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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Starten einer Brennstoffzellenvorrichtung bei einem Vorliegen der Bedingungen eines Luft/Luft-Startes sowie eine Brennstoffzellenvorrichtung. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug.
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Brennstoffzellen werden eingesetzt zur Gewinnung elektrischer Energie aus einer elektrochemischen Reaktion. Dafür weisen Brennstoffzellen in der Regel eine Membranelektrodenanordnung auf, bei der die Membran, insbesondere eine Protonenaustauschmembran, zwischen zwei Elektroden-Katalysatorschichten angeordnet ist, nämlich auf der einen Seite eine Anoden-Katalysatorschicht auf der anderen Seite eine Kathoden-Katalysatorschicht, die jeweils einen kohlenstoffhaltigen Katalysatorträger aufweisen. Diesen Elektroden-Katalysatorschichten müssen die Reaktanten, nämlich ein Brennstoff, in der Regel Wasserstoff, und ein Oxidationsmittel, in der Regel Sauerstoff oder Sauerstoff enthaltende Luft, zugeführt werden, wozu Flussfeldplatten vorgesehen sind, in denen Kanäle für die Reaktanten ausgebildet sind. Zwischen den Flussfeldplatten und den Elektroden-Katalysatorschichten sind Gasdiffusionslagen positioniert, um eine gleichmäßige Versorgung der Elektroden-Katalysatorschichten mit den Reaktanten zu ermöglichen und somit die Effizienz und die Stabilität der Brennstoffzelle zu verbessern.
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Bei Brennstoffzellensystemen kommt es durch Luft/Luft-Starts zu Schäden an den Brennstoffzellen. Ein Luft/Luft-Start liegt dabei vor, wenn beim Start sowohl in den Anodenräumen als auch in den Kathodenräumen der Brennstoffzellen Luft bzw. Sauerstoff vorhanden ist. Bei einer Zuführung von Wasserstoff im Zuge des Starts kommt es zu einer Wasserstoff/Luft-Front, welche über die elektrochemisch aktive Fläche der Anoden streicht. Somit liegen unmittelbar vor der Front und unmittelbar nach der Front unterschiedliche Potentiale vor, da die Brennstoffzelle in einem Bereich bereits die Elektrolyse betreibt und in einem anderen Bereich (noch) nicht. Dies führt zu einer nicht unerheblichen Schädigung oder Degradation der Brennstoffzelle, insbesondere zu einer Kohlenstoffkorrosion des Katalysators bzw. seines Trägermaterials, wobei hohe Zellpotentiale von bis zu 1,4 V die Alterung der Brennstoffzelle beschleunigen und zu einem signifikanten Verlust der elektrochemisch aktiven Oberfläche und einem Abbau der Katalysatorträger führen, die dabei auch ihren mechanischen Halt verlieren.
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Schäden, die bereits aufgetreten sind, sind in Grenzen reversibel. In der
US 2015/0104721 A1 wird für die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit einer Brennstoffzelle vorgeschlagen, bei gestoppter Luftzufuhr und initiierter Wasserstoffzufuhr an die Anode eine Last anzulegen, um an der Anode generierte Protonen und Elektroden zur Kathode zu bewegen, um Oxide von der Katalysatoroberfläche der Kathode zu entfernen. Die Last soll für ungefähr eine Stunde bereitstehen bei Stromstärken bis zu 30 A; aufgrund des Zeitaufwandes ist dies häufig nicht praktikabel.
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Ein alternatives Verfahren zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit einer Brennstoffzelle ist in der
US 9,786,934 B2 beschrieben, bei dem die Zufuhr von Luft zu der Kathode reduziert und eine Last von der Brennstoffzelle getrennt wird, die sodann an eine Spannungsquelle angeschlossen wird zum einmaligen oder mehrmaligen Durchlaufen einer bereit gestellten Spannung. Danach wird die Spannungsquelle wieder getrennt und die Last mit der Brennstoffzelle verbunden, die auch wieder kathodenseitig mit Luft versorgt wird.
