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Die Erfindung betrifft einen insbesondere elektromotorisch angetriebenen linearen Stellantrieb sowie ein Verfahren zum Betrieb eines solchen Stellantriebs.
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Lineare, elektromotorisch betätigte Stellantriebe sind sowohl in industriellen Anwendungen als auch in Kraftfahrzeugen, beispielsweise zur Betätigung von Feststellbremsen oder als Komponenten verstellbarer Fahrwerke, gängig. Beispiele linearer Stellantriebe, die Messsysteme umfassen, sind in den Dokumenten
DE 10 2015 204 071 B4 ,
DE 10 2015 204 073 B4 und
DE 10 2015 204 074 B4 offenbart.
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Getriebe, die eine Rotation in eine lineare Stellbewegung umsetzen, können entweder schlupffrei oder schlupfbehaftet ausgeführt sein. Ein einfaches Bewegungsgewinde, beispielsweise in Form eines Trapezgewindes, stellt ein schlupffreies Rotativ-Linear-Getriebe dar. Dies bedeutet, dass eine definierte Änderung der Winkellage des antreibenden Elementes, insbesondere einer Gewindestange, in einen definierten Vorschub des angetriebenen Elementes, in diesem Fall einer Mutter, umgesetzt wird. Ein solcher fester Zusammenhang zwischen der Position eines antreibenden Elementes und der Position eines angetriebenen Elementes ist auch bei einem Kugelgewindetrieb gegeben. Der Aufbau eines Kugelgewindetriebs ist zum Beispiel in der
DE 10 2017 108 896 A1 beschrieben. Prinzipiell kann ein Kugelgewindetrieb entweder zur Umsetzung einer rotativen Bewegung in eine lineare Bewegung oder zur Umsetzung einer linearen Bewegung in eine Rotation genutzt werden, wobei die letztgenannte Variante einen nicht selbsthemmenden Aufbau des Kugelgewindetriebs voraussetzt.
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Eine weitere mögliche Bauform eines Rotativ-Linear-Getriebes stellt ein Planetenwälzgewindetrieb dar. In diesem Zusammenhang wird beispielhaft auf die Dokumente
DE 10 2011 088 995 A1 und
EP 2 607 750 B1 hingewiesen. Im Unterschied zu einem Kugelgewindetrieb handelt es sich bei einem Planetenwälzgetriebe um ein schlupfbehaftetes Rotativ-Linear-Getriebe. Dies gilt in Ausführungsformen, in denen entweder die Gewindspindel oder die Spindelmutter des Planetenwälzgetriebes als Antriebselement und das jeweils andere Element als Abtriebselement fungiert. Planetenwälzgewindetriebe mit angetriebenem Planetenträger sind dagegen - ebenso wie Kugelgewindetriebe oder einfache Bewegungsgewinde - steigungstreue Rotativ-Linear-Getriebe.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ausgehend vom genannten Stand der Technik messtechnische Verbesserungen bei Stellantrieben mit Rotativ-Linear-Getriebe zu erzielen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch einen linearen Stellantrieb mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Ebenso wird die Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb eines linearen Stellantriebs gemäß Anspruch 6. Im Folgenden im Zusammenhang mit dem Betriebsverfahren erläuterte Ausgestaltungen und Vorteile der Erfindung gelten sinngemäß auch für die Vorrichtung, das heißt den Stellantrieb, und umgekehrt.
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Der Stellantrieb umfasst ein als Rotativ-Linear-Getriebe ausgebildetes Stellgetriebe, einen zu dessen Betätigung vorgesehenen Stellmotor, sowie ein erstes, dem Stellmotor zugeordnetes Messsystem, welches direkt oder indirekt Änderungen der Winkellage des Rotors des Stellmotors erfasst. Weiter umfasst der Stellantrieb ein zweites Messsystem, welches zur Detektion mehrerer Referenzpositionen eines linear beweglichen Abtriebselementes des Rotativ-Linear-Getriebes ausgebildet ist, wobei mindestens eine der Referenzpositionen keine Endlage, das heißt keine Anschlagsposition, des Abtriebselementes ist, und wobei eine mit beiden Messsystemen verknüpfte Steuerung zur Einstellung des ersten Messsystems vorgesehen ist. Die Einstellung betrifft mindestens einen Parameter des ersten Messsystems, insbesondere einen Parameter, der mit dem Schlupf des Rotativ-Linear-Getriebes in Zusammenhang steht.
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Die beiden datentechnisch miteinander verknüpften Messsysteme ermöglichen einen geregelten Betrieb des Stellantriebs, das heißt die Ausführung geregelter Bewegungen des Abtriebselementes des Rotativ-Linear-Getriebes.
