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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontrollierten Knicken einer in einem Bauwerk verbauten Stahlstütze mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sowie ein Verfahren zur Niederbringung eines Stahlbauwerks.
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Gebäude mit einem Stahlbauwerk werden herkömmlicherweise sprengtechnisch mittels Schneidladung niedergebracht. Beim Einsatz der Sprengtechnik ist generell eine Gefährdung der Umgebung vorhanden. Es müssen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Voraussetzung für den Einsatz ist zudem eine sprengstoffrechtliche Genehmigung. Außerdem sind Schneidladungen teuer. Die Kosten liegen bei etwa 1000 €/m. Die Verwendung von Schneidladung zur Niederbringung von Stahlkonstruktionen ist somit zeit- und kostenintensiv. Stahlbauwerke lassen sich auch mit Seil- und/oder Kettenzug zum Einsturz bringen. Bei dieser Methode lässt sich allerdings das Knickverhalten der Stahlstützen nicht genau vorhersagen, so dass sich auch der Niederbringungsvorgang nicht genau bestimmen lässt. Dies ist ebenfalls unerwünscht.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zum kontrollierten Knicken einer in einem Bauwerk verbauten Stahlstütze anzugeben, das besonders einfach und kostengünstig ist und ein kontrolliertes Versagen des Bauwerks ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird von einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 14 gelöst.
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Demnach ist ein Verfahren zum kontrollierten Knicken einer in einem Bauwerk, insbesondere Stahlbauwerk, verbauten Stahlstütze vorgesehen, das folgende Verfahrensschritte umfasst:
- • Einbringen einer im Wesentlichen vertikalen Schwächung in eine Stahlstütze, die die Stahlstütze in einen ersten und einen zweiten Bereich unterteilt,
- • Anordnen einer hydraulischen Pressvorrichtung mit Kolben-Zylinder Aggregat derart, dass das Kolben-Zylinder Aggregat in Wirkverbindung mit dem ersten Bereich und dem zweiten Bereich der Stahlstütze steht,
- • Hydraulisches Antreiben des Kolben-Zylinder Aggregats zum Aufspreizen der Stahlstütze im Bereich der Schwächung.
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Das Verfahren ermöglicht ein zeit- und kostengünstiges kontrolliertes Knicken von Stahlstützen herbeizuführen.
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Stahlstützen sind geschweißte oder gewalzte Profile jeglicher Bauform. Häufige Bauformen sind Vierkantstütze, I-Stütze, Breitflanschstütze und U-Stütze.
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Bevorzugt steht der Kolben des Kolben-Zylinder Aggregats in Wirkverbindung mit dem ersten Bereich und der Zylinder des Kolben-Zylinder Aggregats in Wirkverbindung mit dem zweiten Bereich. Eine solche Anordnung ist besonders einfach.
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In einer Ausführungsform weist die Stahlstütze wenigstens zwei Flansche auf, wobei das Kolben-Zylinder Aggregat an den der Schwächung gegenüberliegenden Flanschen angreift. Es kann aber auch vorgesehen sein, dass die Stahlstütze ein sehr schlankes Profil aufweist und das Abstützflächen für das Kolben-Zylinder Aggregatan der Stahlstütze befestigt werden müssen. Die im Folgenden beschriebenen Merkmale, lassen sich auch auf diesen Fall anwenden.
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Vorzugsweise wird der Kolben in Anlage mit einem ersten Flansch bzw. Abstützfläche, insbesondere einer Innenfläche, gebracht und der Zylinder in Anlage mit einem zweiten, dem ersten Flansch gegenüberliegenden Flansch bzw. Abstützfläche, insbesondere einer Innenfläche.
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Es ist bevorzugt, dass das Kolben-Zylinder Aggregat einen Hohlkolben aufweist. Dabei kann der Hohlkolben von einer Führungsstange durchsetzt sein, die die Lage der Pressvorrichtung relativ zur Stahlstütze sichert. Vorzugsweise weisen die in Wirkverbindung mit dem Kolben-Zylinder Aggregat stehenden Flansche bzw. Abstützflächen jeweils ein Durchgangsloch auf, das von der Führungsstange durchsetzt ist.
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Es kann auch vorgesehen sein, dass zwischen dem Kolben-Zylinder Aggregat und dem jeweiligen Flansch bzw. Abstützfläche beidseitig ein Füllstück angeordnet ist, dass auf der einen Seite in Anlage an dem entsprechenden Bauteil des Kolben-Zylinder Aggregats und auf der anderen Seite in Anlage mit der Innenseite des jeweiligen Flansches bzw. Abstützfläche liegt.
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Vorzugsweise liegt die Schwächung im unteren Bereich der Stütze.
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Bevorzugt ist die Schwächung ein Schlitz, der mittels Brennschneiden herbeigeführt wird.
