-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Fertigung und/oder Bearbeitung eines Werkstücks mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Bei dem Verfahren werden Druckeigenspannungen im Werkstück induziert, um die Festigkeit des Werkstücks zu steigern. Ferner wird eine Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgeschlagen.
-
Stand der Technik
-
Die Lebensdauer eines Werkstücks kann ein hochrelevantes Qualitätsmerkmal darstellen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn es sich bei dem Werkstück um eine technische Komponente handelt. Ein Versagen aufgrund einer vorzeitigen Werkstoffermüdung gilt es daher sicher zu verhindern. Ein probates Mittel stellt das Einbringen von Druckeigenspannungen im Werkstück bzw. in der Komponente dar. Diese beugen Ermüdungsrissen vor und verlängern somit die Lebensdauer des Werkstücks bzw. der Komponente.
-
Aus dem Stand der Technik sind mehrere Verfahren zum Einbringen von Druckeigenspannungen in einem Werkstück bekannt. Besonders häufig wird das Kugelstrahlen (engl.: „shot peening“) eingesetzt. Dieses Verfahren ist vergleichsweise kostengünstig durchführbar. Allerdings wird beim Kugelstrahlen in der Regel die Oberfläche des Werkstücks so stark beansprucht bzw. deformiert, dass das Verfahren an sichtbar bleibenden Oberflächen nicht durchführbar ist. Ferner ist das Kugelstrahlen nicht für Werkstücke mit komplexer Geometrie geeignet.
-
Darüber hinaus wird - insbesondere bei rohrförmigen Werkstücken bzw. Rohren - die Autofrettage zur Festigkeitssteigerung eingesetzt. Mit Hilfe dieses Verfahrens kann ein homogener Eigenspannungsverlauf im Werkstück erzielt werden. Eine lokale Differenzierung der Eigenspannung ist nicht möglich. Ferner kann das Verfahren nur an dicht verschließbaren Hohlkörpern durchgeführt werden, um den für die Autofrettage erforderlich hohen Innendruck aufzubauen.
-
Druckeigenspannungen können ferner durch gepulste Laserschockwellen induziert werden (engl.: „laser shock peening“). Über die Anzahl der Pulse und die Energiedichte der Laserschockwellen kann die Eigenspannung sehr gut eingestellt werden. Die Eigenspannungen werden über planare Schockwellen zudem tief in den Werkstoff des Werkstücks eingetragen. Die Oberfläche des Werkstücks wird nur geringfügig beeinträchtigt bzw. deformiert. Das Verfahren ist jedoch vergleichsweise kostenintensiv und nur von geschultem Personal durchführbar.
-
Ferner kann ein Hochgeschwindigkeitsfluidstrahl zum Einbringen von Druckeigenspannungen eingesetzt werden (engl.: „(water) jet peening“). Der Fluidstrahl, wobei es sich insbesondere um einen Wasserstrahl handeln kann, kann kavitierend oder nichtkavitierend ausgelegt werden. Durch kollabierende Kavitationsblasen kann der gewünschte Effekt gesteigert werden, allerdings ist dieser Vorgang schwer steuerbar bzw. reproduzierbar. Zudem besteht die Gefahr der Kavitationserosion an der Oberfläche des Werkstücks.
-
Ausgehend von dem vorstehend genannten Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Einbringen von Druckeigenspannungen in einem Werkstück anzugeben, bei dem - ohne größere Oberflächendeformation - die Druckeigenspannungen in großer Tiefe induziert werden können. Ferner soll die Prozesssicherheit und damit die Reproduzierbarkeit beim Einbringen von Druckeigenspannungen in einem Werkstück erhöht werden.
-
Zur Lösung der Aufgabe werden das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie die Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 7 vorgeschlagen. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind den jeweiligen Unteransprüchen zu entnehmen.
-
Offenbarung der Erfindung
-
Bei dem vorgeschlagenen Verfahren zur Fertigung und/oder Bearbeitung eines Werkstücks werden zur Steigerung der Festigkeit des Werkstücks mit Hilfe eines Fluidstrahls Druckeigenspannungen im Werkstück induziert. Erfindungsgemäß wird zur Erzeugung des Fluidstrahls ein Hochdruck-Injektor mit einer Düse und einer hin- und herbeweglichen Düsennadel verwendet, dem ein hochdruckbeaufschlagtes Fluid zugeführt wird, so dass ein gepulster Hochdruck-Fluidstrahl erzeugt wird, der auf einen bestimmten Oberflächenbereich des Werkstücks gerichtet wird.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird demnach kein kontinuierlicher, sondern ein diskontinuierlicher bzw. ein periodisch unterbrochener Fluidstrahl erzeugt wird. Mit anderen Worten: es werden mehrere aufeinanderfolgende Fluidpulse erzeugt, die mit hohem Druck auf das Werkstück auftreffen. Dies weist den Vorteil auf, dass - im Unterschied zu einem Fluidstrahl, der kontinuierlich mit hohem Druck auf das Werkstück auftrifft - die Belastung des Werkstücks verringert wird. Folglich verbessert sich die Oberflächenqualität des Werkstücks. Zugleich können mittels des gepulsten Hochdruck-Fluidstrahls Druckeigenspannungen in großer Tiefe des Werkstücks erzeugt werden.
