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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer wässrigen Lösung von unkomplexierten Cyanidionen. Außerdem betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Gewinnung von Gold und/oder Silber und/oder mindestens einem Platinmetall.
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Stand der Technik
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Gold, Silber und Platinmetalle sind essenzielle Rohstoffe. Ihre Gewinnung aus Erzen kann hydrometallurgisch erfolgen. Dabei werden die zu gewinnenden Metalle durch Komplexbildung in eine wässrige Lösung gebracht. Ein Beispiel für ein solches Verfahren ist das alkalische Cyanidlaugen zur Goldgewinnung. Hierfür wird eine alkalische Lösung von unkomplexierten Cyanidionen benötigt, die erhalten wird, indem Natriumcyanid oder Kaliumcyanid in Wasser gelöst wird. Der Transport und die Lagerung dieser Alkalicyanide sind sehr gefährlich, da diese sehr giftig sind. Gelangen sie mit einer Säure in Kontakt, so kommt es zudem zur Freisetzung von sehr giftiger gasförmiger Blausäure. Bereits in der Umwelt vorkommende Säuren können ausreichen, um aus einem undichten Behälter mit Alkalicyanidsalz oder Alkalicyanidlösung gasförmige Blausäure freizusetzen.
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Die
WO 2016/168933 A1 beschreibt eine andere hydrometallurgische Methode zur Goldgewinnung aus Erzen. Dabei wird das Erz in Acetonitril eingebracht, welches weiterhin Salzsäure und Wasserstoffperoxid als Oxidationsmittel enthält. Dabei wird oxidativ Tetrachlorogold(III)-Säure gebildet. Metallisches Gold kann anschließend ähnlich wie bei der Cyanidlaugerei aus der Lösung ausgefällt werden, indem der Tetrachlorogold(III)-Säure ein Reduktionsmittel hinzugefügt wird.
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Die
WO 2020/177880 A1 beschreibt ebenfalls ein Verfahren, in dem Gold aus Erzen in Lösung gebracht wird und in dem Acetonitril verwendet wird. Dieses dient allerdings nicht als Lösungsmittel, sondern als Reaktionspartner für Hydroxylradikale. Diese können aus Ozon oder Wasserstoffperoxid generiert werden. Die Hydroxylradikale reagieren mit Acetonitril unter Bildung von Methanol und Cyanoradikalen, welche metallisches Gold zu Gold(I)-Cyanid oxidieren. Das Gold(I)-Cyanid wird in Lösung entweder durch die Cyanogruppen von nicht abreagiertem Acetonitril stabilisiert oder bildet mit weiteren Cyanidionen, die in einer Nebenreaktion zwischen Acetonitril und dem Oxidationsmittel entstehen können, Dicyanoaurat(I)-Komplexe. Dadurch sind alle Cyanidionen in der Lösung in Metallkomplexen gebunden, was eine sichere Handhabung der Lösung ermöglicht.
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Offenbarung der Erfindung
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Das Verfahren zur Herstellung einer wässrigen Lösung von unkomplexierten Cyanidionen sieht vor, dass mindestens ein gasförmiges Oxidationsmittel in eine wässrige Lösung eines Nitrils eingeleitet wird. Die wässrige Lösung weist einen pH-Wert von mindestens 13, vorzugsweise von 14 auf. Während das Verfahren gemäß der
WO 2020/177880 A1 lediglich die Erzeugung komplexierter Cyanidionen in Gegenwart eines Metalls ermöglicht, bietet das vorliegende Verfahren die Möglichkeit, eine metallfreie wässrige Cyanidlösung bereitzustellen. Diese Cyanidlösung kann anschließend zur Edelmetallgewinnung beispielsweise in der Cyanidlaugerei verwendet werden. Im Gegensatz zum herkömmlichen Vorgehen bei der Cyanidlaugerei, das es erfordert, eine wässrige Cyanidlösung aus gefährlichen Ausgangsverbindungen wie Kaliumcyanid oder Natriumcyanid herzustellen, kann mittels des hier beschriebenen Verfahrens eine wässrige Cyanidlösung aus einem wesentlich ungefährlicheren Nitril hergestellt werden.
