. Dabei kann das bisherige Fahrverhalten berücksichtigt werden. Insbesondere kann davon ausgegangen werden, dass das Fahrverhalten beibehalten wird.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens umfasst der mindestens eine Fahrzeugsensor des Kraftfahrzeugs mindestens eines von einem Lenkwinkelsensor, einem Inertialsensor, einem Raddrehzahlsensor, einem radindividuellen Beschleunigungssensor, einem Videosensor, einem Lidarsensor und einem Radarsensor. Fast alle modernen Fahrzeuge sind mit derartigen Sensoren ausgestattet, sodass keine weiteren Hardwarekosten anfallen. Insbesondere Raddrehzahlsensoren zur Messung der Geschwindigkeit und des Schlupfes der einzelnen Räder, Lenkwinkelsensoren und Trägheitssensoren zur Messung der Längs- und Querbeschleunigungen sind weit verbreitet.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens kann mindestens ein Schwellenwert zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens einstellbar sein. Dazu kann eine Schnittstelle vorgesehen sein, etwa durch bidirektionale Kommunikation zwischen dem Kraftfahrzeug und einer Cloud.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens ist die Recheneinrichtung eine bezüglich des Kraftfahrzeugs externe Recheneinrichtung. Die durch den mindestens einen Fahrzeugsensor erzeugten Sensordaten werden über eine Schnittstelle des Kraftfahrzeugs an die Recheneinrichtung ausgegeben. Beispielsweise kann die Auswertung in einer Cloud erfolgten. Die Sensordaten und/oder der mindestens eine Indikator können dabei über eine Schnittstelle des Kraftfahrzeugs an die Recheneinrichtung ausgegeben werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens werden modellbasierte und/oder statistikbasierte und/oder auf maschinellem Lernen basierende Algorithmen in der Cloud ausgeführt, um Daten über den Verschleißzustand zu aggregieren. Diese Daten können dynamisch aktualisiert werden. Weiter können dynamisch Benachrichtigungen erzeugt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens wird anhand des Verschleißzustandes des Reifens des Kraftfahrzeugs eine Information über eine Anzeigeeinrichtung des Kraftfahrzeugs oder über eine gezielte Nachricht aufs Mobiltelefon an einen Fahrer des Kraftfahrzeugs ausgegeben. Insbesondere kann angezeigt werden, welche Reifen betroffen ist Weiter kann auch die Schwere des Verschleißes angezeigt werden. Dem Fahrer können auch Hinweise angezeigt werden, um die Lebenszeit des Reifens zu verlängern. Die Hinweise können von den Indikatoren abhängen. Insbesondere können dem Fahrer Hinweise angezeigt werden, solche Indikatoren bzw. den Wert von Indikatoren zu reduzieren, welche besonders stark zum Verschleiß beigetragen haben.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifens ist die Recheneinrichtung eine interne Recheneinrichtung, d. h. in dem Kraftfahrzeug angeordnet Beispielsweise ist die Recheneinrichtung eine Steuereinrichtung des Kraftfahrzeugs oder eines Teilsystems des Kraftfahrzeugs. Beispielsweise kann die Recheneinrichtung die Steuereinrichtung eines Antiblockiersystems des Kraftfahrzeugs sein.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens zum Ermitteln des Verschleißzustandes des Reifen ist die Recheneinrichtung eine Steuereinrichtung eines Antiblockiersystems des Kraftfahrzeugs. Das Verfahren ist ohne hohe Rechenleistung ausführbar und kann somit problemlos in einem ausreichend leistungsfähigen eingebetteten System, wie der Steuereinrichtung des Antiblockiersystems, implementiert werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die Ermittlung von dem Verschleißzustand des Reifen am Rand eines Computer-Netzwerks implementiert (Edge Computing), wobei das Computer-Netzwerk eine beliebige Kombination von elektronischen Steuereinheiten, Kraftfahrzeugcomputern, Verbindungssteuereinheiten und Clouds umfasst.
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Figurenliste
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Es zeigen:
- 1 ein schematisches Blockdiagramm einer Vorrichtung zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
- 2 ein schematisches Blockdiagramm eines Kraftfahrzeugs mit einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Ermitteln des Verschleißzustandes eines Reifens;
- 3 eine schematische Darstellung von berücksichtigten Indikatoren; und
- 4 ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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In allen Figuren sind gleiche bzw. funktionsgleiche Elemente und Vorrichtungen mit denselben Bezugszeichen versehen. Die Nummerierung von Verfahrensschritten dient der Übersichtlichkeit und soll im Allgemeinen keine bestimmte zeitliche Reihenfolge implizieren. Insbesondere können auch mehrere Verfahrensschritte gleichzeitig durchgeführt werden.
