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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Wälzlagerbauteils aus Polyimid gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1. Gemäß der vorliegenden Erfindung kann Polyimid in Reinform verwendet werden oder als Bestandteil einer Legierung oder Mischung, wobei Polyimid insbesondere den größten Anteil ausmacht.
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Polyimid hat sich in der Praxis als vorteilhaftes Material für Wälzlagerbauteile, beispielsweise für Käfige oder Kugeln von Wälzlagern, erwiesen. Herkömmlich erfolgt die Herstellung von solchen Bauteilen, wie exemplarisch in
EP 2 886 583 A1 beschrieben wird, entweder durch ein sogenanntes Hot-Compression-Molding-Verfahren, auch Heißpressverfahren genannt, oder durch ein Direct-Forming-Verfahren, auch Direktformverfahren genannt. Beim Hot-Compression-Molding-Verfahren ergibt sich ein tribologisch günstiges hochfestes Polyimid-Material, dass nach dem Verfahrensschritt des Hot-Compression-Molding gesägt, gedreht und geschliffen wird, wobei bis zu 40% des aus der Pressform entnommenen Materials durch spanabhebende Bearbeitung verloren geht.
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Beim Direct-Forming-Verfahren ist die Materialausbeute wesentlich besser, weil das Ausgangsmaterial Polyimidpulver (Pl-Pulver) gleich in eine dem herzustellenden Bauteil nahe Geometrie verbracht wird. Das Formen erfolgt dabei bei Raumtemperatur oder vergleichsweise geringen Temperaturen, beispielsweise bei einer Temperatur zwischen 0° C und 100° C, bevorzugt zwischen 15° C und 40° C, wie im Detail in
EP 2 886 583 A1 angegeben wird. Dem Verpressen in die gewünschte Form folgt ein Versintern des gepressten Polyimidpulvers in einem Sinterofen über mehrere Stunden, bevorzugt bei einer Temperatur von 250° C bis 600° C. Beim Versintern wird das Bauteil verfestigt. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die Wälzlagerbauteile, die nach dem Direct-Forming-Verfahren mit anschließendem Sintern hergestellt wurden, nicht die gewünschten tribologischen Eigenschaften und Festigkeitseigenschaften aufweisen, weshalb nahezu ausschließlich auf das Hot-Compression-Molding-Verfahren zurückgegriffen wird, mit einer entsprechenden geringen Materialausbeute, was die Herstellung der Wälzlagerbauteile verteuert.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen eines Wälzlagerbauteils aus Polyimid anzugeben, mit welchem die gewünschten hohen tribologischen und Festigkeitseigenschaften erreicht werden und gleichzeitig die Materialausbeute verbessert wird.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Schritten von Anspruch 1 gelöst. In den abhängigen Ansprüchen werden besonders vorteilhafte und zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung angegeben.
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Die Erfinder haben erkannt, dass die Kombination der beiden bisher nur getrennt angewendeten Verfahren Hot-Compression-Molding und Direct-Forming zu einem gemeinsamen Verfahrensschritt bei der Herstellung von Wälzlagerbauteilen aus Polyimid zu besonders hochwertigen Materialeigenschaften sowohl unter tribologischen als auch unter Festigkeitsgesichtspunkten führt und trotzdem eine sehr hohe Materialausbeute bezüglich des eingesetzten Rohmaterials, nämlich Polyimidpulver, erzielt wird. Erfindungsgemäß erfolgt ein Hot-Compression-Molding-Schritt und ein Direct-Forming-Schritt gemeinsam in ein und derselben Pressform, in die Polyimidpulver eingebracht wurde, sodass zum einen das Verpressen und Versintern des Polyimidpulvers gleichzeitig oder unmittelbar aufeinander, insbesondere zeitlich überlappend erfolgt, und zum anderen das Verpressen des Polyimidpulvers in eine Form erfolgt, die bereits dem herzustellenden Wälzlagerbauteil nahe ist, sodass bei der anschließenden Fertigbearbeitung des Wälzlagerbauteils auf eine weitergehende spanabhebende Bearbeitung, insbesondere mit Ausnahme von Schneiden (worunter auch Sägen fällt), Bohren und/oder Schleifen, verzichtet werden kann, oder das Abtragsvolumen bei der Fertigbearbeitung zumindest drastisch reduziert wird. Insbesondere, jedoch nicht zwingend, wird das Wälzlagerbauteil aus Polyimid bei seiner Herstellung weder gefräst noch gedreht. Insbesondere wird auf eine Zertrennung der Querschnittsform des aus der Pressform entnommenen Halbzeugs, das heißt des verpressten und versinterten Polyimidpulvers, in kleinere Halbzeugteile mit Querschnittsformen, die dem herzustellenden Wälzlagerbauteil vergleichsweise näher kommen beziehungsweise ähnlicher sind, verzichtet. Dies schließt nicht aus, dass das Halbzeug in Längsrichtung unterteilt wird, um zum Beispiel aus einem hergestellten Stangenmaterial mit einer dem Wälzlagerbauteil entsprechende Querschnittsform mehrere Wälzlagerbauteil herzustellen.
