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Die Erfindung bezieht sich auf ein Assistenzsystem zur Bereit-stellung von Assistenzdaten für auf öffentlichen Straßen ver-kehrende, insbesondere automatisierte oder autonome Fahrzeuge nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
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In der Entwicklung vom assistierten Fahren, bei dem der Fahrer ständig sein Fahrzeug beherrscht und nur bei bestimmten Fahr-aufgaben durch einzelne Systeme unterstützt wird, hin zum autonomen Fahren, bei welchem das Fahrzeug selbsttätig und ohne Einwirkung eines Fahrers fährt, unterscheidet man verschiedene Zwischenschritte automatisierten Fahrens mit zunehmenden Automatisierungsgrad. Beim teilautomatisierten Fahren beherrscht der Fahrer noch ständig sein Fahrzeug, wobei das Fahrzeug unter definierten Bedingungen selbst die Spur hält, bremst und beschleunigt. Beim hochautomatisierten Fahren darf sich der Fahrer vorübergehend von Fahraufgabe und Verkehr abwenden; das Fahrzeug fährt in definierten Anwendungsfällen selbsttätig, wobei der Fahrer auf Anforderung durch das System kurzfristig wieder übernehmen muss. Beim vollautomatisierten Fahren gibt der Fahrer die Fahrzeugführung komplett ab und wird zum Passagier, weil das Fahrzeug Fahrten auf bestimmten Strecken völlig selbstständig bewältigt.
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Ein autonomes Fahrzeug umfasst Umfeldsensoren, wie zum Beispiel Videokameras, Radar- und Lidarsensoren, welche fortwährend seine Umgebung erfassen. Durch Sensordatenfusion nimmt das Fahrzeug andere Verkehrsteilnehmer in seiner unmittelbaren Umgebung wahr und verfolgt diese. Das autonome Fahrzeug ist mit einem Positionsbestimmungssystem, etwa einem GPS-Empfänger und Videokameras, ausgestattet, um fortwährend seine aktuelle Position auf einer Straße und innerhalb einer Fahrspur zu be-stimmen. Aus Umfeld- und Positionsdaten errechnet dann das autonome Fahrzeug seine Fahrstrategie und setzt diese automatisch durch Fahrbefehle zum Beschleunigen, Verzögern und Lenken um. Dabei wird angenommen, dass ein autonomes Fahrzeug alle Gefahrensituationen rechtzeitig erkennt und darauf reagieren kann.
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Dieses Grundprinzip bedingt aber, dass jedes automatisierte oder autonome Fahrzeug seinen eigenen Satz an Umfeldsensoren mitbringt, was die Fahrzeuge teuer und technisch komplex macht. Weiterhin haben die am Fahrzeug angebrachten Umfeldsensoren in der Regel ein begrenztes Sichtfeld, so dass nicht jeder andere Verkehrsteilnehmer rechtzeitig erkannt werden kann.
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Aus der Offenlegungsschrift
DE 10 2015 206 439 A1 ist daher ein System zum Infrastuktur-geleiteten Assistieren eines oder mehrerer autonomer Fahrzeuge bekannt. Es umfasst einen oder mehrere Umfeldsensoren, die an einem oder mehreren stationären Infrastrukturelementen angeordnet sind. Dabei ist der ei-ne oder sind die mehreren Umfeldsensoren dazu ausgebildet, ein jeweiliges Umfeld des oder der Infrastrukturelemente zu erfassen. Das System umfasst einen Prozessor, der ausgebildet ist, basierend auf einer jeweiligen Umfelderfassung des einen oder der mehreren Umfeldsensoren Assistenzdaten für das oder die mehreren autonomen Fahrzeuge zu ermitteln. Das System umfasst eine Kommunikationsschnittstelle, die ausgebildet ist, die As-sistenzdaten an ein oder mehrere autonome Fahrzeuge über ein Kommunikationsnetzwerk zu senden, so dass das oder die mehreren autonomen Fahrzeuge basierend auf den gesendeten Assistenzdaten im jeweiligen Umfeld der Infrastrukturelemente autonom fahren können.