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Beschreibung der Ausführungsbeispiele
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1 zeigt ein schematisches Blockdiagramm einer Vorrichtung 1 zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens. Die Vorrichtung 1 umfasst eine Schnittstelle 2, welche etwa über einen Kraftfahrzeugkommunikationsbus mit mindestens einem Fahrzeugsensor gekoppelt ist.
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Die Schnittstelle 2 kann auch eine drahtlose Verbindung sein, um mit dem Kraftfahrzeug gekoppelt zu sein. Die Vorrichtung 1 kann somit entweder in dem Kraftfahrzeug angeordnet sein oder auch eine externe Vorrichtung sein.
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Die Vorrichtung 1 umfasst weiter eine Recheneinrichtung 3, welche anhand der über die Schnittstelle 2 empfangenen Sensordaten den Verschleißzustand mindestens eines Reifens ermittelt Die Recheneinrichtung 3 kann einen oder mehrere elektronische Prozessoren umfassen, etwa einen programmierbaren Mikroprozessor, Mikrocontroller oder dergleichen. Weiter umfasst die Vorrichtung 1 einen nicht-flüchtigen, maschinenlesbaren Speicher 4, um die empfangenen Sensordaten zu speichern. Die Recheneinrichtung 3 kann den Speicher 4 lesen und beschreiben.
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Die Recheneinrichtung 3 kann eine erste Einheit 31 zur Datenerfassung, eine zweite Einheit 32 zur Vorverarbeitung der Sensordaten und eine dritte Einheit 33 zur Ermittlung des Verschleißzustandes der Reifen umfassen. Die ersten bis dritten Einheiten 31 bis 33 können als separate elektronische Prozessoren ausgestaltet sein oder auch durch denselben elektronischen Prozessor oder eine Kombination elektronischer Prozessoren implementiert sein.
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In der Phase der Datenerfassung erfasst die Vorrichtung 1 die Signale von dem mindestens einen Sensor nahezu in Echtzeit Die von der mindestens einen Sensor empfangenen Daten liegen im Rohformat vor, wie z.B. Drehzahlimpulse von Raddrehzahlsensoren. Diese Signale werden über die Schnittstelle 2 erfasst und von der ersten Einheit 31 beispielsweise in den Speicher 4 geschrieben.
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In der Vorverarbeitungsphase werden die rohen Sensordaten durch die zweite Einheit 32 bereinigt und verarbeitet, um beispielsweise hochfrequente Raddrehzahldaten zu berechnen.
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In der Phase der Berechnung des Modellalgorithmus werden beispielsweise die hochfrequenten Raddrehzahldaten von der dritten Einheit 33 mit aus Modellberechnungen abgeleiteten Daten zusammengeführt, um hinsichtlich anwendungsspezifischer Parameter für Reifengröße und Reifenvariante zu korrigieren.
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Die Recheneinrichtung 3 berechnet anhand der erzeugten Sensordaten und anhand von Modellen mindestens einen Indikator. Der Indikator kann sich auf ein Fahrereignis, ein Fahrverhalten, einen Fahrzeugzustand, eine Fahrzeugumgebung, einen Betriebsmodus des Kraftfahrzeugs oder auf eine beliebige Kombination davon beziehen.
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Mögliche Indikatoren oder Informationen, welche zum Berechnen von Indikatoren herangezogen werden, umfassend den Kilometerstand des Fahrzeugs, integrierte radindividuelle Schlupfinformationen, eine genaue Fahrzeuggeschwindigkeit, einen Reibungswert der Straße, Steuergerät-Aktivierungen, eine Deaktivierung von Fahrzeugstabilitätsfunktionen, die hohen Radschlupf tolerieren, eine Erkennung von Fahrmanövern mit erhöhtem Reifenverschleiß, eine Erkennung von Radverlagerungen an der Vorderachse mit erhöhtem Reifenverschleiß, eine Lenkwinkelverteilung, einen Reifendruck, eine geschätzte Fahrzeugmasse, eine Straßenqualität und Informationen über eine Reifengröße und/oder -typ.