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Für die zuvor beschriebene Anwendung liegt die Presskraft der Pressvorrichtung vorzugsweise im Bereich zwischen 10 kN und 2000 kN.
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Die Stahlstützen sind bevorzugt vertikal ausgerichtet. Sie können aber auch schräggesetzt sein, insbesondere mit ihren Längsachsen einen Winkel zur Oberfläche des Bodens von 45° bis 90° einschließen.
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Der Arbeitsweg der Pressvorrichtung ist wird abhängig von der Bauform und Größe der Stütze gewählt und liegt bevorzugt in einem Bereich zwischen 50 mm und 200 mm .
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Weiterhin ist ein Verfahren zur Niederbringung eines Bauwerks aufweisend wenigstens eine Stahlstütze, die mit einem Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche kontrolliert abgeknickt wird, zur Lösung der Aufgabe vorgesehen. Die wenigstens eine Stahlstütze weist dabei Hauptachsstützen auf, von denen mehrere mit dem zuvor beschriebenen Verfahren durch Steuerung des Kolben-Zylinder Aggregat gleichzeitig und kontrolliert abgeknickt werden, so dass es zu einem Gesamtversagen des Bauwerkes kommt.
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Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung anhand der Zeichnungen beschrieben. Gleiche Bauteile oder Bauteile mit gleichen Funktionen tragen gleiche Bezugszeichen. Es zeigen:
- 1: einen Längsschnitt durch eine Stahlstütze eines Stahlbauwerks mit Schwächung und Pressvorgang,
- 2: eine Seitenansicht einer Wand mit Stahlkonstruktion,
- 3: eine Detailansicht der 2,
- 4: eine weitere Detailansicht der 2 mit Querschnitt entlang der Strecke A-A.
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In der 1 ist das erfinderische Verfahren exemplarisch dargestellt. Eine vertikale Stahlstütze 1 wird im unteren Bereich 2 gezielt durch Einbringen eines Schlitzes 3 geschwächt. Die Schlitzhöhe beträgt in diesem konkreten Fall 4 m. Die Schlitzbreite ist 20 mm. Der Schlitz 3 wird bevorzugt durch Brennschneiden herbeigeführt. Der Schlitz 3 ist vertikal ausgerichtet und zentral in der Stütze 1, zwischen den seitlich überstehenden Flanschen 4, eingebracht. Eine hydraulische Pressvorrichtung 5 wird auf halber Höhe des Schlitzes 3 an der Stahlstütze 1 angeordnet. Die hydraulische Pressvorrichtung 5 weist ein Kolben-Zylinder-Aggregat mit einem Zylinder und einem darin geführten Kolben auf. Sie ist derart ausgerichtet, dass die Presskraft horizontal wirkt. Die Pressvorrichtung 5 liegt zwischen zwei den dem Schlitz 3 gegenüberliegenden Seite der Stütze 1 an. Die Pressvorrichtung 5 kann sich dabei unmittelbar an den beiden gegenüberliegenden Flanschen 4 der Stütze selbst abstützen, oder bei schlanken Profilen an zusätzlich montierten Abstützflächen. Als nachträglich angebrachte Abstützflächen eignen sich angeschweißte Bleche. Beim Pressvorgang werden durch Bewegung des Kolbens relativ zum Zylinder die beiden durch den Schlitz 3 getrennten Bereiche der Stütze auseinander gepresst. In anderen Worten wird die Stütze 1 aufgespreizt und ein kontrolliertes Knicken der Stütze herbeigeführt. Die gestrichelten Linien stellen den Spreizvorgang dar. Die Stahlkonstruktion, die Lage der Schwächung und der Pressvorgang geben die Fallrichtung vor. Das resultierende Fallmaul 6 ist dargestellt.
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Die Stütze 1 wird gemäß statischer Berechnung vorgeschwächt. Die Schlitzhöhe und -breite sind so gewählt, dass durch das Einbringen kein Knickversagen zustande kommt und eine Stabilität erhalten bleibt. Erst durch den Pressvorgang kommt es zum kontrollierten Versagen der Stütze 1. Das Kolben-Zylinder-Aggregat weist bevorzugt einen Hohlkolben auf. Die Presskraft liegt bevorzugt in einem Bereich zwischen 10-2000 kN, besonders bevorzugt zwischen 100 und 700 kN. In dem Beispiel der 1 beträgt die benötigte Presskraft 90-120 kN. Der Arbeitsweg des Kolben-Zylinder-Aggregats (auch Pressweg genannt) beträgt bevorzugt zwischen 50 und 200 mm.
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Das Verfahren wird bevorzugt gleichzeitig an mehreren Hauptachsenstützen durchgeführt, so dass das gesamte Bauwerk kontrolliert zum Versagen gebracht werden kann.
