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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bearbeitung eines Metallbauteils sowie ein solches Metallbauteil. Ferner betrifft die Erfindung die Verwendung eines derartigen Metallbauteils.
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Bei Metallbauteilen mit geschnittenen oder gestanzten Öffnungen kommt es unter Wechselbelastungen im Bereich der Kanten dieser Öffnungen oft zu Rissbildungen, was die Lebensdauer der Bauteile negativ beeinflusst. Derartige Metallbauteile finden in der Automobilindustrie bei der Herstellung von Kraftfahrzeugen vielfältig Verwendung. Unter anderem können derartige Bauteile in Radaufhängungen als Lenker, insbesondere Federlenker verwendet werden.
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Die derart verwendeten Metallbauteile sind oftmals Metallbleche, insbesondere umgeformte Metallbleche, wobei für die Belastung in dem Kraftfahrzeug große Wandstärken für derartige Lenker benötigt werden. In die Metallbauteile für derartige Lenker sind dabei Öffnungen eingebracht, welche Hülsen aufnehmen, durch welche Verbindungen mit anderen Bauteilen des Kraftfahrzeugs ermöglicht werden. Durch die Dimensionierung dieser Metallbauteile und deren Belastung während des Betriebs des Kraftfahrzeuges neigen die Kanten der Öffnungen allerdings zu Rissbildungen, sodass die Lebensdauer derartiger Metallbauteile in einem Kraftfahrzeug beschränkt sind. In Folge dessen müssen diese Metallbauteile bei der Wartung des Kraftfahrzeuges regelmäßig inspiziert und gegebenenfalls ausgetauscht werden.
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Eine ähnliche Problematik existiert im Bereich der Fördertechnik mittels metallischer Rohrleitungen, in denen hohe pulsierende Drücke während des Betriebs auftreten. Selbst bei hochwertigen Rohrmaterialien können derartig hohe pulsierende Drücke, beispielsweise im Bereich der Einspritz- und Common-Rail- Hochdrucktechnologie, von über 2000 bar zu Brüchen und Rissen führen. Derartige innerhalb der druckbelasteten Leitungen auftretende Brüche und Risse führen dazu, dass selbst bei hochwertigen Rohrmaterialien derartige Beschädigungen an der Rohrinnenwand deutlich vor Ablauf der eigentlich veranschlagten Lebensdauer einen Austausch der Rohrleitung notwendig machen können.
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Um dabei nun eine Lebensdauererhöhung zu erzielen, wird bei Rohrleitungen der sogenannte Autofrettage-Effekt ausgenutzt. Dabei werden die Materialeigenschaften an der Rohrinnenwandung gezielt verändert, indem im Rohrinneren kurzzeitig eine hohe Druckbelastung von bis zu 8500 bar erzeugt wird. Hierdurch wird erreicht, dass die Belastung über die Streckgrenze des Rohrmaterials hinausgeht, sodass es an der inneren Wandung der Rohrleitung zu einer Plastifizierung kommt, während die Rohraußenwand lediglich elastisch gedehnt wird. Die Innendruckbeaufschlagung der Rohrleitung erfolgt dabei hydraulisch.
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Nach dem Entspannen induzieren die elastischen Rückverformungen des Rohrmantels ausgehend von der Rohraußenwand in der nunmehr plastifizierten Rohrinnenwand Druckeigenspannungen, die einer Rissbildung im späteren Einsatz vorbeugen.
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Eine derartige hydraulische Druckbeaufschlagung von Kanten von Öffnungen in Metallbauteilen, ist allerdings aufgrund der Dimensionierung der Wandstärken solcher Metallbauteile nicht möglich. Zudem ist es nicht möglich das gesamte Metallbauteil mit einer derartigen Druckbeaufschlagung bis zu den der Öffnung gegenüberliegenden Enden des Metallbauteils elastisch zu verformen.
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Es ist nunmehr Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Bearbeitung von Metallbauteilen mit durchgehenden Öffnungen zur Verfügung zu stellen, durch welches die Lebensdauer derartiger Metallbauteile insbesondere bei deren Verwendung in einem Kraftfahrzeug, deutlich erhöht ist. Ferner ist es Aufgabe der Erfindung, ein derartiges Metallbauteil zur Verfügung zu stellen, sowie die Verwendung eines derartigen Metallbauteils in einem Kraftfahrzeug.
