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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Acetoncyanhydrin, sowie eine Anlage zur Herstellung von Acetoncyanhydrin nach diesem Verfahren.
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Acetoncyanhydrin ist ein wichtiger Grundstoff der chemischen Industrie. Besondere Bedeutung hat die Verbindung als Ausgangsstoff zur Herstellung von Methacrylsäuremethylester, das wiederum Ausgangsstoff zur Herstellung von Plexiglas ist.
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Darüber hinaus wird Acetoncyanhydrin auch als Ausgangsstoff für die Herstellung komplexerer organischer Verbindungen wie beispielsweise pharmazeutischen Produkten, Duft- und Aromastoffen sowie Insektiziden verwendet.
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Die Herstellung von Acetoncyanhydrin erfolgt üblicherweise durch Addition von Cyanwasserstoff an Aceton. Der für die Synthese als Ausgangsstoff benötigte Cyanwasserstoff wird dabei üblicherweise durch Umsetzung eines Methan, Ammoniak und Sauerstoff enthaltenden Gasgemisches gemäß dem Andrussow-Prozess unter Bildung eines Cyanwasserstoff, Ammoniak und Wasser enthaltenden Synthesegases hergestellt. Vor der Umsetzung mit dem Aceton wird dieses Synthesegas bei den bisherigen Verfahren zunächst verflüssigt und aufgereinigt. Die flüssige Blausäure wird dann mit flüssigem Aceton zur Reaktion gebracht. Dabei ist der Einsatz eines basischen Katalysators notwendig, wobei typischerweise Kaliumhydroxid eingesetzt wird.
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Nachteilig an diesem Verfahren ist einerseits, dass vor der eigentlichen Reaktion des Cyanwasserstoffs mit dem Aceton neben dem eigentlichen Andrussow-Prozess weitere Verfahrensschritte notwendig sind, nämlich die Verflüssigung und Aufreinigung des Synthesegases zu flüssiger, gereinigter Blausäure. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass das als Katalysator eingesetzte KOH die Reste an Kaliumhydroxid, bzw. eines anderen eingesetzten basischen Katalysators die Lagerfähigkeit des Produktes beeinflussen können und sich bei Folgereaktionen stören auswirken. Andererseits ist die Entfernung des Katalysator-Restes recht aufwändig und würde das Verfahren weiter verteuern.
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Vor diesem Hintergrund lag der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, die genannten Nachteile der nach dem Stand der Technik bekannten Verfahren zu überwinden.
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Insbesondere lag der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Herstellung von Acetoncyanhydrin bereitzustellen, das gegenüber den bekannten Verfahren mit weniger Verfahrensschritten auskommt und gleichzeitig ein reineres Produkt liefert.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung von Acetoncyanhydrin, umfassend
- a) Umsetzen eines Methan, Ammoniak und Sauerstoff enthaltenden Gasgemisches gemäß dem Andrussow-Prozess unter Bildung eines Blausäure, Ammoniak und Wasser enthaltenden Synthesegases,
- b) Entfernung von Ammoniak und partielle Entwässerung des gebildeten Synthesegas, indem das gebildete Synthesegas einer Sauerwäsche unterworfen wird, das gewaschene Synthesegas gekühlt und das bei der Kühlung gebildete Kondensat abgetrennt wird, unter Bildung eines von Ammoniak befreiten und Wasser verarmten Synthesegases,
- c) Umsetzen des von Ammoniak befreiten und Wasser verarmten Synthesegases mit flüssigem Aceton in einem Gas-Flüssig-Reaktor unter Bildung einer Acetoncyanhydrin enthaltenden flüssigen Phase als Reaktionsprodukt, wobei als Katalysator reines gasförmiges Ammoniak zugegeben wird.
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Überraschenderweise wurde festgestellt, dass es nach dem erfindungsgemäßen Verfahren möglich ist, ohne vorherige Verflüssigung des aus dem Andrussow-Prozess resultierenden Synthesegases eine direkte Umsetzung des Synthesegases nach Entfernen von Ammoniak und partieller Entwässerung des Synthesegases, mit Aceton zu Acetoncyanhydrin vorzunehmen. Dadurch kann der kosten- bzw. zeit- und energieaufwändige Zwischenschritt der Verflüssigung des Synthesegases entfallen.
