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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Verringerung kinetosebedingter Störungen eines Insassen im Fahrbetrieb eines Fahrzeuges mit einem Fahrzeugsitz, mit einer automatisch bewegbaren Kopfstütze des Fahrzeugsitzes und einem dem Fahrzeugsitz zugeordneten Sicherheitsgurt. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Fahrzeug mit einer solchen Vorrichtung.
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Aus der
JP H0767744 A ist eine automatisch bewegbare an einem Fahrzeugsitz befestigte Kopfstütze bekannt. Die Kopfstütze ist mittels einer Fixierstange, die eine Schutzplatte, einen Zylinder und ein Kopfstützenbefestigungsteil umfasst, an dem Fahrzeugsitz befestigt. Zudem umfasst die Fixierstange eine Kopfpositionserfassungsvorrichtung und eine Anprallintensitätserfassungsvorrichtung. Wenn sich der Kopf aufgrund einer Kollision des Fahrzeuges in Längsrichtung beschleunigt oder verzögert, wird die Kopfposition von der Kopfpositionserfassungsvorrichtung erfasst, wobei die Aufprallintensitätserfassungsvorrichtung eine Aufprallintensität anhand einer Ausdehnung oder Kontraktion des Zylinders erfasst. Ein Signalverarbeitungs- und Ausgabesteuergerät sendet ein Zylinder-Steuersignal in Form eines pneumatischen Druckes und eines Öldruckes an die automatisch bewegbare Kopfstütze, welche daraufhin derart positioniert wird, dass eine Rückwärtsbeschleunigung reduziert wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte Vorrichtung zur Verringerung kinetosebedingter Störungen eines Insassen im Fahrbetrieb eines Fahrzeuges und ein Fahrzeug mit einer solchen Vorrichtung anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß hinsichtlich der Vorrichtung durch die in Anspruch 1 und hinsichtlich des Fahrzeuges durch die in Anspruch 10 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Eine Vorrichtung zur Verringerung kinetosebedingter Störungen eines Insassen im Fahrbetrieb eines Fahrzeuges umfasst einen Fahrzeugsitz, eine automatisch bewegbare Kopfstütze des Fahrzeugsitzes und einen dem Fahrzeugsitz zugeordneten Sicherheitsgurt. Erfindungsgemäß bewegen sich der Fahrzeugsitz und/oder die Kopfstütze zum Beschleunigungsausgleich oder zur Beschleunigungsreduzierung aktiv und/oder eine Anbindung des Insassen an den Fahrzeugsitz ist zumindest mittels des Sicherheitsgurtes vor Eintritt der Beschleunigung erhöht.
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Mittels einer derart ausgebildeten Vorrichtung kann das Ausführen von Tätigkeiten, wie beispielsweise Lesen, insbesondere während eines autonomen Fahrbetriebes des Fahrzeuges, trotz erhöhter Kinetosegefahr ermöglicht werden. Der Fahrzeugsitz ermöglicht das Ausführen anderer Tätigkeiten im Fahrzeug, wobei die Gefahr des Auftretens kinetosebedingter Störungen zumindest wesentlich verringert ist.
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Kinetose, die sogenannte Bewegungskrankheit, zeichnet sich insbesondere durch auftretende Symptome, wie Müdigkeit, Desinteresse, Schwindel, Blässe, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche und/oder Übelkeit aus.
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In einer Ausführungsform ist die Kopfstütze mit einer Aktorik gekoppelt, welche ausgebildet ist, die Kopfstütze zumindest abschnittsweise automatisch entgegen einer zu erwartenden Beschleunigungsrichtung zumindest des Kopfes des Insassen vor Eintritt der Beschleunigung zu bewegen. Der Kopf des Insassen liegt dadurch an der Kopfstütze an, die eine konkave Form aufweist, wobei der Kopf seitlich von der Kopfstütze umschlossen ist, so dass beschleunigungsbedingte diverse laterale und longitudinale Bewegungen des Kopfes weitestgehend verhindert werden können. Eine aufgezwungene Dynamik des Kopfes wird somit durch aktive Kompensationsbewegungen ausgeglichen, wobei ein dauerhafter Kontakt zwischen dem Kopf und der Kopfstütze mittels der Aktorik realisierbar ist. Die Kopfstütze besitzt dabei die Möglichkeit, sowohl translatorische (in Fahrzeuglängsrichtung) als auch rotatorische Bewegungen zu vollziehen.
