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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung einer, insbesondere möglichen, Verzögerungsgröße einer Bremse sowie eine Vorrichtung, ein Fahrzeug, ein Computerprogrammprodukt sowie ein Speichermedium zur Durchführung des Verfahrens.
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Durch die Entwicklung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und die damit verbundene Möglichkeit mittels generatorischen Betrieb der elektrischen Antriebsmaschine eine Bremswirkung auf das Fahrzeug zu erzielen, gibt es Ansätze, konventionelle Dauerbremseinrichtungen, wie z.B. Retarder, einzusparen. Aufgrund der begrenzten Speicherkapazität der entsprechenden elektrischen Energiespeicher und der damit verbundenen begrenzten Rekuperations- und somit Bremsfähigkeit, sind einerseits gesetzliche Vorschriften erlassen worden bzw. im Entstehen, wonach der Fahrer, insbesondere im Nutzfahrzeugbereich, über die Bremsleistungsfähigkeit seines Fahrzeugs informiert werden muss, wobei hier insbesondere auf die mechanische Bremse eingegangen wird. Diese kommt spätestens dann zum Einsatz, wenn keine Dauerbremsfunktion z.B. über den generatorischen Betrieb der elektrischen Antriebsmaschine zur Verfügung steht. Insbesondere ist man daher bestrebt, den Fahrer über die maximal mögliche Verzögerung des Fahrzeugs zu informieren. Jedoch besteht auch unabhängig davon, d.h. auch bei anderen Arten von Straßenfahrzeugen, wie konventionell oder hybridisch angetriebenen Fahrzeugen, das Bedürfnis, die Bremsleistungsfähigkeit möglichst genau bestimmen zu können, um einerseits während einer Fahrsituation reagieren zu können und andererseits auch Wartungsmaßnahmen besser, insbesondere wirtschaftlicher, zu gestalten.
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Heutige Fahrzeuge bieten die Möglichkeit den Verschleiß der Bremsbeläge grob zu ermitteln. So wird der Summenverschleiß bei einer Scheibenbremse, d.h. die Summe des Verschleißes beider Beläge sowie der Scheibe, überwacht. Hierzu kommt entweder ein Potentiometer zum Einsatz, das anspricht sobald der Belagverschleiß entsprechend fortgeschritten ist oder es wird ein kontinuierliches Potentiometer verwendet, dessen Signal auch Rückschlüsse über den Verschleißfortschritt vor dem Komplettverschleiß zulässt. Alternativ kann auch ein Schleifkontakt verwendet werden, dieser schlägt an, wenn er durch Verschleiß freigelegt wurde.
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Es ist denkbar, dass eine Bestimmung einer, insbesondere möglichen, Verzögerungsgröße, beispielsweise eines Bremsmoments oder einer Bremskraft, oder einer möglichen Fahrzeugverzögerung für bestimmte Bremsen am Fahrzeug durchgeführt werden kann, allerdings können weitere Bremsen vorhanden sein, die von dieser Bestimmung ausgeschlossen sind. Beispielsweise wird auf eine relativ aufwändige Bestimmung von Verzögerungsgrößen verzichtet, wenn entsprechende Parameter und/oder Stellgrößen dieser Bremsen nicht bekannt sind oder nicht bestimmt werden können oder wenn die entsprechende Bremse nicht dauerhaft benutzt wird, wie bei einer Liftachse. Ein weiterer Fall hierfür kann die Anordnung der Bremse in einem Anhänger sein.
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Daher ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung eine Möglichkeit aufzuzeigen, auch diese weiteren Bremsen überwachen zu können.
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Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Im Sinne dieser Anmeldung ist unter einer möglichen Größe, wie einer möglichen Stellgröße, einer möglichen Verzögerungsgröße oder einer möglichen Fahrzeugverzögerung, eine Größe zu verstehen, die dem Betrage nach durch das betrachtete System, den betrachteten Aktuator oder dergleichen erreicht werden kann. D.h. es wird damit der aktuell verfügbare Wertebereich bzw. konkret ein bestimmter Wert daraus gemeint, den die entsprechende Größe annehmen kann.
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Im Sinne dieser Anmeldung ist unter einem Anhänger jede mögliche Form eines Anhängers zu verstehen. Insbesondere kann ein Anhänger einen Auflieger oder einen Deichselanhänger umfassen. Ein Zugfahrzeug kann ein Fahrzeug sein, das aus eigener Kraft einen Anhänger ziehen kann. Es kann jedoch auch ein Fahrzeug sein, das seinerseits gezogen wird, wobei es gelichzeitig einen weiteren Anhänger zeihen kann.
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Insbesondere kann es sich dabei um einen Dolly oder einen Anhänger handeln, der dazu ausgebildet ist, mit einem weiteren Anhänger gekoppelt zu werden.
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Erfindungsgemäß ist ein Verfahren zur Bestimmung einer Verzögerungsgröße eines Bremssystems eines Fahrzeugs vorgesehen, wobei das Bremssystem mindestens eine Bremse und mindestens eine weitere Bremse umfasst, wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist:
- - Bereitstellen eines Stellgrößenbetrags einer Stellgröße, die durch das Bremssystem gestellt wird, wobei die mindestens eine Bremse dazu ausgebildet ist, in Reaktion auf den Stellgrößenbetrag dieser Stellgröße eine Verzögerungsgröße zu erzeugen;
- - Bestimmen einer durch das Bremssystem auf das Fahrzeug in Reaktion auf die Stellgröße wirkenden Bremswirkung, die dem Bremssystem aufgeprägt wurde;
- - Bestimmen einer zu dem Stellgrößenbetrag korrespondierenden Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse, die sich aufgrund der Stellgröße einstellt, insbesondere unter Berücksichtigung von Fahrzeugparametern; und
- - Bestimmen einer Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse aus der Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse und der Bremswirkung auf das Fahrzeug, insbesondere unter Berücksichtigung von Fahrzeugparametern.
