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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Verbrennungsmotors mit kryogenem Kraftstoff gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Ferner betrifft die Erfindung ein Kraftstoffversorgungssystem für einen Verbrennungsmotor gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 8.
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Bei dem kryogenem Kraftstoff kann es sich insbesondere um Erdgas (NG, d. h. „Natural Gas“) handeln.
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Stand der Technik
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Entwicklungen in der Motorentechnik beschäftigen sich mit der Direkteinblasung von Erdgas in den Brennraum von Verbrennungsmotoren und einer Zündung des Gas-Luft-Gemischs mit Dieselkraftstoff. Diese Art der Verbrennung verspricht Vorteile in Bezug auf geringere Schadstoffemissionen, insbesondere CO2-Emissionen, und geringere Kosten aufgrund der Verwendung von Erdgas als Kraftstoff.
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Erdgas kann flüssig als LNG („Liquefied Natural Gas“) oder gasförmig als CNG („Compressed Natural Gas“) an Bord eines Kraftfahrzeugs mitgeführt werden. Zur Verflüssigung wird das Erdgas auf Temperaturen von etwa -160°C heruntergekühlt. Die Bevorratung erfolgt in einem speziellen Druckbehälter, dem sogenannten „Kryotank“. Der initiale Druck im Druckbehälter wird beim Betanken durch den an der Tankstelle vorhandenen Druck festgelegt. Üblicherweise beträgt das Druckniveau im Druckbehälter 2 bis 20 bar absolut. Aufgrund Wärmeeintrag kann im Druckbehälter vorhandenes flüssiges Erdgas verdampfen, so dass sich oberhalb der Flüssigphase eine Gasphase ausbildet. Zugleich steigt der Druck im Druckbehälter an. Um einen Überdruck im Druckbehälter zu verhindern, wird bei Überschreiten eines Maximaldrucks gasförmiges Erdgas über Sicherheitsventile abgeblasen. Dieser Vorgang erzeugt Methanemissionen, welche die Umwelt belasten, und ist zudem unwirtschaftlich, da das abgeblasene Gas nicht mehr zur Verbrennung zur Verfügung steht.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die vorstehend genannten Nachteile beim Betreiben eines Verbrennungsmotors mit kryogenem Kraftstoff zu vermeiden oder zumindest zu verringern. Insbesondere soll der kryogene Kraftstoff effizienter und zugleich schonender für die Umwelt genutzt werden.
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Zur Lösung der Aufgabe werden das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie das Kraftstoffversorgungssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 8 vorgeschlagen. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den jeweiligen Unteransprüchen zu entnehmen.
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Offenbarung der Erfindung
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Vorgeschlagen wird ein Verfahren zum Betreiben eines Verbrennungsmotors mit einem kryogenen Kraftstoff, insbesondere mit Erdgas, bei dem der kryogene Kraftstoff in einem Druckbehälter bevorratet und unter Verwendung mindestens eines Injektors direkt in einen Brennraum des Verbrennungsmotors eingeblasen wird. Erfindungsgemäß wird der Verbrennungsmotor in mindestens zwei Betriebsarten betrieben, wobei der kryogene Kraftstoff in der ersten Betriebsart aus einer im Druckbehälter vorhandenen Flüssigphase und in der zweiten Betriebsart aus einer im Druckbehälter vorhandenen Gasphase entnommen wird.
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In der zweiten Betriebsart wird durch die Entnahme von Kraftstoff aus der Gasphase Druck im Druckbehälter abgebaut. Auf diese Weise kann ein Überdruck im Druckbehälter verhindert werden, ohne Erdgas in die Umwelt abzulassen. Dadurch sinkt die Umweltbelastung. Ferner wird der zum Druckabbau aus der Gasphase entnommene Kraftstoff zum Antrieb des Verbrennungsmotors der Verbrennung zugeführt, so dass der Kraftstoff effizienter genutzt wird. Mit der Entnahme des Kraftstoffs aus der Gasphase tritt zudem ein Selbstkühlungseffekt ein, der einem weiteren Temperaturanstieg entgegenwirkt.
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Die zweite Betriebsart stellt eine weitere Betriebsart dar, die bevorzugt dann gewählt wird, wenn der Druck und/oder die Temperatur im Druckbehälter jeweils über einen vorgegebenen Grenzwert steigen, der unterhalb eines Maximalwerts liegt, damit dieser nicht überschritten wird. Liegen der Druck und/oder die Temperatur unterhalb eines solchen Grenzwerts, wird der Verbrennungsmotor bevorzugt in der ersten Betriebsart betrieben. Dies gilt insbesondere bei hoher Last des Verbrennungsmotors, um die erforderliche Kraftstoffversorgung sicherzustellen.