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Ein Sitzgestell des Fahrzeugsitzes ist in einer Weiterbildung desselben zumindest abschnittsweise um eine Fahrzeugquerachse drehbar gelagert, so dass Nickbewegungen des Fahrzeuges ausgeglichen werden können. Eine Rotation um die Fahrzeugquerachse erfolgt bei verhältnismäßig geringfügiger Anpassung einer Neigung einer Sitzlehne des Fahrzeugsitzes, so dass eine sogenannte Körperwinkelkette im Vergleich zu der des Insassen bei aufrechter Position des Fahrzeugsitzes annähernd gleich bleibt. Auf diese Weise gibt es einerseits die Möglichkeit, den kompletten Sitz um die Fahrzeugquerachse zu rotieren, während das Verhältnis von Sitzlehne zu Sitzkissen unverändert bleibt. Andererseits kann bei dynamischen Veränderungen der Lage des Fahrzeuginsassen auch lediglich die Position der Sitzlehne oder der Kopfstütze verändert werden.
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Dabei ist der Fahrzeugsitz mit einem Torquemotor und/oder einen Linearantrieb mit Übersetzung gekoppelt, wobei der Torquemotor und/oder der Linearantrieb mit Übersetzung zu einer zumindest abschnittsweisen Drehung des Fahrzeugsitzes um die Fahrzeugquerachse ausgebildet sind bzw. ist. Ein solcher Torquemotor weist verhältnismäßig hohe Drehmomente bei relativ geringen Drehzahlen auf.
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Eine mögliche Ausführung des Fahrzeugsitzes sieht vor, dass ein Sitzgestell des Fahrzeugsitzes mittels einer Drehplatte zumindest abschnittsweise um eine Fahrzeughochachse drehbar gelagert ist. Auf diese Weise kann der gesamte Körper des Fahrzeuginsassen vor bzw. bei Eintritt einer Querbeschleunigung in Richtung des Kurveninneren gedreht werden. Dabei kann die Drehplatte zudem zur Positionierung des Fahrzeugsitzes innerhalb des Fahrzeuges verwendet werden, so dass der Fahrzeugsitz bei Nichtanfälligkeit eines Insassen auf dem Fahrzeugsitz in Bezug auf Kinetose beispielsweise in Richtung Fondbereich oder Beifahrer positionierbar ist.
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Um die Anbindung des Insassen an den Fahrzeugsitz zu erhöhen, ist der dem Fahrzeugsitz zugeordnete Sicherheitsgurt mit einem reversiblen Gurtstraffer zur Straffung des angelegten Sicherheitsgurtes vor Eintritt der Beschleunigung gekoppelt. Ist ermittelt, dass dem Fahrzeug eine seitliche Beschleunigung, insbesondere aufgrund einer Kurvenfahrt, bevorsteht, ist der Sicherheitsgurt mittels des Gurtstraffers als Komfortfunktion straffbar, so dass eine Beschleunigung des Kopfes und dadurch das Risiko eines Auftretens kinetosebedingter Störungen des Insassen wesentlich verringert ist.
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Alternativ oder zusätzlich umfasst der Fahrzeugsitz eine Sitzlehne und eine aus der Sitzlehne ausfahrbare vertikal verschiebbare Schulterklemme zur Anbindung zumindest eines Oberkörpers des Insassen an den Fahrzeugsitz. Mittels der ausgefahrenen Schulterklemme ist es möglich, eine Kopfdynamik des Insassen zu reduzieren, so dass das Auftreten von Kinetose weitestgehend ausgeschlossen werden kann.
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Die Schulterklemme umfasst in einer möglichen Ausbildung eine Polsterung, in welche zumindest ein Vibrationsmotor und/oder ein Luftkissen integriert sind bzw. ist. Dadurch ist es möglich, die Schulterklemme bei Bedarf auch zu Massagezwecken zu verwenden.
