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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Steer-by-Wire-Lenksystems eines Kraftfahrzeugs. Die Erfindung betrifft ferner ein Steer-by-Wire-Lenksystem für ein Kraftfahrzeug.
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Bei Steer-by-Wire-Lenksystemen sind das Lenkrad und die gelenkten Räder mechanisch entkoppelt. Die Räder werden deshalb von Lenkaktuatoren angelenkt, um den gewünschten Radlenkwinkel, auch Einschlagwinkel genannt, einzustellen. Steer-by-Wire-Lenksysteme weisen damit im Unterschied zu konventionellen Lenksystemen keine lenkkraft- bzw. lenkmomentübertragende Lenksäule zwischen dem Lenkrad und den gelenkten Rädern auf. Konventionelle Lenksysteme nach dem vorliegenden Verständnis sind dabei rein mechanische Lenksysteme und Servolenksysteme mit oder ohne Überlagerungslenkung. Der Entfall der Lenksäule in Steer-by-Wire-Lenkungen bietet neben vielen neuen konstruktiven Freiheitsgraden auch zusätzliche Vorteile beim Insassenschutz.
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Mit dem Entfall der mechanischen Kopplung durch die Lenksäule geht für den Fahrer die natürliche Kraftrückkopplung durch das Lenkmoment, insbesondere das Lenkradmoment, verloren. Das bei konventionellen Lenksystemen auf den Fahrer rückwirkende Lenkradmoment ist unter anderem abhängig von z. B. Querbeschleunigung, Lenkeinschlag, Fahrgeschwindigkeit sowie der Oberflächenbeschaffenheit des Untergrunds. Die haptische Wahrnehmung des Lenkradmoments liefert dem Fahrer damit wichtige Informationen zur Fahrsituation, zum Fahrzeugzustand und zur Reifen-Fahrbahn-Interaktion.
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Steer-by-Wire-Lenksysteme umfassen daher regelmäßig einen Kraftrückkopplungsaktuator, der dem Lenkrad ein synthetisches Lenkradmoment aufprägt. Das synthetische Lenkradmoment soll für den Fahrer das Lenkradmoment eines konventionellen Lenksystems nachbilden und so auch mit einem Steer-by-Wire-Lenksystem ein gutes und intuitives Fahrgefühl erzeugen. Die Kraftrückkopplung durch das synthetische Lenkradmoment verstärkt das Situationsbewusstsein des Fahrers und verbessert den Regelkreis von Fahrer, Fahrzeug und Umfeld. Die aktuell verfügbaren Kraftrückkopplungsaktuatoren für Steer-by-Wire-Lenksysteme sind jedoch, bedingt durch das zu leistende maximale Drehmoment und die hohen Anforderungen an die Dynamik, vergleichsweise groß, schwer, mechanisch komplex und teuer.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Verfahren zum Betreiben eines Steer-by-Wire-Lenksystems und ein korrespondierendes Steer-by-Wire-Lenksystem bereitzustellen, die die Nutzung eines kleineren, leichteren, einfacheren und/oder günstigeren Kraftrückkopplungsaktuators erlauben und beim Fahrer eines Kraftfahrzeugs dennoch ein gutes und intuitives Fahrgefühl erzeugen.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Betreiben eines Steer-by-Wire-Lenksystems nach Anspruch 1 gelöst. Das Steer-by-Wire-Lenksystem umfasst ein Lenkrad, zumindest einen mit dem Lenkrad gekoppelten Kraftrückkopplungsaktuator, zumindest einen mit zumindest einem lenkbaren Rad gekoppelten Lenkaktuator und ein Steuerungssystem umfassen. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
- a) Eine Lenkinformation wird unter Einbeziehung von einem Lenkradwinkel und/oder einem vom Fahrer auf das Lenkrad aufgebrachten Fahrerlenkmoment ermittelt. Die Lenkinformation kann von dem Steuerungssystem ermittelt werden. Die Lenkinformation kann einen oder mehrere Werte umfassen, die den Lenkradwinkel und/oder das Fahrerlenkmoment abbilden. Als Lenkradwinkel wird der Verdrehwinkel des Lenkrades, gemessen aus der Geradeausstellung, bezeichnet. Der Lenkradwinkel wird z. B. mittels eines Lenkradwinkelsensors bestimmt. Das Fahrerlenkmoment, also das vom Fahrer beim Lenken auf das Lenkrad aufgebrachte Moment, lässt sich z. B. mittels eines Kraft- bzw. Drehmomentsensors ermitteln.