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Vorzugsweise ist unter Verzögerungsgröße ein Bremsmoment oder eine Bremskraft, die durch die mindestens eine Bremse und/oder die mindestens eine weitere Bremse in Reaktion auf die Stellgröße erzeugt wird, zu verstehen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst somit die Bestimmung einer entsprechenden Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse basierend auf einer Stellgröße, die diese Verzögerungsgröße in der mindestens einen Bremse hervorruft, die also durch die Bremse erzeugt wird. Die Bestimmung basiert vorzugsweise auf Kenntnis der mindestens einen Bremse, d.h. es ist eine Reaktion der mindestens einen Bremse auf die Stellgröße bekannt. Dies kann auch umfassen, dass der aktuelle Zustand der mindestens einen Bremse bekannt ist, beispielsweise auch dann, wenn die Leistungsfähigkeit der mindestens einen Bremse aufgrund von Verschleiß bereits nachgelassen hat. Diese Kenntnis fehlt für die Bestimmung der Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse. Dies kann beispielsweise darin begründet sein, dass aus Kostengründen entsprechende Sensoren zur Erfassung benötigter Parameter, wie einem Aktuatordruck, einer Aktuatorspannung oder eines Aktuatorstroms, eingespart wurden, beispielsweise weil die Bremse nicht bei jeder Bremsung eingesetzt wird oder weil die Bremse nicht permanent mit einem Fahrzeugteil, wie einem abkoppelbaren Anhänger, verbunden ist, in dem die Bestimmung der Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse durchgeführt wird. Daher wird hier über die tatsächliche Bremswirkung, d.h. die letztendliche Fahrzeugreaktion auf die Bremsung bzw. die gestellten Verzögerungsgrößen der Bremsen, indirekt auf die Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse geschlossen.
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Vorzugsweise wird die Bremswirkung mittels bzw. auf Basis einer Fahrzeugverzögerung und/oder mittels bzw. auf Basis einer Fahrzeuggeschwindigkeit bestimmt. Die Fahrzeugverzögerung kann beispielsweise durch einen entsprechenden Beschleunigungssensor erfasst werden. Wird die Fahrzeuggeschwindigkeit betrachtet, so kann insbesondere eine Änderung der Fahrzeuggeschwindigkeit durch das Bremssystem betrachtet werden oder es kann die Fahrzeuggeschwindigkeit als Regelgröße in Betracht gezogen werden, wobei dann insbesondere der benötigte Stellgrößenbetrag betrachtet wird, um die Geschwindigkeit, beispielsweise auf einer Gefällestrecke, konstant zu halten. Die Bremswirkung kann also insbesondere durch eine Fahrzeugverzögerung und/oder durch einen Geschwindigkeitsverlauf des Fahrzeugs beschrieben werden. Insbesondere kann die Bremswirkung mittels Betrachtung der Geschwindigkeit vor und nach der Bremsung, insbesondere der sich daraus ergebenden Geschwindigkeitsdifferenz, bestimmt werden.
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Vorzugsweise weist das Verfahren ferner folgende Schritte auf:
- - Bereitstellen eines Bremssystemmodells, das dazu ausgebildet ist, aus einem eingegebenen Stellgrößenbetrag eine Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse zu bestimmen;
- - Eingeben des Stellgrößenbetrags in das Bremssystemmodell, wobei
das Bestimmen der zu dem Stellgrößenbetrag korrespondierenden Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse durch das Bremssystemmodell erfolgt.
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In diesem Fall wird zum Bestimmen der Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse ein Bremssystemmodell verwendet. Das genutzte Bremssystemmodell ist dazu ausgebildet, das Verhalten der mindestens einen Bremse des Fahrzeugs auf eine tatsächliche Stellgröße mit dem entsprechenden Stellgrößenbetrag abzubilden.
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Es wird somit eine Bestimmung der mit einer bestimmten Stellgröße erreichten Verzögerungsgröße durchgeführt.
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Vorzugsweise wird in einem weiteren Verfahrensschritt eine mögliche Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse basierend auf der zuvor bestimmten Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse und einer möglichen Stellgröße mit einem möglichen Stellgrößenbetrag bestimmt. Durch die bestimmte Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse ist ein Verhalten bzw. eine Reaktion der mindestens einen weiteren Bremse auf eine bestimmte Stellgröße bekannt. Hieraus kann eine mögliche Verzögerungsgröße der mindesten einen weiteren Bremse bestimmt werden, insbesondere durch Extrapolation, wenn eine technisch mögliche Stellgröße mit einem somit technisch möglichen Stellgrößenbetrag angenommen wird. Die mögliche Stellgröße kann bei sämtlichen Bremsen oder nur bei einem Teil der Bremsen, wie der mindestens einen Bremse, gestellt werden.
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Vorzugsweise umfasst der mögliche Stellgrößenbetrag einen maximal möglichen Stellgrößenbetrag. Dies hat den Vorteil, dass so eine maximal mögliche Verzögerungsgröße bestimmt werden kann. D.h. es kann zu jedem Zeitpunkt eine Aussage getroffen werden, wie stark bzw. leistungsfähig die entsprechende weitere Bremse noch bzw. im Moment ist.