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In einer weiteren alternativen oder zusätzlichen Ausführung umfasst der Fahrzeugsitz eine Sitzlehne und ein aus einer Seitenwange der Sitzlehne ausziehbares flächiges Gewebe, dessen eines Ende innerhalb der Seitenwange befestigt und dessen gegenüberliegendes Ende zur flächigen Anbindung des Oberkörpers des Insassen mit einer gegenüberliegenden Seitenwange der Sitzlehne verbindbar ist. Das flächige Gewebe bildet eine Art Decke und ist über den Körper, insbesondere den Oberkörper des Insassen spannbar, so dass eine flächige Anbindung des Insassen an den Fahrzeugsitz realisierbar ist.
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Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein Fahrzeug mit einer solchen Vorrichtung zur Einleitung präventiver Maßnahmen um das Auftreten von Kinetose bei einem Insassen weitestgehend vermeiden zu können.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
- 1 schematisch einen Insassen eines Fahrzeuges in einer Liegeposition,
- 2 schematisch einen Insassen mit eingezeichneten Körperachsen und einem Hüftpunkt,
- 3 schematisch einen Fahrzeugsitz mit einer Schulterklemme zur Fixierung des Insassen,
- 4 schematisch einen Fahrzeugsitz mit einem Stirnband zur Fixierung eines Kopfes des Insassen und
- 5 schematisch eine Draufsicht einer Kopfstütze mit dem befestigten Stirnband.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt einen Insassen 1 eines nicht näher dargestellten Fahrzeuges auf einem in den 3 und 4 näher dargestellten Fahrzeugsitz 2.
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Handelt es sich bei dem Insassen 1 um einen Fahrzeugnutzer, d. h. einen Fahrer des Fahrzeuges, und das Fahrzeug verfügt über ein Assistenzsystem zum autonomen Fahrbetrieb, so kann der Insasse 1 im autonomen Fahrbetrieb anderen Tätigkeiten nachgehen. Beispielsweise kann der Insasse 1 ein Buch lesen oder einen Film schauen, während das Fahrzeug zu seinem Zielort fährt.
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Da der Insasse 1, bei dem es sich auch um einen Beifahrer oder einen anderen Insassen 1 des Fahrzeuges handeln kann, vom Fahrgeschehen abgelenkt ist und sich auf die andere Tätigkeit konzentriert, besteht die Gefahr eines Auftretens von Kinetose, der sogenannten Reise- oder Bewegungskrankheit.
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Die Kinetose kann auch bei einem Beifahrer oder einem anderen Insassen 1 im Fondbereich des Fahrzeuges auftreten, wenn das Fahrzeug nicht über das Assistenzsystem zum autonomen Fahrbetrieb verfügt.
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Als Kinetose werden körperliche Reaktionen wie Blässe, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindel bezeichnet, welche durch eine ungewohnte Bewegung, insbesondere in einem Fahrzeug, bei einem Insassen 1 ausgelöst werden. Die körperlichen Reaktionen werden als kinetosebedingte Störungen oder Symptome bezeichnet.
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Um das Risiko eines Auftretens kinetosebedingter Störungen des Insassen 1 zumindest wesentlich zu verringern, ist ein im Folgenden beschriebener Fahrzeugsitz 2 vorgesehen.
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Der Fahrzeugsitz 2 umfasst eine Sitzlehne 2.1 mit einer Kopfstütze 2.2 und ein Sitzpolster 2.3.
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Die Kopfstütze 2.2 vereint verschiedene Funktionen, die einzeln oder in Kombination zu einer verringerten Ausprägung der Kinetose führen kann. Insbesondere weist die Kopfstütze 2.2 an einer dem Insassen 1 zugewandten Seite eine aus einem elastischen Material bestehende Kopfauflage auf, welche ein Einsinken des Kopfes des Insassen 1, insbesondere bei einer Kollision, ermöglicht. Bei Belastung der Kopfauflage durch einen Anprall des Kopfes verfestigt sich das Material, beispielsweise durch elektromechanische Prozesse, die manuell oder automatisiert vom Fahrzeug gesteuert werden können. Der Kopf liegt nach der Verfestigung des Materials stabilisiert und fixiert an der individuellen, konkav ausgeformten Kopfstütze 2.2 an und wird seitlich von ihr umschlossen.