- b) Der Lenkaktuator wird unter Einbeziehung der Lenkinformation angesteuert, um einen gewünschten Radlenkwinkel des lenkbaren Rades einzustellen. Als Radlenkwinkel werden jeweils die Winkel zwischen der Längsachse des Fahrzeugs und den Schnittlinien der Radmittelebenen der jeweiligen gelenkten Räder mit der Fahrbahnebene bezeichnet. Als Lenkwinkel wird im Kontext des linearen Einspurmodells der mittlere Radlenkwinkel der gelenkten Achse im kräftefreien Zustand verstanden. Der Lenkaktuator wird z. B. von dem Steuerungssystem angesteuert. Der Lenkaktuator kann den Radlenkwinkel bzw. die Radlenkwinkel eines bzw. mehrerer lenkbarer Räder einstellen. Beispielhaft kann bei einer Einzelradlenkung jedem lenkbaren Rad ein eigener Lenkaktuator zugeordnet sein. Bei einer Achsschenkellenkung hingegen kann ein Lenkaktuator über eine Spurstange auch zwei gelenkte Räder gleichzeitig anlenken. Durch die redundante Verwendung mehrerer Lenkaktuatoren, die dem jeweiligen lenkbaren Rad zugeordnet werden können, wird die Ausfallsicherheit erhöht. Neben den Vorderrädern lassen sich bei einer Hinterachslenkung auch die hinteren Räder lenkbar ausführen.
- c) Der Kraftrückkopplungsaktuator wird zur Einstellung eines aktuellen Lenkradmoments unter Einbeziehung von Fahrzeug-, Fahrzustands- und/oder Lenkinformationen angesteuert. Mit dem Lenkradmoment wird für den Fahrer eine Rückmeldung erzeugt, die ein aktuelles Lenkmoment, resultierend aus einem aktuellen Radlenkmoment an dem gelenkten Rad, ab- oder nachbildet. Beim Radlenkmoment handelt es sich um das aus den am Rad angreifenden Kräften und Momenten resultierende Moment um die Hochachse. Vorteilhaft kann es sich bei dem Lenkmoment um ein kumuliertes Lenkmoment, resultierend aus aktuellen Radlenkmomenten an allen gelenkten Rädern, handeln. Der Kraftrückkopplungsaktuator kann vom Steuerungssystem angesteuert werden. Das Lenkradmoment wird vom Kraftrückkopplungsaktuator in das Lenkrad eingeleitet und wirkt dem Fahrerlenkmoment üblicherweise entgegen. Das Handlenkmoment wird vom Fahrer während des Lenkvorgangs auf das Lenkrad aufgebracht.
- d) Ein Schwellwert wird vorgesehen. Der Schwellwert ist dem Lenkradmoment und/oder dem Radlenkmoment zugeordnet. Der Schwellwert kann beispielsweise einem vorbestimmten Lenkradmoment und/oder Radlenkmoment entsprechen. Alternativ kann der Schwellwert zum Beispiel einem vorbestimmten Momentenwert entsprechen.
- e) Ein Momentenwert wird erzeugt. Der Momentenwert bildet das Lenkradmoment und/oder das Radlenkmoment ab oder nach. In anderen Worten kann es sich bei dem Momentenwert beispielsweise um eine Funktion des Radlenkmoments handeln. Das Radlenkmoment bzw. das kumulierte Lenkmoment kann in diesem Fall beispielsweise mit einem Sensor gemessen oder anhand eines Modells errechnet werden. Der Momentenwert kann beispielsweise basierend auf dem Radlenkmoment ein resultierendes Lenkradmoment nachbilden.
- f) Sofern der Momentenwert den Schwellwert erreicht und/oder überschreitet, wird ein Überschreitungssignal ausgegeben. In anderen Worten wird das Überschreitungssignal dann ausgegeben, wenn der Momentenwert größer oder gleich dem zugeordneten Schwellwert ist. Das Überschreitungssignal kann von dem Steuerungssystem ausgegeben werden.