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Ebenso überraschend ist es, dass anstelle des bislang verwendeten Alkalimetallhydroxids, Ammoniak als Katalysator eingesetzt werden kann.
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Gegenüber dem bisher vorwiegend verwendeten Kaliumhydroxid weist Ammoniak den folgenden Vorteil auf, dass es die Lagerfähigkeit des Syntheseproduktes nicht beeinträchtigt, keinen störenden Einfluss auf Folgesynthesen hat und aufgrund der großen Flüchtigkeit von Ammoniak bei Bedarf auch einfach entfernt werden könnte.
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In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt die Zugabe von reinem gasförmigen Ammoniak so, dass der Gehalt an reinem Ammoniak (als Katalysator) in dem an Wasser verarmten Synthesegas im Bereich von 0,02 bis 0,04 mol pro mol Blausäure im Synthesegas liegt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt die Sauerwäsche des Synthesegases so, dass die Waschflüssigkeit für die Sauerwäsche Schwefelsäure ist, bevorzugt eine 90 bis 95 Gew.-%ige Schwefelsäure.
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Besonders bevorzugt ist das Verfahren so ausgestaltet, dass das aus der Sauerwäsche austretende Synthesegas eine Temperatur im Bereich von 110 bis 120°C aufweist und das gewaschene Synthesegas über eine oder mehrere Stufen auf eine Temperatur von 10 bis 20°C gekühlt wird.
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Besonders gute Ergebnisse werden erzielt, wenn die Verfahrensführung so ausgestaltet ist, dass die Sauerwäsche in einer Waschkolonne durchgeführt wird mit anschließender Strippung in einer separaten Kolonne zur Rückgewinnung verlorengegangener Blausäure und/oder die Kühlung oder die letzte Stufe der Kühlung in einem Partialkondensator durchgeführt wird.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist das Verfahren so ausgestaltet, dass die Reaktion des Synthesegases in mindestens einem Gas-Flüssig-Reaktor abläuft, der nach dem Quench-Venturi-Prinzip arbeitet.
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Dabei ist besonders bevorzugt, dass der Gas-Flüssig-Reaktor aus ein, zwei oder mehr in Reihe geschalteten Reaktionskolonnen gebildet ist, die nach dem Quench-Venturi-Prinzip arbeiten, wobei die kolonnenförmigen Reaktoren aus einem oberen Kolonnenteil mit Einbauten zur Oberflächenvergrößerung und anschließender verstellbaren Venturikehle bestehen, infolge deren Scherwirkung der Gasströmung die Flüssigkeit in feinste Tropfen dispergiert und Strömungshindernisse (Umlenkbleche und Packungen) für eine intensive Erneuerung der Grenzflächen zwischen Gas und Flüssigkeit sorgen bzw. diese vergrößern, wobei der Gasstrom abgekühlt wird.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird dabei erfindungsgemäß so vorgegangen, dass der Gas-Flüssig-Reaktor aus zwei im Gleichstrom betriebenen, in Reihe geschalteten Reaktionskolonnen gebildet ist, die nach dem Quench-Venturi-Prinzip arbeiten, wobei am Kopf der ersten Reaktionskolonne das an Wasser verarmte Synthesegas zugeführt und die von der zweiten Reaktionskolonne am Boden abgeführte Flüssigkeit im Gleichstrom eingedüst wird, wobei am Kopf der zweiten Reaktionskolonne das von der ersten Reaktionskolonne abgeführte Synthesegasgemisch zugeführt wird und das flüssige Roh-Aceton eingedüst wird, wobei am Boden der ersten Reaktionskolonne die Acetoncyanhydrin enthaltende flüssige Phase als Reaktionsprodukt entnommen wird.
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Besonders gute Ergebnisse werden erzielt, wenn das Verfahren so durchgeführt wird, dass die Umsetzung des von Ammoniak befreiten und an Wasser verarmten Synthesegases mit der Aceton enthaltenden flüssigen Phase in dem Gas-Flüssig-Reaktor bei einer Temperatur im Bereich von 10 bis 30°C und/oder einem Druck von 1 bis 1,1 bar durchgeführt wird.
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Es hat sich gezeigt, dass nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhältliche Acetoncyanhydrin von großer Reinheit ist und eine gute Lagerstabilität aufweist.