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Als Oxidationsmittel wird vorzugsweise Ozon verwendet. Ozon hat den Vorteil, dass es vor Ort mittels eines Ozonisators aus Umgebungsluft hergestellt werden kann, sodass sich auch der Antransport eines gefährlichen Oxidationsmittels erübrigt.
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Das Nitril ist bevorzugt kovalent gebunden. Alternativ oder zusätzlich ist das Nitril in organischen Molekülen enthalten.
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Das Nitril ist vorzugsweise aus der Gruppe ausgewählt, die aus Acetonitril, einem Cyanacetat, Isobutyronitril und Propionitril besteht. Dabei ist Acetonitril besonders bevorzugt. Diese Nitrile sind gut zu handhaben, weisen eine für das Verfahren hinreichend hohe Löslichkeit in Wasser auf und können insbesondere unter Verwendung von Ozon einfach unter Bildung von Cyanidionen oxidiert werden.
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Um den für das Verfahren erforderlichen hohen pH-Wert einzustellen, enthält die wässrige Lösung bevorzugt mindestens ein Alkalihydroxid, besonders bevorzugt Natriumhydroxid und/oder Kaliumhydroxid. Die Konzentration des Alkalihydroxids in der wässrigen Lösung liegt insbesondere im Bereich von 0,1 mol/l bis 1,0 mol/l. Alkalihydroxide ermöglichen als starke Basen, eine einfache Einstellung des gewünschten hohen pH-Werts und sie enthalten auch keine Bestandteile, die unerwünschte Nebenreaktion eingehen könnten.
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Die mittels des Verfahrens erhaltene wässrige Lösung von unkomplexierten Cyanidionen kann in einem Verfahren zur Gewinnung von Gold und/oder Silber und/oder mindestens einem Platinmetall verwendet werden. Unter Platinmetallen (platinum group metals; PGM) werden dabei die leichten Platinmetalle Ruthenium, Rhodium und Palladium und die schweren Platinmetalle Iridium und Platin verstanden. Die wässrige Lösung von unkomplexierten Cyanidionen wird mittels des Verfahrens hergestellt und mindestens ein Ausgangsmaterial, welches Gold und/oder Silber und/oder mindestens ein Platinmetall enthält, wird in die wässrige Lösung eingebracht. Das Ausgangsmaterial ist hierbei bevorzugt derart ausgebildet, dass das Gold und/oder Silber und/oder mindestens eine Platinmetall als Feststoff in diesem enthalten ist und von der wässrigen Lösung kontaktierbar ist. Denkbar ist jedoch auch, dass das Gold und/oder Silber und/oder mindestens eine Platinmetall in dem Ausgangsmaterial in Ionenform gebunden ist und von der wässrigen Lösung kontaktierbar ist. Bei dem Ausgangsmaterial handelt es sich insbesondere um ein Erz. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass die Lösung unkomplexierter Cyanidionen erst unmittelbar vor dem in Kontakt bringen mit dem Ausgangsmaterial erzeugt wird und aufgrund des verwendeten Herstellungsverfahrens bereits einen so hohen pH-Wert aufweist, dass keine Gefahr eines Ausgasens von sehr giftiger Blausäure besteht, selbst wenn die Lösung beispielsweise Kohlendioxid aus der Luft absorbiert, welches mit dem darin enthaltenen Wasser zu Kohlensäure reagieren könnte. Schließlich werden für die Herstellung der wässrigen Lösung keine gefährlichen Alkalicyanide benötigt.
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In einem Ausführungsbeispiel des Verfahrens wird vor dem Einbringen des Ausgangsmaterials bis die Konzentration der unkomplexierten Cyanidionen in der wässrigen Lösung ein Maximum erreicht hat. Ein solches Maximum wird dann erreicht, wenn eine Oxidation von Cyanidionen durch das Oxidationsmittel gegenüber der Bildung neuer Cyanidionen vorherrschend wird und eine weitere Einleitung des Oxidationsmittels deshalb zu einer Absenkung der Konzentration der unkomplexierten Cyanidionen führen würde. Eventuelle gasförmige Reaktionsprodukte der Reaktion zwischen dem Nitril und dem Oxidationsmittel, wie Methan im Falle einer Reaktion zwischen Acetonitril und einem Oxidationsmittel, können anschließend aus der Lösung ausgetrieben werden. Dasselbe gilt für nicht umgesetzte Reste des gasförmigen Oxidationsmittels. Das Ausgangsmaterial wird damit einer alkalischen Cyanidlösung ausgesetzt, die neben Wasser, Cyanidionen und Hydroxidionen lediglich Reste des Nitrils und die Gegenkationen des Hydroxids enthält, welches zum Einstellen des pH-Wertes der Lösung verwendet wurde. Bei Verwendung von Natriumhydroxid oder Kaliumhydroxid sind diese mit Natriumkationen beziehungsweise Kaliumkationen dieselben Gegenkationen, die auch in einer alkalischen Lösung von Natriumcyanid oder Kaliumcyanid in Wasser enthalten sind, sodass in dem Verfahren dieselben Reaktionsparameter angewandt werden können, die beispielsweise auch bei der herkömmlichen Cyanidlaugerei angewandt werden.
