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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Optimierung von Fahrwegen in einem modularen Montagesystem mit einem fahrerlosen Transportsystem und ein zur Durchführung des Verfahrens geeignetes System.
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In einem modularen Montagesystem werden die Werkstücke von einem Montageort zum nächsten Montageort über ein fahrerloses Transportsystem gefördert. Damit lassen sich unterschiedliche Montagereihenfolgen für unterschiedliche Produkte gut abbilden.
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Der Transport kann schienengebunden erfolgen oder auch frei im Raum. Letzteres ergibt eine höhere Flexibilität. Auch bei einer freien Bewegung im Raum werden sich die Fahrzeuge im ersten Schritt auf Fahrstraßen bewegen, die zwar nicht sichtbar sein müssen, aber dafür sorgen, dass der Verkehr kollisionsfrei erfolgen kann.
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Es gibt also zumindest in einem Steuerungsrechner des fahrerlosen Transportsystems ein Straßennetz. Damit ist klar, über welchen Weg von einem Montageort zum nächsten gefahren werden kann. Idealerweise wählen die Fahrzeuge immer den kürzesten Weg bzw. die kürzeste Fahrzeit. Ein kürzerer Weg mit vielen Kurven kann eine längere Fahrzeit erfordern als ein längerer Fahrweg. Das System arbeitet also mit den Fahrzeiten, die sich aus den Fahrstrecken ergeben. Diese können theoretisch aus den Fahreigenschaften der Fahrzeuge oder empirisch durch Abfahren der Strecken ermittelt werden. Sie werden dann in dem Steuerungsrechner abgelegt und dienen der Entscheidungsfindung. Dabei ist diese Information statisch vorhanden und unveränderlich, solange keine neuen Messungen vorgenommen werden.
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Die Verkehrssituationen, die in diesen Straßen entstehen, und zu möglichen Staus durch viel Verkehr oder Wartezeiten an Kreuzungen führen, bleiben dabei unberücksichtigt. Diese Situationen sind auch nur schwer vorhersagbar und hochgradig stochastisch. Solche Situationen können aber dazu führen, dass die geplanten Fahrzeiten nicht eingehalten werden können und damit die Ausbringung des Montagesystems gefährdet ist.
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DE 10 2006 021 015 A1 betrifft ein Verfahren zur Erstellung einer individuellen Verkehrsprognose für ein Fahrzeug, wobei unter Verwendung von ganglinienartigen Verkehrsmustern die Verkehrsprognose für mögliche Fahrstrecken des Fahrzeugs erstellt wird und wobei die ganglinienartigen Verkehrsmuster durch Verkehrsinformationen aus dem Internet gebildet und/oder aktualisiert werden sowie eine Vorrichtung zur Erstellung und Visualisierung einer oder der Verkehrsprognose.
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DE 100 05 780 A1 offenbart ein Verfahren zur Routenplanung in einem Navigationssystem, bei welchem vom Nutzer Rahmenvorgaben bezüglich der zu planenden Route gemacht werden und die Route anhand von Optimierungskriterien festgelegt wird, sowie ein zur Durchführung des Verfahrens geeignetes Navigationssystem. Das Routenplanungsverfahren läuft in drei Schritten ab. In einem ersten Schritt wird ein Satz erster Routen auf der Basis eines Optimierungskriteriums und daraus abgeleiteter ortsunabhängiger und situationsspezifischer Benutzerpräferenzen erfasst. In einem zweiten Schritt werden die ersten Routen segmentweise auf Basis standortabhängiger und situationsspezifischer Benutzerpräferenzen neu berechnet. In einem dritten Schritt werden den erkannten Routen nach einem Bewertungskriterium Prioritäten zugewiesen. Die Zwischenergebnisse werden dem Benutzer vorzugsweise nach jedem einzelnen Schritt angezeigt, damit er eine der Routen auswählen und den Prozess vorzeitig beenden kann. Das Betriebsverhalten des Benutzers und / oder die Einhaltung der Routenempfehlungen durch den Benutzer können überwacht und statistisch ausgewertet werden, um die Bewertungskriterien und Benutzerpräferenzen für die Routenplanung anzupassen.
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Vor diesem Hintergrund hat sich die Erfindung die Aufgabe gestellt, Verfahren und Vorrichtungen zur Verfügung zu stellen, mit denen eine Optimierung der Fahrwege möglich wird.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 3. Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und der Beschreibung.
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Gegenstand der Erfindung ist ein modulares Montagesystem, umfassend mehrere Montagestationen, mehrere fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF), welche dafür vorgesehen sind, zu montierende Werkstücke längs jeweiliger Fahrwegabschnitte eines Fahrwegnetzes zwischen den Montagestationen zu verfahren, und ein Steuersystem, welches dafür eingerichtet ist, anhand gegebener Randbedingungen zukünftige optimierte Fahrpläne und Routenpläne für die FTF bereitzustellen. In einer Ausführungsform des Montagesystems umfasst das Steuersystem ein selbstlernendes System, das zur Optimierung von Fahrplänen und Routenplänen eingerichtet ist.