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Eine weitere Stabilisierung des Reaktionsproduktes kann erfindungsgemäß so erfolgen, dass die als Reaktionsprodukt in Schritt c) erhaltene Acetoncyanhydrin enthaltende flüssige Phase durch Zugabe von Schwefelsäure stabilisiert wird.
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Um die Reinheit des Reaktionsproduktes noch weiter zu erhöhen, kann in einer bevorzugten Ausführungsform so vorgegangen werden, dass es ferner einen Reinigungsschritt d) umfasst, in dem die als Reaktionsprodukt in Schritt c) erhaltene Acetoncyanhydrin enthaltende flüssige Phase, die durch Zugabe von Schwefelsäure stabilisiert wurde, gereinigt wird, um gereinigtes Acetoncyanhydrin zu erhalten, wobei die Reinigung bevorzugt durch Rektifikation in einer Rektifikationskolonne erfolgt.
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Die vorliegende Erfindung betrifft auch eine Anlage zur Herstellung von Acetoncyanhydrin, die sich für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens eignet.
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Insbesondere betrifft die Erfindung auch eine Anlage zur Herstellung von Acetoncyanhydrin, insbesondere zur Durchführung der vorhergehend beschriebenen Verfahrens, umfassend
- a) einen Andrussow-Reaktor zur Bildung eines Blausäure, Ammoniak und Wasser enthaltenden Synthesegases nach dem Andrussow-Prozess,
- b) mindestens eine Waschkolonne, die konfiguriert ist, um das gebildete Synthesegases einer Sauerwäsche zu unterwerfen,
- c) mindestens einen Partialkondensator zur Kühlung des gewaschenen Synthesegases und Abtrennung des gebildeten Kondensats und
- d) einen Gas-Flüssig-Reaktor zur Umsetzung des von Ammoniak befreiten und an Wasser verarmten Synthesegases mit der Aceton enthaltenden flüssigen Phase unter Bildung einer Acetoncyanhydrin enthaltenden flüssigen Phase.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist die erfindungsgemäße Anlage zur Herstellung von Acetoncyanhydrin so ausgestaltet, dass der Gas-Flüssig-Reaktor aus zwei im Gleichstrom betriebenen, in Reihe geschalteten Reaktionskolonnen gebildet ist, die nach dem Quench-Venturi-Prinzip arbeiten.
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Eine schematische Wiedergabe des erfindungsgemäßen Verfahrens findet sich in 1.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird durch das nachfolgende Beispiel noch näher erläutert.
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Beispiel
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Im Folgenden wird die praktische Durchführung des Verfahrens anhand eines Beispiels näher erläutert.
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Synthesegaserzeugung
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Zentraler Bestandteil der Synthesegaserzeugung ist der Andrussow-Reaktor, in welchem die Ausgangsstoffe Erdgas (Methan), Ammoniak sowie Luft (Sauerstoff) zu einem blausäurehaltigen Synthesegas umgewandelt werden.
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Reaktionsgleichung Andrussow-Verfahren:
CH4 + NH3 + CO2 → HCN +2H2O
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Das erzeugte Synthesegas verlässt den Reaktor mit einer Temperatur von ca. 200 °C.
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Sauerwäsche
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Die Sauerwäsche dient der Ammoniakeliminierung des Synthesegases. In einer Waschkolonne wird das heiße Synthesegas mit Schwefelsäure neutralisiert. Als Waschmittel dient 95 %ige Schwefelsäure. Die entstehende Neutralisationswärme sowie die zusätzlich notwendige Gaskühlung werden durch einen Kreislaufkühler kompensiert. Zusätzlich sorgt ein Partialkondensator nach der Wäsche für die Gaskühlung auf ca. 10 °C. Die im Sumpf der Wäsche erzeugte wässrige Ammoniumsulfatlösung wird einer Strippkolonne zugeführt, in welcher gelöste Blausäure entfernt wird. Das Wasser-Blausäure-Gemisch wird wiederum der Schwefelsäure-Wäsche zugeführt und dort getrennt. Als Strippmedium dient Wasserdampf.
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ACH-Synthese
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Anlaaendesian
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Die Synthese besteht aus zwei im Gleichstrom betriebenen und in Reihe geschalteten Reaktionskolonnen, welche nach dem Quench-Venturi-Prinzip arbeiten. Dabei tritt das Synthesegas von oben in den rohrförmigen Apparat ein und wird durch eingedüste Flüssigkeit (Aceton) abgekühlt. In der nachfolgenden (verstellbaren) Venturikehle wird infolge der Scherwirkung der Gasströmung die Flüssigkeit in feinste Tropfen dispergiert. Strömungshindernisse (Umlenkbleche + Packungen) sorgen für eine intensive Erneuerung der Grenzflächen zwischen Gas und Flüssigkeit bzw. vergrößern diese.