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Funktionalitäten der Kopfstütze 2.2 kommen insbesondere, allerdings nicht ausschließlich, bei einer flachen Neigung der Sitzlehne 2.1 zum Einsatz. In einer im Wesentlichen aufrechten Position der Sitzlehne 2.1 fährt diese in Richtung des Insassen 1 bis zu seinem Kopf nach vorn.
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Durch eine entsprechende, nicht näher dargestellte Aktorik in der Kopfstütze 2.2 und eine Sensorik des Fahrzeuges wird eine zukünftige Dynamik des Kopfes ermittelt, insbesondere berechnet, und durch diverse laterale und longitudinale Bewegungen der Kopfstütze 2.2 verhindert. Die somit aufgezwungene Dynamik des Kopfes wird somit durch aktive Kompensationsbewegungen ausgeglichen.
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Anhand einer zukünftigen Trajektorie des Fahrzeuges, die mittels Kartendaten, erfasster Signale radarbasierter, lidarbasierter und/oder ultraschallbasierter Erfassungseinheiten und/oder anhand von Kamerainformationen ermittelt wird, kann eine Querbeschleunigung, die auf den Kopf des Insassen 1 wirkt, ermittelt werden. Um die Genauigkeit der Ermittlung zu erhöhen, kann einem Algorithmus zusätzlich ein biomechanisches Modell zugrunde gelegt werden, welches die Dynamik des Kopfes über zusätzliche Eingangsgrößen, wie eine Körperlage im Raum sowie individuelle anthropometrische Daten des Insassen 1, ermittelt.
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Je nach Betrag und Richtung führt der Kopf mittels der Kopfstütze 2.2 eine aktive Bewegung entgegen der Zentrifugalkraft, also in Richtung eines Kurveninneren, aus. Diese Bewegung entspricht einer natürlichen Kompensationsstrategie eines Insassen 1, der eine Fahraufgabe in Bezug auf das Fahrzeug ausführt und diese Bewegung instinktiv ausführt. Auch bei Brems- und Beschleunigungsmanövern des Fahrzeuges führt die Kopfstütze 2.2 präventiv eine Bewegung entgegen der zu erwartenden Beschleunigungsrichtung aus. Eine Nackenmuskulatur des Insassen 1 wird dabei aktiviert und eine Verminderung kinetosebedingter Störungen ist zu erwarten.
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Die Dynamik der Kopfstütze 2.2 kann durch verschiedene technische Lösungen realisiert werden, u. a. durch elektromechanische Stempel, die in die Kopfauflage integriert sind und/oder durch randseitig angeordnete Aktoren, die nur mittelbar die Kopfauflage beeinflussen.
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Insbesondere wird der Kopf des Insassen 1 mittels der bewegbaren Kopfstütze 2.2 vor einem Eintritt einer Beschleunigung des Fahrzeuges präventiv bewegt, wobei diese Bewegung aktiv und/oder passiv einer natürlichen Bewegung des Kopfes bei Orientierung nachempfunden ist oder präventiv vor einer Einfahrt in eine Kurve oder bei einem Bremsmanöver des Fahrzeuges den Kopf seitlich stabilisiert.
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Hierzu kann der Kopf des Insassen 1 seitlich mittels einer zangenähnlichen Vorrichtung, welche an der Kopfstütze 2.2 befestigt ist, fixiert und dadurch seitlich stabilisiert werden.
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Darüber hinaus kann vorgesehen sein, dass die Kopfstütze 2.2 hochfrequente Schwingungen ausführt, die lokal oder flächig in den Kopf des Insassen 1 eingeleitet werden, um eine Reizdetektion und Reizverarbeitung zumindest eines Wahrnehmungskanales, insbesondere des Gleichgewichtsorganes des Insassen 1 zu beeinflussen. Dabei kann die Ausführung der Schwingungen auf vielseitigen Varianten beruhen.