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Trotzdem ist die Erkennung von Verkehrsteilnehmern in unübersichtlichen Straßenkreuzungen oder von sich schnell bewegenden unbekannten Objekten, etwa wenn ein Kind hinter einem parken-den Fahrzeug auf die Straße läuft, für das automatisierte oder autonome Fahrzeug sehr rechenintensiv und in einigen Situationen nicht möglich.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Assistenz-system der eingangs genannten Art bereitzustellen, welches das Risiko von Verkehrsunfällen mit Beteiligung von automatisier-ten oder autonomen Fahrzeugen vermindert.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein gattungsgemäßes Assistenzsystem mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 angegebenen Merkmalen. Das Assistenzsystem zur Bereitstellung von Assistenzdaten für auf öffentlichen Straßen verkehrende, insbesondere automatisierte oder autonome Fahrzeuge umfasst straßenseitig angeordnete Umfeldsensoren, eine Recheneinheit und ein Kommunikationsnetzwerk.
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Die Umfeldsensoren sind dazu ausgestattet, jeweils auf einen dem Umfeldsensor zugeordneten Straßenabschnitt bezogene Umfelddaten zu erfassen. Die Umfeldsensoren können durch Videokameras, Radar-, Lidar-, Ultraschall- und Infrarotsensoren gebildet sein, die an straßenseitig angeordneten, stationären Infrastukturobjekten, wie Masten, Pfosten oder Gebäuden, installiert sind. Die Umfeldsensoren sind so angeordnet und aus-gerichtet, dass ihr Sichtfeld einen zugeordneten Straßen-abschnitt als Überwachungszone abdeckt und Umriss-, Positions-, Abstands- und Bewegungsdaten von Objekten zu erfassen.
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Die Recheneinheit ist dazu ausgebildet, aus erfassten Umfelddaten die Assistenzdaten zu ermitteln. Die Recheneinheit kann durch einen oder mehrere, auch verteilt angeordnete, aber wirkverbundene Prozessoren gebildet sein, die mit Speichereinheiten für Daten und Datenverarbeitungsprogramme zusammenwirken. Insbesondere kommen Bildauswertungsprogramme zum Einsatz, um aus den erfassten Umfelddaten Assistenzdaten für die Fahrzeuge zu bestimmen. Die Recheneinheit kann teilweise mit den Umfeldsensoren in den Infrastrukturobjekten installiert, teil-weise aber auch in straßenfernen Rechenzentralen untergebracht sein.
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Das Kommunikationsnetzwerk ist dazu ausgebildet, von der Recheneinheit ermittelte Assistenzdaten an Fahrzeugsteuerungen von auf dem Straßenabschnitt verkehrenden Fahrzeugen zu übermitteln. Dabei ist eine Fahrzeugsteuerung ausgebildet, übertragene Assistenzdaten zu Fahrbefehlen für vom jeweiligen Fahrzeug automatisch ausführbare Fahrmanöver zu verarbeiten. Das Kommunikationsnetzwerk umfasst hierzu fahrzeug- und straßenseitige, drahtlose Kommunikationsschnittstellen zur Übertragung der Assistenzdaten.
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Erfindungsgemäß umfassen die Assistenzdaten eine vom Fahrzeug nicht zu überschreitende, maximale Fahrgeschwindigkeit. Die Fahrzeugsteuerung vergleicht die aktuell gefahrene mit der übertragenen maximalen Fahrgeschwindigkeit und löst bei deren Überschreitung ein geeignetes Bremsmanöver aus. Durch temporäre Vorgabe einer Maximalgeschwindigkeit für einen überwachten Straßenabschnitt wird erreicht, dass Fahrzeuge diesen Straßen-abschnitt situationsgerecht und risikioarm passieren können. Die maximale Fahrgeschwindigkeit kann so bemessen werden, dass die Fahrzeugsteuerung rechtzeitig auch auf plötzliche Gefahrensituationen reagieren kann. Die maximale Fahrgeschwindigkeit kann auch Fahrzeugen mit einem niedrigeren Automatisierungsgrad angezeigt werden, so dass insgesamt für den Fahrzeugverkehr auf dem Straßenabschnitt neben einer Gefahrenreduktion auch eine gefahrenunabhängige Verkehrsflussoptimierung erreicht wird. Ist der Fahrzeugverkehr komplett über diese Assistenzdaten steuerbar, kann an Knotenpunkten die maximale Geschwindigkeit auch Null gesetzt werden, was die gleiche Wirkung wir ein Sperrsignal einer Lichtsignalanlage hat. Damit kann bei vollautonomem Fahrzeugverkehr auf straßenseitige Signalanlagen und Verkehrszeichen, wie Geschwindigkeitsbegrenzungen, verzichtet werden.