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Die zweite Betriebsart wird demzufolge bevorzugt in niedrigen Lastpunkten bzw. bei Teillast des Verbrennungsmotors gewählt. In diesen Betriebspunkten ist der Kraftstoffbedarf vergleichsweise gering.
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Vorzugsweise wird sowohl in der ersten als auch in der zweiten Betriebsart derselbe Injektor zum Einblasen des kryogenen Kraftstoffs verwendet. Das heißt, dass kein zusätzlicher Injektor erforderlich ist. Bei mehreren Injektoren, die jeweils einem Brennraum des Verbrennungsmotors zugeordnet sind, können auch mehrere oder alle Injektoren in der zweiten Betriebsart zum Einblasen des kryogenen Kraftstoffs genutzt werden.
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Um den- oder dieselben Injektoren verwenden zu können, wird vorgeschlagen, dass der Injektor bzw. die Injektoren in der ersten Betriebsart über einen ersten Kraftstoffpfad und in der zweiten Betriebsart über einen zweiten Kraftstoffpfad mit kryogenem Kraftstoff aus dem Druckbehälter versorgt werden. Der erste Kraftstoffpfad dient der Zuführung von Kraftstoff aus der Flüssigphase des Druckbehälters und der zweite Kraftstoffpfad dient der Zuführung von Kraftstoff aus der Gasphase des Druckbehälters. Die beiden Kraftstoffpfade sind demnach in unterschiedlichen Bereichen an den Druckbehälter angeschlossen. Der zweite Kraftstoffpfad ermöglicht eine optimale Anpassung an die Druck- und/oder Temperaturanforderungen des aus der Gasphase entnommenen Kraftstoffs, die sich von denen des aus der Flüssigphase entnommenen Kraftstoffs unterscheiden.
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Denn in der ersten Betriebsart, die dem Normalbetrieb entspricht, wird vorzugsweise der kryogene Kraftstoff vor dem Einblasen mit Hochdruck beaufschlagt. Zur Hochdruckbeaufschlagung wird bevorzugt eine Kraftstoffpumpe eingesetzt, die im ersten Kraftstoffpfad angeordnet ist. Demgegenüber wird vorzugsweise der kryogene Kraftstoff in der zweiten Betriebsart mit einem gegenüber Hochdruck verringerten Druck beaufschlagt, beispielsweise mit einem Mitteldruck. Hinsichtlich des Drucks sind somit die Anforderungen in der zweiten Betriebsart geringer, so dass der zweite Kraftstoffpfad entsprechend angepasst werden kann.
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Vorteilhafterweise wird in der zweiten Betriebsart der kryogene Kraftstoff während eines Verdichtungstakts eines Kolbens des Verbrennungsmotors eingeblasen, und zwar bevorzugt nach dem Schließen eines Einlassventils des Verbrennungsmotors. Das heißt, dass sich die zweite Betriebsart von der ersten Betriebsart auch hinsichtlich des Einblaszeitpunkts unterscheidet. Denn in der ersten Betriebsart wird vorzugsweise der kryogene Kraftstoff erst nach der Einspritzung einer zum Zünden benötigten Dieselpilotmenge eingeblasen, und zwar bevorzugt am Ende des Verdichtungstakts des Kolbens des Verbrennungsmotors. Durch den veränderten Einblaszeitpunkt in der zweiten Betriebsart ist die Verfügbarkeit des Injektors bzw. der Injektoren selbst dann sichergestellt, wenn die Betriebsart innerhalb eines Einblaszyklus gewechselt wird.
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Idealerweise wird mit einer Hysterese zwischen erster und zweiter Betriebsart gewechselt.
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In Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, dass in der zweiten Betriebsart die dem Brennraum zugeführte Verbrennungsluft gedrosselt wird, so dass ein stöchiometrisches Kraftstoff-Luft Gemisch im Brennraum vorhanden ist. Auf diese Weise kann der Brennprozess beeinflusst und an die zweite Betriebsart angepasst werden. Die Zuführung der Verbrennungsluft kann beispielsweise über die Stellung einer in der Luftzuführung angeordneten Drosselklappe oder einer anderen Stelleinrichtung gesteuert werden. Diese kann auch Bestandteil einer Abgasrückführung oder eines variablen Turboladers sein.