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Verfahrensmäßig wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1. Hinsichtlich des Metallbauteils wird diese Aufgabe gelöst durch ein Metallbauteil mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 9. Hinsichtlich der Verwendung wird die Aufgabe gelöst durch eine Verwendung eines derartigen Metallbauteils mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 10. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung finden sich in den Unteransprüchen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Bearbeitung eines Metallbauteils zeichnet sich durch folgende Verfahrensschritte aus:
- I. Bereitstellen eines Metallbauteils,
- II. Einbringen einer vollständig durch das Metallbauteil gehenden Öffnung unter Ausbildung einer geschlossenen Kante und
- III. Kurzzeitiges wenigstens teilweises Aufweiten der Öffnung.
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Durch das kurzzeitige wenigstens teilweise Aufweiten der Öffnung innerhalb des Metallbauteils wird erreicht, dass die Kante der Öffnung plastisch verformt beziehungsweise plastifiziert wird, während die daran anschließenden Bereiche des Metallbauteils eine elastische Verformung erfahren. Überraschenderweise hat sich nunmehr gezeigt, dass diese elastische Verformung in den der Kante benachbarten Bereiche des Metallbauteils ausreichend ist, um einer Rissbildung unter Druckbelastung im Bereich der Kante vorzubeugen.
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Das kurzzeitige Aufweiten der Öffnung führt nämlich dazu, dass in dem der Kante anschließenden beziehungsweise benachbarten und elastisch verformten Bereich die innere plastische Verformung der Kante gegen die elastische Verformung in diesem Bereich arbeitet, wodurch es zu Zugspannungen kommt. Im Gegensatz dazu, wirkt auf die plastisch verformte Kante eine Druckspannung von der zurückfedernden elastischen Schicht. Diese Druckspannung der elastischen Schicht wirkt nun gegen eine Rissbildung in der Kante der Öffnung. Nach dem Entspannen induziert nämlich die elastische Rückverformung des elastisch verformten Bereiches an der Öffnungsinnenseite beziehungsweise der Kante Druckeigenspannungen, die einer Rissbildung beim Betrieb des Metallbauteils in einem Kraftfahrzeug vorbeugen.
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Grundsätzlich ist es bei den erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft, dass als Metallbauteil ein ebenes, umgeformtes, gebogenes oder gekrümmtes Metallblech verwendet wird. Derartige Metallbleche werden im Kraftfahrzeugbau in vielfältiger Art und Weise, insbesondere als Strukturbauteile und Lenkerbauteile oder auch als Fahrwerksbauteile eingesetzt.
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Nach einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung hat es sich als vorteilhaft erwiesen, dass das kurzzeitige Aufweiten der Öffnung mittels eines Kalibrierwerkzeugs auf bis zu 15 % Übermaß, insbesondere bis auf 10 % Übermaß und besonders bevorzugt auf ein Übermaß zwischen 0,5% und 2,5% erfolgt. Durch ein derartiges Aufweiten wird eine besonders gute Plastifizierung der Kante erreicht, während angrenzende Bereiche derart elastisch verformt werden, dass durch ein Entspannen dieser elastischen Bereiche im Kantenbereich Druckspannungen besonders gut erzeugt werden, die einer Rissbildung effektiv entgegenwirken beziehungsweise vorbeugen.
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Nach einer besonderen vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist es vorgesehen, dass vor dem Aufweiten der Öffnung eine Hülse in diese eingebracht wird. Mittels einer derartigen Hülse und einem entsprechenden Kalibrierwerkzeug kann auf die Kante der Öffnung ein besonders gleichmäßiger Druck aufgebracht werden, sodass die Plastifizierung der Kante und die elastische Verformung in den sich an die Kante anschließenden beziehungsweise angrenzenden Bereichen besonders gleichmäßig erfolgt und dadurch keine Schwachstellen erzeugt werden, die eher zu einer Rissbildung neigen könnten.
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Besonders vorteilhaft ist es nunmehr, wenn die Hülse nach dem Aufweiten in der Öffnung innerhalb des Metallbauteils verbleibt. Derartige Hülsen können dann zur Aufnahme weiterer Bauteile bei der weiteren Verwendung des Metallbauteils genutzt werden.