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Dem Fahrer kann mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Kraftrückkopplungsaktuators signalisiert werden, wenn ein vom Kraftrückkopplungsaktuator auszugebendes Lenkradmoment und/oder ein das Radlenkmoment ab- oder nachbildender Momentenwert einen vorbestimmten Schwellwert erreicht und/oder überschreitet. Während die üblichen Radlenkmomente im normalen Fahrbetrieb von gut kalkulierbarer und begrenzter Größe sind, können einige Fahrsituationen zu extrem hohen Radlenkmomenten führen. Exemplarisch für diese Situationen können das Einschlagen und seitliche Anstoßen eines gelenkten Rades direkt an eine Bordsteinkante sowie das Überfahren von Bodenwellen, Schlaglöchern und Bordsteinen mit hoher Geschwindigkeit genannt werden. Um diese seltenen aber sehr hohen resultierenden Radlenkmomente als (ebenso hohes) synthetisches Lenkradmoment abbilden zu können, müsste der Kraftrückkopplungsaktuator entsprechend großzügig dimensioniert sein. Bei unterdimensioniertem Kraftrückkopplungsaktuator und ohne die Nutzung der erfindungsgemäßen Lehre könnte das auftretende Lenkmoment weder durch das synthetische Lenkradmoment abgebildet noch anderweitig dem Fahrer signalisiert werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde der Fahrer die Fahrsituation deshalb gar nicht als kritisch erkennen. Gegebenenfalls könnte es auch zur Beschädigung des Fahrzeugs und insbesondere des Fahrwerks bzw. des Lenksystems kommen.
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Gemäß einem vorteilhaften Aspekt kann das Lenkradmoment auf ein Lenkradgrenzmoment begrenzt werden. Insbesondere kann das Lenkradgrenzmoment (betragsmäßig) unterhalb des vom Kraftrückkopplungsaktuators (betragsmäßig) maximal in das Lenkrad einleitbaren Lenkradmoments liegen. Der Schwellwert kann derart gewählt sein, dass das Überschreitungssignal dann erzeugt wird, wenn das Lenkradmoment auf das Lenkradgrenzmoment begrenzt wird. Dieser Aspekt ermöglicht es beispielsweise, das Überschreitungssignal mittels des Kraftrückkopplungsaktuators auszugeben. Hierzu kann das Überschreitungssignal beispielhaft als (Lenkradmomenten-) Oszillation auf das eigentliche Lenkradmoment aufmoduliert werden. Oszillationswinkel, Amplitude und/oder Frequenz der Oszillation können dabei ein Maß der Überschreitung abbilden.
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Vorteilhafterweise kann vorgesehen werden, das Überschreitungssignal mittels eines haptischen Signalgebers auszugeben. Der haptische Signalgeber kann ein haptischer Aktuator oder, wie zuvor beschrieben, der Kraftrückkopplungsaktuator selbst sein. Der haptische Aktuator kann in, an oder nahe des Lenkrads angeordnet sein. Bei dem haptischen Aktuator handelt es sich beispielsweise um einen Vibrationsmotor mit einer rotierenden exzentrischen Masse oder einen Hubmagnetaktuator mit einer elektromagnetisch linear beschleunigbaren Masse. Haptische Signalgeber haben den Vorteil, dass ihre Signale vom menschlichen Körper besonders schnell verarbeitet werden.
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Alternativ oder zusätzlich kann das Überschreitungssignal mittels eines akustischen Signalgebers ausgegeben werden. Vorteilhaft sind regelmäßig bereits mehrere akustische Signalgeber (z. B. das Autoradio/Infotainment-System) in einem Kraftfahrzeug verbaut. Diese Signalgeber können kostengünstig bzw. kostenfrei und ohne großen Aufwand mitgenutzt werden. Alternativ kann zur Ausgabe des Überschreitungssignals zum Beispiel ein Piezosummer vorgesehen sein. Piezosummer sind sehr kostengünstig und auch bei lauteren Fahr- und Umgebungsgeräuschen gut zu hören.
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Alternativ oder zusätzlich kann das Überschreitungssignal mittels eines optischen Signalgebers ausgegeben werden. Optische Signalgeber sind besonders geeignet, um mit haptischen oder akustischen Signalgebern kombiniert zu werden. Eine kombinierte Nutzung verschiedener Sinnesorgane kann die Reaktionsgeschwindigkeit des Menschen auf diese Reize erhöhen.