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Bei dem Stellmotor handelt es sich vorzugsweise um einen Elektromotor. Hierbei kann der Rotor des Stellmotors drehfest mit einem eingangsseitigen Element des Stellgetriebes verbunden sein. Alternativ ist zwischen den Stellmotor und das Stellgetriebe ein weiteres Getriebe, beispielsweise in Form eines Zahnradgetriebes oder eines Umschlingungsgetriebes, wie Riemengetriebes, geschaltet. Das Stellgetriebe, das heißt Rotativ-Linear-Getriebe, ist vorzugsweise als Planetenwälzgewindetrieb ausgebildet. Für den gesamten linearen Stellantrieb wird auch die Bezeichnung Linearachse verwendet.
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Im Vergleich zum ersten Messsystem, welche in typischen Ausgestaltungen der Linearachse keine Absolutwerte ausgibt, hat das zweite Messsystem, welches aufgrund der Erfassung verschiedener Referenzpositionen definitionsgemäß ein absolutes Messsystem darstellt, eine wesentlich weniger feine Auflösung. Beispielsweise ist das erste Messsystem zur Erfassung von mindestens 18 verschiedenen Positionen des Rotors des Stellmotors in der Lage, wenn das Abtriebselement des Rotativ-Linear-Getriebes von einer Referenzposition zur nächsten Referenzposition verstellt wird.
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Komponenten, mit welchen das erfindungsgemäße Verfahren betreibbar ist, sind gemäß Anspruch 6 ein nicht schlupffreies Stellgetriebes, ein das Stellgetriebe betätigender Stellmotor, sowie zwei Messsysteme, nämlich ein erstes Messsystems, welches als inkrementelles Messsystem Änderungen der Stellung eines Ausgangselementes des Stellmotors erfasst, sowie ein zweites, Referenzpositionen eines Ausgangselementes des Stellgetriebes erfassendes Messsystem.
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Im Rahmen des Verfahrens fährt das Ausgangselement des Stellgetriebes eine Referenzposition an, was mit Hilfe des zweiten Messsystems detektiert wird. Im weiteren Verlauf wird das Ausgangselement über die Referenzposition hinaus verstellt, wobei die Veränderung der Position des Ausgangselementes des Stellgetriebes rechnerisch auf Basis der durch das erste Messsystem erfassten Positionsänderungen des Ausgangselementes des Stellmotors unter Berücksichtigung eines angenommenen Schlupfes des Stellgetriebes ermittelt wird.
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In typischer Verfahrensführung wird das Ausgangselement des Stellgetriebes mindestens bis zu einer weiteren Referenzposition verstellt, wobei dort ein Abgleich mit der rechnerisch auf Basis des ersten Messsystems ermittelten Position des Ausgangselementes vorgenommen wird, und wobei der im weiteren Verfahren anzunehmende Schlupf des Stellgetriebes auf Grundlage dieses Abgleichs korrigiert wird.
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Auf diese Weise wird das erste Messsystem während des Betriebs des linearen Stellantriebs sukzessive optimiert. Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung geht in die Prognose des Schlupfes des Lineargetriebes mindestens ein Betriebsparameter des Stellantriebs ein. Als Betriebsparameter sind beispielhaft Verfahrgeschwindigkeiten sowie während des Betriebs wirkende Kräfte zu nennen. Kräfte können hierbei entweder direkt oder indirekt, insbesondere über elektrische Größen des Stellantriebs, ermittelt werden.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. Hierin zeigt:
- 1 einen linearen Stellantrieb in schematisierter Übersichtsdarstellung.
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Ein insgesamt mit dem Bezugszeichen 1 gekennzeichneter linearer Stellantrieb, kurz auch als Linearachse bezeichnet, umfasst einen Planetenwälzgewindetrieb 2 als Rotativ-Linear-Getriebe. Der Planetenwälzgewindetrieb 2 wird durch einen Elektromotor 3 angetrieben, wobei die Motorwelle des Elektromotors 3 mit einer Gewindespindel 8, die das Antriebselement des Rotativ-Linear-Getriebes 2 darstellt, drehfest gekoppelt oder identisch ist.
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Zur Erfassung von Änderungen der Winkellage des Rotors des Elektromotors 3 und damit auch der Gewindespindel 8 ist ein Encoder 4 vorgesehen, der ein erstes Messsystem darstellt. Es handelt sich hierbei um ein inkrementelles Messsystem 4. Der Elektromotor 3 einschließlich Encoder 4 ist datentechnisch über Leitungen 7 mit einer Steuerung 6 verknüpft, auf welche im Folgenden noch näher eingegangen wird. Die räumliche Anordnung der Steuerung 6 ist ohne Belang. Insbesondere kann die Steuerung in eine weitere Komponente der Linearachse 1 integriert sein.
