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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Rohrprodukt, nämlich Gasgeneratorrohr eines Airbagmoduls, und ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Rohrproduktes.
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Stand der Technik
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Bei Gasgeneratoren in Airbags wird ein hoher Druck in dem Gasgenerator und insbesondere in dem diesen bildenden Rohrprodukt erzeugt. Das unter hohem Druck stehende Medium wird dann in den eigentlichen Airbag geleitet und dieser so befüllt. Aufgrund des abrupten Druckanstiegs, ist das Gasgeneratorrohr abrupt einer hohen Kraft ausgesetzt. Ein Bersten des Gasgeneratorrohres muss verhindert werden, da dieses sonst zu einer Verletzung der Insassen des Kraftfahrzeuges führt.
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Andererseits ist es für die Erzeugung der Form, beispielsweise von Einzügen an den Enden des Rohrproduktes, erforderlich, das Rohrprodukt in der Endphase des Herstellungsprozesses Kaltumformen zu können. Zudem kann auch zum Ausgleich von Geometrietoleranzen ein Kaltziehen nach einer Wärmebehandlung erforderlich sein.
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Darstellung der Erfindung
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Rohrprodukt, nämlich ein Gasgeneratorrohr für ein Airbagmodul zu schaffen, das diesen Anforderungen zuverlässig Rechnung tragen kann. Zudem soll ein Verfahren zur Herstellung diese Rohrproduktes bereitgestellt werden.
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Die Aufgabe wird durch das Rohrprodukt mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen, der Beschreibung und den Figuren.
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Entsprechend betrifft die Erfindung ein Rohrprodukt, nämlich Gasgeneratorrohr eines Airbagmoduls, bestehend aus einer Stahllegierung mit martensitischer Matrix. Das Rohrprodukt ist dadurch gekennzeichnet, dass das Rohrprodukt eine Zugfestigkeit, Rm, von mindestens 1.100 MPa, vorzugsweise mindestens 1.200MPa aufweist, und die Stahllegierung außer Eisen und schmelzbedingter Verunreinigungen die folgenden Legierungselemente aufweist:
C | 0,05 - 0,18% |
Si | 0,4 - 2,6% |
Mn | 0,2 - 1.4% |
Cr | 2,0 - 4,0% |
Mo | 0,05 - 1,0% |
N | < 0,015% und |
mindestens eines der Legierungselemente Nb, V, AI und Ti, zusammen mindestens 0,01 %
und das Rohrprodukt einer Abschreck- und Partitionierungs-Wärmebehandlung unterworfen wurde.
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Das Rohrprodukt stellt einen Teil eines Gasgenerators für ein Airbagmodul dar. Insbesondere ist das Rohrprodukt ein Gasgeneratorrohr. Dieses Gasgeneratorrohr kann wenigstens zwei Längenabschnitte verschiedenen Außenumfangs aufweisen. Insbesondere kann zumindest eines der Rohrenden einen geringeren Außenumfang aufweisen. Insbesondere ist in dem Gasgeneratorrohr eine Brennkammer gebildet, in der ein Zünder sowie weitere pyrotechnische Komponenten vorgesehen sind. Die Brennkammer kann mit einer angeschweißten Scheibe verschlossen sein. Ein weiterer Bereich, der sich an die Brennkammer anschließt dient in der Regel als Kaltgasspeicher. Die Brennkammer ist von dem Kaltgasspeicher durch eine Membran, die auch als Berstscheibe bezeichnet werden kann, getrennt. An den Kaltgasspeicher schließt sich an der anderen Seite ein Diffusor an, der ein oder mehrere Fülllöcher aufweisen kann, über die das Gas in den eigentlichen Airbag geleitet werden kann. Die Erfindung ist nicht auf eine konkrete Gestalt des Gasgeneratorrohres beschränkt. Unabhängig von der Form wird aber beim Aktivieren des Gasgenerators ein hoher Druck erzeugt. Diesem Druck kann das Gasgeneratorrohr gemäß der Erfindung aufgrund der verwendeten Legierung und aufgrund der Herstellung standhalten. Insbesondere weist das Rohrprodukt eine hohe Zähigkeit auf, die ein Bersten des Rohrproduktes verhindert und insbesondere ein Splittern durch Sprödbruch verhindert.