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Im Kontext der vorliegenden Erfindung bedeutet „mehrere“ mindestens zwei, in der Regel mehr als zwei, beispielsweise drei, vier, fünf oder mehr. In einer Ausführungsform umfasst das Montagesystem mindestens drei Montagestationen und mindestens drei FTF.
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Der Begriff „Fahrwegnetz“ bezeichnet im Kontext der vorliegenden Erfindung die Gesamtheit aller möglichen Fahrwege im modularen Montagesystem. Jeder dieser Fahrwege setzt sich aus Fahrwegabschnitten zusammen. Die Fahrwege können physisch vorgegeben sein, z.B. durch Schienen oder Fahrstraßen. Sie sind zusätzlich oder ausschließlich in dem Steuersystem des fahrerlosen Transportsystems definiert. Das Steuersystem enthält also eine Repräsentation des Fahrwegnetzes.
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Gegenstand der Erfindung ist auch ein Verfahren zum Betreiben des modularen Montagesystems, worin zu montierende Werkstücke mit FTF längs jeweiliger Fahrwegabschnitte eines Fahrwegnetzes zwischen den Montagestationen verfahren werden, und worin anhand gegebener Randbedingungen optimierte Fahrpläne und Routenpläne für die FTF bereitgestellt werden. Erfindungsgemäß erfolgt im Verfahren eine Optimierung der Fahrpläne und Routenpläne zumindest auch in Bezug auf eine möglichst kurze erwartete Fahrzeit, wobei bei der Ermittlung von erwarteten Fahrzeiten für verschiedene Routenvarianten auch die aktuelle und/oder zu erwartende Verkehrssituation der FTF auf den jeweiligen Fahrwegabschnitten der Routenvarianten berücksichtigt wird.
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Der Begriff „gegebene Randbedingungen“ bezeichnet im Kontext der vorliegenden Erfindung Parameter, die in die Optimierung der Fahrpläne und Routenpläne für die FTF eingehen. Dazu gehören das Fahrwegnetz, die Anzahl der Montagestationen und die Reihenfolge, in der Werkstücke die Montagestationen durchlaufen, sowie die Anzahl der FTF im System.
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Das Fahrwegnetz wird in Fahrwegabschnitte unterteilt, die permanent bezüglich der durchschnittlichen Fahrzeiten der FTF in diesen Abschnitten überwacht werden. In einer Ausführungsform des Verfahrens wird immer die durchschnittliche Fahrzeit der letzten Stunde herangezogen. In einer anderen Ausführungsform des Verfahrens werden bestimmte Tagesabschnitte oder auch Wochentage gesondert betrachtet. In einer Nachtschicht ist z.B. weniger Fußgängerverkehr, der die Fahrzeuge aufhält, ebenso am Wochenende. Die ermittelten Fahrzeiten werden als Basis für die Berechnung der Fahrzeit der zurückzulegenden Strecke benutzt.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens wird die aktuelle Verkehrssituation im gesamten Montagesystem anhand der realen Verkehrssituation eines vergangenen Zeitraums bestimmt. In einer weiteren Ausführungsform ist der vergangene Zeitraum die letzte Stunde.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens wird die im gesamten Montagesystem zu erwartende Verkehrssituation anhand der realen Verkehrssituation eines vergangenen Zeitraums prognostiziert. In einer weiteren Ausführungsform ist der vergangene Zeitraum die letzte Stunde.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens wird die Verkehrssituation eines vergangenen Zeitraums anhand des Quotienten aus „real benötigter Fahrzeit“ und „erwarteter Fahrzeit unter idealen Bedingungen“ quantifiziert.
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Unter Einbeziehung der Verkehrssituation auf allen Fahrwegabschnitten im Montagesystem werden die Fahrpläne und Routenpläne für alle FTF des Montagesystems optimiert. In der vorliegenden Anmeldung wird der Begriff Routenplan dazu verwendet, den von einem FTF zurückzulegenden Fahrweg, also die Route, zu bezeichnen. Der Begriff Fahrplan umfasst zusätzlich den zeitlichen Ablauf des Fahrvorgangs, also die Information, zu welchem Zeitpunkt sich das FTF an einer bestimmten Stelle der Route befindet.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens erfolgt die Optimierung mittels eines selbstlernenden Systems. Realisiert wird dies durch Algorithmen, die aus der Summe alle Fahrzeiten der FLF gemäß den aktuellen Fahrplänen einen Gesamtwert für das System berechnen und das System für eine schlechte Entscheidung (bspw. einen Fahrweg mit einem Stau) bestrafen. Dies resultiert aus der sofortigen Erhöhung der Fahrzeit für die betroffenen Fahrwegabschnitte. Das System lernt damit permanent seine Fahrzeiten und kann sich darüber automatisch selbst optimieren. Auch können Stückzahlerhöhungen, Taktzeitveränderungen o.ä., die zu einem anderen Verkehrsaufkommen führen, automatisch gelernt werden.