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In einer besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems umfassen die Assistenzdaten eine vom Fahrzeug nicht zu unterschreitende, minimale Fahrgeschwindigkeit. Durch Vorgabe einer Mindestgeschwindigkeit für eine Fahrspur einer mehrspurigen Straße, kann der Verkehrsfluss beispielsweise bei steigenden Straßen weiter optimiert werden. Wird durch eine Mindest- und eine Maximalgeschwindigkeit ein Geschwindigkeitskorridor vorgegeben, führt dies zu einer Verringerung der Geschwindigkeitsunterschiede der Fahrzeuge und damit zu einer Vergleichmäßigung des Fahrzeugverkehrs, was der Bildung eines Verkehrsstaus entgegenwirkt.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems sind die Assistenzdaten mit einer räumlich und/oder zeitlich begrenzten Gültigkeit annotiert. Mithilfe derart annotierter Assistenzdaten können Fahrgeschwindigkeiten durch das Assistenzsystem gezielt auf geplanten Straßenabschnitten und während geplanter Zeitabschnitte vorgegeben werden. Beispielsweise sind schlechte Straßenzustände, Baustellen oder auch Witterungseinflüsse zeitlich und örtlich begrenzt, so dass diesbezügliche Geschwindigkeitsvorgaben des Assistenzsystems sich nicht länger und auch nicht weiter erstecken müssen als erforderlich. Damit kann ein Eingriff in die Autonomie von Fahrzeugen so gering wie möglich gehalten wer-den.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems umfassen die Assistenzdaten eine Folge von Fahrgeschwindigkeiten für aufeinanderfolgende Straßenabschnitte. Insbesondere bei der Ausfahrt aus einem Straßenabschnitt mit Geschwindigkeitsbegrenzung drohen aufgrund der fahrzeugindividuellen Beschleunigungen zu einer ebenfalls fahrzeugindividuellen Reisegeschwindigkeit mit einhergehenden Spurwechseln Unfälle. Um dem entgegenzuwirken, kann den Fahrzeugen anstelle einer einfachen Aufhebung der maximalen Fahrgeschwindigkeit ein Geschwindigkeitsprofil in Form einer Abfolge von Fahrgeschwindigkeiten vorgegeben werden. Diese Assistenzdaten können dem Fahrzeug auch als optionale Geschwindigkeitsvorgaben ohne direkten Steuerungseingriff angeboten werden.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems ist die Recheneinheit dazu ausgebildet, aus erfassten Umfelddaten eine Verkehrssituation auf dem Straßenabschnitt zu bestimmen und als Assistenzdaten eine der Ver-kehrssituation zugeordnete Fahrgeschwindigkeit zu übermitteln. Aus den von den Umfeldsensoren erfassten Umfelddaten lassen sich entweder direkt oder durch weitere Verarbeitung eine Verkehrssituation charakterisierende Verkehrsdaten gewinnen, die dann die Basis für eine situationsgerechte Vorgabe der Fahrgeschwindigkeit bildet. So können in der Recheneinheit zahlreiche Verkehrssituationen als Referenzdatenbasis hinterlegt werden, welchen jeweils angemessene Fahrgeschwindigkeiten zugeordnet sind. Unter Verkehrssituation sollen hier sämtliche reguläre und störungsbehaftete verkehrliche sowie umweltbedingte Situationen auf dem Straßenabschnitt verstanden werden.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems ist die Recheneinheit dazu ausgebildet, bei der Bestimmung der Verkehrssituation zusätzlich Informationsdaten von weiteren Verkehrsinformationsquellen zu verwen-den. Neben den erfassten Umfelddaten eines Straßenabschnittes können als weitere Informationsquellen städtische Verkehrs-rechnerzentralen oder Verkehrsmanagementzentralen, in denen eine Vielzahl von Verkehrsdaten und -informationen etwa von im Straßennetz installierten Verkehrsdetektoren vorliegen, oder Leitzentralen des öffentlichen straßen- und schienengebundenen Personennahverkehrs, in welchen Fahrplandaten oder Echtzeit-Positionsdaten von Fahrzeugen vorliegen, die den Straßenabschnitt kreuzen oder diesen abschnittsweise mitbenutzen.