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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Einrichtung zum An- oder Ablegen eines Schiffs an einer Anlegestelle gemäß Anspruch 1 sowie ein Verfahren zu demselben Zweck gemäß Anspruch 8. Schließlich wird auch ein Computerprogrammprodukt zur Durchführung des Verfahrens angegeben.
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Aus der
EP 2 824 528 A1 ist ein Verfahren zum motorenbetriebenen Anlegen mit einem Schiff an einer Anlegestelle bekannt. Bei diesem Verfahren wird zunächst in einem Kartenerstellungsschritt eine Ist-Karte einer Umgebung eines Anlegebereiches erstellt. Anschließend wird in einem Anlegepositionsbestimmungsschritt eine Anlegeposition des Schiffes in der Anlegestelle bestimmt, um danach in einem Trajektionsplanungsschritt eine Soll-Trajektorie von einer Ist-Position des Schiffes u der Anlegeposition des Schiffes zu bestimmen. Schließlich wird das Schiff entlang der Soll-Trajektorie in Richtung der Anlegeposition gesteuert.
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Dieses Verfahren ist aufwändig und erfordert verhältnismäßig viel Zeit. Bei wiederholten Anlegemanövern an derselben Anlegestelle wird das Schiff nicht genau an dieselbe Anlegeposition anlegen. Aus diesem Grund sind auch aufwändige mechanische Anlegesysteme (englisch auch Mooring Systems) bekannt geworden, um Schiffe nach einer ersten Annäherung mithilfe von mechanischen Positioniervorrichtungen exakt an einem bestimmten Liegeplatz zu positionieren. Jedoch sind auch solche Systeme sehr aufwändig.
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Aus der
AT 515 166 A1 ist ein Verfahren zum motorenbetriebenen Anlegen mit einem Schiff an einer Anlegestelle in einem Anlegebereich bekannt. Dabei wird in einem Kartenerstellungsschritt eine Ist-Karte einer Umgebung des Anlegebereiches erstellt. Für die Erstellung der Ist-Karte können Sensordaten von Umfeldsensoren des Schiffs verwendet werden, wobei die Umfeldsensoren immobile Objekte der Hafenanlage erfassen können. In einem Anlegepositionbestimmungsschritt werden die Anlegestelle und eine Anlegeposition des Schiffes in der Anlegestelle bestimmt. Ferner wird in einem Trajektorienplanungsschritt eine Soll-Trajektorie von einer Ist-Position des Schiffes zu der Anlegeposition des Schiffes geplant und bestimmt, bevor das Schiff schließlich in einem Trajektorienverfolgungsschritt entlang der Soll-Trajektorie in Richtung der Anlegeposition gesteuert wird. Zur Vorgabe der Soll-Trajektorie durch den Benutzer ist ein Benutzerinterface vorgesehen, beispielsweise ein Touchscreen.
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Ferner ist aus der
DE 10 2015 202 496 A1 ein Verfahren zum Betreiben eines Wasserfahrzeugs bekannt, welches die folgenden Schritte umfasst: Senden einer Anforderung fuer einen Liegeplatz fuer das Wasserfahrzeug an einen Hafenverwaltungsserver eines Hafens ueber ein Kommunikationsnetzwerk, Empfangen von liegeplatzrelevanten Daten vom Hafenverwaltungsserver ueber das Kommunikationsnetzwerk, Bewegen des Wasserfahrzeugs zu einem Liegeplatz des Hafens basierend auf den liegeplatzrelevanten Daten.
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In der
DE 10 2010 051 885 A1 ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Unterstützung des Manövrierens eines Wasserfahrzeugs unter Verwendung der mittels eines satellitengestützten Positionserfassungssystems bestimmten Wasserfahrzeugposition und Bewegung beschrieben. Zusätzlich bestimmt dabei eine am Wasserfahrzeug angebrachte Sensorik Messdaten über die Bewegung und Beschleunigung des Wasserfahrzeugs. Das dort beschriebene Steuerungssystem unterstützt das Manövrieren und Navigieren indem es exakte, spurtreue Kurse in Fahrt und das Halten der Position bei Stopp des Fahrzeuges durch das autonome Ausregeln von Störgrößen mit Hilfe des satellitengestützten Positionserfassungssystems zur kontinuierlichen exakten Bestimmung einer Geo-Position und einer Fahrtrajektorie ermöglicht.