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Die Stahllegierung wird im Folgenden auch als Legierung, Stahl oder Werkstoff bezeichnet. Gehaltsangaben von Legierungselementen sind in Massenprozent angegeben, werden aber gegebenenfalls nur mit Prozent bezeichnet.
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Kohlenstoff (C) ist für die Herstellung des martensitischen Gefüges, das vorzugsweise Austenit aufweist, notwendig. Erfindungsgemäß wird Kohlenstoff in einer Menge im Bereich von 0,05 bis 0,18% zugegeben. Vorzugsweise liegt der Kohlenstoffgehalt im Bereich von 0,06 - 0,13%. Weiter vorzugsweise beträgt der Kohlenstoffgehalt weniger als 0,15%, beispielsweise 0,14%, oder weniger als 0,12%, insbesondere 0,10%. Mindestens erforderlich ist ein Anteil von 0,05% Kohlenstoff, bevorzugt mindestens 0,06 %, um eine hinreichende Austenitstabilisierung während des Partitionings zu erreichen.
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Erfindungsgemäß weist die Stahllegierung einen Siliziumgehalt (Si) im Bereich von 0,4 - 2,6% auf. Silizium kann aufgrund seiner hohen Sauerstoffaffinität als Desoxidationsmittel eingesetzt werden und liegt daher in den meisten beruhigten Stahllegierungen vor. Durch die Anwesenheit von Silizium in den angegebenen Mengen kann eine Karbidbildung verhindert werden, so dass der Kohlenstoff zur Stabilisierung von Austenits zur Verfügung steht. Vorzugsweise liegt Silizium in einer Menge im Bereich von 1,4 - 2,6, vorzugsweise im Bereich von 1,7 - 2,4% und weiter vorzugsweise liegt der Siliziumgehalt im Bereich von 1,8 - 2,2%.
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Chrom (Cr) liegt erfindungsgemäß in einer Menge im Bereich von 2 - 4% vor. Vorzugsweise liegt Chrom in einer Menge im Bereich von 2,5 bis 3,5% und besonders bevorzugt in einer Menge von 3% vor. Durch die Zugabe von Chrom in diesen Mengen kann Chrom als Karbidbildner dienen. Durch das Zulegieren von Karbidbildnern zu Eisen-Kohlenstoff Legierungen besteht bei Temperaturen oberhalb der Starttemperatur des Zwischenstufengefüges Bainit, die auch als Bs (Bainit Starttemperatur) bezeichnet wird, ein Bereich in dem keine Umwandlungen stattfinden. Im Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubild ist dies durch eine vollständige Trennung der Umwandlungsbereiche für Ferrit/Perlit und Bainit erkennbar. Dieser Bereich, in dem keine Umwandlungen stattfinden, wird international auch als Bay bezeichnet. Es hat sich gezeigt, dass sowohl die unerwünschte Bainitbildung als auch die Zementitbildung bei diesen Temperaturen erschwert werden, wenn gezielt Karbidbildner zulegiert werden.
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Molybdän (Mo) liegt in der Stahllegierung in einer Menge im Bereich von 0,05 - 1,0%, vorzugsweise im Bereich von 0,1 bis 0,6%, insbesondere 0,2 bis 0,5%, vor. Durch die Zugabe von Molybdän wird die Anlasssprödigkeit verringert.
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Stickstoff (N) ist in der Legierung in einer geringen Menge von weniger als 0,015% enthalten, vorzugsweise in einer Menge im Bereich von 0,006 - 0,012%. Stickstoff kann bei der Stahlherstellung beispielsweise während des Spülens in die Legierung gelangen.