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Die mögliche Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse wird somit durch Berücksichtigung einer während des Betriebs stellbaren Stellgröße bestimmt. D.h. ist das Bremssystem während des Betriebs technisch eingeschränkt, beispielsweise, weil ein Aktuator zur Betätigung der Bremse defekt ist, so kann berücksichtigt werden, dass aufgrund der eingeschränkten Stellgröße eine geringere Verzögerungsgröße erreichbar ist. Außerdem kann durch das Bremssystemmodell berücksichtigt werden, welche Verzögerungsgröße durch die mögliche Stellgröße eingestellt werden kann, also welche Verzögerungsgröße erreichbar ist. Wird mit dem Bremssystemmodell eine Verschlechterung des Zustands der Bremse berücksichtig, so kann somit mit dem vorliegenden Verfahren eine mögliche, d.h. eine erreichbare Verzögerungsgröße bestimmt werden. Diese mögliche Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse dient dann als Grundlage zur Bestimmung der möglichen Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse.
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Vorzugsweise umfasst der mögliche Stellgrößenbetrag einen Betrag einer Anpresskraft, einer Zuspannkraft, einer Aktuatorkraft, einen Aktuatordruck, einen Aktuatorstrom und/oder eine Aktuatorspannung. Eine Anpresskraft kann allgemein die Stärke eines Anpressens eines Reibelements an ein entsprechendes Gegenstück beschreiben. Eine Zuspannkraft kann die Stärke des Zuspannens der Bremselemente eines Bremssattels gegen eine Bremsscheibe beschreiben. Eine Aktuatorkraft kann die Kraft eines Aktuators beschreiben, der dazu ausgebildet ist, diese Aktuatorkraft in das Bremssystem einzubringen. Ein solcher Aktuator ist vorzugsweise fluidisch, also insbesondere pneumatisch oder hydraulisch, oder elektromechanisch betätigt. Demzufolge kann auch ein Aktuatordruck, d.h. ein fluidischer Druck, oder ein Aktuatorstrom oder eine Aktuatorspannung als Stellgröße betrachtet werden.
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Das Bremssystem bzw. die mindestens eine Bremse und/oder die mindestens eine weitere Bremse umfasst vorzugsweise eine fluidisch, insbesondere pneumatisch oder hydraulisch, und/oder eine elektromechanisch betätigte Bremse.
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Vorzugsweise umfasst die mindestens eine Bremse und/oder die mindestens eine weitere Bremse des Bremssystems eine Reibbremse. Bei einer Reibbremse kann es sich insbesondere um eine Trommel- oder Scheibenbremse handeln. Durch Bestimmen der Verzögerungsgröße dieser Bremse wird beispielsweise eine Aussage über ein Bremsmoment getroffen, das durch die Bremse erzeugt wird.
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Vorzugsweise umfassen die Fahrzeugparameter, die beim Bestimmen der Verzögerungsgröße, insbesondere der mindestens einen Bremse und/oder der mindestens einen weiteren Bremse, berücksichtigt werden, ein Fahrzeuggewicht, eine Kraftübertragungsfähigkeit zwischen Reifen und Straße, eine Streckensteigung, einen Betriebszustand eines Antriebsstrangs des Fahrzeugs und/oder eine Verfügbarkeit anderer Bremssysteme.
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Generell können ein Fahrzeuggewicht, eine Kraftübertragungsfähigkeit zwischen Reifen und Straße, eine Streckensteigung, ein Betriebszustand eines Antriebsstrangs des Fahrzeugs und/oder die Verfügbarkeit anderer Bremssysteme auch zur Bestimmung anderer Größen durch das Verfahren verwendet werden.
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Ein Fahrzeuggewicht kann beispielsweise ein Leergewicht des Fahrzeugs, eine tatsächliche Zuladung, ein tatsächliches Gewicht und/oder ein maximal zulässiges Gewicht umfassen. Beispielsweise kann ein Gewicht, wie das tatsächliche Gewicht, durch das Fahrzeug selbst, beispielsweise durch Bestimmung des Federwegs im eingefederten Zustand oder durch entsprechende Kraftsensoren bestimmt werden. Zusätzlich oder alternativ kann die Berücksichtigung eines Gewichts jedoch auch mittels einer Schätzung oder Annahme des entsprechenden Gewichts erfolgen. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn an einem Zugfahrzeug ein Anhänger angekoppelt ist und dessen Gewicht lediglich geschätzt oder angenommen, jedoch nicht mittels Messung bestimmt werden kann. Ferner kann vorgesehen sein, dass ein Gewicht mittels Eingabe berücksichtigt wird. Beispielsweise kann eine Person das bekannte Gewicht einer Zuladung des Fahrzeugs als Eingangsgröße für das Verfahren eingeben. Das Fahrzeuggewicht kann auch aus einer zusätzlichen Antriebsleistung bestimmt werden, die nötig ist, um das Fahrzeug zu beschleunigen oder an einer Steigung zu bewegen, insbesondere im Vergleich zum Betrieb des Fahrzeugs mit einem Referenzgewicht, z.B. dem Leergewicht. Auch eine Bremsleistung, insbesondere eine generatorische Bremsleistung, kann verwendet werden, um auf das Fahrzeuggewicht zu schließen. Dabei wird die Bremsleistung vorzugsweise beim Befahren einer Gefällestrecke erfasst. Alternativ oder zusätzlich kann das Fahrzeuggewicht auch anderen Fahrzeugsystemen, wie einem Federungs-, Stabilisierungs- oder Bremssystem (z.B. EBS, ABS, ESP) entnommen werden.
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Eine Kraftübertragungsfähigkeit zwischen Reifen und Straße ist in erster Linie durch den Reibwert zwischen Reifen und Straße charakterisiert. Dieser kann beispielsweise mittels bekannter Verfahren geschätzt oder als konstanter Wert angenommen werden.
