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TECHNISCHES GEBIET
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Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der Fahrzeugtechnik. Insbesondere betrifft die Erfindung eine Bewegungssensorik für ein Fahrzeug, welche auf einem elektroaktiven Verbundmaterial (Engl.: Electro-active Composite Material, EAC) basiert.
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TECHNISCHER HINTERGRUND
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In moderner Fahrzeugtechnik werden komplexe Systeme wie Getriebe gefertigt. Derartige Systeme werden in ihren Anwendungen, bei denen das Fahrzeug sich mit hohen Geschwindigkeiten bewegt, unter großen Lenkeinschlagwinkeln gesteuert oder unter Wirkung hoher Bremskräfte zum Stillstand kommt, zum Teil extremen kinematischen Bedingungen ausgesetzt. Um die Sicherheit der Fahrzeuginsassen bzw. der im Fahrzeug befindlichen Güter zu gewährleisten, ist es wünschenswert, den Zustand solcher Systeme zu überprüfen bzw. laufend zu überwachen.
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Aus dem Stand der Technik sind verschiedene Lösungsansätze bekannt, die dazu dienen, die Zustandsüberprüfung bzw. -Überwachung auf zuverlässige Weise durchzuführen.
US 2018 169702 A1 offenbart beispielsweise einen Vibrationssensor mittels eines linearen resonanten Aktuators (LRA).
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Allerdings ist der aus dem Stand der Technik bekannte Vibrationssensor in vielerlei Hinsichten nachteilig. Ein wesentlicher Nachteil der bekannten Sensortechnologie ist das limitierte Frequenzspektrum, aufgrund dessen sich viele wertvolle Informationen nicht oder zumindest nicht mit überschaubarem Aufwand gewinnen lassen. Derartige Informationen sind jedoch essentiell um nützliche Aussagen über den Zustand des untersuchten Fahrzeugbauteils zu treffen.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zu Grunde, Zustandsuntersuchungen eines komplexen Systems für ein Fahrzeug, etwa ein Getriebe, weniger aufwändig und zugleich präziser durchzuführen.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren, eine Vorrichtung, ein System, ein Computer-Programm-Produkt, ein computerlesbares Speichermedium sowie ein Datenträgersignal gemäß den unabhängigen Ansprüchen.
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Die Sensoreinrichtung ist an einer Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente angebracht und weist ein elektroaktives Verbundmaterial auf. Das elektroaktive Verbundmaterial umfasst beispielsweise ein ferroelektrisches Material, etwa eine ferroelektrische Keramik. Alternativ oder zusätzlich kann das elektroaktive Verbundmaterial ein Polymermaterial umfassen. Vorzugsweise handelt es sich um ein kombiniertes Material aus einer ferroelektrischen Keramik und einem Polymer. Das Verbundmaterial kombiniert somit dielektrische und piezoelektrische Eigenschaften der ferroelektrischen Keramik einerseits und mechanische Flexibilität und Biegsamkeit des Polymers andererseits.
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Das elektroaktive Verbundmaterial kann zu einer Dünnschicht verarbeitet werden, um die Sensoreinrichtung zu bilden. Dies erhöht die mechanische Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Sensoreinrichtung. Die schichtförmige Sensoreinrichtung kann auf einfache Weise auf eine Oberfläche, beispielsweise eines Getriebegehäuses, eines Zahnrads, eines Lenkrads usw. angebracht bzw. aufgebracht/aufgeklebt werden.
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Nach dem Anbringen bzw. Auftragen der Sensoreinrichtung wird diese betrieben, um ein EAC-Sensorsignal zu erzeugen. Das EAC-Sensorsignal wird durch eine Bewegungscharakteristik der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente induziert. Die Bewegungscharakteristik kann eine Verschiebung, eine Verbiegung und/oder eine Deformation aufweisen.
