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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer elektrischen Servolenkung eines Kraftfahrzeugs.
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Heutzutage verfügen viele Kraftfahrzeuge über eine Servolenkung zur Reduzierung der Kraft, die zur Betätigung des Lenkrads des Kraftfahrzeugs beim Lenken im Stand, beim Rangieren oder bei geringen Fahrgeschwindigkeiten nötig ist. Die Servolenkung unterstützt den Fahrer beim Lenken, indem die vom Fahrer aufgebrachte Kraft zum Lenken durch ein Hydrauliksystem (Hydraulik-Pumpe, -Steuerung, -Motor) oder einen Elektromotor verstärkt wird.
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Eine derartige elektrisch elektrische Servolenkung ist eine elektrische Hilfskraftlenkung, die nur dann arbeitet, wenn Lenkbewegungen stattfinden. Ein wesentlicher Vorteil des elektrischen Antriebs gegenüber einer hydraulischen Unterstützung liegt darin, dass die Lenkung adaptiv ausgelegt und auch durch Assistenzsysteme überlagert werden kann. Das unterstützende Drehmoment und damit die Kraft am Lenkrad kann zum Beispiel abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit geändert werden. Der Zielkonflikt von starker Lenkhilfe beim Einparken und geringer Lenkhilfe bei schneller Fahrt kann damit aufgelöst werden. Das Lenksystem kann als Aktor für weitergehende Fahrerassistenzaufgaben genutzt werden (z. B. automatische Lenkeingriffe bei ESP II, Park- und Spurhalteassistent, etc.). Außerdem kann die Lenkunterstützung bedarfsgerecht ausgelegt werden, d. h., sie wird nur tätig, wenn sie während Lenkvorgängen auch nötig ist, was zu einer Kraftstoffersparnis von bis zu 0,25 l/100 km gegenüber konventionellen hydraulischen Lenksystemen führt.
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Jedoch kann eine derartige elektrische Servolenkung eines Kraftfahrzeugs zur Instabilität neigen und/oder der Wind-Up-Effekt kann sich störend bemerkbar machen. Der Wind-Up-Effekt tritt z. B. bei Reglern mit PI- oder PID-Verhalten auf. Hierbei wird die Stellgröße, die auch im Eingang der Regelstrecke liegen kann, begrenzt, aber der zugehörige Integral-Anteil des Reglers kann noch höhere Werte annehmen. Verringert sich die Stellgröße während des Regelvorgangs unterhalb der Begrenzung, hat der Integral-Anteil einen zu hohen Wert angenommen, der z. B. bei einer Überschwingung der Regelgröße verspätet abgebaut wird. Die Regelgröße erreicht verspätet den Wert des Sollwertes. Dieser Effekt tritt bei allen Reglern mit integrierenden Verhalten auf.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, Wege aufzuzeigen, wie die Stabilität einer derartigen elektrischen Servolenkung im Betrieb gewährleistet werden kann.
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Die Aufgabe der Erfindung wird gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb einer elektrischen Servolenkung eines Kraftfahrzeugs mit den Schritten:
- Erfassen von Werten repräsentativ für ein Lenkmomentmit einem Lenkmomentsensor der elektrischen Servolenkung,
- Auswerten der erfassten Werte, um eine Größe repräsentativ für ein
- Stabilitätsmaß indikativ für eine Stabilität der elektrischen Servolenkung zu bestimmen,
- Vergleichen des Stabilitätsmaßes mit einem Grenzwert, und Ausgeben eines Steuersignals, wenn der Vergleich ergibt, dass das Stabilitätsmaß größer als der Grenzwert ist.
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Es werden kontinuierlich oder zeitdiskret, z. B. durch Abtastung, eine Mehrzahl von Werten repräsentativ für das Lenkmoment erfasst. Die Mehrzahl der Werte wird z. B. innerhalb einer vorbestimmten Zeitdauer erfasst. Es wird zur Bestimmung des Stabilitätsmaßes der zeitliche Verlauf der Werte ausgewertet, z. B. wie schnell und stark sich die Werte ändern. Mit einem Vergleich mit einem Grenzwert kann eine sich anbahnende Instabilität erfasst und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Das Steuersignal kann als Warnsignal in akustischer und/oder optischer Weise ausgegeben werden, oder als Auslösen für die Stabilität gewährleistender Maßnahmen genutzt werden.
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So kann auf überraschend einfache Weise auf ein Erfassen einer drohenden Instabilität dieser entgegengewirkt und die Stabilität der elektrischen Servolenkung gewährleistet werden, wie z. B. eine BIBO-Stabilität oder Ljapunow-Stabilität. Dabei wird unter BIBO-Stabilität verstanden, dass ein Ausgangssignal eines Systems bei beschränktem Eingangssignal nicht über alle Grenzen anwächst, während unter Ljapunow-Stabilität verstanden wird, dass eine hinreichend kleine Störung stets klein bleibt.