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Zusätzlich enthält die Stahllegierung zumindest ein Legierungselement zur Reduktion der Wasserstoffversprödungsanfälligkeit. Insbesondere enthält die Stahllegierung zumindest eines der Legierungselemente Niob (Nb), Vanadium (V), Aluminium (AI) und Titan (Ti). In der Stahllegierung kann beispielsweise sowohl Niob als auch Vanadium eingebracht werden in diesem Fall beträgt die Summe der Gehalte von Niob und Vanadium (Nb+V) maximal 0,5%. Vorzugsweise wird aber von diesen beiden Legierungselementen (Nb, V) nur eines in die Legierung eingebracht.
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Niob (Nb) wirkt schon bei der Herstellung des Warmrohres, aus dem das Rohrprodukt vorzugsweise hergestellt wird, als Karbidbildner und bewirkt damit eine Feinkörnigkeit des Gefüges des Rohrproduktes und damit eine verbesserte Kerbschlagzähigkeit. Niob wird vorzugsweise in einer Menge in dem Bereich von 0,015 bis 0,1% zugegeben.
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Vanadium (V) wird vorzugsweise in einer Menge in dem Bereich von 0,025 bis 0,5% zugegeben. Vanadium dient ebenfalls der Bildung eines feinkörnigen Gefüges und verbessert die Kerbschlagzähigkeit durch Bildung von Nitriden und/oder Nitrocarbiden beim der Q&P-Wärmebehandlung. Daher wird Vanadium vorzugsweise in einer Menge zugegeben, die dem Erfordernis V = 3,64*N entspricht.
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Titan (Ti) bindet in der Legierung enthaltenen Stickstoff ab. Dadurch kann eine Bildung von schädlichen Bornitriden verhindert werden, aufgrund derer eine Durchhärtbarkeit nicht mehr gegeben wäre.
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Zudem kann Aluminium (AI) in einer Menge im Bereich von 0,01 - 0,1%, bevorzugt im Bereich von 0,015 - 0,06% vorliegen.
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Erfindungsgemäß ist das Rohrprodukt ein Rohrprodukt, das bei der Herstellung einer Abschreck- und Partitionierungs-Wärmebehandlung (Quenching and Partitioning, Q&P) unterworfen wurde.
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Indem erfindungsgemäß das Rohrprodukt aus der neuartigen Legierung hergestellt ist und zudem einer Q&P-Wärmebehandlung unterworfen wurde, weist das Rohrprodukt eine hohe Festigkeit und gleichzeitig gut Kerbschlagwerte auf und ist kaltumformbar.
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Gemäß einer Ausführungsform weist die Stahllegierung einen Mangangehalt (Mn) von < 2,0% auf. Alternativ kann der Mangangehalt auch bei <0,7% liegen. Vorzugsweise liegt der Mangangehalt im Bereich von 0,2 - 1,4% und weiter vorzugsweise im Bereich von 0,3 - 0,9%.
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Optional kann die Stahllegierung Nickel (Ni) in einer Menge von maximal 3%, vorzugsweise bis zu 0,5% und besonders bevorzugt 0,1% aufweisen.
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Optional kann die Stahllegierung Bor (B) aufweisen. In diesem Fall liegt die Menge an Bor im Bereich von 0,001 - 0,004% vor. Es hat sich gezeigt, dass Bor die kritische Abschreckrate für Martensit absenkt. Somit kann das erforderliche Gefüge zuverlässig eingestellt werden. Wird kein oder zu wenig Bor in die Legierung eingebracht, kann es zu einem Austenitzerfall während der Wärmebehandlung, insbesondere des Quenching and Partitioning (Q&P) kommen, wodurch vor allem Bainit entstehen würde, bevor das Partitioning begonnen hat.
