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Entlang des Rheingrabens und anderen Orten befinden sich riesige Mengen Grundwasser nahe der Oberfläche, die zum Heizen oder Kühlen von Gebäuden genutzt werden könnten. Ein Grad Temperaturunterschied in einem Kubikmeter Wasser entspricht etwa einer Energiemenge, für die bei einer elektrischen Erhitzung 1000 W/h Stromenergie aufgewendet werden müsste. Heute gängige Wärmepumpen benötigen etwa 200 W Energie aus Strom um ein Äquivalent von 1000 W Wärmeenergie zu fördern bei einer üblichen Temperatur des Grundwassers von ca. 10 Grad. Damit sind sie ähnlich wirtschaftlich wie Gasheizungen, benötigen aber keinen Gasanschluss.
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Umgekehrt ist die Kühlleistung des Grundwassers noch interessanter, weil diese bereits ohne Wärmepumpe durch reine Zirkulation über Konvektoren genutzt werden kann bei einer Grundwassertemperatur, die auch im Hochsommer nicht über 12 Grad steigt. Während klassische Klimaanlagen mit hohem Energieaufwand gegen eine aufgeheizte Außenluft ankämpfen und die abzuführende Wärme dort hin abgeben müssen, bietet Grundwasser eine negative Temperaturdifferenz deren Nutzung lediglich eine Zirkulationspumpe, einen Wasser-Luft-Wärmetauscher und Gebläse erfordert.
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Es ist verwunderlich, dass angesichts dieser Möglichkeiten nicht einmal in den Gegenden, in denen das Grundwasser oberflächennah zur Verfügung steht, dessen thermische Speichereigenschaft nennenswert genutzt wird. Es gibt bislang zwei Ansätze mit gravierenden Nachteilen, die für einen massenhaften Einsatz ungeeignet erscheinen. Zum einen werden mit Kühlmittel gefüllte Sonden verlegt, die im Falle von Undichtigkeit das Grundwasser verunreinigen, und zum anderen werden rein wassergeführte Systeme installiert, die regelmäßig an den besonderen Eigenschaften des Grundwassers scheitern.
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Bei Grundwasser handelt es sich nicht um reines H2O. In Grundwasser sind Carbonate, Eisen und Mangan gebunden die sich lösen und ausfällen wenn sie mit Sauerstoff reagieren. Eine Veränderung des für eine Reaktion verfügbaren Sauerstoffs im Wasser, sei es durch Hinzufügung von Luftsauerstoff von außen oder durch Blasenbildung in der Pumpe (Kavitation), hat ein Ausfällen der genannten Stoffe zur Folge und damit eine Verockerung der Schluckbrunnen wassergeführter Systeme, die aus Saug- und Schluckbrunnen bestehen. Ein wartungsfreier Betrieb dieser Systeme wäre wünschenswert, ist in der Praxis aber nicht zu beobachten. Ein Ausfällen der genannten Stoffe kann mit der heute praktizierten Form der Umwälzung benötigter Grundwassermengen nicht vermieden werden.
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Die hier vorgestellte Anordnung für einen Wärmeaustausch mit dem Grundwasser unterscheidet sich in mehreren Punkten von der bislang üblichen Praxis. Sie funktioniert unter der Voraussetzung, dass die wasserführende Schicht aus Kies besteht und der Umwälzung des Wassers nur einen geringen Widerstand entgegen setzt. Ferner ist von Vorteil, wenn es sich um kein stehendes, sondern um ein fließendes Grundwasser handelt. Diese Voraussetzungen sind z.B. entlang des Rheingrabens gegeben, wo eine Versuchsanlage seit September 2014 störungsfrei funktioniert.
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Die einzelnen Komponenten dieser Anlage werden hiermit beschrieben wie folgt:
- 1. Einem Schluckbrunnen dessen Wandung aus durchlässigem Porenbeton besteht. Der in diesen Schluckbrunnen eingeleitete Rückfluss geht über den Boden und die Seitenwände über in das Grundwasser.