-
Die zusätzlich zur Verfügung stehenden Prozessparameter der Anzahl und/oder der Dauer der Fluidpulse ermöglichen eine optimale Auslegung, insbesondere auf das jeweils zu fertigenden bzw. zu bearbeitende Werkstück, so dass definierte und - sofern erwünscht - lokal begrenzte Druckeigenspannungen in das Werkstück eingebracht werden können.
-
Aufgrund der Verwendung eines Hochdruck-Injektors zur Erzeugung des gepulsten Hochdruck-Fluidstrahls können - je nach Bedarf - immense Drücke und/oder extrem kurze Fluidpulse realisiert werden. Beispielsweise kann ein Hochdruck-Injektor analog einem Kraftstoffinjektor zur Hochdruckeinspritzung von Kraftstoff in einen Brennraum einer Brennkraftmaschine verwendet werden, so dass die auf diesem Gebiet gewonnenen Erfahrungen nutzbar gemacht werden können. Ferner kann das Verfahren vergleichsweise kostengünstig durchgeführt werden, da auf bereits vorhandene Komponenten zurückgegriffen werden kann.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird zur Erzeugung des gepulsten Hochdruck-Fluidstrahls ein Fluid verwendet wird, das mit einem Druck von mindestens 1500 bar, vorzugsweise mindestens 2000 bar, weiterhin vorzugsweise mindestens 2500 bar verwendet wird. Je höher der Fluiddruck gewählt wird, desto tiefer sind die Druckeigenspannungen in das Werkstück einbringbar. Da derart hohe Drücke in der Kraftstoffeinspritztechnik die Regel darstellen, spricht dies für die Verwendung eines Hochdruck-Injektors analog einem aus der Kraftstoffeinspritztechnik bekannten Kraftstoffinjektor. Beispielsweise kann ein Hochdruck-Injektor analog einem Common-Rail-Injektor verwendet werden, der im Stand der Technik zur Einspritzung von Dieselkraftstoff genutzt wird. Unter Umständen muss der Injektor geringfügig modifiziert werden. Idealerweise wird ein Hochdruck-Injektor verwendet, dessen Düse eine zentrale Düsenöffnung aufweist, so dass eine optimale Fokussierung des Fluidstrahls möglich ist.
-
Ferner wird vorgeschlagen, dass zur Erzeugung des gepulsten Hochdruck-Fluidstrahls mehrere aufeinanderfolgende Fluidpulse abgegeben werden, wobei die Pulsfrequenz 40 bis 100 Hz beträgt. Über die Pulsfrequenz als Prozessparameter kann insbesondere die Beanspruchung des Werkstücks und damit die spätere Oberflächenqualität gesteuert werden.
-
Das vorgeschlagene Verfahren ermöglicht eine lokale Begrenzung der induzierten Druckeigenspannungen, so dass auch auf diese Weise die Belastung des Werkstücks reduziert werden kann. Zur lokalen Begrenzung der im Werkstück erzeugten Druckeigenspannungen kann mindestens einer der nachfolgenden Prozessparameter variiert werden:
- - der Fluiddruck
- - die Frequenz
- - die Anzahl und/oder die Dauer der Fluidpulse
- - der Abstand der Düse zum Werkstück
- - die Düsengeometrie und/oder
- - die Art des Fluids.
-
Das heißt, dass eine Vielzahl an Prozessparametern zur Verfügung stehen, um definierte Druckeigenspannungen in einem vorgegebenen Bereich und/oder in einer vorgegebenen Tiefe in das Werkstück einzubringen. In Abhängigkeit von der jeweils gewählten Düsengeometrie kann zudem ein kavitierender Fluidstrahl erzeugt werden. Darüber hinaus ist es möglich, das Fluid zu variieren, um unterschiedliche Wirkungen zu erzielen.
-
In Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, dass lokal unterschiedliche Druckeigenspannungen im Werkstück induziert werden. Das heißt, dass der Eigenspannungszustand des Werkstücks lokal variiert. Auf diese Weise können im Werkstück Zonen unterschiedlicher Festigkeit geschaffen werden.
-
Vorteilhafterweise wird zur Erzeugung des gepulsten Hochdruck-Fluidstrahls Wasser als Fluid verwendet. Das heißt, dass die Oberfläche des Werkstücks nicht verunreinigt wird. Zudem schont die Verwendung von Wasser die Umwelt. Alternativ kann ein Öl als Fluid verwendet werden, beispielsweise ein Dieselprüföl. Die Verwendung von Öl hat den Vorteil, dass eine Korrosion der Oberfläche verhindert wird. Die Verwendung von Öl empfiehlt sich daher insbesondere bei korrosionsgefährdeten Werkstücken. Die Wahl der Flüssigkeit bestimmt neben dem Hochdruck den Tiefenverlauf der im Werkstück erzeugten Eigenspannungen.
