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Die Erfindung betrifft eine Rückhaltevorrichtung in einem Fahrzeug nach dem Oberbegriff des Anspruches 1.
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In einem automatisch fahrenden Fahrzeug kann ein gattungsgemäßer Fahrzeugsitz als ein Gurtintegralsitz realisiert sein, bei dem die Lehnen- und Sitzflächenneigung in einem großen Bereich verstellbar ist, um den Sitzkomfort in unterschiedlichen Sitzpositionen zu steigern. Zudem kann der Fahrzeugsitz eine Unterschenkelauflage aufweisen, damit auch bei größeren Lehnenwinkeln sowie bei steiler gestellter Sitzfläche ein bequemes Sitzen ermöglicht ist. Im normalen Fahrbetrieb kann der, den Fahrzeugsitz belegende Fahrzeuginsasse seine Unterschenkel in einer abgewinkelten Beinposition auf der Unterschenkelablage abstützen.
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Aus Komfortgründen kann in einem automatisch fahrenden Fahrzeug der Fußraum im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen wesentlich größer bemessen sein, so dass die Insassen-Unterschenkel von ihrer abgewinkelten Beinposition störkonturfrei über einen freien Verlagerungsweg in ihre gestreckte Beinposition bringbar sind. Aufgrund des freien Verlagerungsweges kann es in einem Precrashfall oder Crashfall zu einem beschleunigten Hochschwingen der Unterschenkel bis in ihre gestreckte Beinposition kommen. Dies führt zu einer Überstreckung der Beine mit entsprechend großen Momentenbelastungen im Beinbereich, zum Beispiel im Kniegelenk.
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Aus der
DE 101 05 561 A1 ist eine Airbageinheit für den Kniebereich von Fahrzeuginsassen bekannt. Im Unterschied zur Erfindung ist in der
DE 101 05 561 A1 der Fahrzeugsitz ohne eine Unterschenkelablage realisiert. Zudem besteht in der
DE 101 05 561 A1 die Aufgabenstellung darin, das Insassenknie vor einem crashbedingten Anprall an einer Instrumententafel zu schützen. Hierzu ist in erster Linie das Insassenknie vom Knie-Airbag überdeckt, während die Insassen-Unterschenkel im Crashfall freigelegt bleiben, das heißt nicht vom Knie-Airbag überdeckt sind. Zudem betrifft die
DE 101 05 561 A1 einen Fahrzeug-Innenraum, bei dem der Fußraum zwischen dem Fahrzeugsitz und der Instrumententafel derart beengt realisiert ist, dass kein störkonturfreies Ausstrecken der Insassen-Beine von ihrer abgewinkelten Ruheposition über einen freien Verlagerungsweg in ihre gestreckte Beinposition ermöglicht ist, so dass sich in der
DE 101 05 561 A1 schon gar nicht die der Erfindung zugrundeliegende Problemstellung wiederfindet.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Rückhaltevorrichtung in einem Fahrzeug bereitzustellen, bei der im Crashfall oder Precrashfall die Insassenbeine vor übermäßig großen Momentenbelastungen im Beinbereich, zum Beispiel im Kniegelenk, geschützt werden.
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Die Aufgabe ist durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen offenbart.
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Die erfindungsgemäße Rückhaltevorrichtung weist eine elektronische Steuereinheit auf, die in Signalverbindung mit Crashsensoren ist, mit deren Hilfe im Fahrbetrieb ein Precrashfall sensortechnisch erfassbar ist. Gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 ist die Steuereinheit zudem signaltechnisch mit der Unterschenkelauflage in Verbindung. Bei Vorliegen eines Crashfalles oder Precrashfalls verstellt die Steuereinheit die Unterschenkelauflage mit den darauf liegenden Unterschenkeln von einer nutzerseitig eingestellten Komfortposition in eine Crashposition oder Precrashposition, in der eine crashbedingte Belastung der Insassenbeine reduziert ist.
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In der Komfortposition können die Insassen-Unterschenkel in einer abgewinkelten Beinlage auf der Unterschenkelauflage aufliegen. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass es im Crashfall oder Precrashfall zu einem beschleunigten Hochschwingen der Unterschenkel von der Unterschenkelauflage kommt. D.h. dass die Unterschenkel von der Unterschenkelauflage abheben und um einen freien Verlagerungsweg in Richtung auf eine gestreckte Beinlage beschleunigt werden.