- 2. Ein Steigrohr für die Entnahme des Grundwassers, das durch das Zentrum des Schluckbrunnens in tiefere Schichten vorgetrieben wurde. Verwendet wurde das System eines Schlagbrunnens, wie es für die Gartenbewässerung handelsüblich ist.
- 3. Einen Plattenwärmetauscher und eine Umwälzpumpe.
- 4. Ein Absperrventil und darüber eine Vorrichtung zur Entlüftung des Systems am höchsten Punkt, hier mit einer manuellen Vakuumpumpe, aber ebenso möglich automatisch über Sensoren, die aufgrund der unterschiedlichen elektrischen Leitfähigkeit von Luft und Wasser feststellen wenn sich Luft in einem Wasserreservoir oberhalb des zirkulierenden Wasserstroms ansammelt, die Unterdruckpumpe anschaltet, das Ventil öffnet und wieder schließt wenn die Luft evakuiert wurde.
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Voraussetzung für ein Funktionieren dieser Konstruktion ist, das die Rohre und angeschlossenen Geräte oberhalb der Wasserlinie so weit luftdicht sind, dass keine Umgebungsluft in das System eintreten kann. Von Vorteil ist ferner, wenn die Anteile der Anlage oberhalb der Wasserlinie möglichst gering gehalten werden, da mit zunehmender Distanz zur Wasserlinie der Unterdruck in dem Teil der Anlage oberhalb der Wasserlinie ansteigt und somit die Schwierigkeit ein dichtes System herzustellen erhöht. Ferner löst sich der im Wasser gebundene Sauerstoff nicht nur durch Druckänderung am Laufrad der verwendeten Pumpen und lässt diesen ausgasen (Kavitation), sondern ebenso in einem Zustand statischen Unterdrucks, der umso höher einwirkt, je weiter die Anlage aus dem Wasser heraus ragt.
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Bei der Versuchsanlage ragen die höchsten Teile des primären Wasserkreislaufes ca. 230 cm über die Wasserlinie und sind während des laufenden Betriebs einer Heiz- oder Kühlperiode hinreichend funktionsfähig, so dass keine weitere Entlüftung erforderlich ist. Bei einer Standzeit ohne Nutzung der Umwälzpumpe über mehr als 5 Stunden hinweg, muss das System erst entlüftet werden bevor die Umwälzpumpe in der Lage ist in den Rohren eine Strömung herzustellen. Ob die Ansammlung von Luft im System auf verbliebene Undichtigkeit zurückzuführen ist oder auf Ausgasung des Wassers im Unterdruck, ist unklar. Von Vorteil wäre auf jeden Fall gewesen, jene Teile oberhalb der Wasserlinie geringer zu halten, je nach gegebenen Verhältnissen vor Ort also stets so gering wie möglich.
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Die Öffnungen für den Ein- und Auslass der Anlage befinden sich unterhalb der Wasserlinie. Im Ruhezustand, ohne Aktivität der Umwälzpumpe, gibt es zwischen den Rohren ein hydraulisches Gleichgewicht. Es genügen geringe Kräfte um in dieser Konstellation das Wasser in den Rohren strömen zu lassen, hier konkret 60W, die geringer ausfallen könnten wenn nicht das Problem bestünde, dass sich während der Standzeiten eine Luftblase am höchsten Punkt bildet und das Anlaufen der Anlage behindert. Dieser Wert sollte sich nach unten optimieren lassen wenn man zum Anhaltspunkt nimmt, dass die Umwälzung von Heizwasser in kompletten Heizungsanlagen mit Pumpen in einem Bereich von 20W/h verwendeter Antriebsenergie funktioniert. Die verwendeten 60W Pumpleistung genügen um das Rohr von vorhandenen kleinen Luftansammlungen frei zu spülen. Mit einem System automatischer Entlüftung wären sie nicht erforderlich um die benötigte Umwälzung für die Wärmegewinnung oder Wärmeentsorgung bereit zu stellen. Ebenso könnte eine geregelte Pumpe das Problem lösen indem beim Start eine höhere Pumpleistung zum Freispülen eingesetzt wird und im Dauerbetrieb anschließend die Pumpleistung reduziert wird. Da eine Wärmepumpe nur aktiv wird wenn die Temperatur im Pufferspeicher unter einen Grenzwert sinkt, läuft sie nur mit Unterbrechungen. Im Sommer hingegen, wenn das System zum Kühlen eingesetzt wird und die Umwälzpumpe im Dauerbetrieb ist, werden an dieser Pumpe nur 20W Arbeitsleistung eingesetzt die genügen, um an diesem Primärkreislauf ausreichend Kälte für ein Absenken der Temperaturen in dem Gebäude bereitzustellen.