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Die Streckensteigung kann beispielsweise aus digitalem Kartenmaterial entnommen werden oder mittels Messung bestimmt werden. Sie kann beispielsweise mit einem Steigungswert oder einem Steigungswinkel berücksichtigt werden. Zur Messung können/kann beispielsweise eine Neigungserfassung des Fahrzeugs und/oder Beschleunigungssensoren des Fahrzeugs zum Einsatz kommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer Steigung, also einer Fahrt bergauf, auch ein niedrigerer Grenzwert zulässig sein kann, da hier trotz einer vergleichsweise als niedrig bestimmten möglichen Verzögerungsgröße die Hangabtriebskraft einen Brems- bzw. Anhaltevorgang unterstützt. Im Gegensatz dazu kann an einem Gefälle ein höherer Grenzwert Verwendung finden, bei der gleichen bestimmten möglichen Verzögerungsgröße. In diesem Fall würde die Hangabtriebskraft einem Brems- bzw. Anhaltevorgang entgegenwirken, so dass das Bremssystem des Fahrzeugs auch die Hangabtriebskraft kompensieren muss.
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Unter einem Betriebszustand des Antriebsstrangs kann beispielsweise eine Übersetzung verstanden werden, mit der der Antriebsstrang betrieben wird. Bei konventionell oder hybridisch angetriebenen Fahrzeugen kann dies die Übersetzung sein, mit der ein Verbrennungsmotor im Schubbetrieb bremsend auf das Fahrzeug wirkt. Bei einem elektrisch angetriebenen Fahrzeug kann statt eines Verbrennungsmotors die generatorisch wirkende elektrische Antriebsmaschine bremsend über die Übersetzung auf das Fahrzeug wirken. Bei einem hybridisch angetriebenen Fahrzeug können auch sowohl Verbrennungsmotor als auch eine elektrisch angetriebene Antriebsmaschine über dieselbe Übersetzung oder unterschiedliche Übersetzungen bremsend wirken. Ferner kann der Betriebszustand die aktuelle Speicherfähigkeit eines elektrischen Energiespeichers umfassen. Wird beispielsweise eine Bremswirkung durch eine elektrische Antriebsmaschine generatorisch erzeugt, so kann die dabei entstehende Energie nur bei ausreichend verfügbarer aktueller Speicherfähigkeit des entsprechenden Energiespeichers darin gespeichert werden. Ist dies nicht möglich, so kann die generatorische Bremse nicht mehr genutzt werden, wenn die entstehende Energie nicht in anderer Weise verbraucht werden kann. In diesem Fall muss der Grenzwert entsprechend abgesenkt werden.
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Schließlich können unter der Verfügbarkeit anderer Bremssysteme Beschädigungen, Abnutzungen aber auch die vorstehend beschriebene Verfügbarkeit einer generatorischen Bremse oder einer Dauerbremse verstanden werden.
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Vorzugsweise ist die mindestens eine weitere Bremse in einem weiteren Fahrzeugteil vorgesehen, der gelenkig mit einem ersten Fahrzeugteil verbunden ist. Der weitere Fahrzeugteil kann dabei einen Anhänger oder einen Auflieger umfassen, der mit dem ersten Fahrzeugteil gekoppelt ist. Der erste Fahrzeugteil kann ein Zugfahrzeug und/oder einen weiteren Anhänger umfassen. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass beide Fahrzeugteile ein gelenkiges Fahrzeug bilden, das nicht entsprechend der Ausbildung mit Anhänger und Zugfahrzeug gekoppelt ist. Darunter fallen z.B. Busse, deren vorderer Abschnitt (erster Fahrzeugteil) und hinterer Abschnitt (weiterer Fahrzeugteil) gelenkig miteinander verbunden sind.
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Vorzugsweise erfolgt zwischen dem ersten und dem weiteren Fahrzeugteil eine Kraftmessung, insbesondere eine Koppelkraftmessung. Dies kann beispielsweise mittels eines Erfassungsmittels, insbesondere mittels eines Kraftsensors, in der Koppelstelle erfolgen, der Schub- und Zugkräfte zwischen beiden Fahrzeugteilen erfasst. Die Information aus der Kraftmessung kann dann verwendet werden, um auf die tatsächliche Verzögerungsgröße der weiteren Bremse zu schließen. Ist der weitere Fahrzeugteil in Fahrtrichtung hinter dem ersten Fahrzeugteil angeordnet und wird bei einer Bremsung beispielsweise eine Schubkraft an der Koppelstelle gemessen, so schiebt der weitere Fahrzeugteil den ersten Fahrzeugteil an. Ist diese Schubkraft höher als beispielsweise ein vorbestimmter Grenzwert bzw. entspricht diese Schubkraft nicht dem erwarteten Verhalten, so kann darauf geschlossen werden, dass die weitere Bremse nicht die Verzögerungsgröße erreicht, die eigentlich der tatsächlich gestellten Stellgröße entspricht. Wird an der Koppelstelle während einer Bremsung eine Zugkraft gemessen, so verzögert der weitere Fahrzeugteil stärker als der erste Fahrzeugteil. Kann aus der bisherigen Betrachtung geschlossen werden, dass die Bremsen zu denen eine mögliche Verzögerungsgröße bestimmt wird, intakt sind, so spricht dies dafür, dass die mindestens eine weitere Bremse eine zu hohe Verzögerungsgröße erzeugt. Diese Information kann jedoch auch dazu genutzt werden, um darauf zu schließen, dass die Bremsen, deren mögliche Verzögerungsgröße bestimmt wird, in schlechtem Zustand sind, so dass sie diese Verzögerungsgröße nicht erreichen.
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Die mindestens eine weitere Bremse ist vorzugsweise an einem Anhänger und/oder einer Liftachse des Fahrzeugs vorgesehen.