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Ferner wird die Aufgabe durch ein Steer-by-Wire-Lenksystem gelöst, das ein Lenkrad, zumindest einen mit dem Lenkrad gekoppelten Kraftrückkopplungsaktuator zur Erzeugung eines einstellbaren Lenkradmoments, zumindest einen mit zumindest einem lenkbaren Rad gekoppelten Lenkaktuator zur Einstellung eines Radlenkwinkels des lenkbaren Rades und ein Steuerungssystem umfasst. Sofern die nachstehenden Merkmale und Vorteile bereits im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben wurden, wird zur Reduzierung von Redundanzen auf eine erneute detaillierte Beschreibung verzichtet. Die Vorteile und Merkmale treten jedoch auch bei dem Steer-by-Wire-Lenksystem auf.
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Das Steuerungssystem ist ausgebildet und eingerichtet, um eine Lenkinformation unter Einbeziehung von einem Lenkradwinkel und/oder einem vom Fahrer auf das Lenkrad aufgebrachten Fahrerlenkmoment zu ermitteln. Das Steuerungssystem ist ferner ausgebildet und eingerichtet, um den Lenkaktuator unter Einbeziehung der Lenkinformation anzusteuern und so den Radlenkwinkel einzustellen. Das Steuerungssystem ist weiterhin ausgebildet und eingerichtet, um den Kraftrückkopplungsaktuator unter Einbeziehung von Fahrzeug-, Fahrzustands- und/oder Lenkinformationen zur Einstellung des Lenkradmoments anzusteuern und für den Fahrer eine Rückmeldung zu erzeugen. Die Rückmeldung mittels des Lenkradmoments ist derart eingerichtet, dass ein Lenkmoment resultierend aus einem aktuellen Radlenkmoment an dem gelenkten Rad ab- oder nachgebildet wird. Vorzugsweise kann durch das Lenkradmoment ein kumuliertes Lenkmoment resultierend aus aktuellen Radlenkmomenten an allen gelenkten Rädern ab- oder nachbildet werden.
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Das Steuerungssystem ist schließlich ausgebildet und eingerichtet, um einen das Lenkradmoment und/oder das Radlenkmoment ab- oder nachbildenden Momentenwert zu erzeugen und um ein Überschreitungssignal auszugeben, sofern der Momentenwert einen dem Lenkradmoment und/oder dem Radlenkmoment zugeordneten Schwellwert erreicht.
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Gemäß einem vorteilhaften Aspekt kann das Steuerungssystem und/oder der Kraftrückkopplungsaktuator ausgebildet und einrichtet sein, um das Lenkradmoment auf ein Lenkradgrenzmoment zu begrenzen. Weiter vorteilhaft kann der Schwellwert derart gewählt sein, dass das Überschreitungssignal dann erzeugt wird, wenn das Lenkradmoment auf das Lenkradgrenzmoment beschränkt wird.
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Bevorzugt kann der Kraftrückkopplungsaktuator so ausgeführt sein, um zusätzlich zu der Rückmeldung auch das Überschreitungssignal auszugeben. Vorteilhaft ist ein vom Kraftrückkopplungsaktuators maximal in das Lenkrad einleitbare Lenkradmoment (betragsmäßig) größer als das Lenkradgrenzmoment.
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Zusätzlich zu dem Kraftrückkopplungsaktuator kann das Steer-by-Wire-Lenksystem einen mit dem Lenkrad gekoppelten haptischen Aktuator umfassen, der das Überschreitungssignal ausgeben kann.
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Alternativ oder zusätzlich zum haptischen Aktuator kann das Steer-by-Wire-Lenksystem ferner einen akustischen Signalgeber und/oder einen optischen Signalgeber zur Ausgabe des Überschreitungssignals aufweisen.
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Gemäß einem weiteren optionalen Aspekt hat das Steuerungssystem eine Kommunikationsschnittstelle zur Kommunikation mit anderen Systemen des Kraftfahrzeugs und ist ausgebildet und eingerichtet, um mittels der Kommunikationsschnittstelle das Überschreitungssignal über Fahrer-Fahrzeug-Schnittstellen der anderen Systeme auszugeben. Insbesondere kann es sich bei den anderen Systemen um Infotainment-Systeme (Autoradio, Navigationssystem, etc.) und Anzeigegeräte des Armaturenbretts (Display eines digitalen Cockpits, Multifunktionsanzeige, Signalleuchte, etc.) handeln.