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Das darüber hinaus zur Lösung der eingangs genannten Aufgabe vorgeschlagene Kraftstoffversorgungssystem umfasst einen Druckbehälter zur Bevorratung eines kryogenen Kraftstoffs, insbesondere Erdgas, sowie mindestens einen Injektor zur Direkteinblasung des Kraftstoffs in einen Brennraum des Verbrennungsmotors. Erfindungsgemäß ist der Druckbehälter über einen ersten Kraftstoffpfad und einen zweiten Kraftstoffpfad mit dem Injektor verbunden. Über den ersten Kraftstoffpfad ist dem Injektor kryogener Kraftstoff aus einer Flüssigphase zuführbar. Über den zweiten Kraftstoffpfad ist dem Injektor kryogener Kraftstoff aus einer Gasphase zuführbar. Das Kraftstoffversorgungssystem ist somit insbesondere zur Durchführung des zuvor beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet. Die in Zusammenhang mit dem Verfahren genannten Vorteile sind demnach auch mit Hilfe des Kraftstoffversorgungssystems erzielbar. Insbesondere kann zum Druckabbau im Druckbehälter Kraftstoff aus der Gasphase entnommen und der Verbrennung zugeführt werden. Der Kraftstoff kann somit umweltschonend und effizient genutzt werden. Eines zusätzlichen Injektors bedarf es hierzu nicht, sondern lediglich einer weiteren Verbindung des bereits vorhandenen Injektors bzw. der bereits vorhandenen Injektoren mit dem Druckbehälter über einen zweiten Kraftstoffpfad.
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Bevorzugt umfasst der zweite Kraftstoffpfad mindestens eine der nachfolgend genannten Komponenten:
- - einen Wärmeüberträger,
- - einen Verdichter,
- - ein Sicherheitsventil,
- - einen Drucksensor und/oder
- - ein Schaltventil.
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Über das Schaltventil ist vorzugsweise der zweite Kraftstoffpfad an den mindestens einen Injektor angebunden. Durch Schalten des Schaltventils kann somit zwischen der ersten und der zweiten Betriebsart gewechselt werden. Das heißt, der Injektor kann abwechselnd mit Kraftstoff aus dem ersten oder zweiten Kraftstoffpfad versorgt werden.
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Zur Überwachung des Druckniveaus im zweiten Kraftstoffpfad ist stromaufwärts des Schaltventils bevorzugt ein Drucksensor angeordnet. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das Druckniveau den Erfordernissen entspricht.
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Mit Hilfe des Verdichters kann der aus der Gasphase entnommene Kraftstoff weiter verdichtet werden, um ggf. den Kraftstoff auf das erforderliche Druckniveau zu bringen. Das Druckniveau entspricht vorzugsweise einem Mitteldruck, das heißt einem gegenüber Hochdruck verringerten Druck, auf den der Kraftstoff mit Hilfe einer Kraftstoffpumpe im ersten Kraftstoffpfad gefördert wird.
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Mit Hilfe des Wärmeüberträgers kann der aus der Gasphase entnommene Kraftstoff weiter erwärmt und somit auf eine für die zweite Betriebsart geeignete Temperatur gebracht werden.
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Sofern ein Wärmeüberträger und ein Verdichter vorhanden sind, kann der Kraftstoff nach der Entnahme aus dem Druckbehälter erst erwärmt und anschließend verdichtet oder erst verdichtet und anschließend erwärmt werden.
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Um zu verhindern, dass der Druck und/oder die Temperatur im zweiten Kraftstoffpfad über einen vorgegebenen Grenzwert steigen, kann ferner mindestens ein Sicherheitsventil im zweiten Kraftstoffpfad angeordnet sein.
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Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert. Diese zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Kraftstoffversorgungssystems für einen Verbrennungsmotor gemäß einer ersten bevorzugten Ausführungsform,
- 2 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Kraftstoffversorgungssystems für einen Verbrennungsmotor gemäß einer zweiten bevorzugten Ausführungsform, und
- 3 eine graphische Darstellung der unterschiedlichen Einblaszeitpunkte beider Betriebsarten in Abhängigkeit vom Hub eines Kolbens des Verbrennungsmotors.