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Dem mindestens einen Indikator kann jeweils ein Wert zugeordnet werden. Anhand dieser Werte kann mittels einer mathematischen Formel ein Wert für den Verschleißzustand des Reifens berechnet werden. Dabei können mehrere Indikatoren gewichtet oder zusammengefasst werden.
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Die Informationen bezüglich des Verschleißzustandes des Reifens können über die Schnittstelle 2 ausgegeben werden, etwa an weitere Recheneinrichtungen des Kraftfahrzeugs oder an eine externe Cloud.
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2 zeigt ein schematisches Blockdiagramm eines Kraftfahrzeugs 101 mit einer Vorrichtung 1 zum Ermitteln des Verschleißzustandes eines Reifens 110 bis 113.
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Die Sensoren umfassen Raddrehzahlsensor 103, welche jeweils an einem Rad des Kraftfahrzeugs 101 angeordnet sind. Die Raddrehzahlsensoren 103 sind fest verdrahtet oder alternativ über den Fahrzeugbus mit einer Vorrichtung 1 zum Ermitteln des Verschleißzustandes der Reifen 110 bis 113 und/oder einem Fahrzeugcomputer 104 verbunden. Die dort empfangenen Sensordaten werden zur Berechnung der Indikatoren verwendet.
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Die Vorrichtung 1 zum Ermitteln des Verschleißzustandes der Reifen 110 bis 113 ist im Folgenden ein elektronisches Steuergerät. Gemäß weiteren Ausführungsformen kann auch der Fahrzeugcomputer 104 oder die Kombination aus elektronischem Steuergerät und Fahrzeugcomputer 104 die Vorrichtung 1 zum Ermitteln des Verschleißzustandes der Reifen 110 bis 113 sein.
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Ein Algorithmus wird angewandt, um den Reifenverschleiß für jeden Reifen 110 bis 113 über die Zeit zu berechnen, was zu radindividuellen Verschleißzuständen führt Die Eingangswerte der Algorithmen umfassen Rohsignale von eingebetteten Steuergeräten mit Raddrehzahlsensoren 103, Inertialsensoren 108 und einem Lenkwinkelsensor 109.
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Darüber hinaus ermittelt die Vorrichtung 1 eine kontinuierliche Überwachung möglicher Reifenschäden einschließlich deren Wahrscheinlichkeit. Diese Informationen können über den Kommunikationsbus des Kraftfahrzeugs 101 weiter an eine Vehicle-to-everything (V2X)-Einrichtung 105 zur V2X-Kommunikation übertragen werden. Von der V2X-Einrichtung 105 können die Ergebnisse gespeichert und/oder über einen drahtlosen Kommunikationskanal 106 an eine Cloud-Infrastruktur 107 übertragen werden.
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Die Fahrzeugsensoren 103, 108, 109 sind in der Lage, mit einer hohen Auflösung zu messen. Die Signale der Raddrehzahlsensoren 103 werden für die Fahrzeuggeschwindigkeit und die genaue Berechnung des Radschlupfs verwendet. Der Lenkwinkelsensor 109 liefert Informationen über die Lenkwinkelverteilung und spiegelt die Intensität der Kurvenfahrt wider. Ein Lenkwinkel-Offset zeigt den Versatz der Vorderräder an, der zu einem erhöhten Reifenverschleiß während der Fahrt führt, und somit ein Indikator zum Ermitteln des Verschleißzustandes der Reifen 110 bis 113 sein kann. Inertialsensoren 108 erzeugen Beschleunigungs- oder Verzögerungswerte, welche in Kombination mit dem Radschlupf von der Vorrichtung 1 verwendet werden können, um den Straßenreibungswert zu schätzen.
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Die Informationen bezüglich des ermittelten Verschleißzustandes der Reifen 110 bis 113 können über eine Steuergeräte-Kommunikationsschnittstelle und den Fahrzeugbus an die V2X-Einrichtung 105 gesendet werden. Die V2X-Einrichtung 105 unterstützt die Speicherung von Daten sowohl temporär als auch permanent. Die V2X-Einrichtung 105 bietet auch mehrere Gateways 106 für die drahtlose Kommunikation, wie z. B. Mobilfunknetz, Wi-Fi, Bluetooth usw. Über diese Gateways 106 können dann die notwendigen Informationen an eine Cloud-Infrastruktur 107 übertragen werden. In der Cloud-Infrastruktur 107 können die Daten dann verwaltet, bereinigt, verarbeitet und visualisiert werden. Die Informationen können etwa einem Reifendienst weitergeleitet werden, der Endkunden oder Flottenbesitzer bedient.