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Vorteilhafterweise ist das Steer-by-Wire-Lenksystem so ausgeführt, dass damit das zuvor beschriebene erfindungsgemäße Verfahren ausgeführt werden kann.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den Zeichnungen, auf die nunmehr Bezug genommen wird. Es zeigt
- - 1 ein erfindungsgemäßes Lenksystem in einer schematischen Darstellung, und
- - 2 die kombinierte schematische Darstellung mehrerer Ausführungsbeispiele.
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Das in 1 gezeigte Steer-by-Wire-Lenksystem 10 umfasst ein Lenkrad 14, einen mit dem Lenkrad 14 gekoppelten Kraftrückkopplungsaktuator 12, einen mit den lenkbaren Vorderrädern (nicht dargestellt) gekoppelten Lenkaktuator 16 und ein Steuerungssystem 18. Zusätzlich sind ein akustischer Signalgeber 22, ein optischer Signalgeber 23 und ein haptischer Signalgeber 21 dargestellt.
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Eine Lenkinformation wird unter Einbeziehung von einem Lenkradwinkel (Drehwinkel des Lenkrads) und/oder einem vom Fahrer auf das Lenkrad aufgebrachten Fahrerlenkmoment MH ermittelt. Die Lenkinformation wird von dem Steuerungssystem 18 ermittelt. Die Lenkinformation umfasst einen oder mehrere Werte, die den Lenkradwinkel und/oder das Fahrerlenkmoment abbilden. Der Lenkradwinkel wird dafür mittels eines Lenkradwinkelsensors im Lenkrad 14 bzw. im Kraftrückkopplungsaktuator 12 ermittelt. Das Fahrerlenkmoment MH wird mittels eines Kraft- bzw. Drehmomentsensors im Lenkrad 14 bzw. im Kraftrückkopplungsaktuator 12 ermittelt.
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Der Lenkaktuator 16 wird unter Einbeziehung der ermittelten Lenkinformation vom Steuerungssystem 18 angesteuert, um einen gewünschten Radlenkwinkel der lenkbaren Räder einzustellen. Der Lenkaktuator 16 stellt daraufhin die Radlenkwinkel der lenkbaren Räder über eine Spurstange 17 ein. Alternativ kann bei einer Einzelradlenkung jedem lenkbaren Rad ein eigener Lenkaktuator 16 zugeordnet sein. Durch die redundante Verwendung (hier nicht sichtbar) mehrerer Lenkaktuatoren wird die Ausfallsicherheit erhöht. Neben den Vorderrädern können bei einer Hinterachslenkung auch die hinteren Räder lenkbar ausgeführt sein (nicht gezeigt).
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Das Steuerungssystem 18 umfasst des Weiteren eine Kommunikationsschnittstelle zur Kommunikation mit anderen Systemen des Kraftfahrzeugs. Mittels der Kommunikationsschnittstelle wird das Überschreitungssignal über Fahrer-Fahrzeug-Schnittstellen 22, 23 der anderen Systeme ausgegeben. Im gezeigten Ausführungsbeispiel handelt es sich bei den anderen Systemen um Infotainment-Systeme (Autoradio, Navigationssystem, etc.) und Anzeigegeräte des Armaturenbretts (Display eines digitalen Cockpits, Multifunktionsanzeige, Signalleuchte, etc.).
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Der Kraftrückkopplungsaktuator 12 wird zur Einstellung eines aktuellen Lenkradmoments ML unter Einbeziehung von Fahrzeuginformationen (z. B. das Fahrzeuggewicht), Fahrzustandsinformationen (z. B. Geschwindigkeit, Querbeschleunigung) und/oder Lenkinformationen (z. B. Lenkradwinkel, mittlerer Radlenkwinkel) angesteuert.
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Mit dem Lenkradmoment ML wird für den Fahrer eine Rückmeldung erzeugt, die auf einem kumulierten Lenkmoment, resultierend aus aktuellen Radlenkmomenten MR an allen gelenkten Rädern, basiert. Der Kraftrückkopplungsaktuator 12 wird dafür vom Steuerungssystem 18 angesteuert. Das Lenkradmoment ML wird vom Kraftrückkopplungsaktuator 12 in das Lenkrad 14 eingeleitet und wirkt dem Fahrerlenkmoment MH des Fahrers üblicherweise entgegen.