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Über einen integrierten Zentrifugalabscheider (optional seitlich angeordnet) wird der Gasstrom abgeführt. Die produkthaltige Flüssigkeit wird am unteren Ende des Reaktors (Sumpf) entnommen.
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Zur Abführung der freiwerdenden Reaktionswärme werden beide Reaktoren mit Kreislaufkühlern ausgestattet.
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Verfahren
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Das Synthesegas wird im ersten Schritt über einen Rekuperator vorgekühlt und in der nachfolgenden Sauerwäsche auf 10 °C gekühlt sowie entwässert und komplett von Ammoniak befreit. Frisches gasförmiges Ammoniak wird separat als Katalysator dem ersten Reaktor zugegeben.
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Die Zugabe des wasserarmen Synthesegases erfolgt am Kopf des ersten Reaktors zusammen mit der aus dem zweiten Reaktor abgeführten Flüssigkeit. Die aus dem ersten Reaktor abgeführte Flüssigkeit ist das Reaktionsprodukt, bestehend aus ACH, Wasser sowie geringen Mengen Blausäure und Aceton.
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Das Rohaceton wird am Kopf des zweiten Reaktors zusammen mit dem aus dem ersten Reaktor abgeschiedenen Synthesegasgemisch zugegeben. Die im unteren Bereich zentrifugal abgeschiedenen Inertgase enthalten noch geringe Mengen an Aceton und Blausäure und werden über einen Kondensator partiell abgeschieden.
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Das Brüdenkondensat aus dem Kopfkondensator wird in den Vorlagebehälter der Reinigungskolonne geleitet (TA30).
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Reaktionsproduktreinigung (Rektifikation)
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Die Reinigung besteht aus einer Rektifikationskolonne. Nachdem das Reaktionsprodukt die ACH-Synthese verlassen hat, wird es in den Vorlagebehälter der Reinigungskolonne gefördert. Dem permanent im Kreislauf geführten Reaktionsprodukt, wird zur Stabilisierung Schwefelsäure über einen statischen Mischer zugegeben. Zusätzlich wird das Sumpfprodukt der Absorptionskolonne (TA40) sowie das Brüdenkondensat aus der Synthese (TA20) im Vorlagebehälter gesammelt, bevor es nach Neutralisation mit Schwefelsäure der Reinigungskolonne zugeführt wird.
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In der Kolonne wird das Reaktionsprodukt auf die gewünschte Reinheit von 98 Ma.-% ACH gereinigt. Die Kolonne arbeitet bei einem Druck von ca. 150 mbar. Das erforderliche Vakuum wird über eine Flüssigkeitsringpumpe erzeugt. Das über den Kopfkondensator abgeschiedene Brüdenkondensat wird ausgekreist und kann optional destillativ getrennt werden.
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Zwischen Vorlagenbehälter und Kolonne ist ein Rekuperator zur Wärmerückgewinnung geschalten. Dabei wird die Energie aus dem heißen Synthesegase (200 °C) zur Entlastung des Kolonnenverdampfers genutzt. Das zu reinigende Reaktionsprodukt gelangt somit teilverdampft zur Kolonne.
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Das gereinigte Sumpfprodukt wird anschließend mittels Wärmeübertrager auf 40 °C gekühlt und steht zur Abfüllung bereit.
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Absorption
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Dem gereinigten Reaktionsprodukt wird ein Teilstrom entnommen und als Waschmittel der Absorptionskolonne zugegeben. Vor Eintritt in den Kopf der Kolonne wird das Waschmittel (ACH 90 Ma.-%) auf 4-6 °C gekühlt.
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In der Waschkolonne werden Reste von Aceton und Blausäure aus dem den Reaktorkondensator verlassenden Inertgas ausgewaschen und dem Vorlagebehälter der Reinigungskolonne (TA30) zugeführt.
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Das gereinigte Gas, welches die unter atmosphärischen Bedingungen arbeitenden Kolonne verlässt, muss im Anschluss einer Verbrennung zugeführt werden.