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Im Unterschied zu herkömmlichen Saug- und Schluckbrunnen-Systemen, bei denen nach geltenden Vorschriften mindestens 15 Meter Abstand zwischen der Entnahme- und Rückführungsstelle liegen müssen, ist bei der hier beschriebenen vertikalen Anordnung lediglich ein Brunnen erforderlich. Die kurze Wegstrecke und das hydraulische Gleichgewicht im Unterdruck erfordern eine deutlich geringere Arbeitsleistung um den Wasserstrom zu bewegen als bei heute gängigen Anlagen üblich (z.B. 20-60W statt 600W bei gleicher Wärmeausbeute). Dadurch genügt eine strömungsbeschleunigende Pumpe mit geringer Arbeitsleistung und entsprechend geringer Gefahr der Luftblasenbildung durch Kavitation. Grundsätzlich könnte die Gefahr durch entsprechend dimensionierte Rohre, langsam laufende Schaufeln und einen Wärmetauscher mit großer Austauschfläche weiter reduziert werden.
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Für die vertikale Anordnung der Entnahme- und Rückführungsstelle ist von Vorteil, wenn zwischen diesen ein möglichst großer Abstand hergestellt werden kann. Ferner ist von Vorteil, wenn es sich vor Ort um ein strömendes Grundwasser handelt. In der Versuchsanlage liegt der Abstand zwischen Entnahme und Rückführung bei ca. 7 Höhenmetern. Es darf angenommen werden, dass das zurückgeführte Wasser von oben in das Grundwasser hinein drückt und damit die Leerstelle auffüllt, die unten bei der Entnahme entsteht. Dabei vermischt sich das erwärmte oder abgekühlte Wasser großräumig um den Brunnen herum und wird von der Strömung weggetragen. Es konnte am Saugrohr keine Änderung der Temperatur durch das zurückfließende Wasser festgestellt werden, vermutlich weil die höheren Wasserschichten die tieferen gar nicht mehr erreichen und die Temperatureffekte sich vorher in der gigantischen Masse vorhandenen Grundwassers auflösen. Je grober der Kies im Umfeld des Brunnens ist, desto günstiger dürfte sich dies auf das System auswirken. Die Gefahr eines hydraulischen Kurzschlusses, also der Grund weswegen bei Systemen aus Saug- und Schluckbrunnen zwischen Entnahme und Rückführung ein Mindestabstand von 15 Längenmetern vorgeschrieben ist, wäre selbst bei Sand nicht gegeben, da nasser Sand in der Vertikalen umgehend in vorhandene Lücken rutscht. Sand würde allerdings, im Vergleich zu Kies, der Wasserzirkulation einen höheren Widerstand entgegen setzen.
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Das beschriebene Verfahren löst die Probleme einer geothermischen Nutzung oberflächennah verfügbaren Grundwassers, die durch Verockerung des Schluckbrunnens entstehen, indem durch die gewählte Anordnung eine Zirkulation des Grundwassers bis an die Oberfläche durch minimale einwirkende Kräfte ermöglicht wird, was nicht nur der Energieeffizienz des Systems dienlich ist, sondern das Ausfällen im Wasser gebundener Stoffe minimiert, also eine Verockerung des Schluckbrunnens durch Kavitation.