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Ein Momentenwert 31-33 wird erzeugt. Der Momentenwert 31-33 bildet das Lenkradmoment ML und/oder das Radlenkmoment MR ab oder nach. In anderen Worten kann es sich bei dem Momentenwert 31-33 beispielsweise um eine Funktion des Radlenkmoments MR handeln. Das Radlenkmoment MR bzw. das kumulierte Lenkmoment kann in diesem Fall beispielsweise mit einem Sensor im Lenkaktuator 16 gemessen oder anhand eines mathematischen Modells von dem Steuerungssystem 18 errechnet werden. Der Momentenwert 31-33 bildet in den dargestellten Ausführungsbeispielen das Lenkradmoment ML auf dem Radlenkmoment MR basierend nach.
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Mehrere im Detail unterschiedliche Ausführungsbeispiele werden anhand von 2 erläutert. Auf der Abszisse X ist ein ab- oder nachgebildetes (kumuliertes) Radlenkmoment MR aufgetragen. Auf der Ordinate sind zudem die vom Kraftrückkopplungsaktuator 12 auf das Lenkrad 14 aufgeprägten exemplarischen Lenkradmomente ML aufgetragen. Unterschiedliche exemplarische Momentenwerte 31-33 sind als Funktion von jeweils Radlenkmoment MR und Lenkradmoment ML dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass Schwellwerte 40-45 nicht zwingend bestimmten Momentenwerten 31-33 zugeordnet sein müssen aber dennoch sein können. Die Zuordnung der Schwellwerte 40-45 besteht vielmehr insbesondere zu dem jeweiligen Radlenkmoment MR und/oder dem jeweiligen Lenkradmoment ML. Der Momentenwert 31-33 wiederum bildet das Radlenkmoment MR und/oder das Lenkradmoment ML lediglich ab oder nach. Die Lenkradmomente ML können dabei zwar von den Momentenwerten bzw. von den Radlenkmomenten MR direkt oder indirekt abhängig sein, sie müssen es aber nicht zwingend. Ebenfalls im Diagramm eingetragen sind symbolisch dargestellte Überschreitungsignale 34-36,38-39, welche zu einem späteren Zeitpunkt näher erläutert werden.
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In 2 sind drei Ausführungsbeispiele mit drei unterschiedlichen Radlenkmomenten-Lenkradmomenten-Verläufen dargestellt. Zur einfacheren Darstellung wird angenommen, dass die Radlenkmomenten-Lenkradmomenten-Verläufe im Ausführungsbeispiel den dargestellten Momentenwerten 31-33 entsprechen. Der erste Radlenkmomenten-Lenkradmomenten-Verlauf 31 ist im wesentlichen proportional ausgestaltet. Der zweite Radlenkmomenten-Lenkradmomenten-Verlauf 32 ist im wesentlichen degressiv ausgestaltet. Der dritte Radlenkmomenten-Lenkradmomenten-Verlauf 33 ist im wesentlichen progressiv ausgestaltet. Der zweite Radlenkmomenten-Lenkradmomenten-Verlauf 32 ist beispielsweise in vielen Fällen geeignet, ein gutes Fahrgefühl beim Fahrer zu erzeugen. Dies gilt beispielsweise insbesondere, wenn zur Einstellung des Lenkradmoments ML die Querbeschleunigung des Fahrzeugs herangezogen wird.
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Der jeweils vorgesehene Schwellwert 40-45 ist dem Lenkradmoment ML und/oder dem Radlenkmoment MR zugeordnet. Ein erster exemplarischer Schwellwert 41 entspricht beispielsweise einem vorbestimmten Lenkradmoment ML, hier dem vom Kraftrückkopplungsaktuator 12 maximal leistbaren Lenkradmoment 37. Ein weiterer exemplarischer Schwellwert 40 entspricht hingegen einem Lenkradmoment ML, das niedriger ist als das maximal leistbare Lenkradmoment 37. Noch weitere Schwellwerte 42-45 sind auf der Abszisse X aufgetragen. Sie können beispielsweise vorbestimmten Radlenkmomenten MR, vorbestimmten Momentenwerten 31-33 oder vorbestimmten auf das Fahrzeug wirkende Querbeschleunigungen entsprechen.