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Zur Reduzierung des freien Verlagerungswegs können in der Precrashphase die Insassen-Unterschenkel mit Hilfe der Unterschenkelauflage in Richtung auf die gestreckte Beinlage verstellt werden. Dies reduziert im Crashfall oder Precrashfall den freien Verlagerungsweg der Insassen-Unterschenkel bis in die gestreckte Beinlage. Die Insassenbeine sind daher vor übermäßig großen Momentenbelastungen im Beinbereich zum Beispiel im Kniegelenk geschützt.
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In einer technischen Umsetzung kann eine Sitzfläche des Fahrzeugsitzes an einer vorderen Sitzflächenkante mit der Unterschenkelauflage verlängert sein. Diese kann über eine Schwenkachse am Fahrzeugsitz angelenkt sein. Bei Vorliegen eines Crashfalls oder Precrashfalls kann die Steuereinheit die Unterschenkelauflage von der nutzerseitig eingestellten Komfortposition in ihre demgegenüber flacher eingestellte Precrashposition verstellen, damit der noch verbleibende freie Verlagerungsweg der Insassen-Unterschenkel bis in die gestreckte Beinlage zumindest reduziert ist.
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Die Erfindung geht von einem Fahrzeugsitz aus, dessen Sitzfläche zur Komfortsteigerung mit einer davon nach unten um eine Auflage-Länge abgewinkelten Unterschenkelauflage verlängert ist. Die Erfindung ist insbesondere in einem bevorzugt automatisch fahrenden Fahrzeug anwendbar, bei dem der, dem Fahrzeugsitz vorgelagerte Fußraum wesentlich größer dimensioniert ist als bei herkömmlichen Fahrzeugen. Erfindungsgemäß kann der Fußraum zwischen der sitzseitigen Unterschenkelaufnahme und einem angrenzenden Interieurbauteil, das heißt zum Beispiel einer Instrumententafel, derart bemessen sein, dass die Insassen-Unterschenkel von ihrer abgewinkelten Beinposition, in der die Unterschenkel auf der Unterschenkelauflage liegen, über einen freien Verlagerungsweg störkonturfrei in ihre gestreckte Beinposition gebracht werden können.
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In einer weiteren Ausführungsform kann der Unterschenkelauflage ein Rückhalteelement zugeordnet sein. Das Rückhalteelement begrenzt im Crashfall den ansonsten freien Verlagerungsweg der Unterschenkel in Richtung auf die gestreckte Beinposition. Auf diese Weise wird im Crashfall ein beschleunigtes Hochschwingen der Unterschenkel bis in ihre gestreckte Beinposition verhindert, wodurch eine Überstreckung der Insassenbeine vermieden werden kann. Das Rückhalteelement kann mittels der elektronischen Steuereinheit ansteuerbar sein. Bei Vorliegen eines Precrashfalls kann die elektronische Steuereinheit das Rückhalteelement von einer zurückgesetzten Verstaulage in eine Wirklage ansteuern. In der Wirklage kann das Rückhalteelement die ansonsten freie Verlagerung der Unterschenkel begrenzen und/oder verzögern.
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Die Bauteilgeometrie des Rückhalteelementes kann bevorzugt so gestaltet sein, dass das Rückhalteelement in seiner Wirkposition ausschließlich die Unterschenkel zumindest teilweise umfasst oder überdeckt, während die Insassenknie freigelegt bleiben, das heißt nicht vom Rückhalteelement überdeckt sind.
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Beispielhaft kann bei Vorliegen eines Precrashfalls die Steuereinheit in einem ersten Prozessschritt die Unterschenkelauflage von ihrer nutzerseitig eingestellten Komfortposition in eine demgegenüber steiler eingestellte, crashgünstige Precrashposition verstellen. Zudem kann die Steuereinheit in einem zweiten Prozessschritt das Rückhalteelement aktivieren. Damit ist sichergestellt, dass in der steiler eingestellten Precrashposition der ansonsten freie Verlagerungsweg der Unterschenkel in Richtung der gestreckten Beinposition begrenzt ist, so dass ein unkontrolliertes Abheben und beschleunigtes Hochschwingen der Unterschenkel bis in ihre gestreckte Beinposition verhindert wird.