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Kennzeichnend für das System ist die vertikale Anordnung von Entnahme und Rückführung des zirkulierenden Wassers in einem Rohrsystem, das oberhalb der Wasserlinie einem Unterdruck stand halten muss, verursacht durch das Eigengewicht des Wassers im Rohrsystem, das über die Wasserlinie hinaus ragt. Durch diese Konstruktion wird das Grundwasser im Trockenen nutzbar und können alle Pumpen und elektrischen Anlagen arbeiten, ohne sich unter Wasser zu befinden. Dabei wäre es prinzipiell ebenso denkbar die gesamte Anlage unter Wasser zu verlegen, was energetisch noch optimaler wäre und das Problem mit der Dichtigkeit bei Unterdruck im Rohrsystem nicht aufkommen ließe, jedoch als Lösung mit erheblich höheren Baukosten einher ginge, denn es müsste ein begehbarer Schacht bis zur Wasserlinie errichtet werden und die Montage und Wartung unter Wasser erfolgen. Demgegenüber ist das Herausführen des Grundwassers an die Oberfläche mit geringem Aufwand zu verwirklichen. Die Rohre werden hier nicht mit einem Überdruck durchspült, sondern der Wasserfluss wird im Bereich des Unterdrucks angetrieben indem das hydraulische Gleichgewicht in die gewünschte Flussrichtung verlagert wird.
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Bezugsgröße für alle Angaben ist der Wärme- und Kältebedarf eines nicht isolierten Wohnhauses, bestehend aus 2 Stockwerken auf einer Grundfläche von 80 Quadratmetern. Die zum Heizen gewonnene Wärmeenergie beträgt pro Heizperiode ca. 15.000 KW/h für deren Gewinnung ca. 7.000 Kubikmeter Grundwasser umgewälzt werden. Während der Kühlperiode werden im Dauerbetrieb weitere ca. 13.000 Kubikmeter Grundwasser umgewälzt ohne Einsatz einer Wärmepumpe.
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Bevor die hier beschriebene Konstruktion verwirklicht wurde, war über eine Heizperiode hinweg ein klassisches System mit 600W Tiefbrunnenpumpe und Abstand von 15 Metern zwischen Saug- und Schluckbrunnen im Einsatz mit der Folge, dass der Schluckbrunnen noch während der laufenden Heizperiode die Wassermengen durch Verockerung bedingt nicht mehr aufnehmen konnte. Deswegen befindet sich im Brunnen ein bis zum Grund reichendes DN50-Rohr (im Plan nicht eingezeichnet da optional und für den Betrieb nicht erforderlich), über das mit einer 6,5 PS benzinbetriebenen Pumpe der Brunnen notfalls wieder freigesaugt werden kann. In den fünf Jahren seitdem das oben beschriebene System im Einsatz ist, bestand jedoch keine Notwendigkeit den Schluckbrunnen instand zu setzen. Das System verhält sich unauffällig. Um für diese Patentanmeldung herauszufinden in wieweit es auch bei diesem System noch zu Resten von Verockerung kommt, wurde die Reinigungs-Absaugung nach fünf Jahren erstmals wieder in Betrieb genommen. Die Pumpe zog etwa 50 Liter mit Sand und für Ocker typisch eingefärbtes Wasser, danach kam nur noch klares Wasser. Nachdem sich die abgepumpten Bestandteile im Fangbottich abgesetzt hatten, ergab sich eine Schicht aus ca. 3mm Sand und 1mm Ocker, die sich am Grund des Schluckbrunnens abgelagert hatten. Bedenkt man die Zwischenräume bei grobem Kies, war der Schluckbrunnen am Boden also noch frei. Es ist anzunehmen, dass kleine Mengen an Sand und Ocker mit dem abfließenden Wasser weggetragen werden und die am Grund sich auf einigen Steinen absetzenden Mengen das System selbst langfristig nicht beeinträchtigen.