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Alternativ oder zusätzlich zur Bewegung der Kopfstütze 2.2, um die wirkende Beschleunigung auszugleichen oder zumindest zu verringern, ist vorgesehen, den Fahrzeugsitz 2 um eine Fahrzeugquerachse drehbar zu lagern, so dass der Insasse 1 eine in 1 dargestellte Liegeposition aufweist.
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Hierzu ist ein Sitzgestell des Fahrzeugsitzes 2 auf einer Kulissenführung gelagert, mittels welcher eine Rotation des Fahrzeugsitzes 2 realisierbar ist und somit eine Liegeposition im Fahrzeug ermöglicht wird. Die Drehung um die Fahrzeugquerachse, die das Fahrzeug bei einer Nickbewegung ausführt, erfolgt bei vergleichsweise geringer Anpassung einer Neigung der Sitzlehne 2.1, so dass eine sogenannte Körperwinkelkette der des Insassen 1 bei aufrechter Position des Fahrzeugsitzes 2 entspricht.
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Eine Abstützung der Füße des Insassen 1 erfolgt durch eine am Fahrzeugsitz 2 ausfahrbare, nicht gezeigte Ablage. Aus Gesichtspunkten der passiven Sicherheit des Fahrzeuges wird trotz der Liegeposition des Insassen 1 ein Durchrutschen unter einem Sicherheitsgurt, der sogenannte Submarining-Effekt, weitestgehend verhindert.
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Eine Sitzauflagefläche stützt den Körper des Insassen 1 axial ab und hält ihn in seiner Position. Bei einer vergleichsweise starken Verzögerung des Fahrzeuges, also einer negativen Beschleunigung, hilft eine Aufstellkinematik des Fahrzeugsitzes 2, auftretende Kräfte sukzessive abzubauen.
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Sofern das Fahrzeug vorwiegend in Richtung der Fahrzeuglängsachse beschleunigt, beispielsweise im Start-Stopp-Verkehr, ist eine konventionelle Ausrichtung des Fahrzeugsitzes 2 zu empfehlen. Um jedoch die auf das Gleichgewichtsorgan wirkenden Beschleunigungen zu verringern, wird eine Kompensationsbewegung des Fahrzeugsitzes 2 entgegen der auftretenden Beschleunigung induziert. D. h. der Fahrzeugsitz 2 führt eine entsprechende Bewegung in Richtung der Fahrzeuglängsachse, also longitudinal, aus. Ein Betrag einer Relativbewegung zwischen Fahrzeug und Insassen 1 wird somit verringert, wenn nicht sogar eliminiert. Die Kompensationsbewegung des Fahrzeugsitzes 2 wird genau dann ausgeführt, kurz bevor sich der Kopf des Insassen 1 in Richtung der Fahrzeuglängsachse bewegt. Somit wird eine Peitschenbewegung einer Hals-Kopf-Gliederkette des Insassen 1 weitestgehend vermieden. Beispielsweise erfolgt eine Linearbeschleunigung des Fahrzeugsitzes 2 mittels zumindest eines vorgespannten Federelementes und eines Linearantriebes, wobei ein Verfahrweg des Fahrzeugsitzes 2 von beispielsweise 15 cm ausreichend ist.
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Treten darüber hinaus aufgrund von Kurvenfahrten Fahrzeugquerbeschleunigungen auf, so ist durch eine vektorielle Addition beider wirkender Beschleunigungen eine veränderte Bewegungsachse des Insassen 1 zu verzeichnen. Um die Diskrepanz zwischen dieser veränderten Bewegungsachse und einer Ausrichtung einer Mittelachse des Fahrzeugsitzes 2 zu verringern, ist vorgesehen das Sitzgestell des Fahrzeugsitzes 2 an einer nicht näher dargestellten Drehplatte zu befestigen. Mittels der Drehplatte ist eine Rotation des Fahrzeugsitzes 2, beispielsweise um 5°, um eine Fahrzeughochachse, um die sich das Fahrzeug bei einer sogenannten Gierbewegung dreht, ermöglicht. Der Fahrzeugsitz 2 kann sich zur Reduzierung kinetosebedingter Störungen somit automatisiert in Richtung der vorherrschenden Fahrzeugbeschleunigung in Richtung der Fahrzeuglängsachse und Fahrzeugquerachse ausrichten. Auch hierbei wird sich erfasster vorausschauender Signale der Erfassungseinheiten des Fahrzeuges, insbesondere der Umgebungssensorik, bedient, so dass die Drehung des Fahrzeugsitzes 2 vor Eintritt der Beschleunigung erfolgt.