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Allgemein kann bei der Durchführung des Verfahrens auch eine Bremskraftverteilung berücksichtigt werden. Ist beispielsweise bekannt, dass bestimmte Bremsen, z.B. die Bremsen vorne am Fahrzeug, eine Stellgröße mit einem höheren Stellgrößenbetrag erfahren, kann deren Belastung durch das Bremssystemmodell berücksichtigt werden und/oder wenn dies nicht möglich ist, kann eine indirekte Belastung durch Kenntnis der Fahrzeugverzögerung bzw. der Bremswirkung und der bekannten Verzögerungsgrößen bestimmt werden.
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Vorzugsweise umfasst das Bremssystemmodell als weitere Eingangsgröße eine Temperatur, insbesondere der Bremse, einen Stellweg und/oder einen Betätigungswinkel. So kann die Verzögerungsgröße der mindesten einen Bremse in Abhängigkeit einer Temperatur, insbesondere einer Temperatur von Reibelementen der mindesten einen Bremse wie z.B. von Bremsbelägen und/oder einer Bremsscheibe, durch das Bremssystemmodell bestimmt werden. Auch durch die Berücksichtigung eines Stellwegs und/oder eines Betätigungswinkels durch das Bremssystemmodell kann die Bestimmung der Verzögerungsgröße verbessert werden und/oder eine Verschleißaussage der mindestens einen Bremse getroffen werden. Verschleißbehaftete Bremsen werden durch translatorisch und/oder rotatorisch wirkende Mechanismen, insbesondere Übersetzungsmechanismen, und/oder Aktuatoren betätigt. Nimmt der Verschleiß zu, ergeben sich dadurch größere Stellwege und/oder Betätigungswinkel. Diese können erfasst werden, wodurch eine Verschleißaussage getroffen werden kann. Weisen die Mechanismen oder Aktuatoren Nachstellvorrichtungen auf, die dazu ausgebildet sind, den Einfluss des Verschleißes auf Stellweg und/oder Betätigungswinkel zumindest teilweise zu egalisieren, ist es auch denkbar, den Verschleiß durch Erfassen dieser Nachstellung, also insbesondere durch den Betrag, um den der Stellweg und/oder der Betätigungswinkel nachgestellt wurde(n), zu bestimmen. Die Berücksichtigung des Stellwegs und/oder des Betätigungswinkels kann auch umfassen, dass berücksichtigt wird dass, wenn der Verschließ derart fortgeschritten ist, dass ein Anschlag berührt wird und/oder dass Stellweg und/oder Betätigungswinkel einen maximal zulässigen Wert annehmen.
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Vorzugsweise weist das Verfahren einen Schritt auf, bei dem ein Abgleich der bestimmten möglichen Verzögerungsgröße mit einem Grenzwert durchgeführt wird. Der Grenzwert kann beispielsweise konstant oder variabel ausgebildet sein. Wird festgestellt, dass die mögliche Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse und/oder der mindestens einen weiteren Bremse den Grenzwert nicht erreicht, so muss daraus geschlossen werden, dass der Zustand, insbesondere der Verschleißzustand, der mindestens einen Bremse und/oder der mindestens einen weiteren Bremse nicht mehr optimal ist. Beispielsweise kann dann eine Wartung der Bremse und/oder der mindestens einen weiteren Bremse vorgesehen werden. Wird eine maximale Verzögerungsgröße mit einer maximal möglichen Stellgröße bestimmt, wobei diese maximale Verzögerungsgröße den entsprechenden Grenzwert nicht erreicht, so stellt dies ein sicherheitskritisches Problem dar, was u.U. auch Gegenmaßnahmen während der Fahrt erfordert. Beispielsweise kann ein Anhalten des Fahrzeugs erzwungen werden.
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Alternativ oder zusätzlich weist das Verfahren einen Schritt auf, bei dem ein Bestimmen einer möglichen Fahrzeugverzögerung aus der bestimmten möglichen Verzögerungsgröße durchgeführt wird. Ferner kann ein Abgleich dieser möglichen Fahrzeugverzögerung mit einem entsprechenden Grenzwert erfolgen. Dieser kann beispielsweise konstant oder variabel ausgebildet sein. Auch hier gelten obige Überlegungen analog. Wird insbesondere festgestellt, dass die maximal mögliche Fahrzeugverzögerung einen Grenzwert unterschreitet, so liegt ein sicherheitskritisches Problem vor, was u.U. auch Gegenmaßnahmen während der Fahrt erfordert. Beispielsweise kann ein Anhalten des Fahrzeugs erzwungen werden.
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Je nach Ergebnis der Auswertung der möglichen Verzögerungsgröße und/oder der möglichen Fahrzeugverzögerung kann auch eine Warnung an den Fahrer ausgegeben werden.
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Vorzugsweise werden/wird der Grenzwert und/oder die mögliche Fahrzeugverzögerung in Abhängigkeit von einem Fahrzeuggewicht, einer Kraftübertragungsfähigkeit zwischen Reifen und Straße, einer Streckensteigung, eines Betriebszustands eines Antriebsstrangs des Fahrzeugs und/oder der Verfügbarkeit anderer Bremssysteme bestimmt.