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems ist die Recheneinheit dazu ausgebildet, bei der Bestimmung der Verkehrssituation eine aktuelle Verkehrsdichte auf dem Straßenabschnitt zu berücksichtigen und der bestimmten Verkehrssituation eine situationsgerechte Fahrgeschwindigkeit zuzuordnen. Als Verkehrsdichte kann im Sinne eines Level-of-Service zwischen freier Fahrt, mäßigem Verkehr, stabilem Verkehrsfluss, ansatzweise zähfließendem Verkehr, zähfließendem Verkehr und Verkehrsstillstand unterschieden werden. Ebenso kann - sofern aus den Umfelddaten oder externen Informationsdaten detektierbar - ein Störereignis berücksichtigt werden, insbesondere ein Verkehrsunfall, eine Baustelle, eine Engstelle, eine Rettungsgasse oder ein Hindernis, welches durch ein stationäres oder sich in den Straßenabschnitt hineinbewegendes Objekt gebildet sein kann, berücksichtigt wer-den. Ferner kann bei der Bestimmung der Verkehrssituation berücksichtigt werden, ob im Straßenabschnitt eine Kreuzung mit einer anderen Straße oder einem Schienenweg liegt, für die ei-ne Geschwindigkeitsvorgabe angemessen ist. Außerdem kann ein Straßenzustand des Straßenabschnitts berücksichtigt werden, da beispielsweise ein schlechter Straßenbelag mit Schlaglöchern oder einer Ölspur eine Geschwindigkeitsreduktion nahelegen. Schließlich können Witterungsverhältnisse eine maximale Fahrgeschwindigkeit vorgeben, beispielsweise Regen- oder Eisglätte sowie Nebel oder andere Witterungsverhältnisse, die auf die Sicht oder die Qualität der Umfelddaten Einfluss haben. Die der bestimmten Verkehrssituation zugeordnete Fahrgeschwindigkeit kann fest vorgegeben werden oder durch einen Operator konfigurierbar sein.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart umfasst das erfindungsgemäße Assistenzsystem eine mit dem Kommunikationsnetzwerk verbindbare fahrzeugseitige Ausgabeeinheit, die dazu ausgebildet ist, Assistenzdaten als von einem Insassen eines Fahrzeugs wahrnehmbare Text-/Bildmitteilung und/oder Sprachmitteilung einer Verkehrssituation und/oder einer Fahrgeschwindigkeit auszugeben. Hierdurch können auch Fahrer von nicht autonomen Fahrzeugen über die bestimmte Verkehrssituation und die vorgegebene maximale und ggf. minimale Fahrgeschwindigkeit sowie deren Gültigkeit informiert werden, um einen Großteil des Fahrzeugkollektivs mit dem Ziel einer Gefahrenreduktion und Verkehrsflussoptimierung beeinflussen zu können. So gelangt eine Stauankündigung sowohl direkt in die Fahrzeugsteuerung als auch in Form einer Mitteilung an einen Fahrer eines Fahrzeugs, der ein Fahrmanöver durch Pedalbetätigung umsetzt.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems weist das Kommunikationsnetzwerk fahrzeugseitige Empfangseinheiten auf, die zur drahtlosen Nachbereichskommunikation mit straßenseitig angeordneten Sendeeinheiten ausgebildet sind. Die Kommunikation von Recheneinheit zu einem den Straßenabschnitt passierenden Fahrzeug erfolgt von einem straßenseitigen Feldelement per Funk, insbesondere nach einem der Standards ETSI ITS-G5 oder IEEE 802.11p. Die Sendeeinheit kann im oben erwähnten Infrastrukturelement installiert sein.
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In einer weiteren besonderen Ausführungsart des erfindungsgemäßen Assistenzsystems weist das Kommunikationsnetzwerk fahrzeugseitigen Empfangseinheiten auf, die zur drahtlosen Kommunikation mit einem Cloud-Dienst ausgebildet sind. Beispielsweise können Assistenzdaten über Datendienste mittels eines der Mobilfunkstandards GSM, LTE oder 5G abgerufen werden.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften des erfindungsgemäßen Assistenzsystems ergeben sich aus nachfolgender Beschreibung eines konkreten Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnungen, in deren
- 1 eine Systemarchitektur des erfindungsgemäßen Assistenzsystems,
- 2 ein erstes Anwendungsbeispiel des Assistenzsystems für eine signalisierte Straßenkreuzung,
- 3 ein zweites Anwendungsbeispiel des Assistenzsystems für eine nicht signalisierte Straßenkreuzung und
- 4 ein Beispiel eines Geschwindigkeits-Weg-Diagramms eines assistierten Fahrzeugs
schematisch veranschaulicht sind. Dabei werden in den Figuren für gleiche Bestandteile dieselben Bezugszeichen verwendet.