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In einer anderen Ausführungsform des Verfahrens wird vor dem Einbringen des Ausgangsmaterials nur ein kleinerer Teil des Nitrils zu Cyanidionen umgesetzt.
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Dies wird fortgesetzt, bis die Konzentration der unkomplexierten Cyanidionen in der wässrigen Lösung einen vorgegebenen Wert erreicht hat. Dann wird das Einleiten des gasförmigen Oxidationsmittels beendet und anschließend das Ausgangsmaterial eingebracht. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass mit einem Überschuss an Cyanidionen gearbeitet wird, sodass nach Auflösung des gesamten im Ausgangsmaterial enthaltenden Golds und/oder Silbers und/oder Platinmetalls noch toxische Cyanidionen in der Lösung verbleiben.
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In dieser Ausführungsform des Verfahrens ist es weiterhin bevorzugt, dass erneut ein gasförmiges Oxidationsmittel in die wässrige Lösung eingeleitet wird, wenn die Konzentration der unkomplexierten Cyanidionen in der wässrigen Lösung den vorgegebenen Wert unterschreitet. Sobald der vorgegebene Wert wieder erreicht wurde, kann das Einleiten des gasförmigen Oxidationsmittels erneut unterbrochen werden. Auf diese Weise ist es möglich, die Konzentration der unkomplexierten Cyanidionen stets auf einem für die Gewinnung des Golds und/oder Silbers und/oder Platinmetalls optimalen Wert zu erhalten.
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Weiterhin ist es bevorzugt, dass das Einbringen des Ausgangsmaterials in die wässrige Lösung und das Einleiten des gasförmigen Oxidationsmittels an unterschiedlichen Positionen in einem Reaktor erfolgen. Dadurch wird verhindert, dass das gasförmige Oxidationsmittel mit dem Ausgangsmaterial in Kontakt gelangt, wodurch unerwünschte Nebenreaktionen auftreten könnten. Die wässrige Lösung kann beispielsweise zwischen der Einleiteposition des gasförmigen Oxidationsmittels und dem Ausgangsmaterial in einem Kreislauf geführt werden, um diese Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zu realisieren.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
- 1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines ersten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens.
- 2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines zweiten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens.
- 3 zeigt schematisch einen Reaktor, in dem ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens durchgeführt werden kann.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung
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Der Ablauf eines ersten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens ist in 1 dargestellt. Zunächst erfolgt eine Herstellung 10 von Acetonitril, die gemäß Formel 1 aus Kohlenmonoxid, Ammoniak und Wasserstoff erfolgen kann: 2 CO + NH3 + 2 H2 → CH3CN + 2 H2O (Formel 1)
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Das im Vergleich zu Alkalicyaniden ungefährliche Acetonitril wird anschließend an eine Förderstätte transportiert 11. Um an dieser Förderstätte aus einem Golderz Gold zu gewinnen, erfolgt zunächst eine Herstellung einer wässrigen Lösung von unkomplexierten Cyanidionen, indem Ozon in eine wässrige Lösung des Acetonitrils eingeleitet wird 12. Diese wässrige Lösung enthält im vorliegenden Ausführungsbeispiel 3,0 g/l Acetonitril und 1,0 mol/l Natriumhydroxid. Die Einleitung des Ozons wird fortgesetzt, bis die Konzentration der Cyanidionen bei einem Wert von 1,3 g/l ein Maximum erreicht hat 13. Diese Umsetzung erfolgt gemäß Formel 2. Die neben den Cyanidionen entstehenden Reaktionsprodukte Methan und Sauerstoff, verlassen zusammen mit überschüssigem Ozon die Lösung, indem sie aus dieser ausgasen. CH3CN + O3 + OH- → CN- + CH4 + 2 O2 (Formel 2)