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In einer technischen Realisierung kann das Rückhalteelement als ein Rückhalteairbag ausgebildet sein. Dieser ist Bestandteil eines, insbesondere in der Unterschenkelauflage integrierten Airbagmoduls. Das Rückhalteelement kann bevorzugt ausschließlich die Unterschenkel zumindest teilweise umfassen, während die Insassenknie freigelegt bleiben, das heißt nicht vom Rückhalteelement überdeckt sind. Alternativ dazu kann das Airbagmodul entkoppelt von der Unterschenkelauflage in einem angrenzenden Interieurbauteil (zum Beispiel Instrumententafel) integriert sein.
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Bevorzugt kann das Rückhalteelement im normalen Fahrbetrieb in einer Verstaulage positioniert sein, um Komforteinbußen während des normalen Fahrbetriebs zu vermeiden. Erst bei Vorliegen eines Precrashfalls kann das Rückhalteelement aktiviert werden und in eine Wirklage verstellt werden. In der Wirklage kann exemplarisch das Rückhalteelement zusammen mit der Unterschenkelauflage einen Schutzraum begrenzen, durch den sich die beiden Unterschenkel erstrecken.
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Nachfolgend sind Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der beigefügten Figuren beschrieben.
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Es zeigen:
- 1 einen, von einem Fahrzeuginsassen belegten Fahrzeugsitz im normalen Fahrbetrieb;
- 2 den vom Fahrzeuginsassen belegten Fahrzeugsitz in einer nutzerseitig eingestellten Komfortposition;
- 3 in einer Ansicht entsprechend der 2 die Unterschenkelauflage in einer Precrashposition;
- 4 den vom Fahrzeuginsassen belegten Fahrzeugsitz in einer nutzerseitig eingestellten Komfortposition gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel;
- 5 bis 7 eine Precrashphase, in der die Unterschenkelauflage in eine Precrashposition verstellt wird.
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In der 1 ist ein Gurtintegralsitz 1 gezeigt, der beispielhaft in einem automatisch fahrenden Fahrzeug eingebaut werden kann. Der von einem Fahrzeug-Insassen 3 belegte Gurtintegralsitz 1 weist in gängiger Praxis eine Sitzfläche sowie eine Rückenlehne auf. Die Sitzfläche ist in der Fahrzeuglängsrichtung x nach fahrzeugvorne mit einer Unterschenkelauflage 5 verlängert, die sich ausgehend von der Vorderkante 7 der Sitzfläche schräg nach vorne unten um eine Auflage-Länge Δx (6) erstreckt. In der 1 sitzt der Fahrzeuginsasse 3 mit angelegtem Sicherheitsgurt 9 auf dem Fahrzeugsitz 1. Zudem ist in der 1 ein normaler Fahrbetrieb gezeigt, bei dem der Fahrzeuginsasse 3 in einer nutzerseitig eingestellten Komfortposition K (2) mit seinen Unterschenkeln 11 in einer abgewinkelten Beinposition auf der Unterschenkelauflage 5 aufliegt. Die Unterschenkelauflage 5 ist über eine Schwenkachse S am Fahrzeugsitz 1 schwenkbar angelenkt, so dass mittels einer später beschriebenen elektronischen Steuereinheit 21 eine Neigungsverstellung der Unterschenkelauflage 5 durchführbar ist.
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Speziell in einem automatisch fahrenden Fahrzeug kann ein, dem Fahrzeugsitz 1 vorgelagerter Fußraum 13 zwischen der Unterschenkelauflage 5 und einer angrenzenden Instrumententafel wesentlich größer bemessen sein als bei einem herkömmlichen Fahrzeug. Insofern kann der in der 1 gezeigte Fahrzeuginsasse 3 im normalen Fahrbetrieb seine Unterschenkel 11 von der dargestellten abgewinkelten Beinposition störkonturfrei über einen freien Verlagerungsweg s in eine gestrichelt angedeutete gestreckte Beinposition anheben.
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Bei einem derartigen Fahrzeugsitz 1 besteht im Crashfall die Gefahr, dass sich die Unterschenkel 11 von der in der 1 gezeigten abgewinkelten Beinposition schlagartig in die gestreckte Beinposition beschleunigen. Dies kann gegebenenfalls zu einer Überstreckung der Beine mit erhöhten Momentenbelastungen im Beinbereich, zum Beispiel im Kniegelenk 23, führen.