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Anschließend wird das EAC-Sensorsignal ausgewertet, um eine erste Vibrationsfrequenz und eine zweite Vibrationsfrequenz der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente zu extrahieren. Die erste Vibrationsfrequenz liegt in einem Hochfrequenzbereich von 10 kHz bis 1 MHz, wobei die zweite Vibrationsfrequenz in einem Niederfrequenzbereich unterhalb 10 kHz liegt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung und/oder das erfindungsgemäße System kann an der zu untersuchenden Fahrzeugkomponente, am Fahrzeug allgemein, oder alternativ außerhalb des Fahrzeugs (beispielsweise im Rahmen einer zentralen Fahrzeug(komponenten)überwachungseinrichtung in einem Parkhaus oder einer Produktionswerkstatt) angeordnet sein.
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Erfindungsgemäß wird daher eine besonders vorteilhafte Zustandsüberwachung von Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten ermöglicht, bei der ein breitbandiges Frequenzspektrum messtechnisch mittels einer einzigen Sensoreinrichtung zugänglich ist. Somit ist der kinematische Zustand der Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten sowohl während der Entwicklungs- /Herstellungsphase als auch später im Betrieb auf einfache und zugleich präzise Weise ermittelbar und laufend verfolgbar. Aus den Zustandsdaten der überwachten Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten können wertvolle Aussagen über die Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten selbst sowie die in diesen befindlichen Insassen bzw. Güter getroffen werden. Dies begünstigt eine Anwendung der EAC-Sensortechnologie auf dem Gebiet des Internets der Dinge (Engl.: Internet of Things, IoT).
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Sensoreinrichtung derart betrieben, um die erste Vibrationsfrequenz und die zweite Vibrationsfrequenz gleichzeitig zu erfassen.
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Dies bedeutet, dass die Sensoreinrichtung einen einzigen Satz von Sensordaten erzeugt, aus denen die erste und zweite Vibrationsfrequenz der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente mit gleichen bzw. sich überschneidenden Messzeiten hervorgehen. Auf diese Weise kann das breitbandige Frequenzspektrum messtechnisch mit erhöhter Effizienz „in einem Schlag“ untersucht werden. Der kinematische Zustand der Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten ist mit reduziertem Aufwand umfassend ermittelbar.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform weist die Sensoreinrichtung ein einziges Sensorelement umfasst, das eine Dünnschicht aus dem elektroaktiven Verbundmaterial auf.
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Im Rahmen dieser Erfindung ist unter einem einzigen Sensorelement ein räumlich und/oder datentechnisch (z.B. von anderen Sensorelementen) separiertes Sensorstück in Form einer Dünnschicht zu verstehen. Diese Maßnahme erlaubt es, den Aufwand zum Gewinnen von kinematischen Zustandsdaten der Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten weiter zu reduzieren.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform ist die Sensoreinrichtung auf einer Oberfläche der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente flächig aufgetragen.
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Diese Maßnahme erlaubt eine Anpassung des flächigen Formverlaufs der Sensoreinrichtung an die Oberfläche der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente. Die Bewegungscharakteristik der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente wird dadurch mit reduziertem Informationsverlust an die Sensoreinrichtung übertragen und ist somit durch Auswertung der Sensordaten bzw. des EAC-Sensorsignals mit erhöhter Vollständigkeit ermittelbar.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird die Sensoreinrichtung derart betrieben, um die erste Vibrationsfrequenz und die zweite Vibrationsfrequenz an derselben Messstelle der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente zu erfassen.
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Dies bedeutet, dass die Sensoreinrichtung einen einzigen Satz von Sensordaten erzeugt, aus denen die erste und zweite Vibrationsfrequenz der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente mit gleichen bzw. sich überschneidenden Messpositionen hervorgehen. Der kinematische Zustand der Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten ist mit weiter reduziertem Aufwand umfassend ermittelbar.
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Das erfindungsgemäße Computerprogrammprodukt ist ausgeführt, in einen Speicher eines Computers geladen zu werden und umfasst Softwarecodeabschnitte, mit denen die Verfahrensschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgeführt werden, wenn das Computerprogrammprodukt auf dem Computer läuft.