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Die Betrachtung der Verkehrssituation im gesamten Montagesystem kann dazu führen, dass für einzelne FTF Routen über Umwege bevorzugt werden, weil die direkte Route viel zu stark befahren ist. Letztere wird dadurch wieder entlastet und die Fahrzeit auf dieser möglicherweise wieder kleiner.
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Ein ad hoc-Ereignis, wie ein Stau auf einem Fahrwegabschnitt, würde auch die Fahrzeit in diesem Fahrwegabschnitt sofort erhöhen und könnte dazu führen, dass andere Fahrzeuge diesen Abschnitt meiden und eine andere Route suchen.
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Ein solcher Stau entsteht in der Regel dadurch, dass ein Fahrzeug auf der Fahrstraße stehen bleibt, weil sein Zielpunkt noch von einem anderen Fahrzeug blockiert ist. Der Grund der Blockade ist bekannt und in vielen Fällen auch die Dauer der Blockade. Damit kann auch die Dauer der Blockade in die Fahrzeit mit eingerechnet werden, so dass ein Stau nicht zu einer unendlich großen Erhöhung der Fahrzeit führen muss. Das wiederum kann auch zu einer Entscheidung führen, keine andere Route zu wählen.
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Überschreitet die Dauer der Blockade einen vorgegebenen Schwellenwert oder ist die Dauer unbekannt und hat diesen Wert überschritten, ist es auch möglich, das sich auf der Fahrstraße befindliche blockierende Fahrzeug auf eine „Ehrenrunde“ zu schicken, um die Blockade aufzuheben, d.h. das Fahrzeug fährt auf der Fahrstraße weiter auf den nächsten bekannten Wegpunkt und versucht dann erneut, sein Ziel zu erreichen. Da auch hier das zeitliche Verhalten des Aufhebens der Blockade bekannt ist, kann das ebenso in die Fahrzeitenberechnung mit einbezogen werden.
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Wenn die räumlichen Verhältnisse dies zulassen, kann ein solches System auch bedarfsweise neue Straßen öffnen oder schließen (Analogie zur Nutzung des Standstreifens auf Autobahnen). In einer Ausführungsform des Verfahrens wird im Falle einer erkannten Stausituation auf einem Fahrwegabschnitt ein zuvor gesperrter paralleler Fahrwegabschnitt freigegeben, sofern dieser verfügbar ist.
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In einer weiteren Ausführungsform des Verfahrens wird im Falle einer prognostizierten Stausituation auf einem Fahrwegabschnitt ein Teil der FTF über alternative Fahrwegabschnitte geleitet werden, um die Stausituation zu vermeiden.
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Ein Unterschied des erfindungsgemäßen Systems zu Navigationssystemen von Autos besteht darin, dass nicht jedes Fahrzeug versucht, sein eigenes Optimum zu finden, sondern ein Optimum für das Gesamtsystem ermittelt wird. Zudem werden nicht aktuelle Verkehrsinformationen, sondern für die Zukunft prognostizierte Verkehrsinformationen verwendet. Insbesondere bei einem Stau, dessen Dauer absehbar ist, kann diese Information schon für das Routen der FTF verwendet werden. Auch ist es möglich, eine zukünftige Stausituation durch Wahl eines für das einzelne Fahrzeug nicht optimalen Route zu vermeiden und so in der Gesamtheit eine Verbesserung zu erzielen.
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Zu den Vorteilen des erfindungsgemäßen Verfahrens und der vorgestellten Vorrichtung zählt, dass die Fahrzeiten deutlich näher an der Realität sind und so bei der Einhaltung des Fahrplanes helfen und damit der Ausbringung des Systems dienen. Das System optimiert sich permanent selbst und kann sofort auf neue Situationen reagieren. Das Öffnen von Ausweichrouten in Stausituationen ermöglicht auch bei unvorhergesehenen Ereignissen ein „Weiterproduzieren“. Durch permanentes „Belohnen und Bestrafen“ der Systementscheidungen ist auch ein sofortiges Zurückkehren zu bekannten, optimalen Fahrrouten gewährleistet, sofern diese wieder frei sind. Das Verfahren bietet einen skalierbareren Ansatz, der unabhängig von der Systemgröße und den sich darin befindlichen Fahrzeugen ist. Es sind keine manuellen Anpassungen der Straßeninformationen notwendig, wodurch ein geringerer Pflegeaufwand erforderlich ist. Weitere Ausgestaltungen und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung.
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Es versteht sich, dass die vor anstehend genannten Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006021015 A1 [0006]
- DE 10005780 A1 [0007]