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Vorzugsweise weist das Rohrprodukt ein Gefüge aus Martensit und Austenit auf, wobei der Anteil von Austenit im Bereich von 5 bis 20% liegt und vorzugsweise weniger als 15% ist. Der Austenit liegt vorzugsweise als feinkörniger, lamellarer Austenit vor. Je geringer der Austenitgehalt, um so feiner ist dessen Gefüge. Daher wird der Austenitgehalt vorzugswiese auf weniger als 15% begrenzt.
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Besonders bevorzugt beträgt die Menge von Austenit in dem Gefüge, ermittelt in 1 mm Tiefe gemessen von der Rohraußenfläche, mehr als 5 %. Über die Dicke der Rohrwand weist der Austenitanteil einen degressiv steigenden Verlauf sowie in einem Abstand zu der Rohraußenfläche einen ausgeprägten nahezu konstanten Austenitanteil auf, so dass erfindungsgemäß bevorzugt insgesamt eine geringe Streuung der Streckgrenze, Bruchdehnung, Kerbschlagzähigkeit zu verzeichnen ist.
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Vorzugsweise weist das Gefüge Bainit, Ferrit und/oder Perlit in einer Gesamtmenge von weniger als 10% vorzugsweise weniger als 5% auf.
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Vorzugsweise weist das Rohrprodukt ein Energieaufnahmevermögen, ausgedrückt durch das Produkt aus Zugfestigkeit, Rm, und Bruchdehnung, A5, von 18.000 MPa% auf.
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Vorzugsweise weist das Rohrprodukt eine Übergangstemperatur von- 40°C und vorzugsweise - 60°C auf. Die Übergangstemperatur, die auch als Ductile-to-Brittle Transition Temperature (DBTT) bezeichnet wird, definiert die Temperatur, bei der die Zähigkeitseigenschaften von einer Hochenergielage, die einfach auch als Hochlage bezeichnet werden kann, in eine Tiefenergielage, die einfach auch als Tieflage bezeichnet werden kann, übergehen. Beim Abkühlen unter die Übergangstemperatur kommt es zu einem starken Abfall der Kerbschlagarbeit und damit zu Sprödbruch. Die Übergangstemperatur kann in einem Ring-Charpy-Versuch ermittelt werden, bei welchem aus dem fertigen Rohrprodukt ein ringförmiger Ausschnitt geschnitten, mit einer definierten Kerbe versehen und sodann in einer Pendelschlagvorrichtung geprüft wird. Insbesondere weist das Rohrprodukt auch bis zu -60°C ein duktiles Verhalten auf. Die Charpy-Schlagfestigkeit wird vorzugsweise gemäß dem Standard der Japanese Standards Association (JSA) JIS Z 2242 entsprechend der ISO 179 gemessen, und der Rohrberstdrucktest wird vorzugsweise gemäß ISO 1167; 1996 (E) durchgeführt.
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Beispiele von Stahllegierungen, die für das erfindungsgemäße Rohrprodukt verwendet werden können sind die folgenden hochlegierten Stähle
- Legierung 1 (C: 0,10%, Cr:3%, Si: 2%, Mo: 0,3%, Mn: 0,4%, Ni: 0,1% und Nb, vorzugsweise im Bereich von 0,015 - 0,1%)
- Legierung 2 (C: 0,14%, Cr: 2%, Si: 0,5%, Mo: 0,3%, Mn: 0,4%, Ni: 0,1% und Nb, vorzugsweise im Bereich von 0,015 - 0,1%)
- Legierung 3 (C: 0,14%, Cr: 2%, Si: 1,3%, Mo: 0,3%, Mn: 0,4%, Ni: 0,1% und Nb, vorzugsweise im Bereich von 0,015 - 0,1%)
- Legierung 4 (C: 0,14%, Cr: 3%, Si: 1,3%, Mo: 0,3%, Mn: 0,4%, Ni: 0,1% und Nb, vorzugsweise im Bereich von 0,015 - 0,1%).