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Ein Assistenzsystem 1 gemäß 1 bis 3 ist geeignet und dazu vorgesehen, Assistenzdaten AD für auf öffentlichen Straßen S1, S2 verkehrende Fahrzeuge 2 bereitzustellen, welche zum automatisierten oder autonomen Fahren eingerichtet sind. Hier-zu umfasst das automatisierte oder autonome Fahrzeug 2 eine Fahrzeugsteuerung 3, welche aus bereitgestellten Assistenzdaten AD Fahrbefehle zum Bremsen und Beschleunigen, gegebenen-falls auch zum Einstellen eines Lenkwinkels, generiert, welche vom Fahrzeug 2 automatisch ausgeführt werden. Daneben können auf den Straßen S1, S2 auch Fahrzeuge 4 ohne oder mit niedrigerem Automatisierungsgrad verkehren, in welchen der Fahrer nach eigenem Ermessen bremst und beschleunigt.
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Das Assistenzsystem 1 umfasst fahrzeugexterne, straßenseitig angeordnete Umfeldsensoren 5, die als Videokameras, Radar-, Lidar-, Ultraschall- und/oder Infrarotsensoren ausgebildet sein können. Sie sind in infrastrukturseitigen Feldelementen 6 angeordnet und derart ausgerichtet, dass sie Umfelddaten UD eines zugeordneten Straßenabschnitts erfassen. Als Umfelddaten UD können Objekte, wie andere Verkehrsteilnehmer und Hindernisse, und deren Positions- und Bewegungsdaten erfasst werden. In 2 und 3 überwacht ein Umfeldsensor 5 den Kreuzungs-bereich der Straßen S1 und S2 und ein weiterer Umfeldsensor 5 den Kreuzungsbereich der Straße S1 und eines von einer Straßenbahn 17 befahrenen Schienenwegs G. Die Umfeldsensoren 5 können in geringen Abständen angeordnet sein, wenn ein großer Straßenabschnitt lückenlos überwacht werden soll.
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Das Assistenzsystem 1 umfasst ferner eine Recheneinheit 7, um aus den erfassten Umfelddaten UD die Assistenzdaten AD zu ermitteln. Die Recheneinheit kann verteilt angeordnet sein, um dezentrale Vorverarbeitungsschritte der Umfelddaten UD in den Feldelementen 6 und zentrale Endverarbeitungsschritte in Rechnerzentralen durchführen zu können.
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Das Assistenzsystem 1 umfasst außerdem ein Kommunikationsnetz-werk 8, um - gegebenenfalls vorverarbeitete - Umfelddaten UD von den Feldelementen 6 an die Recheneinheit 7 zu übertragen und um umgekehrt Assistenzdaten AD von der Recheneinheit 7 an Fahrzeuge 2, 4 zu übertragen. Das Kommunikationsnetzwerk 8 umfasst hierzu fahrzeug- und straßenseitige, drahtlose Kommunikationsschnittstellen zur Datenübertragung. So weist das Kommunikationsnetzwerk 8 fahrzeugseitige Empfangseinheiten auf, die zur drahtlosen Nachbereichskommunikation 8N nach einem der Standards ETSI ITS-G5 oder IEEE 802.11p mit straßenseitig angeordneten Sendeeinheiten ausgebildet sind. Das Kommunikationsnetzwerk 8 kann alternativ oder zusätzlich fahrzeugseitige Empfangseinheiten aufweisen, die zur drahtlosen Mobilfunkkommunikation 8M über einen der Mobilfunkstandards GSM, LTE oder 5G ausgebildet sind. Die Assistenzdaten AD können über einen Cloud-Dienst CD bereitgestellt werden.