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Wenn vorliegend davon die Rede ist, dass das Polyimidpulver beim Verpressen in eine dem Wälzlagerbauteil nahe Form beziehungsweise nahe Geometrie verbracht wird, so bedeutet dies insbesondere, dass nach dem Verpressen und Versintern des Polyimidpulvers maximal 25% oder 20%, bevorzugt maximal 15% oder maximal 10% des Materials bei einer Endbearbeitung des Wälzlagerbauteils, bis dieses seine endgültige Form erreicht hat, vom aus der Pressform entnommenen Formling abgetragen wird.
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Im Einzelnen weist ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Herstellen eines Wälzlagerbauteils aus Polyimid die folgenden Schritte auf:
- - Einbringen von Polyimidpulver in eine Pressform mit wenigstens zwei Formhälften;
- - Verpressen des Polyimidpulvers durch Aufeinanderzubewegen der Formhälften;
- - Versintern des Polyimidpulvers durch Zufuhr von Wärme in das Polyimidpulver, wobei das Verpressen und Versintern in derselben Pressform gleichzeitig oder unmittelbar hintereinander oder zeitlich überlappend erfolgt.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird das Polyimidpulver bereits beim Verpressen in eine dem Wälzlagerbauteil nahe Geometrie verbracht. Insbesondere wird das Polyimidpulver beim Verpressen in eine dem Wälzlagerbauteil bereits entsprechende Querschnittsform verbracht.
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Das Verbringen in die dem Wälzlagerbauteil nahe Geometrie schließt nicht aus, dass zur Verbesserung der Oberflächenqualität des Wälzlagerbauteils die Oberfläche nach dem Verbringen des Polyimidpulvers in die dem Wälzlagerbauteil entsprechende Querschnittsform abschließend geschliffen wird. Auch können beispielsweise Bohrungen eingebracht werden. Bevorzugt, jedoch nicht zwingend, wird jedoch auf Fräsen und/oder Drehen, was mit einem entsprechend großen Materialabtrag verbunden ist, verzichtet.
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Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung wird eine Vielzahl von herzustellenden Wälzlagerbauteilen in einem gemeinsamen Verpress- und Versinterschritt gleichzeitig in derselben Pressform hergestellt. Somit weist die Pressform eine Vielzahl von Formenhohlräumen entsprechend der herzustellenden Wälzlagerbauteile auf, wobei die Formenhohlräume derart miteinander verbunden sein können, dass die Wälzlagerbauteile in der Pressform zunächst stoffschlüssig miteinander verbunden sind, nachdem sie verpresst und versintert wurden. Anschließend können die Wälzlagerbauteile dann voneinander getrennt werden, insbesondere durch Schneiden.
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Die Wälzlagerbauteile, die gleichzeitig in einer gemeinsamen Pressform hergestellt werden, können zueinander identisch sein.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren kann bevorzugt nach dem Verpressen und Versintern des Polyimidpulvers 85 oder 90% des Materials bei der weiteren Endbearbeitung des Wälzlagerbauteils für das Wälzlagerbauteil beibehalten/verwertet werden. Demgemäß wird bevorzugt nach dem Verpressen und Versintern des Polyimidpulvers maximal 15% oder maximal 10% des Materials bei der Endbearbeitung des Wälzlagerbauteils, bis dieses seine endgültige Form erreicht, vom aus der Pressform entnommenen Formling abgetragen, beispielsweise durch Schleifen und/oder Bohren.
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Bei dem Wälzlagerbauteil handelt es sich insbesondere um einen Wälzlagerkäfig, bevorzugt um einen Wälzlagerkäfig eines Wälzlagers, insbesondere Kugellagers, in einem medizinischen Instrument, beispielsweise Dentalhandstück.
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Der Wälzlagerkäfig kann beispielsweise in einem Dentaltechniklager mit einem Drehzahlkennwert n x dm ≥ 500.000 mm/min eingesetzt werden, wobei n die Drehzahl in Umdrehungen pro Minute und dm den mittleren Lagerdurchmesser in Millimetern beschreibt.
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Die Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und den Figuren exemplarisch beschrieben werden.
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Es zeigen:
- 1 die Herstellung eines Wälzlagerbauteils mit dem Hot-Compression-Molding-Verfahren gemäß dem Stand der Technik;
- 2 die Herstellung eines Wälzlagerbauteils mit dem Direct-Forming-Verfahren gemäß dem Stand der Technik;
- 3 die Herstellung eines Wälzlagerbauteils aus Polyimid gemäß einem erfindungsgemäßen Verfahren.