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Die
US 2006/0249399 A1 beschreibt die Entfernung auf der Oberfläche des Katalysators absorbierter chemischer Elemente durch einen Spannungspuls über die Elektroden der Brennstoffzelle.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben und eine verbesserte Brennstoffzellenvorrichtung bereit zu stellen, mit denen die nachteilige Degradation vermindert oder beseitigt werden kann. Aufgabe ist weiterhin, ein verbessertes Kraftfahrzeug bereit zu stellen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1, durch eine Brennstoffzellenvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruches 4 und durch ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des Anspruches 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Starten einer Brennstoffzellenvorrichtung bei einem Vorliegen der Bedingungen eines Luft/Luft-Startes, die Brennstoffzelle aufweisend eine Membran und beidseits der Membran angeordnete Elektroden, nämlich eine Anode und eine Kathode, denen jeweils auf einem leitenden Katalysatorträger angeordnete Katalysatoren zugeordnet sind, umfasst die Schritte des Aufprägens eines elektrischen Stromes über mindestens einen der leitenden Katalysatorträger bei dem Initiieren des Luft/Luft-Startes, wobei vorzugsweise beiden Elektroden ein elektrischer Strom aufgeprägt wird.
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Dadurch wird erreicht, dass aktiv einer Degradation vorgebeugt wird und nicht die Notwendigkeit besteht, schädliche Effekte hinnehmen zu müssen und dann nachfolgend Schädigungen, sofern diese reversibel sind, zu beseitigen. Der als Gegenstrom aufgeprägte elektrische Strom reduziert oder verhindert im Idealfall schädliche hohe Zellpotentiale, die bei der Frontenbildung beim Starten einer Brennstoffzelle unter Luft/Luft-Bedingungen sonst auftreten. Die aktive Schadenprophylaxe erfordert dabei nur geringen apparativen Aufwand und beeinträchtig nicht die Effizienz der Brennstoffzelle, da das Aufprägen des elektrischen Stromes nur aufrechterhalten wird, solange die schädigenden Bedingungen des Luft/Luft-Startes vorliegen, und das Aufprägen beendet wird, sobald die Luft im Anodenbereich verbraucht und/oder ausgetrieben worden ist, was in der Regel weniger als eine Sekunde erfordert.
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Die erfindungsgemäße Brennstoffzellenvorrichtung weist zur Durchführung des Verfahrens für mindestens eine der beiden Elektroden eine Spannungsquelle zur Generierung eines elektrischen Stromes über den Katalysatorträger auf, wobei eine Steuerungseinheit für das Aufprägen des elektrischen Stromes über den Katalysatorträger vorgesehen ist. Die gewünschte Beeinflussung des Zellpotentials vor der Wasserstofffront ist vereinfacht, wenn jeder Elektrode eine Spannungsquelle oder Stromquelle zugeordnet ist, die vorzugsweise beide mit einer einzigen Steuerungseinheit zur Aufprägung eines elektrischen Stroms verbunden sind. Eine betriebssichere Erzeugung eines elektrischen Gegenstroms lässt sich aber auch dadurch erreichen, dass jeder Spannungsquelle eine eigene Steuerungseinheit zugeordnet ist.
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Wichtig ist dabei die Möglichkeit der Aufprägung eines Stromes über den leitenden Katalysatorträger, was unabhängig von der konkreten Anordnung und Ausbildung der Elektroden und Katalysatorschichten realisiert werden kann. Damit wird den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten Rechnung getragen, wonach die Membran und die Elektroden mit den Katalysatorträgern in einer Membranelektrodenanordnung zusammengefasst sind, oder wonach die Elektroden mit den Katalysatorträgern und den Gasdiffusionslagen in einer Gasdiffusionselektrode zusammengefasst sind.