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Um eine solche crashbedingte Überstreckung der Beine zu vermeiden, sind erfindungsgemäß die folgenden Maßnahmen getroffen: So weist die Rückhaltevorrichtung in der 2 eine elektronische Steuereinheit 21 auf, mittels der im Fahrbetrieb ein Precrashfall sensortechnisch erfassbar ist. Die elektronische Steuereinheit 21 steht signaltechnisch mit der Unterschenkelauflage 5 in Verbindung. Bei Vorliegen eines Precrashfalls verstellt die Steuereinheit 21 die Unterschenkelauflage 5 mit den darauf liegenden Unterschenkeln 11 von ihrer nutzerseitig eingestellten Komfortposition K (2) in eine Precrashposition P (3), in der die Insassenbeine vom Fahrzeugboden 6 abgehoben sind. In der Precrashposition P (3) ist die Unterschenkelauflage 5 im Vergleich zur Komfortposition (2) flacher eingestellt. Dadurch wird der noch verbleibende freie Verlagerungsweg s (1) der Insassen-Unterschenkel 11 bis in die gestreckte Beinlage reduziert, so dass sich eine crashbedingte Belastung der Insassenbeine verringert.
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Anhand der 4 bis 7 ist ein zweites Ausführungsbeispiel beschrieben, bei dem die Steuereinheit 21 in der Precrash-Phase nicht nur eine Neigungsverstellung der Unterschenkelauflage 5 ausführen kann, sondern zusätzlich auch ein in der Unterschenkelauflage 5 integriertes Rückhalteelement 17 ansteuern kann. Das Rückhalteelement ist gemäß den 4 bis 7 durch zwei Rückhalteairbags 17 realisiert. Diese sind Bestandteile eines in die Unterschenkelauflage 5 integrierten Airbagmoduls 19. Das Airbagmodul 19 ist in Signalverbindung mit einer elektronischen Steuereinheit 21.
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In der 4 ist der Fahrzeugsitz 1 im normalen Fahrbetrieb in einer nutzerseitig eingestellten Komfortposition K gezeigt, in der die Insassenbeine vom Fahrzeugboden 6 abgehoben sind. Bei Vorliegen eines Precrashfalles aktiviert die Steuereinheit 21 in einem ersten Prozessschritt die beiden Rückhalteairbags 17 in ihre, in der 5, 6 oder 7 gezeigte Wirklage. In der Wirklage (5 bis 7) umgreifen die beiden Rückhalteairbags 17 die Unterschenkel 11 des Fahrzeuginsassen 3, während die Insassenknie 23 freigelegt bleiben, das heißt nicht von den Rückhalteairbags 17 überdeckt sind.
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Die beiden Rückhalteairbags 17 sind in der Auflage-Querrichtung y beidseitig außerhalb der Unterschenkel 11 positioniert. Jeder der aktivierten Rückhalteairbags 17 weist einen von einer Auflagefläche der Unterschenkelauflage 5 abragenden Airbag-Seitenteil 25 auf, das an einem Krümmungsabschnitt 27 in ein Airbag-Frontteil 29 übergeht. Jedes Airbag-Frontteil 29 überdeckt genau einen Unterschenkel 11. Auf diese Weise wird in der 6 zwischen den beiden Rückhalteairbags 17 und der Auflagefläche der Unterschenkelauflage 5 ein Schutzraum 31 begrenzt, durch den sich die beiden Unterschenkel 11 erstrecken. In der 6 sind die Airbag-Frontteile 29 der beiden Rückhalteairbags 17 mit ihren freien Enden geringfügig voneinander beabstandet.
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Nach der Aktivierung der Rückhalteairbags 17 führt die Steuereinheit 21 in einem zweiten Prozessschritt (7) eine Neigungsverstellung durch, bei der die Unterschenkelauflage 5 von der nutzerseitig eingestellten Komfortposition K (4) in die demgegenüber steiler eingestellte Precrashposition P (7) verstellt. In der 7 ist die Precrashposition P so gestaltet, dass die Insassen-Füße auf dem Fahrzeugboden 6 aufliegen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeugsitz
- 3
- Fahrzeuginsasse
- 5
- Unterschenkelauflage
- 6
- Fahrzeugboden
- 7
- Sitzfläche-Vorderkante
- 9
- Sicherheitsgurt
- 11
- Unterschenkel
- 13
- Fußraum
- 15
- Instrumententafel
- 17
- Rückhalteelement
- 19
- Airbagmodul
- 21
- Steuereinheit
- 23
- Insassenknie
- 25
- Airbag-Seitenteil
- 27
- Krümmung
- 29
- Airbag-Frontteil
- 31
- Schutzraum
- S
- Schwenkachse
- K
- Komfortposition
- P
- Precrashposition
- s
- freier Verlagerungsweg
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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