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Ausführliche Beschreibung der Zeichnungen
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Das in der 1 schematisch dargestellte erfindungsgemäße Kraftstoffversorgungssystem 10 umfasst einen Druckbehälter 2 zur Bevorratung eines kryogenen Kraftstoffs, wobei es sich vorliegend um Erdgas in flüssiger Form (LNG) handelt. Oberhalb einer Flüssigphase 5 befindet sich eine Gasphase 6, die sich aufgrund Wärmeeintrag von außen im Druckbehälter 2 bildet.
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Über einen ersten Kraftstoffpfad 7, der an die Flüssigphase 5 angebunden ist, wird dem Druckbehälter 2 flüssiger Kraftstoff entnommen und einer Kraftstoffpumpe 9 zugeführt. Mittels der Kraftstoffpumpe 9 wird der Kraftstoff mit Hochdruck beaufschlagt und einem Wärmeüberträger 16 zur Erwärmung und dann einem Zwischenspeicher 17 zugeführt. Der Zwischenspeicher 17 ist über eine Ventilanordnung 18 mit einem Gas-Rail 19 verbunden, an den mindestens ein Injektor 3 angeschlossen ist, mittels dessen der Kraftstoff in einen Brennraum 4 eines Verbrennungsmotors 1 einblasbar ist.
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Über den ersten Kraftstoffpfad 7 ist der Verbrennungsmotor 1 in einer ersten Betriebsart betreibbar, in welcher der flüssige Kraftstoff der Flüssigphase 5 entnommen wird.
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Darüber hinaus ist der Verbrennungsmotor 1 in einer zweiten Betriebsart betreibbar, in welcher der Kraftstoff der Gasphase entnommen wird. Auf diese Weise kann ein Selbstkühlungseffekt genutzt werden, der darauf zurückzuführen ist, dass sich das erwärmte und bereits verdampfte Erdgas aus dem Druckbehälter abgeführt wird. Zugleich wird verhindert, dass der Druck im Druckbehälter über einen zulässigen Maximalwert steigt.
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In der zweiten Betriebsart wird ein zweiter Kraftstoffpfad 8 des Kraftstoffversorgungssystems 10 genutzt. Dieser ist an die Gasphase 6 angebunden und versorgt denselben Injektor 3 mit Kraftstoff. Zuvor wird der Kraftstoff mit Hilfe eines Wärmeüberträgers 11 erwärmt. Über Sicherheitsventile 13 gelangt dann der erwärmte Kraftstoff in einen Verdichter 12. Dort wird der Kraftstoff mit einem Mitteldruck beaufschlagt. Zur Überwachung des Drucks im zweiten Kraftstoffpfad 8 ist stromabwärts des Verdichters 12 ein Drucksensor 14 angeordnet. Über ein Schaltventil 15 ist dann der erwärmte und verdichtete Kraftstoff dem Injektor 3 zuführbar.
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Eine alternative Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftstoffversorgungssystems 10 ist in der 2 dargestellt. Dieses unterscheidet sich von dem der 1 in Bezug auf die Ausgestaltung des zweiten Kraftstoffpfads 8. Denn gemäß der Ausführungsform der 2 wird das der Gasphase 6 entnommene Erdgas erst dem Verdichter 12 und dann dem Wärmeüberträger 11 zugeführt. Im Übrigen entspricht das System dem der 1.
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Der Darstellung der 3 sind die Hubkurven eines Motorkolbens (Kurve A), eines Einlassventils (Kurve B) sowie eines Auslassventils (Kurve C) eines Verbrennungsmotors 1 zu entnehmen. Auf der Abszissenachse ist der zugehörige Kurbelwinkel einer Kurbelwelle des Verbrennungsmotors 1 aufgetragen.
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In der ersten Betriebsart erfolgt die Einblasung (a) von Erdgas im Anschluss an eine Dieselpiloteinspritzung, angedeutet durch den Blitz b. Denn mit Hilfe der Dieselpiloteinspritzung wird das Erdgas gezündet. Zum Einblaszeitpunkt befindet sich der Motorkolben im Bereich des oberen Totpunkts (OT), das heißt, dass der Verdichtungstakt beendet ist.
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In der zweiten Betriebsart wird das Erdgas zu Beginn des Verdichtungstakts des Motorkolbens eingeblasen (c), das heißt nach dem Schließen des Einlassventils bzw. nachdem der Motorkolben seinen unteren Totpunkt (UT) erreicht hat. In diesen Lastpunkten des Verbrennungsmotors 1 ist der Kraftstoffbedarf geringer als bei Maximallast.