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Mit zunehmendem Chromgehalt beziehungsweise zunehmendem Siliziumgehalt dieser Beispiele steigen die technischen Kennwerte, insbesondere die Zugfestigkeit. Allerdings steigen dabei auch die Kosten der Stahllegierung.
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Die oben gestellte Aufgabe wird weiterhin durch ein Verfahren zur Herstellung des Rohrproduktes mit den Merkmalen des Anspruchs 14 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen des Verfahrens ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie der vorliegenden Beschreibung und den Figuren.
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Entsprechend wird ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Rohrproduktes, nämlich Gasgeneratorrohr für Airbagmodul, vorgeschlagen. Das Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren einen Abschreckschritt und einen Partitionierungsschritt umfasst, wobei der Abschreckschritt eine aktive Kühlphase und eine darauffolgende passive Kühlphase umfasst.
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Vorteile und Merkmale, die bezüglich des Rohrproduktes beschrieben wurden, gelten - soweit anwendbar - entsprechend für das erfindungsgemäße Verfahren und werden daher gegebenenfalls nur einmalig beschrieben.
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Zunächst erfolgt eine Austenitiserung vor den Quenching und Partitioning-Schritten. Dabei wird bevorzugt eine induktive Erwärmung durchgeführt, so dass das Rohrprodukt sehr schnell auf die Zieltemperatur erwärmbar ist, wodurch in Kombination mit der erfindungsgemäßen Legierung, insbesondere dem zuvor definiertem bevorzugten Niobanteil nur ein geringes schädliches Kornwachstum des Austenits stattfindet. Alternativ sind Schnellaufheizmethoden wie Widerstandsheizung oder Kontakterwärmung anwendbar.
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Der Abschreckschritt wird im Folgenden auch als Quenching-Schritt und der Partitionierungsschritt als Partitioning-Schritt bezeichnet.
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Durch diese Wärmebehandlung kann der Austenit, der bei der erfindungsgemäßen Legierung in einer großen Menge gebildet wird, stabilisiert werden und so können die gewünschten Produkteigenschaften gezielt eingestellt werden.
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Durch die Q&P-Wärmebehandlung wird eine Zweiphasen-Mikrostruktur, die im Wesentlichen aus niederkohlenstoff-Martensit, insbesondere angelassenem Martensit, und Austenit, im Folgenden auch genannt Restaustenit besteht, erzeugt.
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Während des Quenching-Schritts wird der Stahl zunächst vollständig austenitisiert, das heißt auf eine Temperatur größer der Ac3 Temperatur der Stahllegierung erwärmt und dann auf eine Temperatur abgeschreckt, die zwischen der Martensit-Starttemperatur und der Martensit-Endtemperatur liegt. Somit wird ein Teil des Austenits in Martensit umgewandelt. Aufgrund der unterdrückten Eisenkarbidausscheidung (Zementitausscheidung) diffundiert der Kohlenstoff während des darauffolgenden Partitioning-Schrittes von dem übersättigten Martensit zum Restaustenit. Kohlenstoff stabilisiert den Austenit, wodurch die Martensit-Starttemperatur des kohlenstoffangereicherten Austenit lokal auf unter Raumtemperatur abgesenkt wird. Daher wird bei einem Endabschrecken auf Raumtemperatur kein hochkohlenstoffhaltiger Martensit gebildet und durch Kohlenstoff angereicherter Austenit verbleibt. Der Martensit, der vorzugsweise angelassen ist, erhöht die Festigkeit und der Restaustenit gewährleistet durch den sogenannten Transformation Induced Plasticity-Effect (TRIP-Effekt) weiterhin gute Dehnungseigenschaften.