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Die von der Recheneinheit 7 ermittelten Assistenzdaten AD umfassen Fahrgeschwindigkeiten, die situationsbedingt von Fahrzeugen 2 in einem überwachten Straßenabschnitt einzuhalten sind, um das Unfallrisiko in diesem Straßenabschnitt zu vermindern und um den Verkehrsfluss darin zu optimieren. So kann eine nicht zu überschreitende, maximale Fahrgeschwindigkeit Vmax oder/und eine nicht zu überschreitende, minimale Fahrgeschwindigkeit Vmin als Assistenzdaten AD vorgegeben werden. Die Assistenzdaten AD können mit einer räumlich und/oder zeitlich begrenzten Gültigkeit annotiert werden, so dass die Geschwindigkeitsvorgaben des Assistenzsystems 1 gezielt nur auf definierbaren Straßenabschnitten und während einer planbaren Zeitdauer gültig sind und Autonomieeingriffe so gering wie möglich gehalten werden. So können die Assistenzdaten AD auch eine Folge von Fahrgeschwindigkeiten V1, V2, ..., Vn für aufeinanderfolgende Straßenabschnitte umfassen, um beispielsweise den Fahrzeugverkehr nach Auflösung einer Geschwindigkeitsbeschränkung geregelt in den frei fließenden Verkehr zu überführen.
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Die Fahrzeugsteuerung 3 von automatisierten oder autonomen Fahrzeug 2 setzten diese Geschwindigkeitsvorgaben automatisch um. Zur Verbesserung des Verkehrsflusses und zur weiteren Risikoreduktion können die Assistenzdaten AD auch Fahrzeugen 4 ohne oder mit einem niedrigeren Automatisierungsgrad angezeigt werden. Hierzu umfasst das Assistenzsystem 1 eine mit dem Kommunikationsnetzwerk verbindbare fahrzeugseitige Ausgabeeinheit 9. Damit können Assistenzdaten AD von einem Insassen eines Fahrzeugs 4 in Form einer Text-/Bildmitteilung und/oder Sprachmitteilung wahrgenommen werden.
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Die Recheneinheit 7 kann insbesondere dazu ausgebildet sein, aus erfassten Umfelddaten UD eine Verkehrssituation auf dem Straßenabschnitt zu bestimmen und als Assistenzdaten eine der Verkehrssituation zugeordnete Fahrgeschwindigkeit zu übermitteln. So können in der Recheneinheit 7 zahlreiche Verkehrssituationen als Referenzdatenbasis hinterlegt werden, welchen jeweils angemessene Fahrgeschwindigkeiten zugeordnet sind. So kann bei der Bestimmung der Verkehrssituation eine aktuelle Verkehrsdichte berücksichtigt werden, wobei zwischen freier Fahrt, mäßigem Verkehr, stabilem Verkehrsfluss, ansatzweise zähfließendem Verkehr, zähfließendem Verkehr und Verkehrsstillstand unterschieden wird. Ebenso können Störereignisse berücksichtigt werden, wie zum Beispiel ein Verkehrsunfall VS1, eine Baustelle, eine Engstelle VS2, eine Rettungsgasse oder ein Hindernis. Ferner kann berücksichtigt werden, ob im Straßenabschnitt S1 eine Kreuzung mit einer anderen Straße S2 oder einem Schienenweg G liegt. Außerdem kann ein Straßenzustand VS3 des Straßenabschnitts oder Witterungsverhältnisse berücksichtigt werden.
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Die Recheneinheit 7 ist dazu ausgebildet, bei der Bestimmung der Verkehrssituation zusätzlich Informationsdaten ID von weiteren Verkehrsinformationsquellen 10, etwa von städtischen Verkehrsrechnerzentralen, von Verkehrsmanagementzentralen, von Leitzentralen des öffentlichen straßen- und schienengebundenen Personennahverkehrs oder auch von Wetterdiensten, zu verwen-den. So können beispielsweise Fahrplandaten VI1 oder Weichen-zustände VI2 von einer Leitzentrale 10 der Straßenbahn 17 als Informationsdaten ID berücksichtigt werden.
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Gemäß 2 und 3 fährt ein automatisiertes oder autonomes Fahrzeug 2 auf der Straße S1 auf eine Kreuzung mit der Straße S2 zu, während vom den Kreuzungsraum überwachenden Umfeld-sensor 5 eine Verkehrssituation erfasst wird, in der vor dem parkenden Fahrzeug 11 eine Person 12 auf die Straße S1 läuft. Die Recheneinheit 7 übermittelt an das Fahrzeug 2 Assistenzdaten AD, die dem Fahrzeug 2 im Straßenabschnitt s11 eine ver-minderte maximale Fahrgeschwindigkeit von beispielsweise Vmax = 20 km/h auferlegt. Hierdurch kann das Fahrzeug 2 automatisiert oder autonom in Abhängigkeit davon, ob die Person 12 stehen bleibt oder die Straße S1 überquert, rechtzeitig ein Fahrmanöver ausführen, welches eine Kollosion vermeidet.