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Insbesondere kann die Drehbewegung des Fahrzeugsitzes 2 sowohl um die Fahrzeugquerachse als auch um die Fahrzeughochachse mittels zumindest eines Torquemotors und/oder eines Linearantriebes mit entsprechender Übersetzung realisiert werden.
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Dabei gibt es die beiden Möglichkeiten, entweder den kompletten Fahrzeugsitz 2 um eine Hochachse oder Querachse zu drehen oder nur die Sitzlehne 2.1 oder die Kopfstütze 2.2, was für den Fall einer dynamischen Änderung der Lage des Insassen 1 in den meisten Fällen ausreichend sein wird.
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Das Auftreten potentieller, auf den Insassen 1 wirkender Corioliskräfte, d. h. Coriolisbeschleunigungen, werden somit weitestgehend vermieden, die oftmals Ursache für vergleichsweise starke kinetosebedingte Störungen sind. Willkürliche Kopfbewegungen außerhalb einer vorherrschenden Bewegungsachse führen signifikant zu Kinetose. Hintergrund ist u. a. die Provokation eines intra-vestibulären Sinneskonfliktes innerhalb des Gleichgewichtsorganes aufgrund der Corioliskräfte.
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2 zeigt den Insassen 1 stark vereinfacht, wobei zudem ein Hüftpunkt H, eine Körperachse K1 und eine vorverlagerte weitere Körperachse K2 dargestellt sind.
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Zur Verringerung kinetosebedingter Störungen des Insassen 1 ist vorgesehen, eine Gurtstraffung als Antizipationsmaßnahme und zur Anbindung des Insassen 1 an den Fahrzeugsitz 2 einzuleiten.
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Um die Wirksamkeit der Anbindung zu erhöhen, kann ein Gurtverlauf entsprechend angepasst werden und/oder es wird ein anderes Anbindungssystem, welches im Folgenden beschrieben ist, verwendet.
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Ziel der Anbindung des Insassen 1, insbesondere dessen Oberkörper, an den Fahrzeugsitz 2 ist es, eine Dynamik des Kopfes des Insassen 1 wesentlich zu verringern. Elementar sind dabei Anbindungspunkte des Insassen 1 an den Fahrzeugsitz 2, da bei vergleichsweise starken Beschleunigungen in Richtung der Fahrzeuglängsachse der Oberkörper und insbesondere der Kopf des Insassen 1 um den Hüftpunkt H rotiert. Der Insasse 1 verlagert sich, so dass dieser eine Position entsprechend der weiteren Körperachse K2 aufweist.
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Eine Anbindung des Insassen 1 an den Fahrzeugsitz 2 über die Schultern, den Kopf und/oder den gesamten Oberkörper kann die Kopf- und/oder Körperdynamik reduzieren und die Kinetose nachhaltig einschränken.
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Zusätzlich können die Seitenwangen der Sitzlehne durch in den Seitenwangen vorhandene aufblasbare Elemente präventiv aufgeblasen werden, um insbesondere bei Nebentätigkeiten eine richtungsabhängige Antizipation der künftigen Trajektorie zu erhalten, ohne sich visuell nach außen orientieren zu müssen. Zudem wird der Körper durch die aufgeblasenen Kissen stabilisiert.