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In den 2 bis 4 ist ein Teil eines exemplarischen Stahlbauwerks 7 dargestellt. Die Stahlkonstruktion weist drei vertikale Stützen 8,9,10 auf. Die Stützen 8,9,10 sind durch einen horizontalen Stahlträger 11 miteinander verbunden. Zudem sind zwischen den Stützen Stahlstreben 12 zur Versteifung vorgesehen.
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3 zeigt im Detail die Ansicht B der 2 mit einer Fassadenstütze 9. Die Fassadenstütze 9 ist eine Breitflanschstütze mit einem ersten und einem zweiten Flansch 13,14, die über einen Steg 15 verbunden sind. Zwischen den Flanschen 13,14 der Fassadenstütze ist ein im Steg 15 mittig angeordneter vertikaler Brennschnitt 3 im unteren Bereich der Stütze 2 zur Schwächung eingebracht. Eine Pressvorrichtung 5 ist auch hier auf halber Höhe des Brennschnitts 3 zwischen den Flanschen 13,14 positioniert. Die Pressvorrichtung 5 weist einen Hohlkolbenzylinder auf, dessen Kolben eine Durchgangsbohrung hat. Der Kolben ist von einer Führungsstange 16 durchsetzt, die ebenfalls Durchgangslöcher 17 der beiden gegenüberliegenden Flansche 13,14 durchsetzt. Die Führungsstange 16 wird als erstes durch ein erstes Durchgangsloch 17 bzw. Bohrung eines ersten Flansches 13 geschoben, danach durch den Hohlkolben und schließlich durch ein zweites Durchgangsloch 17 des zweiten Flansches 14. Die Durchgangslöcher 17 sind so angeordnet, dass die Führungsstange 16 etwa horizontal ausgerichtet ist. Diese Anordnung ermöglicht eine gezielte Kraftaufbringung der Pressvorrichtung bis zum Ende des Arbeitswegs. Ein Abrutschen oder Verrutschen der Pressvorrichtung 5 relativ zur Stütze 1 ist dadurch ausgeschlossen. Während des Pressvorgangs wirkt der Kolben auf eine erste Flanschinnenfläche des ersten Flansches 13 und der Zylinder auf eine zweite Flanschinnenfläche des zweiten Flansches 14, so dass die beiden Flansche 13,14 auseinander gedrückt werden, was zu einem gezielten Knicken der Stahlstütze führt.
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In der 4 ist eine Schnittzeichnung des in 2 mit C gekennzeichneten Bereichs entlang der Strecke A-A dargestellt. Die Stütze 1 ist eine Doppel-T-Stütze, bei der im Bereich des Stegs 15 eine weitere Stütze 18 mit T-Profil angeschweißt ist. Der Steg des T-Profils 19 steht dabei etwa senkrecht auf dem Steg der Doppel-T-Stütze 15. Vor der Niederbringung des Stahlbauwerkes wird die Stütze mit T-Profil 18 im Bereich der Pfeile abgetrennt und an den mit x gekennzeichneten Stellen ausgebaut. Zwischen den Flanschen der Doppel-T-Stütze 13,14 ist auf der dem zusätzlichen T-Profil abgewandten Seite die Pressvorrichtung 5 angeordnet. Die in den Steg 15 eingebrachte Schwächung 3 liegt etwa mittig zwischen den Flanschen 13,14. Der Abstand zwischen den Flanschen 13,14 beträgt etwa 934 mm. Damit der gesamte Arbeitsweg der Pressvorrichtung 5 zur Verfügung steht, ist zwischen dem Hohlkolbenzylinder 19 und der jeweiligen Flanschinnenfläche ein Füllstuck 20 eingesetzt. Die beiden Füllstücke 20 sind Stahlhülsen, die den Freiraum zwischen dem Hohlkolbenzylinder 19 und den Flanschinnenflächen ausfüllen. Die Füllstücke 20 sind, wie der Kohlkolbenzylinder 19 selbst auch von einer Führungsstange 16 durchsetzt. Ganz allgemein kann die Führungsstange 16 eine Gewindestange sein. Durch Aufbringen von Presskraft verformt sich die Stütze 1 und wird auf gespreizt. Es kommt zu einem kontrollierten Knicken der Stütze.
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Das Verfahren wird an mehreren Stützen, bevorzugt den Hauptachsenstützen gleichzeitig ausgeführt, so dass das Knicken der Stützen zu einem Versagen des gesamten Bauwerks führt und das Bauwerk kontrolliert niedergebracht werden kann. Diese Methode ist besonders günstig, flexibel einsetzbar und bedarf keiner besonderen Genehmigung, was vor allem Zeit einspart. Es ist möglich das Verfahren in Kombination mit herkömmlichen Verfahren zur Niederbringung anzuwenden.