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Vorzugsweise wird das Bremssystemmodell auf Basis einer Historie von Bremseingriffen der mindestens einen Bremse aktualisiert. Um die Genauigkeit des Bremssystemmodells zu verbessern kann vorgesehen sein, dass bereits durchgeführte Bremseingriffe der mindestens einen Bremse, d.h. Werte zu tatsächlich gestellten Stellgrößen und der daraus resultierenden Bremswirkung, herangezogen werden, um das Bremssystemmodell zu aktualisieren. Insbesondere handelt es sich dabei um vergleichsweise jüngere Bremseingriffe, um der Aktualisierung möglichst den aktuellen Zustand der mindestens einen Bremse zugrunde zu legen. Es kann jedoch zusätzlich oder alternativ vorgesehen sein, insbesondere wenn das Bremssystemmodell genutzt wird, um die maximal mögliche Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse zu bestimmen, dass nur Bremsungen in Betracht gezogen werden, die eine bestimmte Mindeststellgrößenbetrag aufweisen. Vorzugsweise ist vorgesehen, dass das Bremssystemmodell periodisch oder auch permanent aktualisiert wird. Alternativ oder zusätzlich ist vorgesehen, dass eine außerplanmäßige Aktualisierung durchgeführt wird. Diese kann beispielsweise durch den Fahrer erzwungen werden oder durch Änderungen am Fahrzeug ausgelöst werden, wie z.B. bei Änderung der Ladung oder der Fahrzeugkonfiguration, indem z.B. ein Fahrzeugteil getauscht, an- oder abgekoppelt wird.
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Vorzugsweise weist das Bremssystemmodell ein Kennfeld und/oder ein physikalisches Modell der mindestens einen Bremse auf. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass das Bremssystemmodell mit einem Proportionalitätsfaktor, z.B. einem Bremsenkennwert, arbeitet, der eine proportionale Umrechnung von Stellgröße in Verzögerungsgröße erlaubt. Der Proportionalitätsfaktor kann als konstanter Wert angelegt sein, in einem Kennfeld hinterlegt sein oder mittels eines physikalischen Modells berechnet werden. Der Proportionalitätsfaktor kann insbesondere abhängig von folgenden Eingangsgrößen, wie sie weiter oben beschrieben wurden, gestaltet sein:
- - Temperatur, insbesondere der Bremse,
- - Stellweg und/oder
- - Betätigungswinkel.
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Somit ergibt sich vorzugsweise eine Berechnung der Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse nach folgendem Zusammenhang:
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Der Proportionalitätsfaktor kann weitere Parameter beinhalten, wie z.B. ein Übersetzungsverhältnis oder einen Wirkungsgrad zwischen der Stellgröße und der Verzögerungsgröße. Im konkreten Fall der Ausbildung der mindestens einen Bremse als Scheibenbremse kann auch ein mittlerer Reibradius berücksichtigt werden oder bereits im Übersetzungsverhältnis enthalten sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist eine Vorrichtung zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens vorgesehen, aufweisend
- - eine Schnittstelle zum Empfang von Eingangsgrößen;
- - eine Schnittstelle zur Abgabe der, insbesondere möglichen, Verzögerungsgröße der mindestens einen weiteren Bremse und/oder der mindestens einen weiteren Bremse; und
- - eine Datenverarbeitungseinheit, die zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens ausgebildet ist.
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Eine solche Vorrichtung kann beispielsweise als Bremssteuergerät ausgebildet sein, oder einen Teil der Funktionalität eines Bremssteuergeräts stellen. Es kann aber auch vorgesehen sein, dass die Vorrichtung eine übergeordnete eigenständige oder in eine andere Einrichtung integrierte Funktionseinheit zur Bremsüberwachung darstellt.
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Die Datenverarbeitungseinheit umfasst vorzugsweise elektronische Mittel zur Datenverarbeitung.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Fahrzeug zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens vorgesehen, wobei
das Fahrzeug zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens ausgebildet ist und/oder eine vorstehend beschriebene Vorrichtung aufweist, wobei
das Fahrzeug vorzugsweise als Nutzfahrzeug, Lastwagen, Anhänger, Bus und/oder als eine Kombination aus Zugfahrzeug und Anhänger ausgebildet ist, und/oder wobei
das Fahrzeug vorzugsweise als rein elektrisch, hybridisch oder konventionell angetriebenes Fahrzeug ausgebildet ist.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Computerprogrammprodukt mit Programmcode vorgesehen, der so konfiguriert ist, dass wenn er auf einer Datenverarbeitungseinheit, insbesondere einer vorstehend erwähnten Datenverarbeitungseinheit, ausgeführt wird, diese dazu veranlasst, das oben beschriebene Verfahren auszuführen. So ist es vorteilhafterweise möglich, bestehende Vorrichtungen und/oder Fahrzeuge mit Datenverarbeitungseinheiten entsprechend zu befähigen, so dass diese dann das oben beschriebene Verfahren ausführen können.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Speichermedium mit einem vorstehend beschriebenen Computerprogrammprodukt vorgesehen. Auf diese Weise ist es möglich, das Computerprogrammprodukt einfach weiterzugeben, um beispielsweise Vorrichtungen mit Datenverarbeitungseinheiten oder Fahrzeuge entsprechend zu befähigen. Ein entsprechendes Speichermedium umfasst beispielsweise eine CD-ROM, einen Speicherstick, eine Speicherkarte oder aber auch einen Cloud-Speicher von dem das Computerprogrammprodukt heruntergeladen werden kann.
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Sämtliche Merkmale, die oben bei der Beschreibung des Verfahrens verwendet wurden können analog auch auf die weiteren Gegenstände Vorrichtung, Fahrzeug, Computerprogrammprodukt und Speichermedium übertragen werden. Wurde bei der Beschreibung des Verfahrens direkt ein Merkmal dieser Gegenstände erwähnt, so ist dieses als optionales Merkmal des entsprechenden Gegenstands zu verstehen.
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Nachfolgend wir die Erfindung anhand eines bestimmten Ausführungsbeispiels unter Zuhilfenahme der beigefügten Zeichnungen näher erläutert.