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Schließlich erfolgt ein Einbringen des Erzes als Ausgangsmaterial in die wässrige Lösung 14. Die wässrige Lösung wird dabei durchlüftet, sodass gemäß Formel 3 in Gegenwart der Cyanidionen eine Oxidation des im Erz enthaltenen metallischen Goldes zu Gold(I) erfolgt, welches als Dicyanogold(I)-Komplex in Lösung geht. 4 Au + O2 + 8 CN- + 2 H2O → 4 [Au(CN)2]- + 4 OH- (Formel 3)
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Nachdem das gesamte Gold aus dem Erz herausgelöst wurde, kann gemäß Formel 4 durch Zugabe von Zinkstaub metallisches Gold aus der wässrigen Lösung ausgefällt werden, nachdem diese von dem ausgelaugten Erz abgetrennt wurde: 2 [Au(CN)2]- + Zn → [Zn(CN)4]2- + 2 Au (Formel 4)
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Das Gold scheidet sich dabei als Schlamm ab, der abfiltriert und zu Rohgold verschmolzen werden kann.
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In einem anderen Ausführungsbeispiel der Erfindung, das in 2 dargestellt ist, werden die Schritte 10 bis 12 in derselben Weise wie im ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung durchgeführt. Allerdings wird die Einleitung des Ozons nicht fortgesetzt, bis eine maximale Konzentration von Cyanidionen erreicht wurde. Stattdessen erfolgt lediglich eine Umsetzung 21 bis eine vorgegebene Cyanidionenkonzentration von beispielsweise 0,1 g/l erreicht wurde. Diese kann mittels eines Cyanid-Sensors ermittelt werden. Nach Erreichen der vorgegebenen Cyanidionenkonzentration wird die Einleitung von Ozon unterbrochen und es erfolgt das Einbringen 14 des Erzes in die wässrige Lösung, die nun die vorgegebene Cyanidionenkonzentration aufweist.
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Dies erfolgt in einem Reaktor 30, wie er in 3 dargestellt ist. Dieser weist einen ersten Behälter 31 auf, in dem die wässrige Lösung 40 mit dem Ozon 50 behandelt wird. Durch eine erste Zirkulationsleitung 32 ist er mit einem zweiten Behälter 33 verbunden, aus dem die wässrige Lösung 40 durch eine zweite Zirkulationsleitung 34 in den ersten Behälter 31 zurückgeleitet wird. Das Ausgangsmaterial 60 wird in den zweiten Behälter 33 eingebracht. Während die Cyanidionenkonzentration in beiden Behältern 31, 33 zunächst gleich ist, sinkt sie nach Einbringen des Ausgangsmaterials 60 in den zweiten Behälter 33 in diesem ab. Durch die Zirkulation der wässrigen Lösung wird die an Cyanidionen verarmte wässrige Lösung 40 durch die zweite Zirkulationsleitung 34 allerdings in den ersten Behälter 31 zurückgeleitet und aus diesem mittels der ersten Zirkulationsleitung 32 durch frische wässrige Lösung 40 ersetzt.
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Im ersten Behälter 31 wird durch den nicht dargestellten Cyanid-Sensor das Absinken der Cyanidionenkonzentration unter den vorgegebenen Wert erkannt und die Einleitung des Ozons als gasförmiges Oxidationsmittel 50 wird wieder gestartet. Abweichend vom Verfahrensablauf im ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung folgt daher auf das Einbringen 14 des Ausgangsmaterials die Rezirkulation 22 von wässriger Lösung 40 deren Cyanidionenkonzentration gesunken ist, in den ersten Behälter 31, wo wieder ein Einleiten 12 von Ozon als gasförmiges Oxidationsmittel 50 in diese erfolgt. Durch die Verwendung der beiden Behälter 31, 33 ist das Ausgangsmaterial 60 örtlich von der Einleitstelle des gasförmigen Oxidationsmittels 50 getrennt, sodass es nicht mit diesem in Kontakt gelangt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2016/168933 A1 [0003]
- WO 2020/177880 A1 [0004, 0005]