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Erfindungsgemäß wird das Quenching optional in zwei Phasen durchgeführt. Diese Ausführungsform ist insbesondere für die Fertigungsroute bevorzugt, bei der das Rohrprodukt aus einer Luppe gefertigt wird. In der ersten Kühlphase wird die Luppe vorzugsweise mit einer Kühlrate, die größer ist, als die kritische Abkühlgeschwindigkeit der Legierung, auf eine Temperatur T1 gekühlt wird. T1 liegt hierbei zwischen der Martensit-Start-Temperatur (Ms Temperatur) und Ms +/- 100°C. In der zweiten, passiven Kühlphase wird die Luppe bei einer geringeren Abkühlgeschwindigkeit, insbesondere an Luft auf eine Temperatur T2 gekühlt. Dies bedeutet, dass in der passiven Kühlphase die Luppe durch natürliche Konvektion an Luft gekühlt wird. Je nach der Wanddicke, dem Außendurchmesser und der Herstellung kann die Dauer der zweiten Kühlphase beispielsweise im Bereich von 60s bis 10min liegen. Die Temperatur T2 liegt zwischen 150°C und der Martensit-Start-Temperatur (Ms). Die konkrete Temperatur T2 ist von dem Kohlenstoffgehalt der Legierung, aus der das Rohrprodukt besteht, abhängig. Je niedriger der Kohlenstoffgehalt, umso höher wird die Temperatur T2 in dem bevorzugten Bereich zwischen 150°C und Ms gewählt. Durch die zweite, passive Kühlphase ergibt gegenüber einer einstufigen nur aktiven Kühlung eine gleichmäßige Temperaturverteilung in der Rohrwand, wodurch erfindungsgemäß eine geringe Streuung der Streckgrenze, Bruchdehnung, Kerbschlagzähigkeit sowie des Restaustenitanteils über die Rohrwand eingestellt wird. Die Restaustenitanteile bzw. dessen Streuung über die Rohrwand lässt sich beispielsweise sehr präzise mittels Synchrotron in bekannter Weise ermitteln.
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In einer Ausführungsform wurde dabei ein 15 Millimeter dickes erfindungsgemäßes Rohrprodukt an der Rohraußenseite an einem oberflächennahen Messpunkt in einer Tiefe von 1mm ein Austenitanteil von 10 Prozent ermittelt, in einer Tiefe von 4mm ein Austenitanteil von 20 Prozent. Daraus folgt eine Streuung des Restaustenitanteils um einem Faktor von ca. 2 über die Rohrwanddicke. Im Gegensatz dazu wäre bei einer schnellen ausschließlich aktiven Abkühlung eine inhomogene Wandtemperaturverteilung und oberflächennah an der Außenseite ein Restaustenitgehalt von weniger als 5 Prozent vorhanden.
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Gemäß einer alternativen Ausführungsform wird das Rohrprodukt in der aktiven Kühlphase mit einer Kühlrate größer der kritischen Abkühlgeschwindigkeit auf eine Temperatur T1 gekühlt, die zwischen der Martensit-Start-Temperatur und der Martensit-Starttemperatur minus 150°C liegt. Bei dieser Ausführungsform entfällt der zweite passive Kühlschritt. Diese Ausführungsform ist insbesondere für die Fertigungsroute für fertig abgelängte Airbagrohre vorteilhaft.
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In dem Partitionierungsschritt wird das Rohrprodukt oder die Luppe auf eine Temperatur T3 erwärmt, die größer als die Martensit-Start-Temperatur der Stahllegierung und vorzugsweise kleiner gleich 500°C ist, und für auf dieser Temperatur gehalten. Die Dauer des Erwärmens und Haltens liegt vorzugsweise in dem Bereich zwischen 30s und 1200s betragen. Die Mindestdauer bestimmt sich durch die zum Erwärmen verwendete Technologie und liefert einen minimalen aber noch ausreichenden Partitioning Effekt. Bei Erreichen der maximalen Dauer wird kein positiver Einfluss mehr auf die Partitionierung erhalten und zudem ist ein zu langes Halten auf der Temperatur mit hohen Kosten verbunden und daher nicht mehr wirtschaftlich.