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Es zeigen
- 1 einen prinzipiellen Aufbau einer Bremse sowie deren Aktuierung,
- 2 Einflussparameter auf den Bremsvorgang, und
- 3 zeigt eine schematische Draufsicht eines Fahrzeugs.
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1 zeigt einen prinzipiellen Aufbau einer Bremse sowie deren Aktuierung.
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Auf die exakte Darstellung sämtlicher Komponenten wurde hier verzichtet. Die Zeichnung in 1 zeigt lediglich ein Funktionsprinzip.
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Die Bremse 1 ist hier als Reibbremse ausgebildet, die Bremsbeläge 2 und eine um eine Achse A drehbare Bremsscheibe 3 aufweist. Die Bremsbeläge 2 sind in einem Bremssattel 4 vorgesehen, der die Bremsscheibe 3 beidseitig umfasst. Die Bremsbeläge 2 und die Bremsscheibe 3 fungieren als Reibelemente, die miteinander reibend in Kontakt gebracht werden können, um eine Verzögerungsgröße zu erzeugen.
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Ein Aktuator 5 ist zur Aktuierung der Bremse 1 vorgesehen. Dieser weist ein Betätigungselement 6 auf, das translatorisch in der Zeichnung nach links verschoben werden kann.
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Zwischen Aktuator 5 und Bremse 1 ist ein Übersetzungsmechanismus 7 vorgesehen, der einen Betätigungshebel 8 aufweist, der in der Zeichenebene schwenkbar ausgebildet ist. Der Übersetzungsmechanismus 7 steht einerseits mit dem Aktuator 5 in Verbindung, so dass eine Verschiebung des Betätigungselements 6 in den Übersetzungsmechanismus 7 eingebracht wird, wodurch der Betätigungshebel 8 im Gegenuhrzeigersinn geschwenkt wird. Andererseits steht der Übersetzungsmechanismus 7 mit der Bremse 1 in Kontakt, um eine Verschiebung bzw. Kraft, die aus der Verschiebung des Betätigungselementes 6 resultiert, in die Bremse 1 einzubringen, um die Bremsbeläge 2 mit der Bremsscheibe 3 zu kontaktieren, um so die Verzögerungsgröße der Bremse 1 zu erzeugen.
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Im Fall einer Scheibenbremse kann es sich bei der Verzögerungsgröße um ein Bremsmoment handeln, das aus einer Zuspannkraft, also einer Kraft mit der die Bremsbeläge 2 an die Bremsscheibe 3 gepresst werden, und einem mittleren Reibradius ergibt.
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Durch den Übersetzungsmechanismus 7 ist ein Übersetzungsverhältnis gegeben, das die Übersetzung einer Aktuatorkraft bzw. der daraus resultierenden Verschiebung des Betätigungselementes 6 in die Zuspannkraft beschreibt.
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Zur Bestimmung einer mit der Bremse 1 in Reaktion auf eine Stellgröße erzeugbaren bzw. erzeugten Verzögerungsgröße kann daher ein Bremssystemmodell vorgesehen sein, das diese Gegebenheiten berücksichtigt. Dabei ist in bestimmten Ausführungsformen ein Proportionalitätsfaktor vorgesehen, der eine Umsetzung der Stellgröße in die Verzögerungsgröße abbildet. Ist ein Wirkungsgrad, beispielsweise von der gesamten gezeigten Anordnung oder von Teilen davon, bekannt, so kann eine mögliche Bremskraft berechnet werden, indem eine mögliche Stellgröße in das Bremssystemmodell eingegeben wird:
- MB: Verzögerungsgröße
- c*: Proportionalitätsfaktor
- i: Übersetzungsverhältnis
- Fz: Aktuatorkraft (Stellgröße)
- η: Wirkungsgrad
- Rm: mittlerer Reibradius
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Der Aktuator 5 ist hier allgemein gehalten. In manchen Ausführungsformen ist der Aktuator 5 als fluidisch betätigter, insbesondere als pneumatisch oder hydraulisch betätigter, Aktuator ausgebildet. Gemäß anderer Ausführungsformen ist der Aktuator 5 elektrisch betätigt, d.h. eine derart betätigte Bremse 1 ist einem elektromechanischen Bremssystem zuzurechnen. Bei fluidischer Betätigung kann der Aktuator 5 einen Zylinder mit Kolben aufweisen, um mittels Druck das Betätigungselement 6 zu verschieben. Bei elektrischer Betätigung kann der Aktuator 5 einen Linearmotor oder einen rotatorischen Elektromotor aufweisen, wobei dann bevorzugt dessen Drehbewegung in eine translatorische Bewegung mittels entsprechendem Mechanismus umgewandelt wird, um das Betätigungselement 6 zu verschieben.
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Gemäß anderer Ausführungsformen kann der Übersetzungsmechanismus 7 entfallen. Es ist daher auch möglich, dass der Aktuator 5 bzw. dessen Betätigungselement 6 direkt, d.h. ohne Übersetzung, auf die Bremse 1 wirkt und dort ein Anpressen der Reibelemente 2, 3 aneinander verursacht.
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Die Bremse 1 kann schließlich auch auf einem anderen technischen oder physikalischen Prinzip basieren. Denkbar ist beispielsweise eine Trommelbremse, oder eine Reibbremse, die mit einem Reibelement in Kontakt tritt, das gegenüber dem Fahrzeug stillsteht, wie beispielswiese bei einer Magnetschienenbremse.
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Die vorstehend beschriebene Bremse 1 kann im Sinne dieser Anmeldung als die mindestens eine Bremse fungieren, deren Verzögerungsgröße basierend auf einer Stellgröße, beispielsweise mit einem Bremssystemmodell, bestimmt werden kann. Die Bremse 1 kann jedoch auch im Sinne dieser Anmeldung als die mindestens eine weitere Bremse fungieren, deren Verzögerungsgröße wie bei der mindestens einen Bremse bestimmt werden kann, so dass indirekt auf diese Verzögerungsgröße geschlossen werden muss, indem man die Bremswirkung auf das Fahrzeug mitbetrachtet.