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Dazu kann die in 3 gezeigte Schulterklemme 3 vorgesehen sein, die vertikal verschiebbar ist und eine nicht näher dargestellte Polsterung aufweist. Die Schulterklemme 3 ist auf beiden Seiten der Sitzlehne 2.1 befestigt und fährt automatisiert von einer oberen Ausgangsstellung bis zu einem Kontaktpunkt zwischen Nacken des Insassen 1 und der Polsterung der Schulterklemme 3. In einer möglichen Ausführungsform ist zumindest ein Vibrationsmotor und zumindest ein Luftpolster in die Polsterung integriert, so dass die Schulterklemme 3 zusätzlich eine Massagefunktion übernehmen kann.
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Eine weitere nicht näher dargestellte Anbindungsmöglichkeit kann durch ein flächiges Gewebe in Form einer Decke gebildet sein, die in einer nicht gezeigten Seitenwange des Fahrzeugsitzes 2 angeordnet und bei Bedarf herausziehbar ist. Dabei ist ein Ende fest mit dem Fahrzeugsitz 2 verbunden, wobei ein gegenüberliegendes Ende an der gegenüberliegenden Seitenwange, beispielsweise basierend auf einem Schlossprinzip, befestigbar ist. Die Decke als flächiges Gewebe kann ausgerollt werden und erstreckt sich über einen Oberkörper des Insassen 1, wobei das flächige Gewebe gespannt ist und zur Ganzkörperanbindung des Insassen 1 an den Fahrzeugsitz 2, insbesondere zur Oberkörperanbindung an den Fahrzeugsitz 2 dient.
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In das flächige Gewebe können querverlaufende Gurte integriert sein, die eine Straffung über den gesamten Oberkörper des Insassen 1 ermöglichen. Zusätzlich kann eine Anzahl von Heizelementen in das flächige Gewebe integriert sein, um v. a. einen Komfort für den Insassen 1 im Winter zu erhöhen.
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Beispielsweise kann auch ein Vibrationsmotor in das flächige Gewebe integriert sein, welcher in einer vorgegebenen Frequenz im Bereich des Oberkörpers, insbesondere des Brustkorbes des Insassen 1, vibriert und dadurch eine Atemfrequenz des Insassen 1 zur Verringerung kinetosebedingter Störungen beeinflusst. Mittels des flächigen Gewebes kann der Insasse 1 also taktil stimuliert werden.
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Insbesondere bei einer Fahrt entgegen der Fahrtrichtung und/oder bei ausgeführten Tätigkeiten im Fahrzeug ist eine Information für den Insassen 1 über eine bevorstehende Beschleunigung eingeschränkt. Eine Anpassung eines Gurtverlaufes sowie eine frühzeitige Verriegelung bei vergleichsweise geringen G-Kräften können zu einer Stabilisierung des Oberkörpers und insbesondere des Kopfes des Insassen 1 während des Fahrbetriebes führen.
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Zur Anbindung des Kopfes des Insassen 1 an den Fahrzeugsitz 2 kann ein in den 4 und 5 dargestelltes Stirnband 4 eingesetzt werden. Dabei ist das Stirnband 4 doppelt ausgeführt und weist in der Draufsicht die Form einer 8 auf. Eine Schlaufe S1 dient der Befestigung an der Kopfstütze 2.2 und eine weitere Schlaufe S2 umschließt den Kopf des Insassen 1. Alternativ zur Ausbildung als Stirnband 4 kann auch eine Mützenform gewählt werden.
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Das Stirnband 4 besitzt darüber hinaus die Möglichkeit, mit einer in ätherischen Ölen getränkten Einlage oder einer kühlenden bzw. wärmenden Einlage bestückt zu werden. Diese befindet sich unmittelbar in Kontakt mit der Stirn /den Schläfen und verhindert somit Ausprägungen von primär Kinetose-induzierten Kopfschmerzen.
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Wird die Form einer Mütze gewählt, besteht weiterhin die Möglichkeit, in die Mütze Elektroden zu integrieren, die es ermöglichen, Kinetose präventiv (über die Aufnahme eines EEG) zu erkennen, im günstigsten Fall, bevor die ersten Symptome auftreten. Darüber hinaus kann durch eine gezielte elektrische Stimulation des Kopfes über diese Elektroden das Auftreten von Kinetose vermieden werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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