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Die Wärmebehandlung, insbesondere der Schritt des Partitionings wird erfindungsgemäß vorzugsweise mit induktiver Erwärmung durchgeführt. Hierdurch können die gewünschten Heizraten und Haltephasen gezielt eingestellt werden. Nach dem Partitioning wird das Rohrprodukte an Luft oder aktiv auf Raumtemperatur abgekühlt.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt des Kaltumformens, insbesondere Kaltziehens zumindest eines Teils des Rohrproduktes nach dem Partitionierungsschritt. Aufgrund der verwendeten Stahllegierung und des Q&P-Schritts, ist das Rohrprodukt nach dem Partitioniungsschritt gut kaltumformbar. Durch einen Kaltzug nach dem Q&P-Schritt kann daher die Festigkeit des Rohrproduktes weiter gesteigert werden und zudem können Geometrietoleranzen ausgeglichen werden. Zudem kann eine Kaltumformung aber auch beispielsweise das Formen von Einzügen an dem Gasgeneratorrohr sein. Auch diese ist aufgrund der guten Kaltumformbarkeit bei dem erfindungsgemäßen Rohrprodukt möglich.
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Figurenliste
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Eine Ausführungsform der Erfindung wird durch die nachfolgende Beschreibung der Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1: eine schematische Darstellung eines Rohrprodukts in einer Ausführungsform als Gasgeneratorrohr für Airbagmodul;
- 2: eine schematische Darstellung der Wärmebehandlung gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung;
- 3: eine schematische Darstellung der Wärmebehandlung gemäß einer zweiten Ausführungsform der Erfindung; und
- 4: einen Rohrwandabschnitt eines erfindungsgemäßen Rohrprodukts gemäß zweier Ausführungsformen der Erfindung mit zugehörigem Diagramm des Austenitgehalts in der Rohrwand.
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In 1 ist eine Ausführungsform Gasgenerator 1 für ein Airbagmodul (nicht gezeigt) gezeigt. Der Gasgenerator 1 umfasst ein Rohrprodukt 10, nämlich ein Gasgeneratorrohr gemäß der Erfindung. In der in 1 dargestellten Ausführungsform sind die Rohrenden 101 verjüngt beziehungsweise eingezogen. Die Verjüngung der Rohrenden 101 kann durch Kaltumformung erzeugt werden. Die Rohrenden 101 weisen in der dargestellten Ausführungsform jeweils einen Durchmesser D1 auf, der geringer ist als der Durchmesser D0 des Rohrelementes 10 in dessen mittleren Bereich 102. Die Durchmesser der Rohrenden 101 können auch verschieden sein. In der in 1 gezeigten Ausführungsform weist der Gasgenerator 1 eine Brennkammer 14 auf, in der ein Zünder 12 sowie die weiteren pyrotechnischen Komponenten vorgesehen sind. An dem einen Rohrende 101 ist die Brennkammer 14 mit einer daran angeschweißten Scheibe 17 verschlossen. An die Brennkammer 14 schließt sich der Kaltgasspeicher 15 an. Dieser ist von der Brennkammer 14 durch die Membran 11, die auch als Berstscheibe bezeichnet werden kann, getrennt. Der Kaltgasspeicher 15 liegt in dem mittleren Bereich 102 des Rohrelementes 10, das den größeren Durchmesser D0 aufweist. An den Kaltgasspeicher 15 schließt sich der Diffusor 13 an. In der 1 ist in dem Bereich des Diffusors 13 ein Füllloch 16 gezeigt. Das Rohrende 101 des Diffusors 13 ist mit einer Scheibe 17 verschweißt, das heißt durch diese verschlossen.