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3 zeigt eine schematische Darstellung von berücksichtigten Indikatoren, welche in ein Reifenverschleißzustandsmodell 301 eingehen. Die Indikatoren umfassen erste Indikatoren 302a, welche sich auf Ereignisse beziehen, die zur Beschädigung oder zum Verschleiß des Reifens 110 bis 113 beitragen können, insbesondere also Fehlnutzungen des Kraftfahrzeugs 101. Weiter umfasst sind zweite Indikatoren 302b, welche zum kontinuierlichen Verschleiß beitragen.
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Die ersten Indikatoren 302a umfassend das Vorliegen von bestimmten Straßeneinflüssen 303, etwa Schlaglöchern, Bordsteinkanten und dergleichen, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit zu gebrochenen Reifenkarkassen führen.
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Die ersten Indikatoren 302a umfassen das Zählen und Inkrementieren von Steuergeräteingriffen 305. Um diejenigen Situationen abzudecken, in denen die Steuergeräte deaktiviert sind, kann der Aktivierungszustand 304 der Steuergeräte berücksichtigt werden.
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Ein hoher Wert für einen Lenkwinkelversatz 306 zeigt einen Schiefstand der Vorderachsräder an und gewichtet den Verschleiß entsprechend. Ein integrierter Seitenschlupf 307 in Kombination mit Fahrbahnreibung und -rauigkeit 314 trägt zu einem erheblichen Verschleiß der Reifen 110 bis 113 bei.
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Alle ermittelten Fahrereignisse bzw. Fehlnutzungen führen unter Berücksichtigung der Dauer des Auftretens und der Verstärkung zu erhöhten Gewichtungsfaktoren in der Reifenverschleißberechnung.
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Die zweiten Indikatoren 302b können Informationen bezüglich Reifenschäden umfassen, die zu Reifenluftverlust führen. Diese können durch Reifendrucküberwachung 311 auf der Basis einer Reifenumfangs- und/oder Frequenzanalyse oder direkt durch ein Drucksensorsystem erkannt werden.
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Die Berechnung des Reifenverschleißes kann weiter basierend auf dem integrierten Schlupf bei starken Abbremsmanövern 309 und Beschleunigungsmanövern 310 erfolgen, korreliert mit der Fahrbahnreibung und -rauigkeit 314 sowie einer Gesamtgeschwindigkeit 315 des Fahrzeugs.
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Ein Gewichtsindikator 308 korrigiert die Berechnung zusätzlich zur gewählten Fahrzeugkonfiguration 312, und Reifengröße und -variante 313.
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Gesamtgeschwindigkeit 315 und Raddrehzahl bzw. -schlupf 316 können sowohl zu den ersten Indikatoren 302a (Fehlnutzung, Beschädigung) als auch zu den zweiten Indikatoren 302b (kontinuierliche Abnutzung) beitragen.
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4 zeigt ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Ermitteln eines Verschleißzustandes eines Reifens 110 bis 113.
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In einem ersten Verfahrensschritt S1 werden Sensordaten durch mindestens einen Fahrzeugsensor 103, 108, 109 des Kraftfahrzeugs 101 erzeugt, beispielsweise durch mindestens einen Lenkwinkelsensor 109, einen Inertialsensor 108, einen Raddrehzahlsensor 103, einen Videosensor, einen Lidarsensor und einen Radarsensor.
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In einem zweiten Schritt S2 wird von einer Recheneinrichtung 3 mindestens ein Indikator ermittelt, welcher zu einem verstärkten Verschleiß des Reifens 110 bis 113 beiträgt. Dabei werden die erzeugten Sensordaten sowie ein Modell des Kraftfahrzeugs 101 oder von Komponenten des Kraftfahrzeugs 101 herangezogen. Der mindestens eine Indikator bezieht sich auf mindestens eines von einem Fahrereignis, einem Fahrverhalten, einem Fahrzeugzustand, einer Fahrzeugumgebung und einem Betriebsmodus des Kraftfahrzeugs.
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In einem dritten Schritt S3 wird der Verschleißzustand des Reifens 110 bis 113 des Kraftfahrzeugs 101 durch die Recheneinrichtung 3 unter Berücksichtigung des mindestens einen ermittelten Indikators berechnet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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