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Schließlich ist aus der US 2003 / 0 137 445 A1 ein System zum automatischen Andocken eines Schiffs bekannt. Dieses System umfasst ein Sekundärantriebssystem zur automatischen Steuerung des Schiffs, einen mit dem Sekundärantriebssystem verbundenen Andockprozessor zum Steuern des Schubs, der von dem Sekundärantriebssystem bereitgestellt wird und ein oder mehrere Radarsysteme, um dem Andockprozessor Navigationsinformationen bereit zu stellen. Das System umfasst ferner einen Bildschirm zur Anzeige von Informationen, die mit dem Andockmanöver zusammenhängen, beispielsweise die Position des Schiffs gegenüber der Anlegestelle, die Fahrgeschwindigkeit des Schiffs oder eine Annäherungsgeschwindigkeit zwischen dem Schiff und der Anlegestelle, sowie Navigationsinformationen aus einem Navigationssystem des Schiffs.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es eine Einrichtung und ein Verfahren zum An- oder Ablegen eines Schiffs an einer Anlegestelle anzugeben, die ein zügiges, sicheres und reproduzierbares An- oder Ablegen an der Anlegestelle mit möglichst geringem Aufwand ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird durch eine Einrichtung gemäß Anspruch 1 sowie durch ein Verfahren gemäß Anspruch 8 gelöst. Vorteilhafte Ausführungen der Erfindung sind in den jeweiligen abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Es wird eine Einrichtung zum An- oder Ablegen eines Schiffs an einer Anlegestelle beansprucht. Diese Einrichtung umfasst ein Ein- und Ausgabegerät, über das ein Schiffsführer ein An- oder Ablegemanöver starten, überwachen und/oder beenden kann. Ferner umfasst die Einrichtung zumindest eine an der Anlegestelle angeordnete passive Markierung und ein an dem Schiff angeordnetes Erfassungssystem zur Erfassung der zumindest einen passiven Markierung. Des Weiteren umfasst die vorgeschlagene Einrichtung eine Steuereinrichtung, die dazu eingerichtet ist eine Soll-Trajektorie zu ermitteln und zumindest eine Antriebsvorrichtung des Schiffes so anzusteuern, dass das Anlegemanöver entlang der Soll-Trajektorie durchgeführt wird. Schließlich umfasst die Einrichtung zumindest eine durch die Steuereinrichtung ansteuerbare Antriebsvorrichtung. Als Antriebsvorrichtung können eine oder mehrere ohnehin vorhandenen Antriebsvorrichtungen des Schiffes von der Steuereinrichtung entsprechend angesteuert und betrieben werden. Dies können beispielsweise herkömmliche Propellerantriebe, POD-Antriebe, Strahlruderantriebe oder andere Antriebsarten sein. Als Schiff werden im Rahmen dieser Erfindung sowohl Sport- und Freizeitboote, als auch größere Yachten und kommerziell betriebene größere Boote und Schiffe verstanden.
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Mit der beanspruchten Einrichtung lassen sich automatisierte Anlegemanöver und Ablegemanöver durchführen. Das Schiff wird dabei selbsttätig, das heißt ohne weitere Eingaben des Schiffsführers, an die jeweilige Zielposition bewegt. Deshalb können auch unerfahrene Schiffsführer damit schnell und sicher an einer Anlegestelle an- bzw. ablegen.
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Die passive Markierung dient dabei sozusagen als Zielzeichen des Erfassungssystems und als Positionsanzeiger an der Anlegestelle. Sie ermöglicht eine schnelle und exakte Bestimmung der Position und der Ausrichtung des Schiffs gegenüber der Anlegestelle. Vorteilhaft können mehrere passive Markierungen vorgesehen sein. Passive Markierungen geben kein aktives Signal ab und sind elektrisch passiv, das heißt sie benötigen keine Energie bzw. Energieversorgung. Beispielsweise kann ein einfacher Reflektor oder ein Schild als passive Markierung dienen. Zur Verbesserung der Erfassung kann die passive Markierung ein Muster auf der Oberfläche und/oder eine zumindest teilweise reflektierende Oberfläche aufweisen. Solche passiven Markierungen sind kostengünstig, wartungsarm sowie mechanisch robust. Ein zweiter Vorteil besteht darin, dass mit den passiven Markierungen auch bereits vorhandene Anlegestellen, beispielsweise Anlegestege, in kurzer Zeit und kostengünstig nachgerüstet werden können.
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Im Vergleich zu bekannten Anlegesystemen für Schiffe ist die vorgeschlagene Einrichtung einfach und kostengünstig aufgebaut und einfach zu nutzen. Zusätzlich kann die Einrichtung auch zum Ablegen des Schiffs verwendet werden. Zum Ablegen wird eine Soll-Trajektorie ermittelt, deren Startposition an der Anlegestelle angeordnet ist und deren Zielposition sich entfernt von der Anlegestelle befindet.