-
Die darüber hinaus zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgeschlagene Vorrichtung umfasst einen Hochdruck-Injektor mit einer Düse und einer hin- und herbeweglichen Düsennadel zur Erzeugung eines gepulsten Hochdruck-Fluidstrahls. Der Hochdruck-Injektor ist dabei an einem Roboterarm angeordnet, mittels dessen der Hochdruck-Injektor in mindestens zwei Raumrichtungen bewegbar ist.
-
Mit Hilfe des Roboterarms kann der Hochdruck-Injektor in Bezug auf das Werkstück exakt ausgerichtet werden. Vorzugsweise ermöglicht der Roboterarm eine Bewegung des Hochdruck-Injektors in alle drei Raumrichtungen, so dass auch Werkstücke mit einer vergleichsweise komplexen Geometrie gefertigt bzw. bearbeitet werden können. Ferner kann mit Hilfe des Roboterarms in einfacher Weise der Abstand der Düse zum Werkstück variiert werden.
-
Vorteilhafterweise umfasst die Vorrichtung einen Abstandssensor zur Ermittlung des Abstands der Düse zum Werkstück. Auf diese Weise kann der Prozess genau überwacht werden, wodurch sich die Prozesssicherheit erhöht. Vorzugsweise ist der Abstandssensor mit dem Hochdruck-Injektor verbunden, so dass er vom Hochdruck-Injektor mitgeführt wird.
-
Als weiterbildende Maßnahme wird vorgeschlagen, dass die Düse einen sich zu einer zentralen Düsenöffnung hin verengenden Strömungskanal mit konkav oder konvex gewölbten Begrenzungswänden aufweist. Eine derart geformte Düse ermöglicht eine optimale Fokussierung des Fluidstrahls, so dass dieser gezielt auf einen bestimmten Oberflächenbereich des Werkstücks gerichtet werden kann, um lokal begrenzte Druckeigenspannungen im Werkstück zu induzieren. Über die Düsengeometrie kann zudem der Kavitationsanteil beeinflusst werden, welcher das Werkstück erreicht. Darüber hinaus ist es möglich, den Eigenspannungszustand zielführend zu modifizieren.
-
Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher beschrieben. Diese zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung,
- 2 eine schematische Darstellung der lokal begrenzten Bearbeitung eines komplexen Werkstücks,
- 3 einen schematischen Längsschnitt durch eine Düse einer erfindungsgemäßen Vorrichtung und
- 4 einen schematischen Längsschnitt durch eine Düse einer weiteren erfindungsgemäßen Vorrichtung.
-
Ausführliche Beschreibung der Zeichnungen
-
Der 1 ist beispielhaft eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zu entnehmen. Die Vorrichtung umfasst hierzu einen an einem Roboterarm 7 angeordneten Hochdruck-Injektor 3 mit einer Düse 4 und einer hin- und herbeweglichen Düsennadel 5. Mittels des Hochdruck-Injektors 3 kann somit ein gepulster Hochdruck-Fluidstrahl 2 erzeugt werden. Der gepulste Hochdruck-Fluidstrahl 2 wird zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens auf einen Oberflächenbereich 6 eines Werkstücks 1 gerichtet, so dass im Werkstück 1 Druckeigenspannungen induziert werden. Über den Abstand a der Düse 4 zum Werkstück 1 kann die Tiefe der im Werkstück 1 induzierten Druckeigenspannungen eingestellt werden. Der Abstand a wird durch einen an der Düse 4 angeordneten Abstandssensor 8 erfasst bzw. überwacht.
-
In der 2 ist beispielhaft ein Werkstück 1 mit einer komplexen Geometrie dargestellt. Um in unterschiedlichen Bereichen des Werkstücks 1 lokal begrenzte Druckeigenspannungen zu induzieren, kann der Hochdruck-Injektor 3 mittels des Roboterarms 7 verfahren werden. Der Hochdruck-Injektor 3 nimmt in dem dargestellten Beispiel eine erste Position ein, um einen ersten Bereich des Werkstücks 1 zu bearbeiten. Danach kann der Hochdruck-Injektor 3' in eine zweite Position gebracht werden, um eine zweiten Bereich des Werkstücks 1 zu bearbeiten. Schließlich wird der Hochdruck-Injektor 3" in eine dritte Position gebracht, um Druckeigenspannungen in einem dritten Bereich zu induzieren.
-
Zur lokalen Begrenzung der induzierten Druckeigenspannungen eignet sich insbesondere ein fokussierter Hochruck-Fluidstrahl. Eine optimale Fokussierung kann beispielsweise mittels der in den 3 und 4 dargestellten Düsengeometrien erzielt werden. In der 3 weist die Düse 4 einen sich in Richtung einer Düsenöffnung 9 verengenden Strömungskanal 10 mit konvex geformten Begrenzungswänden 11 auf. Demgegenüber weist die Düse 4 der 4 einen Strömungskanal 10 mit konkav geformten Begrenzungswänden 11 auf.