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Da insbesondere bei einem Kraftfahrzeug mit einer Brennstoffzellenvorrichtung durch dessen variablen Einsatz mit unterschiedlichen Start/Stop-Zyklen die Bedingungen des Luft/Luft-Startes oftmals gegeben sein können, ist die Verwendung der vorstehend genannten Brennstoffzellenvorrichtung und die Durchführung des vorstehend genannten Verfahren auch bei einem Kraftfahrzeug von Vorteil.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen sowie anhand der Zeichnungen. Dabei zeigen:
- 1 eine stark schematisierte Explosionsdarstellung einer Brennstoffzelle,
- 2 eine Darstellung des Katalysatorträgers mit einer symobolisierten Darstellung des während eines Luft/Luft-Starte aufgeprägten elektrischen Stromes, und
- 3 eine an die 2 angelehnte Darstellung der Stromkreise mit den Steuerungseinheiten bei einer Brennstoffzelle mit der Membranelektrodenanordnung und den Gasdiffusionslagen.
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In der 1 ist schematisch in einer Explosionsdarstellung der Aufbau einer Brennstoffzelle 1 gezeigt, die eine Anode 2, eine Kathode 3 sowie eine die Anode 2 von der Kathode 3 trennende, protonenleitfähige Membran 4 (3) umfasst. Die Membran 4 ist aus einem lonomer, vorzugsweise einem sulfonierten Tetrafluorethylen-Polymer (PTFE) oder einem Polymer der perfluorierten Sulfonsäure (PFSA) gebildet. Alternativ kann die Membran 4 als eine sulfonierte Hydrocarbon-Membran gebildet sein.
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Den Anoden 2 und/oder den Kathoden 3 ist zusätzlich ein Katalysator 5 beigemischt, der auf einem kohlenstoffhaltigen, elektrisch leitfähigen Katalysatorträger angeordnet ist, und der aus einem Edelmetall oder einem Gemisch umfassend Edelmetalle wie Platin, Palladium, Ruthenium oder dergleichen besteht, die als Reaktionsbeschleuniger bei der Reaktion der jeweiligen Brennstoffzelle 1 dienen. Die Zuordnung der Elektroden 2, 3 kann zu der Membran 4 in einer Membrenelektrodenanordung 6, wie in den Ausführungsbeispielen gezeigt, oder zu Gasdiffusionslagen 7, die der Zuführung der Reaktanten dienen, in Gasdiffusionselektroden erfolgen.
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Über einen Anodenraum in der Gasdiffusionslage 7 kann der Anode 2 Brennstoff (z.B. Wasserstoff 12) zugeführt werden. In einer Polymerelektrolytmembranbrennstoffzelle (PEM-Brennstoffzelle) werden an der Anode 2 Brennstoff oder Brennstoffmoleküle in Protonen und Elektronen aufgespaltet. Die PEM lässt die Protonen hindurch, ist aber undurchlässig für die Elektronen. An der Anode 2 erfolgt beispielsweise die Reaktion: 2H2 → 4H+ + 4e- (Oxidation/Elektronenabgabe). Während die Protonen durch die PEM zur Kathode 3 hindurchtreten, werden die Elektronen über einen externen Stromkreis an die Kathode 3 oder an einen Energiespeicher geleitet.
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Über einen Kathodenraum in der anderen Gasdiffusionslage 7 kann der Kathode 3 das Kathodengas (z.B. Sauerstoff oder Sauerstoff enthaltene Luft 13) zugeführt werden, so dass kathodenseitig die folgende Reaktion stattfindet: O2+ 4H+ + 4e- → 2H2O (Reduktion/Elektronenaufnahme).
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Wird der Betrieb einer Brennstoffzellenvorrichtung mit der Brennstoffzelle 1 gestoppt, können sich bei hinreichend langer Stillstandszeit die Bedingungen eines Luft/Luft-Startes ausbilden, wenn Luft 13 sowohl auf die Anodenseite als auch die Kathodenseite der Brennstoffzelle eindringt und dort bei dem Start der Brennstoffzelle 1 mit der Zuführung der Reaktanten vorliegt.