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2 zeigt in einer prinzipiellen Darstellung Einflussparameter auf den Bremsvorgang eines Fahrzeugs.
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Es ist ein Fahrzeug 10 gezeigt, das sich auf einer Gefällestrecke bewegt, die den Steigungswinkel 12 aufweist. Dieser kann beispielsweise durch Neigungsmessung oder digitales Kartenmaterial bestimmt werden. Neben einem Neigungswinkel 12 können auch andere geeignete Größen verwendet werden, wie beispielsweise eine Steigungsangabe.
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Das Fahrzeug 10 weist einen Antriebsstrang 11 und Bremsen 1 auf. Die Bremsen 1 können entsprechend der Bremsen aus 1 ausgebildet sein. Der Antriebsstrang 11, der hier nur schematisch abgebildet ist, kann ein konventioneller, hybridischer oder elektrischer Antriebsstrang sein. Beispielsweise beeinflusst der Antriebsstrang 11 die Bremsung durch nicht weiter aufnahmefähige elektrische Energiespeicher, so dass nicht weiter generatorisch gebremst werden kann.
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Ferner ist eine Hangabtriebskraft 13 gezeigt. Diese hängt ab von dem Steigungswinkel 12 und dem Gewicht des Fahrzeugs 10, welches wie oben beschrieben definiert bzw. bestimmt werden kann.
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Entgegen der hangabwärtigen Fahrtrichtung ist die Fahrzeugverzögerung 14 gerichtet. Diese kann durch Kenntnis der möglichen Verzögerungsgröße der Bremse 1 bzw. der Bremsen 1 und Fahrzeugparametern, wie einem Fahrzeuggewicht, bestimmt werden. Ist diese zu gering im Vergleich mit einem Grenzwert, der beispielsweise durch die Gesetzgebung festgelegt ist, müssen geeignete Gegenmaßnahmen, wie eine Warnung, eine Wartung oder auch ein Beenden des Fahrbetriebs ergriffen werden.
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3 zeigt eine schematische Draufsicht eines Fahrzeugs.
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Das Fahrzeug 10 umfasst ein Zugfahrzeug 20 und einen Anhänger 21, die an einer Koppelstelle 22 miteinander verbunden sind, so dass der Anhänger 21 von dem Zugfahrzeug 20 in Fahrtrichtung 19 gezogen werden kann. Das Zugfahrzeug 20 und der Anhänger 21 weisen jeweils mindestens eine Bremse (nicht dargestellt) auf. Das Zugfahrzeug 20 bildet einen ersten Fahrzeugteil, der gelenkig mit einem weiteren Fahrzeugteil, dem Anhänger 21, verbunden ist. Die hier gezeigten Fahrzeugteile sind lösbar miteinander verbunden. Es ist jedoch auch denkbar, dass diese Verbindung nicht lösbar ausgebildet ist, d.h. dass beide Fahrzeugteile nicht als Zugfahrzeug 20 und Anhänger 21 fungieren, sondern beispielsweise ein gelenkig ausgebildetes Fahrzeug, wie einen Gelenkbus, bilden.
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Die Koppelstelle 22 ist dazu ausgebildet, beispielsweise mittels eines Koppelkrafterfassungsmittels, insbesondere mittels eines Koppelkraftsensors, eine Koppelkraft 23 zwischen den Fahrzeugteilen zu ermitteln. Insbesondere kann hier eine Aussage über die Bremswirkung der Fahrzeugteile getroffen werden.
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Wird festgestellt, dass die Koppelkraft 23 während eines Bremsvorgangs auf ein Schieben des hinteren Fahrzeugteils, in diesem Fall des Anhängers 21, schließen lässt, so kann im Vergleich beider Fahrzeugteile auf ein stärkeres Bremsen bzw. eine stärkere Bremswirkung des vorderen Fahrzeugteils geschlossen werden. Wird hingegen festgestellt, dass ein Ziehen an der Koppelstelle 22 einsetzt, so lässt dies auf ein stärkeres Bremsen bzw. eine stärkere Bremswirkung des hinteren Fahrzeugteils schließen.
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Ist es beispielsweise die Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse nur in einem Fahrzeugteil bestimmbar, also nur in dem Zugfahrzeug 20 oder in dem Anhänger 21, so kann aufgrund der Koppelkraft 23 auf die Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse des Fahrzeugteils geschlossen werden, die nicht durch das Bremssystemmodell erfasst werden können, indem die tatsächliche Bremswirkung bei einer Bremsung wie oben beschrieben bestimmt wird und aus der Koppelkraft 23 bei bekannter Stellgröße bzw. bekanntem Stellgrößenbetrag auf die Verzögerungsgröße der mindestens einen Bremse dieses Fahrzeugteils geschlossen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bremse
- 2
- Bremsbeläge
- 3
- Bremsscheibe
- 4
- Bremssattel
- 5
- Aktuator
- 6
- Betätigungselement
- 7
- Übersetzungsmechanismus
- 8
- Betätigungshebel
- 9
- Betätigungswinkel
- 10
- Fahrzeug
- 11
- Antriebsstrang
- 12
- Steigungswinkel
- 13
- Hangabtriebskraft
- 14
- Fahrzeugverzögerung
- 19
- Fahrtrichtung
- 20
- Zugfahrzeug
- 21
- Anhänger
- 22
- Koppelstelle
- 23
- Koppelkraft
- A
- Achse