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Die Erfindung betrifft eine Verwendung eines Reifenprüfstands zur Lenkungsauslegung für Kraftfahrzeuge unter Berücksichtigung von relevanten Reifeneigenschaften, in einem Verfahren und als Vorrichtung dazu, nach dem Oberbegriff des ersten Anspruchs oder zweiten Anspruchs.
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Prüfstände für Kraftfahrzeugfahrwerke sind bereits bekannt. So beschreibt die
DE 1116 439 einen Schwingungsprüfstand, mit dessen Hilfe einem Kraftfahrzeugrad Bewegungsvorgänge aufgezwungen werden können, die einem beliebigen Fahrbahnunebenheitsgesetz entsprechen, das vorher durch Vermessung der wirklichen Fahrbahnunebenheit ermittelt worden ist. Dazu besitzt der Schwingungsprüfstand einen in senkrechter Richtung geführten Schwingtisch, auf den drei in der Amplitude, der Frequenz und der Phasenlage veränderbare Schwingbewegungen über einen in sich steifen Körper einwirken, in welchen die Schwingbewegungen an drei in einer Ebene, jedoch nicht in einer Linie liegenden Punkten eingeleitet und von welchem die Bewegungen des Schwingtisches von einem weiteren, nicht auf den gedachten Verbindungslinien zwischen den drei Punkten liegenden Punkt abgeleitet werden. Ein solcher Achskinematikprüfstand kann über einen bis vier solche Schwingtische verfügen, zum Beispiel einer für jedes Rad, welche jeweils fünf Freiheitsgrade besitzen und beide Achsen des Kraftfahrzeugs von unten anregen.
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Im Rahmen einer Lenkungsauslegung für Kraftfahrzeuge stellt eine maximal auftretende Zahnstangenkraft eine maßgebliche Größe für die Auswahl eines Lenkungskonzepts dar. Zur Ermittlung der maximal auftretenden Zahnstangenkraft ist bereits bekannt, eine Standparkiermessung durchzuführen, nach einem Verfahren wie in der
DE 10 2017 203 920 B4 beschrieben, durch Lenken im Stand bei gebremsten Rädern.
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Die auf die Zahnstange einer Lenkanlage wirkenden Kräfte entstehen im Wesentlichen durch Reifenkräfte und -momente, insbesondere durch ein Bohrmoment, das Drehmoment um eine Raddreh-Hochachse. Das beim Lenken des Kraftfahrzeugs entstehende Bohrmoment ist so ein entscheidender Faktor für die Auswahl und Dimensionierung eines Lenksystems für ein Kraftfahrzeug.
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Es sind bisher keine Verfahren bekannt, mit denen die Reifenkräfte, unter den Randbedingungen des Standparkierens, mittels eines Prüfstands gemessen werden können. Diese Randbedingungen sind hierbei ein gebremstes Rad, große Sturzwerte von (10° bis +10°, große Lenkwinkel des Rades -50° bis +50° und eine sehr geringe Translationsgeschwindigkeit des Rads in lateraler und longitudinaler Richtung.
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Deshalb ist es Aufgabe der Erfindung, einen solches Verfahren und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens mittels eines Prüfstands bereit zu stellen, mit dem/der die standparkierspezifischen Randbedingungen zuverlässig und zeitsparend nachgebildet werden können.
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Die Aufgabe wird durch die Verfahrensschritte des ersten oder zweiten Patentanspruchs gelöst. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens beschreiben die abhängigen Ansprüche.
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Nach der Erfindung ist ein Verfahren zum Ermitteln von bei einem Lenkeinschlag auf eine Zahnstange einer Zahnstangenlenkung eines zweispurigen Kraftfahrzeugs einwirkenden Maximalkräften bei einer Standparkierung des Kraftfahrzeugs, indem, auf einem Prüfstand, über dessen Schwingtisch Bewegungen und/oder Belastungen auf einen Reifen eines Rades aufgebracht werden, dadurch gekennzeichnet, dass dazu die an einem Reifen entstehenden Kräfte gemessen werden, indem dieser mittels des Schwingtisches so verschoben wird, dass die Verschiebung identisch ist mit einer Verschiebung, die dem Reifen, eingebaut im Kraftfahrzeug, bei einer Standparkierung wiederfahren würde, wozu entweder mittels eines Simulationsmodells, welches wenigstens ein Modell einer Achskinematik und eines Lenksystems des Kraftfahrzeugs enthält, die Reifenverschiebung berechnet, oder eine bekannte, eingegebene Reifen-Verschiebung verwendet, und entsprechend durch den Schwingtisch nachgefahren wird, während dessen Reifenkräfte gemessen werden, aus denen ermittelt wird, wie hoch die maximal auftretende Zahnstangenkraft ist.