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Eine Trajektorie ist eine Bahn oder Bahnkurve, entlang derer sich das Schiff bewegen kann. Zum Anlegen und Ablegen des Schiffs können beispielsweise mehrere, verschiedene Trajektorien vorausberechnet werden. Von den mehreren vorausberechneten Trajektorien können auf einem Ausgabegerät, beispielsweise einem Bildschirm angezeigt werden, sodass ein Schiffsführer eine bestimmte Trajektorie als Soll-Trajektorie auswählen kann. Die Soll-Trajektorie kann auch von der Steuereinrichtung anhand von vorgegebenen Kriterien ausgewählt werden. Die Soll-Trajektorie wird dann verwendet, um das Schiff entlang der Soll-Trajektorie an die Anlegestelle zu bewegen.
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Eine bevorzugte Ausführung sieht vor, dass das Erfassungssystem zumindest einen opto-elektronischen Sensor umfasst, und dass die eine oder mehrere passive Markierungen optisch erfassbare Markierungen sind. Der schiffseitige Sensor ist dabei mindestens ein optischer Sensor, beispielsweise eine optische Kamera, ein Lidar-Sensor, ein Photomischdetektor (PMD), der nach dem Prinzip des Lichtlaufzeitverfahrens arbeitet oder eine Infrarot-Kamera. Es können sogenannte „gated-viewing“-Verfahren angewendet werden, beispielsweise ein Laser-Range-Gating-Verfahren, bei dem ein Laserpuls zur Beleuchtung und eine für die Wellenlänge des Lasers geeignete Kamera eingesetzt werden. Mit derartigen Verfahren kann das Erfassungssystem die passiven Markierungen auch bei Dunkelheit und Nebel zuverlässig erfassen. Des Weiteren können auch „scattered-viewing“-Verfahren angewendet werden, die beispielsweise auf Aufnahmen von SWIR-Kameras (kurzwellige Infrarotstrahlen) oder MWIR-Kameras (mittelwellige Infrarotstrahlen) basieren. Ferner kann auch ein Kamera- bzw. Sensorsystem eingesetzt werden, bei dem mehrere Blickwinkel oder erfasste Punkte fusioniert werden. Als passive Markierungen können der jeweils eingesetzten Sensortechnik angepasste Reflektoren verwendet werden, um ein möglichst starkes Signal zu bewirken und damit die Zuverlässigkeit bei der Erfassung zu erhöhen.
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So können bei einer alternativen Ausführungsform, bei der das Erfassungssystem zumindest einen Radarsensor umfasst, passive Markierungen in Form von Radarreflektoren eingesetzt werden. Vorzugsweise umfasst das Erfassungssystem nur Sensoren einer physikalischen Kategorie, nämlich entweder nur optische Sensoren oder nur Radarsensoren, um so den Aufwand an Hard- und Software zu reduzieren. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den hohen Aufwand an die sonst erforderliche Fusion der Sensordaten von verschiedenartigen Sensoren vorteilhaft.
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Die Position des Erfassungssystems und dessen Sensor auf dem Schiff, die Abmessungen des Schiffes, die Position der passiven Markierungen an der Anlegestelle sowie feststehende Hindernisse im Umfeld der Anlegestelle sind durch eine Initialisierungsroutine bekannt. Die vorgeschlagene Einrichtung ist besonders geeignet für Schiffsführer bzw. Schiffe, die häufig an derselben Anlegestelle An- oder Ablegen, beispielsweise an einem fest zugeordneten oder eigenen Anlegesteg. Die vorgeschlagene Lösung fokussiert sich deshalb auf Yacht-, Boot- oder Schiffsbesitzer mit einem festen Liegeplatz.
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Vorzugsweise ist das Erfassungssystem, also beispielsweise ein Kamerasystem, an einer exponierten oder erhöhten Stelle des Schiffs befestigt, beispielsweise im oberen Bereich eines Masts oder oben auf einem Deckaufbau des Schiffs. Aus einer derart exponierten Lage kann das Erfassungssystem schräg nach unten ausgerichtet sein, um sozusagen eine Draufsicht oder einen Top-View zu erzeugen. Auf diese Weise können weite Bereiche des Schiffs und der Anlegestelle erfasst werden.