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Ein Programm gehört zur Software eines Daten verarbeitenden Systems, zum Beispiel einer Auswerteeinrichtung oder einem Computer. Software ist ein Sammelbegriff für Programme und zugehörigen Daten. Das Komplement zu Software ist Hardware. Hardware bezeichnet die mechanische und elektronische Ausrichtung eines Daten verarbeitenden Systems. Ein Computer ist eine Auswerteeinrichtung.
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Computerprogrammprodukte umfassen in der Regel eine Folge von Befehlen, durch die die Hardware bei geladenem Programm veranlasst wird, ein bestimmtes Verfahren durchzuführen, das zu einem bestimmten Ergebnis führt. Wenn das betreffende Programm auf einem Computer zum Einsatz kommt, ruft das Computerprogrammprodukt den oben beschriebenen erfinderischen technischen Effekt hervor.
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Das erfindungsgemäße Computerprogrammprodukt ist Plattform unabhängig. Das heißt, es kann auf jeder beliebigen Rechenplattform ausgeführt werden. Bevorzugt wird das Computerprogrammprodukt auf einer erfindungsgemäßen Auswertevorrichtung zum Erfassen des Umfelds des Fahrzeugs ausgeführt.
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Die Softwarecodeabschnitte sind in einer beliebigen Programmiersprache geschrieben, zum Beispiel in C, C++, Python, Java, Matlab oder LabView.
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Das computerlesbare Speichermedium ist beispielsweise ein elektronisches, magnetisches, optisches oder magneto-optisches Speichermedium.
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Das Datenträgersignal ist ein Signal, welches das Computer-Programm-Produkt von einem Speichermedium, auf dem das Computer-Programm-Produkt gespeichert ist, auf eine andere Entität, beispielsweise ein anderes Speichermedium, einen Server, ein Cloud-System oder eine Daten verarbeitende Einrichtung, überträgt.
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Ausführungsformen werden nun beispielhaft und unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur Zustandsüberwachung einer Fahrzeugkomponente gemäß einem Ausführungsbeispiel;
- 2 eine weitere schematische Darstellung der Sensoreinrichtung, die an einer Oberfläche der Fahrzeugkomponente flächig aufgetragen ist; und
- 3 eine schematische Darstellung eines Verfahrens zur Zustandsüberwachung einer Fahrzeugkomponente gemäß einem Ausführungsbeispiel.
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In den Figuren beziehen sich gleiche Bezugszeichen auf gleiche oder funktionsähnliche Bezugsteile. In den einzelnen Figuren sind die jeweils relevanten Bezugsteile gekennzeichnet.
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer Vorrichtung 30 zur Zustandsüberwachung einer Fahrzeugkomponente 20. Die Vorrichtung 30 umfasst einen Signaleingang 32, eine Auswerteeinheit 34 und eine Ausgabeschnittstelle 36. Über den Signaleingang 32 wird ein Sensorsignal, welches von einer Sensoreinrichtung 10 beim Erfassen eines Zustands der Fahrzeugkomponente 20 erzeugt ist, erhalten. Die Auswerteeinheit 32 extrahiert basierend auf der Auswertung des Sensorsignals eine erste Vibrationsfrequenz und eine zweite Vibrationsfrequenz der Fahrzeug- und/oder Industrieanlagenkomponente. Die erste Vibrationsfrequenz liegt in einem Hochfrequenzbereich von 10 kHz bis 1 MHz, wobei die zweite Vibrationsfrequenz in einem Niederfrequenzbereich unterhalb 10 kHz liegt. Über die Ausgabeschnittstelle 36 wird die erste Vibrationsfrequenz und/oder zweite Vibrationsfrequenz an eine externe Entität 50, etwa eine Datenbank, ein Cloud-System, ein Blockchainsystem und/oder eine Fahrzeug- bzw. Anlagendiagnostiziervorrichtung, ausgegeben.