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An der Anode 2 bildet sich dann eine Wasserstofffront aus, die die Anode 2 durchläuft bzw. über diese streift. Vor der Wasserstofffront läuft anodenseitig die Reaktion O2 + 4H+ + 4e- → 2H2O ab, für die die Protonen über die Membran 4 im Rahmen einer Umkehr des Zellpotentials aus der kathodenseitigen Reaktion C + 2H2O→ CO2 + 4H+ + 4e- zur Verfügung stehen. Dies führt zu einer Kohlenstoffkorrosion des Katalysatorträgers, der seine Kohlenstoffbestandteile an das Kohlendioxid verliert, das aus der Brennstoffzelle 1 ausgetragen wird.
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Um dieser Schädigung aktiv vorzubeugen, wird zum Starten einer Brennstoffzelle 1 bei einem Vorliegen der Bedingungen eines Luft/Luft-Startes ein Verfahren durchgeführt, das die Schritte des Aufprägens eines elektrischen Stromes über mindestens einen der leitenden Katalysatorträger bei dem Initiieren des Luft/Luft-Startes umfasst, wobei es gleichfalls möglich und in dem Ausführungsbeispiel gemäß 3 dargestellt ist, dass beiden Elektroden 2, 3 ein elektrischer Strom aufgeprägt wird, der sich über die gesamte leitende Querschnittsfläche der Katalysatorträger verteilt. Der aufgeprägte elektrische Strom ermöglicht eine Beeinflussung des Zellpotentials und bewirkt als Gegenstrom einen Transfer der Elektronen in dem beziehungsweise den Katalysatorträgern über den Bereich der durch die Anode 2 wandernden Wasserstofffront 8, wie dies in 3 im Zusammenhang mit den ablaufenden chemischen Reaktion in den beiden Elektroden 2, 3 vor und hinter der Wasserstofffront 8 dargestellt ist. Auch dieser Elektronentransfer wirkt dem Protonentransfer über die Membran 4 vor der Wasserstofffront 8 und damit der Umpolung des Zellpotentials entgegen.
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Das Aufprägen des elektrischen Stromes wird nur solange aufrechterhalten, wie die schädigenden Bedingungen des Luft/Luft-Startes vorliegen, wobei dies weniger als eine Sekunde beanspruchen kann, bis die Luft 13 anodenseitig ausgetrieben oder verbraucht ist. Die erforderliche Stromstärke kann bedarfsweise durch Vortests bestimmt werden.
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Um dieses vorteilhafte Verfahren kontrolliert ausführen zu können, weist eine Brennstoffzellenvorrichtung mit einer protonenleitenden Membran 4 und beidseits der Membran 4 angeordneten Elektroden 2, 3, nämlich einer Anode 2 und einer Kathode 3, denen auf einem Katalysatorträger angeordnete Katalysatoren 5 zugeordnet sind, an mindestens einer der beiden Elektroden 2, 3 eine Spannungsquelle 9 zur Generierung eines elektrischen Stromes über den Katalysatorträger und eine Steuerungseinheit 10 für das Aufprägen des elektrischen Stromes auf, wobei bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel zwei Spannungsquellen 9 und zwei Steuerungseinheiten 10 für die beiden Elektroden 2, 3 vorgesehen sind.
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Die verbesserte Brennstoffzellenvorrichtung kann mit Vorteil auch in einem Kraftfahrzeug eingesetzt werden, das infolge seines variierenden Einsatzes oftmals den Bedingungen eines Luft/Luft-Startes ausgesetzt sein kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Brennstoffzelle
- 2
- Anode
- 3
- Kathode
- 4
- Membran
- 5
- Katalysator
- 6
- Membranelektrodenanordnung
- 7
- Gasdiffusionslage
- 8
- Wasserstofffront
- 9
- Spannungsquelle
- 10
- Steuerungseinheit
- 11
- Bipolarplatte
- 12
- Wasserstoff
- 13
- Luft
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2015/0104721 A1 [0004]
- US 9786934 B2 [0005]
- US 2006/0249399 A1 [0006]