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In das mit 9 bezeichnete Gewinde der Gewindespindel 8 greifen mehrere Planeten 12 ein, die in einer Spindelmutter 10 gelagert sind. Bei der Spindelmutter 10 handelt es sich um das verdrehgesichert verschiebbare Abtriebselement des Planetenwälzgewindetriebes 2.
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Jeder Planet 10 weist in an sich bekannter Form einen Mittelabschnitt 14 und zwei an diesen anschließende Seitenabschnitte 13 auf. Die Seitenabschnitte 13 weisen Profilierungen 15 auf, die in Profilierungen 16 der Spindelmutter 10 eingreifen. Von der Gewindespindel 8 sind die Seitenabschnitte 13 abgehoben. Lediglich der Mittelabschnitt 14 greift mit einer Profilierung 17 in Gewinde 9 ein. Sämtliche Profilierungen 15, 16, 17 sind als steigungslose Profilierungen ausgebildet.
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An der Außenumfangsfläche der Spindelmutter 10 befindet sich ein Markierungselement 11, welches zur Zusammenwirkung mit einem von mehreren ortsfesten Sensoren 5 vorgesehen ist. Die Sensoren 5 werden auch als Initiatoren bezeichnet und sind Komponenten eines zweiten Messsystems 5, 11. Statt eines gesonderten Markierungselementes kann durch die Sensoren auch eine beliebige sonstige, ohnehin vorhandene Kontur der Spindelmutter 10, beispielsweise eine Kante an einer Stirnseite der Spindelmutter, abgetastet werden.
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Im Ausführungsbeispiel arbeitet das zweite Messsystem 5, 11 kontaktlos. Ebenso sind Ausführungsformen realisierbar, bei welchen ein Kontakt zwischen dem Markierungselement 11 und einem Initiator 5 vorgesehen ist.
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In jedem Fall stellt das zweite Messsystem 5, 11 ein absolutes Messsystem dar. Im Ausführungsbeispiel sind damit drei Referenzpositionen der Spindelmutter 10 detektierbar. Bei mindestens einer dieser Referenzpositionen handelt es sich nicht um eine Anschlagsposition der Spindelmutter 10.
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Beim Verfahren der Spindelmutter 10 sind die Referenzpositionen exakt feststellbar. Sobald von diesen Referenzpositionen abgewichen wird, spielt Schlupf des Planetenwälzgewindetriebs 2 messtechnisch eine Rolle. Um zwischen zwei Referenzpositionen liegende Positionen zu ermitteln, wird mit Hilfe des Encoders 4 die Rotation der Gewindespindel 8 erfasst. In die anschließende Umrechnung in eine Position der Spindelmutter 10 geht neben dem Übersetzungsverhältnis des Planetenwälzgewindetriebs 2 auch dessen veranschlagter Schlupf ein. Auf diese Weise sind Positionen der Spindelmutter bis zum nächsten Initiator 5, das heißt bis zur nächsten Referenzposition, berechenbar.
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Sobald die nächste Referenzposition erreicht ist, wird der auf Basis der erfassten Änderung der Winkellage der Gewindespindel 8 berechnete, zwangsläufig mit Ungenauigkeiten behaftete Positionswert durch die Steuerung 6 mit der tatsächlichen, mittels des Initiators 5 exakt erfassten Position verglichen. Dieser Abgleich wird dazu genutzt, einen Parameter, der den Schlupf des Planetenwälzgewindetriebs 2 beschreibt, bei Bedarf zu korrigieren. Dieser Vorgang, im Zuge dessen berechnete Positionen überschrieben werden, wird beim Betrieb der Linearachse sukzessive wiederholt, so dass die Genauigkeit des ersten Messsystems 4 permanent gesteigert wird. Trotz der geringen Anzahl der Initiatoren 5 und des gegebenen Schlupfes des Planetenwälzgewindetriebs 2 ist damit eine präzise, geregelte Verstellung der Spindelmutter 10 als Abtriebselement des Planetenwälzgewindetriebs 2 gegeben.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Linearer Stellantrieb, Linearachse
- 2
- Rotativ-Linear-Getriebe, Planetenwälzgewindetrieb
- 3
- Elektromotor, Stellmotor
- 4
- erstes Messsystem, Encoder
- 5
- Initiator, Sensor
- 6
- Steuerung
- 7
- Leitung
- 8
- Gewindespindel
- 9
- Gewinde
- 10
- Spindelmutter
- 11
- Markierungselement
- 12
- Planet
- 13
- Seitenabschnitt
- 14
- Mittelabschnitt
- 15
- Profilierung des Seitenabschnitts
- 16
- Profilierung der Spindelmutter
- 17
- Profilierung des Mittelabschnitts
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102015204071 B4 [0002]
- DE 102015204073 B4 [0002]
- DE 102015204074 B4 [0002]
- DE 102017108896 A1 [0003]
- DE 102011088995 A1 [0004]
- EP 2607750 B1 [0004]