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In 2 ist gezeigt, dass das Rohrprodukt, das bei dieser Ausführungsform bei der Wärmebehandlung als Luppe vorliegen kann, in einem ersten Schritt auf eine Temperatur erhitzt wird, die höher als die Ac3-Temperaturdes Werkstoffes des Rohrproduktes ist. In einem ersten Abschreckschritt wird das Rohrprodukt mit einer hohen Kühlrate auf eine Temperatur T1 abgekühlt, die in der gezeigten Ausführungsform oberhalb der Martensit-Start-Temperatur, Ms, liegt. Hierdurch kann die Quenching-Temperatur prozesssicher erreicht werden. In einem zweiten Kühlschritt wird das Rohprodukt durch passives Kühlen, beispielsweise durch den Transport des Rohrproduktes bei der Herstellung auf eine Temperatur T2 abgekühlt, die unterhalb der Ms-Temperatur liegt. In dem Partitionierungsschritt wird anschließend das Rohrprodukt auf eine Temperatur T3 erwärmt, die oberhalb der Ms-Temperatur liegt und auf dieser Temperatur gehalten.
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Das Verfahren nach 3 unterscheidet sich von der ersten Ausführungsform nach 2 dadurch, dass in der zweiten Ausführungsform in 3 der Abschreckschritt nur einen aktiven Kühlschritt umfasst. Hierbei wird das Rohrprodukt in der aktiven Kühlphase mit einer Kühlrate größer der kritischen Abkühlgeschwindigkeit auf eine Temperatur T1 gekühlt, die zwischen der Martensit-Start-Temperatur und der Martensit-Starttemperatur - 150°C liegt. Ein passiver Kühlschritt wird nicht ausgeführt. Vielmehr wird das Rohrprodukt unmittelbar von der Temperatur T1 auf eine Temperatur T3 erwärmt, die größer als die Martensit-Start-Temperatur liegt, und vorzugsweise kleiner gleich 500°C ist.
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4 zeigt einen Rohrwandabschnitt eines erfindungsgemäßen Rohrprodukts mit zweiphasiger Abkühlung. Das zugehörige Diagramm zeigt auf der Horizontaltachse den Abstand D bzw. die Messstelle, gemessen von der Rohraußenseite 103, und auf der Vertikalachse der Austenitanteil A. Erkennbar ist in Kurve K1 ein insgesamt über die Rohrwand von der Rohraußenseite zur Rohrinnenseite 104 degressiv ansteigender Austenitanteil A1.1 und ein ausgeprägter nahezu konstanter Austenitanteil A1.2 bereits nach weniger als der Hälfte der Rohrwanddicke WD. Im Vergleich dazu zeigt Kurve K2 ein Rohrprodukt mit nur einer aktiven Abkühlung. Dabei ist sowohl ein vergleichsweise geringer Austentitanteil der Rohraußenseite als auch ein deutlich flacherer Anstieg erkennbar.
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In dem Kaltgasspeicher 15 kann beispielsweise ein Druck von 580 bar herrschen. In der Brennkammer 14 kann sich der Druck beim Zünden des Zünders von beispielsweise 580 bar auf 1.200 bar erhöhen. Diesem Druck kann das erfindungsgemäße Rohrprodukt 1, nämlich das Gasgeneratorrohr, aufgrund seiner Eigenschaften zuverlässig standhalten, ohne, dass Sprödbruch oder Ausweitung eines spröden Risses zu befürchten ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Gasgenerator
- 10
- Gasgeneratorrohr
- 101
- Rohrende
- 102
- mittlerer Bereich
- 103
- Rohraußenseite
- 104
- Rohrinnenseite
- 11
- Membran
- 12
- Zünder
- 13
- Diffusor
- 14
- Brennkammer
- 15
- Kaltgasspeicher
- 16
- Füllloch
- 17
- Scheibe
- A
- Austenitanteil
- D
- Abstand
- WD
- Wanddicke
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- ISO 179 [0028]
- ISO 1167 [0028]