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Insbesondere vorteilhaft ist dabei, wenn die eingebrachte Hülse als Lagerhülse verwendet wird. Hierdurch ist es ermöglicht, auch bewegliche Bauteile mit dem Metallbauteil zu verbinden.
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Grundsätzlich kann die Öffnung mittels eines Stanz- oder Schneidverfahrens oder spanende Verfahren in das Metallbauteil eingebracht werden. Hierbei sind alle möglichen Stanz- und Schneidverfahren denkbar, die insbesondere bei der Herstellung von Bauteilen verwendet werden, da dadurch keine neuen Herstellungsverfahren eingeführt werden müssen, was sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachteilig wäre. Insbesondere sind dabei auch mehrstufige Schneid- oder Stanzprozesse denkbar, bei denen die Öffnung durch ein Vorschneiden sowie nachfolgendem Prägen und abschließendem Fertigschneiden in das Metallbauteil eingebracht wird. Vorteilhaft bei einem derartigen Verfahren ist, dass eine im Wesentlichen gradfreie statisch und dynamisch belastbare Schneidkante hergestellt wird, wobei sich ein derartiges Verfahren besonders vorteilhaft in einen üblichen Umformprozess eines derartigen Metallbauteils integrieren lässt.
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Besonders vorteilhaft ist es weiterhin auch, dass die Öffnung als kreisrundes Loch, als Oval oder dergleichen Öffnung mit stetig umlaufender Kante in das Metallbauteil eingebracht wird.
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Durch die Verwendung derartiger Öffnungen wird erreicht, dass die Kante beim Aufweiten der Öffnung besonders gleichmäßig plastisch verformt wird. Insbesondere wird bei der Verwendung derartiger Öffnungen vermieden, dass in der Kante makroskopische Eckbereiche auftreten, die für eine Druckbeaufschlagung, insbesondere eine gleichmäßige Druckbelastung, nur schwer zugänglich sind und somit keine gleichmäßig plastifizierte Kante ermöglichen, sodass Rissbildungen in diesen Eckbereichen weiterhin mit höherer Wahrscheinlichkeit beim Betrieb des Metallbauteils in einem Kraftfahrzeug auftreten könnten. Auch diese Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wirkt einer Rissbildung im Bereich der Kante der Öffnung entgegen. Bei einer kreisrunden Öffnung hat es sich dabei bewährt, das Aufweiten radial über die gesamte Öffnung oder aber auch nur teilweise, bevorzugt aber in gleichen Winkelabständen durchzuführen
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Allerdings ist es auch möglich, dass die Öffnung als mehreckige Öffnung mit unstetig umlaufender Kante in das Metallbauteil eingebracht wird. Auch hierbei kann eine Plastifizierung der Kante und eine elastische Verformung sich an die Kante anschließender Bereiche erreicht werden, wobei die Plastifizierung der Kante im Bereich der Ecken natürlich deutlich weniger ausgeprägt ist als in den anderen Kantenbereichen.
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Zum Aufweiten der entsprechenden Öffnungen des Metallbauteils können je nach Geometrie der Öffnung unterschiedliche an die Geometrie der Öffnung angepasste Kalibrierwerkzeuge verwendet werden. Zum einen können dabei Kalibrierwerkzeuge verwendet werden, die statisch auf die Kante der Öffnung wirken, wie beispielsweise Pins mit konischem Verlauf, Kugeln, Ellipsoide oder auf Kegel mit unterschiedlichen, an die Öffnungsgeometrie angepassten Mantelgeometrien. Diese Werkzeuge eignen sich insbesondere dazu, ein Aufweiten über die gesamte Öffnung zu realisieren. Zum anderen können aber auch Kalibrierwerkzeuge verwendet werden, die - beispielsweise durch ein Aufspreizen oder dergleichen - expandieren, wobei insbesondere diese Werkzeuge dazu geeignet sind, ein kurzzeitiges und wenigstens teilweises Aufweiten der Öffnung zu realisieren.