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Des Weiteren erfasst der Umfeldsensor 5 eine baustellenbeding-te Engstelle VS2 auf der Straße S1 hinter der Kreuzung. Die Recheneinheit 7 übermittelt Assistenzdaten AD an das Fahrzeug 13 in Form einer maximalen Fahrgeschwindigkeit von Vmax = 30 km/h und mit einer räumlichen Gültigkeit für den Straßenabschnitt s12, um den Fahrzeugverkehr gleichmäßig und mit vermindertem Unfallrisiko durch die Engstelle VS2 zu leiten. Die Information über Ort und Zeitraum der baustellenbedingten Eng-stelle VS2 kann die Recheneinheit 7 alternativ auch aus einer anderen Verkehrsinformationsquelle 10, beispielsweise aus einem Baustellenmodul einer Verkehrsmanagementzentrale, erhalten haben.
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Erfasst der Umfeldsensor 5, der den Kreuzungsbereich der Straße S1 mit dem Schienenweg G der Straßenbahn 17 überwacht, oder meldet eine Leitzentrale der Recheneinheit 7, dass sich dieser Kreuzung eine Straßenbahn 17 nähert, dann werden entsprechende Assistenzdaten AD an Fahrzeuge übermittelt, die sich dieser Kreuzung nähern. Die Assistenzdaten AD können ei-ne reduzierte, maximal erlaubte Fahrgeschwindigkeit umfassen, die beispiels-weise auch 0 km/h betragen kann. Die zeitliche Gültigkeit dieser Assistenzdaten wird aufgehoben, sobald erfasst oder gemeldet ist, dass die Straßenbahn 17 die Kreuzung passiert hat.
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Im Unterschied zu 3 wird der Verkehr an der Straßenkreuzung gemäß 2 mittels einer Lichtsignalanlage 14 geregelt.
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Im Falle der nicht signalisierten Kreuzung erfasst der Umfeld-sensor 5 auf die Kreuzung zufahrende Fahrzeuge 2, 15 und 16 und übermittelt diese Umfelddaten UD an die Recheneinheit 7, in der anhand an der Kreuzung gültiger Vorfahrtsregelungen die Verkehrssituation bestimmt wird. Im Falle gleichberechtigter Straßen S1 und S2 gilt die Rechts-vor-links-Regel, so dass als Assistenzdaten AD den Fahrzeugen 2 und 15 auf den Straßenabschnitten s13 und s21 verminderte Maximalgeschwindigkeiten oder Haltegebote vorgegeben werden, bis das jeweils von rechts kommende Fahrzeug 16 bzw. 2 die Kreuzung passiert hat.
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4 zeigt ein typisches Geschwindigkeits-Weg-Diagramm eines automatisierten oder autonomen Fahrzeugs 2, in dem nach rechts der vom Fahrzeug 2 zurückgelegte Fahrweg s und nach oben die Fahrgeschwindigkeit v des Fahrzeugs 2 aufgetragen ist. Dem Fahrzeug 2 wurden als Assistenzdaten AD baustellenbedingt für den Straßenabschnitt s31 eine maximale Fahrgeschwindigkeit von Vmax = 30 km/h vorgegeben, so dass das Fahrzeug 2 stromauf des Straßenabschnitts s seine Fahrgeschwindigkeit v von anfänglich 60 km/h entsprechend verzögert. Die räumliche Gültigkeit dieser Assistenzdaten AD kann beispielsweise über GPS-Koordinaten oder Referenzmarken des Beginns und Endes des Straßenabschnitts s31 vorgegeben sein. Für den Straßenabschnitt s32 erhält das Fahrzeug 2 dann verkehrslagebedingt Assistenzdaten AD im Form einer maximalen Fahrgeschwindigkeit von Vmax = 60 km/h, um einen drohenden Verkehrsstau zu verhindern. Zwischen den Straßenabschnitten s31 und s32 liegen keine Autonomieeingriffe seitens des Assistenzsystems 1 vor, so dass das Fahr-zeug 2 nach der Baustelle erst auf eine Fahrgeschwindigkeit von 90 km/h beschleunigt hat, um später aufgrund einer von Umfeldsensoren 5 erfassten oder von anderen Verkehrsinformationsquellen 10 gemeldeten dichten Verkehrs auf eine Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h zu verzögern.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102015206439 A1 [0005]