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Um die passiven Markierungen nicht nur in der horizontalen Richtung, sondern insbesondere auch aus einer erhöhten Position des Erfassungssystems am Schiff sicher erfassen zu können, können die passiven Markierungen besonders ausgerichtet und/oder ausgestaltet sein. Dazu kann die passive Markierung beispielsweise nach oben hin, also mit einer vertikalen Komponente, ausgerichtet sein. Bevorzugt weist die passive Markierung eine dreidimensionale, insbesondere eine sphärische Form auf, wodurch sie aus verschiedenen Blickrichtungen zuverlässig identifiziert und erfasst werden kann. Idealerweise kann eine Markierung so gestaltet sein, dass sie aus jeder Blickrichtung identifizierbar ist. Des Weiteren kann die passive Markierung so gestaltet sein, dass mit ihrer Hilfe sogar die Blickrichtung differenzierbar ist, aus der ein Sensor die passive Markierung erfasst.
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Die genannte Steuereinrichtung steuert und regelt die Durchführung des automatisierten An- bzw. Ablegemanövers. Die Steuereinrichtung umfasst zumindest eine elektronische Steuereinheit (ECU) mit zumindest einem Mikroprozessor und einen Speicher, in dem Daten mehrerer Trajektorien abrufbar hinterlegt sind. Zusätzlich kann die Steuereinrichtung so eingerichtet sein, dass sie in der Lage ist eine Soll-Trajektorie selbständig zu berechnen, sodass die Automatisierung durch eine selbständige Bahnplanung erfolgen kann. Dazu sind in einem Speicherbereich der Steuereinrichtung ausreichende Informationen für die Berechnung der Soll-Trajektorie hinterlegt. Die hinterlegten Informationen umfassen Daten zu den Abmessungen des Schiffs und zu Hindernissen und Störkonturen im Bereich der Anlegestelle. Ferner umfasst die Steuereinrichtung alle erforderlichen Schnittstellen, beispielsweise für die Kommunikation zwischen der elektronischen Steuereinheit und einem portablen Ein- und Ausgabegerät sowie dem Erfassungssystem. Die Daten und Signale in der Kommunikation zwischen der elektronischen Steuereinheit und einem portablen Ein- und Ausgabegerät sowie dem Erfassungssystem werden bevorzugt kabellos übertragen. Zumindest Teile der Steuereinrichtung können neben den Funktionen für die vorliegende Erfindung auch für andere Funktionen genutzt werden. Es kann sich bei der elektronischen Steuereinheit beispielsweise um eine zentrale Steuereinheit des Schiffes oder um eine Steuereinheit einer Antriebsvorrichtung handeln.
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Das genannte Ein- und Ausgabegerät, das auch HMI (engl. für Human Machine Interface) genannt werden kann, ist vorzugsweise ein portables Gerät. Mithilfe eines portablen Gerätes kann das Verfahren zum An- oder Ablegen von verschiedenen Stellen auf dem Schiff oder auch vom Land aus gestartet, überwacht und gestoppt werden. Besonders vorteilhaft kann dazu ein Gerät mit Touchdisplay und/oder Spracheingabe und Sprachausgabe verwendet werden.
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Neben der Einrichtung wird auch ein Verfahren zum An- oder Ablegen eines Schiffs an bzw. von einer Anlegestelle vorgeschlagen. Das Verfahren umfasst zumindest folgende Schritte:
- a) Bewegen des Schiffs in einen Erfassungsbereich, in dem ein an dem Schiff angeordnetes Erfassungssystem in der Lage ist eine Mindestanzahl der passiven Markierungen zu erfassen, die an der Anlegestelle angeordnet sind,
- b) Erfassen zumindest einer an der Anlegestelle angeordneten passiven Markierung,
- c) Bestimmung der Position und der Ausrichtung des Schiffs gegenüber der Anlegestelle mithilfe der zumindest einen passiven Markierungen,
- d) Bereitstellung einer Soll-Trajektorie zum Anlegen des Schiffs an der Anlegestelle,
- e) Bewegen des Schiffs auf eine Startposition und in eine Startausrichtung der Soll-Trajektorie mithilfe der Antriebsvorrichtungen des Schiffs und
- f) Bewegen des Schiffs entlang der Soll-Trajektorie bis zu einer Zielposition und einer Zielausrichtung an der Anlegestelle.