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Gemäß einer Ausführungsform wird auf Vorliegen des Steuersignals hin ein Verstärkungsfaktor der elektrischen Servolenkung reduziert. Z. B. legt der Verstärkungsfaktor fest, wie stark ein Elektrostellmotor bei einem EPS- bzw. EPAS-System Lenkbewegungen des Fahrers unterstützt, oder es erfolgt ein Wechsel von einer ersten Boost- oder Verstärkungskurve zu einer zweiten Boost- oder Verstärkungskurve, wobei die Boost- oder Verstärkungskurven eine Eingangsgröße und eine aktuelle Lenkmomentverstärkung der elektrischen Servolenkung miteinander verknüpft. Durch das Reduzieren des Verstärkungsfaktors wird das Verstärken eines rückgekoppelten Ausgangssignals reduziert und damit einem sich weiteren Aufschaukeln des Systems entgegengewirkt. Anstelle oder zusätzlich kann auch vorgesehen sein, eine Zeitkonstante des PID-Reglers zu erhöhen, d. h. das Antwortverhalten des PID-Reglers zu verlangsamen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird als Stabilitätsmaß eine Ableitung der erfassten Werte gebildet. Die Ableitung kann z. B. durch nummerische Ableitung gebildet werden. Somit gibt das Stabilitätsmaß an, wie stark bzw. schnell der Lenkwinkel sich ändert. Neben der ersten Ableitung können auch weitere, höhere Ableitungen gebildet und ausgewertet werden.
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Ferner gehören zur Erfindung ein Computerprogrammprodukt und eine derartige elektrische Servolenkung für ein Kraftfahrzeug sowie Steuergerät für eine derartige Servolenkung und ein Kraftfahrzeug mit einer derartigen elektrischen Servolenkung.
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Es wird nun die Erfindung anhand einer Zeichnung erläutert. Es zeigt:
- 1 in schematischer Darstellung einer elektrischen Servolenkung für ein Kraftfahrzeug.
- 2 in schematischer Darstellung einen Verfahrensablauf eines Betriebs der in 1 dargestellten elektrischen Servolenkung.
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Es wird zunächst auf 1 Bezug genommen. Dargestellt ist eine elektrische Servolenkung 4 eines Kraftfahrzeugs 2, wie z. B. eines PKWs, mit den Räder 10a, 10b des Kraftfahrzeugs 1, im vorliegenden Ausführungsbeispiel ein lenkbares rechtes und linkes Vorderrad, die mit jeweils einem Lenkeinschlag beaufschlagt werden können. Die elektrische Servolenkung 4 ist eine elektrische Hilfskraftlenkung, die nur dann aktiv ist, wenn Lenkbewegungen stattfinden.
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Der elektrischen Servolenkung 4 weist im vorliegenden Ausführungsbeispiel einen Lenkmomentsensor 8, einen Elektromotor 12 und ein Steuergerät 14 auf.
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Der Elektromotor 12, im vorliegenden Ausführungsbeispiel ein programmgesteuerter Elektrostellmotor, unterstützt und überlagert die Lenkbewegung des Fahrers durch Drehen des Lenkrads 6.
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Mit dem Lenkmomentsensor 8 kann ein Lenkmoment LM erfasst werden. Bei dem Lenkmoment LM handelt es sich um ein Fahrersollmoment, also um ein an dem Lenkrad 6 angreifendes Drehmoment. Mit anderen Worten, es handelt es sich bei dem Lenkmoment LM um eine Fahrermoment-Ist-Größe. Das Steuergerät 14 ist dazu ausgebildet, eine Fahrermoment-Soll-Größe zu bestimmen und unter Auswertung der Fahrermoment-Ist-Größe und der Fahrermoment-Soll-Größe ein Stellmoment zur Ansteuerung des Elektromotors 12 bereitzustellen.
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Die elektrische Servolenkung 4 kann z. B. als ein EPS- bzw. EPAS-System (EPS = Electric Power Steering, EPAS = Electric Power Assisted Steering) oder als AFS-System (AFS = Active Front Steering) ausgebildet sein.
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Bei einem EPS- bzw. EPAS-System unterstützt und überlagert der Elektromotor 12 an der Mechanik der Lenkung die Lenkbewegungen des Fahrers.
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Bei einem AFS-System (AFS = Active Front Steering) wird ein vom Fahrer am Lenkrad 6 aufgebrachter Lenkwinkel überlagert, d. h. es addiert oder subtrahiert einen Winkel auf oder vom Fahrerlenkwinkel. Der gewünschte Überlagerungswinkel wird in der Regel anhand des Fahrerlenkwinkels, der Lenkgeschwindigkeit und der Fahrzeuggeschwindigkeit durch Software auf dem Steuergerät 14 ermittelt und durch den Elektromotor 12 als Zusatzwinkel umgesetzt. Im Unterschied zu einem EPS- bzw. EPAS-System wird bei einem AFS-System die Lenkübersetzung verändert, während sie bei einem EPS- bzw. EPAS-System konstant ist.