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Das hat den Vorteil, dass beim Messaufbau nur der Reifen verwendet werden muss und kein gegenständliches Lenksystem mit Achskinematik notwendig ist. Es kann somit die Zahnstangenkraft auch unter Variation der Achskinematik prognostiziert werden. Die hohe Prognoseunschärfe der Lenkungskräfte, welche beim Stand der Technik maßgeblich durch den virtuellen Reifen oder durch Reifenmodelle hervorgerufen werden, wird durch den Einsatz eines realen Reifens eliminiert.
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Eine vorteilhafte Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens ist ein Prüfstand, aufweisend wenigstens einen Schwingtisch zur Aufbringung von Bewegungen und/oder Belastungen auf den Reifen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass das Rad starr an einer Haltevorrichtung des Prüfstands befestigt ist, die über eine Kraftmessdose zur Messung der Kräfte und Momente im Radmittelpunkt verfügt.
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Das hat den Vorteil, dass der zu prüfende Reifen starr eingespannt werden kann, weil der Schwingtisch die notwendigen Bewegungen und Belastungen auf den Reifen aufbringt. Bewegungen sowie Belastungen auf den Reifen können so vorteilhafterweise sehr realitätsnah simuliert werden.
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Eine solche Modifizierung eines bekannten Achskinematikprüfstands ermöglicht unter Verwendung einer Haltevorrichtung die Nutzung eines Schwingtischs auch zur Reifenprüfung bezüglich der Lenkstangenkräfte. So kann für die Messaufgabe an der Vorderachse des Kraftfahrzeugs wenigstens einer der Schwingtische mit einer Haltevorrichtung zusammen eine Prüfung des Reifens ermöglichen. Zudem ist die Haltevorrichtung so ausgeführt, dass mittels einer Kraftmessdose eine Messung der Kräfte und Momente im Reifenmittelpunkt nach ISO-C möglich ist.
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Bei bevorzugten Ausführungen der Erfindung besitzt der Prüfstand eine Schnittstelle zu einem Steuergerät zur Verwendung einer Mehrkörpersimulationssoftware, vorzugsweise ADAMS
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Weitere Vorteile der Erfindung sind eine bessere Reproduzierbarkeit der Messungen aufgrund einer steifen Fahrbahn und aufgrund der Möglichkeit einer Verschiebung des Reifens in x-Richtung und y-Richtung, durch die eine dem Parkieren sehr nahekommende Bewegungsabfolge entsteht. Eine Simulation eines blockierten Rades ist einfach möglich, ebenso kann ein Sturzwinkel simuliert werden. So entsprechen die Prüfstandssimulationen mehr den realen Bedingungen beim Bewegen des Kraftfahrzeugs, da über den Achskinematikprüfstand auf den Reifen Kräfte ausgeübt werden können, die zu Bewegungen führen, die der Reifen auf der entsprechenden Kraftfahrzeugachse genauso machen würde.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines bevorzugten, schematisch gezeichneten Ausführungsbeispiels weiter erläutert, wobei der erfindungsgemäße Prüfstand nur teilweise dargestellt ist. Erfindungswesentlich können hier sämtliche näher beschriebenen Merkmale sein. Es zeigen:
- 1: eine Darstellung nach dem Stand der Technik, eines Prüfstandsszenarios für einen Reifen an einem Schwingtisch eines Achskinematikprüfstands, zur Erklärung der an diesem auf den Reifen wirkenden Kräfte und Momente in einem Reifenkoordinatensystem und
- 2: einen teilweise dargestellten Prüfstand in einer erfindungsgemäßen Ausführungsform zum Festlegen eines Reifens eines Kraftfahrzeugs, dieser und eine Kraftmessdose in Explosionsdarstellung gezeichnet, in einer dreidimensionalen Ansicht.