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2 zeigt eine weitere schematische Darstellung der Sensoreinrichtung 10 aus 1. Die Sensoreinrichtung 10 weist ein elektroaktives Verbundmaterial auf. Außerdem ist die Sensoreinrichtung 10, die aus einem einzigen Dünnschichtelement besteht, an der Fahrzeugkomponente 20 angebracht. Wie in 2 beispielhaft gezeigt, ist die Sensoreinrichtung 10 an einer Oberfläche 22 der Fahrzeugkomponente 20 flächig aufgetragen. Die Fahrzeugkomponente 20 kann ein Getriebe, eine Bremse oder ein Parksperrensystem sein. Die Oberfläche 22 ist beispielsweise eine Oberfläche eines Gehäuses des Getriebes, der Bremse bzw. des Parksperrensystems. Auf diese Weise können Bewegungscharakteristiken der Fahrzeugkomponente 20 weitestgehend ohne Informationsverlust auf die Sensoreinrichtung 10 übertragen werden und sind somit mittels Auswertung des Sensorsignals extrahierbar. Auf diese Weise können die erste und zweite Vibrationsfrequenz mittels eines einzigen Sensorelements (in Form eines Dünnschichtelements, wie in 2 beispielhaft dargestellt) gleichzeitig und an derselben Position der Fahrzeugkomponente 20 ermittelt werden.
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3 zeigt eine schematische Darstellung eines Verfahrens zur Zustandsüberwachung der Fahrzeugkomponente 20. In einem Verfahrensschritt S1 wird die Sensoreinrichtung 10 an einer Oberfläche 22 der Fahrzeugkomponente 20 angebracht. In einem weiteren Verfahrensschritt S2 wird die Sensoreinrichtung 10 derart betrieben, um ein Sensorsignal zu erzeugen, welches durch eine Bewegungscharakteristik der Fahrzeugkomponente 20 induziert ist. In einem weiteren Verfahrensschritt S3 wird das Sensorsignal ausgewertet, um eine erste Vibrationsfrequenz und eine zweite Vibrationsfrequenz der Fahrzeugkomponente 20 zu extrahieren. Die erste Vibrationsfrequenz liegt in einem Hochfrequenzbereich von 10 kHz bis 1 MHz, wobei die zweite Vibrationsfrequenz in einem Niederfrequenzbereich unterhalb 10 kHz liegt. In einem weiteren Verfahrensschritt S4 wird die erste und/oder zweite Vibrationsfrequenz an eine externe Entität 50 (s. 1) ausgegeben.
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Die Sensoreinrichtung ist dazu in der Lage, jeden beliebigen Wert des Hochfrequenzbereichs und des Niederfrequenzbereichs beim Erfassen von Bewegungscharakteristiken der Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponente 20 zu detektieren.
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Erfindungsgemäß wird daher eine besonders vorteilhafte Zustandsüberwachung von Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten 20 ermöglicht, bei der ein breitbandiges Frequenzspektrum messtechnisch mittels einer einzigen Sensoreinrichtung 10 zugänglich ist. Somit ist der kinematische Zustand der Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten 20 sowohl während der Entwicklungs-/Herstellungsphase als auch später im Betrieb auf einfache und zugleich präzise Weise ermittelbar und laufend verfolgbar. Aus den Zustandsdaten der überwachten Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten 20 können wertvolle Aussagen über die Fahrzeug- bzw. Industrieanlagenkomponenten 20 selbst sowie die in diesen befindlichen Insassen bzw. Güter getroffen werden. Dies begünstigt eine Anwendung der EAC-Sensortechnologie auf dem Gebiet des Internets der Dinge (Engl.: Internet of Things, IoT).
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Sensoreinrichtung
- 20
- Fahrzeugkomponente
- 22
- Oberfläche
- 30
- Vorrichtung
- 32
- Signaleingang
- 34
- Auswerteeinheit
- 36
- Ausgabeschnittstelle
- 40
- System
- 50
- externe Entität
- S1-S4
- Verfahrensschritte
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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