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Im Betrieb kann z. B. das Steuergerät 14 auf einen abgespeicherten Verstärkungsfaktor K zurückgreifen, der festlegt, wie stark der Elektromotor 12, z. B. bei einem EPS- bzw. EPAS-System, Lenkbewegungen des Fahrers unterstützt, Abweichend vom vorliegenden Ausführungsbeispiel kann auch vorgesehen sein, dass das Steuergerät 14 auf eine abgespeicherte Boost- oder Verstärkungskurve zurückgreift, wobei die Boost- oder Verstärkungskurve eine Eingangsgröße, wie z. B. dem Lenkmoment LM, und eine aktuelle Lenkmomentverstärkung, d. h. das dem vom Elektromotor 12 bereitgestellte Drehmoment, miteinander verknüpft.
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Jedoch kann es im Betrieb zu Instabilitäten kommen.
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Um die Stabilität der elektrische Servolenkung 4 zu gewährleisten ist das Steuergerät 14 der elektrischen Servolenkung 4 dazu ausgebildet, Werte W zu erfassen, die repräsentativ für das Lenkmoment LM sind.
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Ferner ist das Steuergerät 14dazu ausgebildet, die erfassten Werte W auszuwerten, um eine Größe zu bestimmen, die repräsentativ für ein Stabilitätsmaß S ist.
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Des Weiteren ist das Steuergerät 14 dazu ausgebildet, das bestimmte Stabilitätsmaß S mit einem Grenzwert G zu vergleichen und ein Steuersignal auszugeben, wenn der Vergleich ergibt, dass das Stabilitätsmaß S größer als der Grenzwert G ist.
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Schließlich ist das Steuergerät 14 dazu ausgebildet, auf das Vorliegen des Steuersignals ST hin einen Verstärkungsfaktor K der elektrischen Servolenkung 4 zu reduzieren. Abweichend vom vorliegenden Ausführungsbeispiel kann auf das Vorliegen des Steuersignals ST auch eine Deaktivierung der elektrischen Servolenkung 4 vorgesehen sein.
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Hierzu kann die elektrische Servolenkung 4, insbesondere dessen Steuergerät 14, Hard- und/oder Softwarekomponenten aufweisen.
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Es wird nun zusätzlich auf 2 Bezug genommen. Im Betrieb wird in einem ersten Schritt S100 eine Mehrzahl von Werten W erfasst, die repräsentativ für das Lenkmoment LM sind. Z. B. wird innerhalb eines vorbestimmten Zeitintervalls eine Mehrzahl von Werten W erfasst.
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In einem weiteren Schritt S200 werden die erfassten Werte W ausgewertet, um das Stabilitätsmaß S zu bestimmen. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel ist die Größe eine erste Ableitung der erfassten Werte W.
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In einem weiteren Schritt S300 wird das bestimmte Stabilitätsmaß S, d. h. der aktuelle Wert der Ableitung, dann mit einem Grenzwert G verglichen. Wenn der Vergleich ergibt, dass das Stabilitätsmaß S größer als der Grenzwert G ist, wird ein Steuersignal ST ausgegeben.
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In einem weiteren Schritt S400 wird auf das Vorliegen des Steuersignals ST hin der Verstärkungsfaktor K der elektrischen Servolenkung 4 reduziert. So wird z. B. bei einem EPS- bzw. EPAS-System erreicht, dass Lenkbewegungen des Fahrers weniger unterstützt werden. Wenn hingegen die elektrische Servolenkung 4 auf eine abgespeicherte Boost- oder Verstärkungskurve zurückgreift, kann ein Wechsel zu einer weiteren, zweiten Boost- oder Verstärkungskurve erfolgen, wobei die Verwendung zu einer geringeren Verstärkung als bei der Verwendung der ersten Boost- oder Verstärkungskurve führt.
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So kann auf überraschend einfache Weise auf ein Erfassen einer Instabilität der elektrischen Servolenkung 4 dieser entgegengewirkt und die Stabilität gewährleistet werden.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Kraftfahrzeug
- 4
- elektrische Servolenkung
- 6
- Lenkrad
- 8
- Lenkmomentsensor
- 10a
- Rad
- 10b
- Rad
- 12
- Elektromotor
- 14
- Steuergerät
- G
- Grenzwert
- K
- Verstärkungsfaktor
- LM
- Lenkmoment
- W
- Werte
- S100
- Schritt
- S200
- Schritt
- S300
- Schritt
- S400
- Schritt