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1 zeigt, dreidimensional, schematisch dargestellt, ein physikalisches Modell nach dem Stand der Technik, zur Darstellung von an einem Prüfstand befindlichen Reifen 1 wirkenden Kräften und Momenten. Der Reifen 1 ist auf einer gedachten bzw. simulierten Fahrbahn 2 dargestellt und steht an einem Radaufstandspunkt P auf der Fahrbahn 2. Ein strichpunktiert gezeichneter Schwingtisch 3 des Prüfstands bildet eine Tangentialebene auf die gewölbte Fahrbahn 2 im Radaufstandspunkt P und der Schwingtisch 3 simuliert durch seine Anregung eine Drehung des Reifens 1 um den Radmittelpunkt C um eine Drehachse yc, entsprechend des Verlaufs der simulierten Fahrbahn 2. Der Reifen 1 steht dabei allerdings nur physikalisch gesehen in einem Punkt P auf der Fahrbahn 2 auf, in Wirklichkeit steht er auf einer Reifenaufstandsfläche, die als Latsch L bezeichnet wird. Für die folgenden Darstellungen wird von einem rechtshändigen Koordinatensystem ausgegangen, wie in der 1 dargestellt. Die x-Achse des Koordinatensystems entspricht einer Spur des Reifens 1 und die y-Achse ist eine Parallele der Drehachse yc durch den Radaufstandspunkt P. Die z-Achse ist eine Verbindungsgerade durch Radaufstandspunkt P und Radmittelpunkt C. Der Radaufstandspunkt P ist somit jener Punkt der den Abstand zwischen gewölbter Fahrbahn 2 und Radmittelpunkt C minimiert. Damit ergeben sich am Reifen 1 gemäß des gewählten Koordinatensystems eine Vertikalkraft Fz, eine Längskraft Fx in Richtung der Spur und eine Querkraft Fy, ein Rollwiderstandsmoment My, ein Bohrmoment Mz und ein Kippmoment Mx. Diese Kräfte und Momente werden zusammengefasst auch als Reifen-Kraftwinder oder als Schraube zweiter Art oder Dyname bezeichnet. Der Reifen- Kraftwinder ist als intrinsische physikalische Größe von der Zerlegung in ein bestimmtes Koordinatensystem unabhängig. Die in einem fahrbahnfesten Koordinatensystem beobachtete Geschwindigkeit des Radaufstandspunktes P des virtuellen Fahrzeugs wird mit V(P) bezeichnet. Die Projektion von V(P) auf die Spur wird Längsgeschwindigkeit genannt und mit vx abgekürzt. In gleicher Weise ergibt sich eine Quergeschwindigkeit des Fahrzeugs in y-Richtung.
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2 zeigt einen Teil eines feststehenden Prüfstandsgrundgerüsts 7 eines Achskinematikprüfstands zum Messen, beziehungsweise Berechnen, von oben genannten physikalischen Größen, unter anderem mittels eines Schwingtisches 3 zur Anregung eines Reifens 1 nach einem Modell wie in 1 dargestellt. Dazu wird, wie durch einen Pfeil 4 angedeutet dargestellt, der Reifen 1 auf einer nicht gezeichneten Felge oder Messnabe an einer feststehenden Haltevorrichtung 5 fixiert und über den Schwingtisch 3 mittels eines Messprogramms des Achskinematikprüfstands in einem Messlauf angeregt. So ist für die Messaufgabe an der nicht vorhandenen Vorderachse eines Kraftfahrzeugs wenigstens einer der Schwingtische 3 des Achskinematikprüfstands mit einer Haltevorrichtung 5 am Prüfstandsgrundgerüst 7 ausgerüstet und ermöglicht dadurch, zusammen mit der Prüfung der Achskinematik, eine Prüfung des Reifens 1, durch Nutzung des Schwingtisches 3 auch zur Ermittlung von Lenkstangenkräften, im Wesentlichen hervorgerufen durch das Bohrmoment Mz (1).
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Die Haltevorrichtung 5 ist dazu so ausgeführt, dass mittels einer Kraftmessdose 6, deren Einbau in die Haltevorrichtung 5 durch einen Pfeil 8 angedeutet symbolisch dargestellt ist, eine Messung der Kräfte und Momente im Radmittelpunkt C nach der Norm ISO-C möglich ist. Der Prüfstand kann zur vereinfachten Simulation eine Schnittstelle zu einem nicht gezeichneten Steuergerät besitzen, das eine Verwendung einer Mehrkörpersimulationssoftware erlaubt, insbesondere der mit der Handelsbezeichnung ADAMS.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 1116439 [0002]
- DE 102017203920 B4 [0003]