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In der 1 ist das sogenannte Hot-Compression-Molding-Verfahren, auch Heißpressverfahren genannt, schematisch dargestellt. Wie man sieht, wird zunächst ein Halbzeug 5, in der Regel in einer massiven Plattenform, beispielsweise aus Polyimid, in einer Pressform 1 bei gleichzeitigem Erhitzen und Druckbeaufschlagen hergestellt. Als Rohmaterial, das druckbeaufschlagt und erhitzt und dadurch versintert wird, wird zum Beispiel Polyimidpulver 2 verwendet, das zuvor in die Pressform 1, umfassend wenigstens zwei Formenhälften 3, 4, eingebracht wurde. Das Halbzeug 5 wird aus der Pressform 1 entnommen und anschließend wird es zunächst in eine Vielzahl von kleineren Blöcken zersägt, wobei ca. 15% des Materials des Halbzeugs 5 durch die spanabhebende Bearbeitung verlorengeht. Anschließend werden die kleineren Blöcke jeweils durch Drehen bearbeitet, wobei nochmals 20% des Materials durch Spanabheben verlorengeht. Beim abschließenden Schleifen gehen nochmals 5% des Materials verloren, sodass insgesamt nur 60% des ursprünglich eingesetzten Rohmaterials verwendet wird.
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Bei dem alternativen Verfahren Direct-Forming, auch Direktformverfahren genannt, wie dies in der 2 dargestellt ist, kann zwar eine Materialausbeute von 95% des ursprünglich eingesetzten Rohmaterials erreicht werden, jedoch ist die Materialgüte minderwertiger, insbesondere sind die Festigkeit und die tribologischen Eigenschaften ungünstiger. Beim Direktformen wird wiederum Polyimidpulver 2 in eine Pressform 1 mit zwei Formenhälften 3, 4 eingebracht und unter Druckbeaufschlagung, jedoch bei geringer Temperatur, geformt. Anschließend wird der sogenannte Grünling, wie das Halbzeug 5 auch bezeichnet wird, aus der Pressform 1 entnommen und in einem Sinterofen versintert. Danach kann ein abschließendes Schleifen erfolgen, um die gewünschte endgültige Form des Wälzlagerbauteils zu erreichen. Die Materialausbeute beträgt beispielsweise 95%.
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Beim erfindungsgemäßen Verfahren, wie dies schematisch in der 3 gezeigt ist, erfolgt das Verpressen und Versintern des Polyimidpulvers 2 gemeinsam in derselben Pressform 1, die wiederum zwei Formhälften 3, 4 aufweist. Insofern entspricht das erfindungsgemäße Verfahren dem in der 1 dargestellten Heißformverfahren. Wie man in der 3 jedoch sieht, wird das Polyimidpulver 2 gleich in eine Form verpresst und in dieser versintert, welche eine dem fertigen Wälzlagerbauteil entsprechende Querschnittsform aufweist. Somit muss das verpresste und versinterte Halbzeug 5 nach dem Herausnehmen aus der Pressform 1 nur noch geschnitten werden, um die verschiedenen gleichzeitig hergestellten Wälzlagerbauteile voneinander zu trennen, wobei abschließend ein Schleifen der Wälzlagerbauteile erfolgen kann, damit diese ihre endgültige Form erreichen. Ferner ist es möglich, beispielsweise Bohrungen, wenn notwendig, einzubringen. Eine Zertrennung der Querschnittsform des Halbzeugs 5 in Einzelteile mit Querschnittsformen, die dem herzustellenden Wälzlagerbauteil vergleichsweise näher kommen beziehungsweise ähnlicher sind, ist nicht erforderlich. Somit werden insbesondere 90% des ursprünglich eingesetzten Materials verwertet.
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Die Erfindung wurde zuvor anhand eines Verfahrens dargestellt, bei dem das Halbzeug 5 und damit das Wälzlagerbauteil aus Polyimid hergestellt wurde, wobei es sich beispielsweise um reines Polyimid handelt, das heißt Polyimid mit nicht zu vermeidenden Verunreinigungen. Bevorzugt wird jedoch ein Material verwendet, bei dem dem Polyimid ein Zusatzstoff beigefügt wurde, beispielsweise Grafit. Auch die Zumischung mehrerer Zusatzstoffe ist möglich. Somit wird vorliegend unter Polyimid jegliches Polyimid umfassendes Material verstanden, bevorzugt jedoch in einer Zusammensetzung, bei welcher Polyimid den größten Bestandteil oder Hauptbestandteil und insbesondere mehr als 50 Gew.-% ausmacht.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Pressform
- 2
- Polyimidpulver
- 3,4
- Formhälfte
- 5
- Halbzeug
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2886583 A1 [0002, 0003]