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Sofern der Momentenwert den Schwellwert 40-45 erreicht und/oder überschreitet, wird ein Überschreitungssignal 34-36,38,39 ausgegeben. In anderen Worten wird das Überschreitungssignal dann ausgegeben, wenn der Momentenwert größer oder gleich dem zugeordneten Schwellwert 40-45 ist. Das Überschreitungssignal wird von dem Steuerungssystem 18 ausgegeben, gegebenenfalls mittels weiterer Komponenten des Steer-by-Wire-Lenksystems 10.
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Dem Fahrer kann auf diese Weise unabhängig von der Leistungsfähigkeit (dem maximal leistbaren Drehmoment) des Kraftrückkopplungsaktuators 12 signalisiert werden, wenn ein vom Kraftrückkopplungsaktuator 12 auszugebendes Lenkradmoment ML und/oder ein das Radlenkmoment MR ab- oder nachbildender Momentenwert einen vorbestimmten Schwellwert 40-45 erreicht und/oder überschreitet.
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Vorteilhaft wird das Lenkradmoment ML auf ein Lenkradgrenzmoment 51-53 begrenzt. Das Lenkradgrenzmoment 51-53 liegt dabei betragsmäßig unterhalb des vom Kraftrückkopplungsaktuators 12 betragsmäßig maximal in das Lenkrad einleitbaren Lenkradmoments ML (Bezugszeichen 37). Der Schwellwert 43-45 der jeweiligen Ausführungsbeispiele ist derart gewählt, dass das Überschreitungssignal 34-36, 38, 39 dann erzeugt wird, wenn das Lenkradmoment ML auf das Lenkradgrenzmoment 51-53 begrenzt wird.
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Vorteilhafterweise kann vorgesehen werden, das Überschreitungssignal 34-36, 38, 39 mittels eines haptischen Signalgebers 12, 21 auszugeben. Der haptische Signalgeber 12, 21 kann ein haptischer Aktuator 21 oder, wie zuvor beschrieben, der Kraftrückkopplungsaktuator 12 selbst sein. Der haptische Aktuator 21 kann insbesondere in, an oder nahe des Lenkrads 14 angeordnet sein. Alternativ oder zusätzlich kann das Überschreitungssignal 38, 39 mittels eines akustischen Signalgebers 22 und/oder eines optischen Signalgebers 23 ausgegeben werden.
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Die ersten drei gezeigten Überschreitungssignale 34-36 der Ausführungsbeispiele werden mittels des Kraftrückkopplungsaktuators 12 von dem Steuerungssystem 18 ausgegeben. Hierzu kann das jeweilige Überschreitungssignal 34-36 beispielhaft als (Lenkradmomenten-) Oszillation auf das eigentliche Lenkradmoment ML (Bezugszeichen 51-53)
aufmoduliert werden. Oszillationswinkel, (Momenten-)Amplitude und/oder Frequenz der Oszillation können dabei ein Maß der Überschreitung abbilden.
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Im ersten und zweiten Ausführungsbeispiel umfasst das Überschreitungssignal 35, 34 ein Maß für die Überschreitung des jeweiligen Schwellwertes 40, 44, 45. Die Amplitude und/oder der Oszillationswinkel der Lenkradmomenten-Oszillation des ersten Ausführungsbeispiels steigt mit zunehmender Überschreitung des Schwellwertes 40, 44. Die Frequenz der Lenkradmomenten-Oszillation des ersten Ausführungsbeispiels bleibt unverändert. Die Frequenz der Lenkradmomenten-Oszillation des zweiten Ausführungsbeispiels steigt mit zunehmender Überschreitung des Schwellwertes 40, 45. Die Amplitude und/oder der Oszillationswinkel der Lenkradmomenten-Oszillation des zweiten Ausführungsbeispiels bleibt unverändert.
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Beim dritten Ausführungsbeispiel ist das Überschreitungssignal 36 unabhängig vom Maß der Überschreitung des Schwellwerts 41, 43. Die Amplitude, der Oszillationswinkel und die Frequenz der Lenkradmomenten-Oszillation bleiben mit zunehmender Überschreitung konstant.
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Die Steer-by-Wire-Lenksysteme 10 der Ausführungsbeispiele sind ausgebildet und eingerichtet, um das zuvor beschriebene erfindungsgemäße Verfahren auszuführen.