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Das erfindungsgemäße Metallbauteil mit einer vollständig durchgehenden Öffnung zeichnet sich dadurch aus, dass die Kante plastifiziert beziehungsweise plastisch verformt ist und sich der Kante des Metallbauteils anschließende beziehungsweise benachbarte Bereiche elastisch gedehnt beziehungsweise elastisch verformt sind. Dabei kann es vorgesehen sein, dass in der Öffnung eine Hülse eingebracht ist, die zur weiteren Verwendung in der Öffnung verbleibt. Die Hülse kann auch dazu verwendet werden, dass die Öffnung mittels eines Kalibrierwerkzeugs durch Aufweiten der Hülse selbst aufgeweitet wird.
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Abschließend wird auch noch die Verwendung eines derartigen Metallbauteils als Lenker einer Radaufhängung, insbesondere auch eines Federlenkers geschützt.
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Weitere Ziele, Vorteile, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnungen. Dabei bilden alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger sinnvoller Kombination den Gegenstand der vorliegenden Erfindung, auch unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbeziehung
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Es zeigen:
- 1: ein bereitgestelltes Metallbauteil,
- 2: das Metallbauteil der 1 mit eingebrachter Öffnung und
- 3: das abschließend bearbeitete Metallbauteil der 1 und 2.
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In der 1 ist ein Metallbauteil 1 in einer Draufsicht dargestellt, welches zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens bereitgestellt wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Metallbauteil 1 um ein ebenes Metallblech. Allerdings ist es auch möglich, das andere Metallbauteile, insbesondere umgeformte, gekrümmte und/oder gebogene Metallbleche oder auch Metallbauteile, die über ihre Gesamterstreckung unterschiedliche Wandstärken aufweisen mit dem erfindungsgemäßen Verfahren bearbeitet werden können.
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In der 2 ist nun das Metallbauteil 1 der 1 in einer Draufsicht dargestellt, wobei nunmehr bereits eine Öffnung 2 in Form eines kreisrunden Loches eingebracht ist. Die Öffnung 2 wird dabei durch eine Kante 3 zum Metallbauteil 1 hin begrenzt. In dieser Darstellung ist das Metallbauteil 1 nach dem Einbringen der Öffnung 2 aber vor dem Aufweiten dieser Öffnung 2 dargestellt.
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In der 3 ist nunmehr das abschließend bearbeitete Metallbauteil 1 dargestellt. Dabei wurde das Loch 2 innerhalb des Metallbauteils 3 mittels eines Kalibrierwerkzeuges kurzzeitig aufgeweitet. Dieses Aufweiten kann auch unter Zuhilfenahme einer Hülse geschehen, die in die Öffnung 2 eingebracht wird. Aus Darstellungsgründen ist in der 3 allerdings eine derartige Hülse nicht gezeigt. Wie insbesondere der 3 nunmehr zu entnehmen ist, ist nach dem kurzzeitigen Aufweiten die Kante 3 nunmehr plastifiziert bzw. plastisch verformt, während der daran angrenzende Bereich 4 des Metallbauteils 1 elastisch verformt ist. Zu beachten ist hierbei, dass der in der 3 liniert dargestellte Bereich 4 nicht gleichmäßig elastisch verformt ist. Vielmehr nimmt die elastische Verformung des Bereichs 4 umso mehr ab, je weiter der Bereich 4 von der Öffnung entfernt ist. Außerhalb des Bereichs 4 ist das Bauteil 1 dann überhaupt nicht mehr elastisch verformt.
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Grundsätzlich ist es auch möglich, dass die Hülse, die zum Aufweiten des Loches 2 mittels eines Kalibrierwerkzeuges verwendet wurde, als Hülse, insbesondere als Lagerhülse, in dem Metallbauteil 1 verbleibt. Wie aber bereits erwähnt, ist eine derartige Hülse in 3 nicht dargestellt, da diese die Draufsicht auf die plastifizierte beziehungsweise plastisch verformte Kante 3 und den sich daran anschließenden beziehungsweise angrenzenden elastisch verformten Bereich 4 des Metallbauteils 1 verdecken würde.
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Ein nunmehr derartig bearbeitetes Metallbauteil kann beispielsweise als Lenker für eine Radaufhängung im Kraftfahrzeugbau verwendet werden. Insbesondere eignen sich derartige Lenker zur Ausbildung von Federlenkern bei der Herstellung eines Kraftfahrzeuges.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Metallbauteil
- 2
- Öffnung
- 3
- Kante
- 4
- Bereich