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Mit dem beanspruchten Verfahren lassen sich also durchgängige, automatisierte Anlegemanöver einfach, sicher und reproduzierbar durchführen. Das Schiff wird dabei nach dem Erreichen des Erfassungsbereichs und dem Start des Anlegemanövers selbsttätig, das heißt ohne weitere Eingaben des Schiffsführers, an die Zielposition an der Anlegestelle bewegt und erforderlichenfalls in eine gewünschte Zielausrichtung gebracht. Dazu werden die ohnehin vorhandenen Antriebsvorrichtungen des Schiffes von der Steuereinrichtung entsprechend angesteuert und betrieben. Zur Positionsbestimmung des Schiffs werden ein auf dem Schiff angeordnetes Erfassungssystem und passive Markierungen verwendet, wobei die passiven Markierungen die im Bereich der Anlegestelle ortsfest angeordnet sind. Die passiven Markierungen ermöglichen gegenüber Manövern ohne Markierungen eine genauere und schnellere Positionierung und Ausrichtung des Schiffs während des gesamten Anlegemanövers, insbesondere in der Zielposition. Die Bestimmung der Position und der Ausrichtung kann dabei zu Beginn des Verfahrens zur Ermittlung einer Startposition und wiederholt im weiteren Verfahren erfolgen, sodass die Bewegung des Schiffs entlang der Soll-Trajektorie nachverfolgt werden kann.
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Unter dem Begriff Ausrichtung wird die Winkelausrichtung des Schiffs bezogen auf die Hochachse, d.h. die Gierachse des Schiffs verstanden. Die Mindestanzahl der passiven Markierungen kann eins oder eine Mehrzahl sein und hängt von der Art der passiven Markierung und des Erfassungssystems ab.
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Im Schritt a) steuert der Schiffsführer das Schiff von einer beliebigen Richtung in den Erfassungsbereich, in dem von dem Erfassungssystem zumindest eine passive Markierung oder eine Mindestanzahl von mehreren passiven Markierungen erfasst wird.
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Die Automatisierung des Anlegemanövers kann durch einen Teach-in-Vorgang oder durch selbständige Bahnplanung erfolgen. Der Teach-in-Vorgang kann beispielsweise das Aufnehmen eines manuell durchgeführten Anlegemanövers sein. Dabei wird jeweils eine Trajektorie bzw. Bahn von einer Startposition bis zu einer Zielposition an der Anlegestelle abgefahren, wobei die gefahrene Bahn jeweils relativ zu der passiven Markierung bzw. zu den passiven Markierungen aufgezeichnet und gespeichert wird.
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Zum Wiederholen des Anlegemanövers muss das Schiff wieder in den Erfassungsbereich bewegt werden, das heißt es muss eine Mindestanzahl der passiven Markierungen im Erfassungsbereich liegen. Zusätzlich kann jeweils ein Schwellwert eingerichtet sein für eine Abstandsdifferenz und eine Winkeldifferenz. Zum Start des Anlegemanövers müssen die Abstandsdifferenz des Schiffes zum Startpunkt sowie die Winkeldifferenz zu einer Startausrichtung zumindest einer gespeicherten Trajektorie jeweils unterhalb eines definierten Schwellwertes liegen. Das System meldet, welche gespeicherten Trajektorien abgerufen werden können. Nach der Auswahl einer Soll-Trajektorie wird das Schiff in einem weiteren Verfahrensschritt auf den Startpunkt der Soll-Trajektorie geführt und entsprechend ausgerichtet, indem die Abstandsdifferenz und die Winkeldifferenz ausgeregelt werden. Danach kann das Anlegemanöver mit den genannten Verfahrensschritten durchgeführt werden.
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Gemäß einer Ausführungsform kann eine selbständige Bahnplanung vorgenommen werden. Dazu wurden alle erforderlichen Schiffsparameter, insbesondere die Abmessungen des Schiffs, die Position des Erfassungssystems auf dem Schiff sowie Störkonturen relativ zu den Markierungen zuvor erfasst und abgespeichert oder durch einen Sensor automatisch erkannt. Sobald das Schiff den Erfassungsbereich erreicht, wird mindestens eine mögliche Bahn, d.h. Trajektorie zur Anlegeposition in einem Display des Ein- und Ausgabegerätes angezeigt. Bei einem optischen Erfassungssystem erreicht das Schiff den Erfassungsbereich sobald die passiven Markierungen in Sichtweite des Erfassungssystems kommen. Der Benutzer wählt gegebenenfalls aus mehreren Trajektorien eine Soll-Trajektorie aus und die Soll-Trajektorie wird bis zur Zielposition abgefahren. Die Überwachung des Umfeldes kann durch den Bediener erfolgen. Das Anlegemanöver kann, beispielsweise durch ein Stoppknopf, an dem Ein- und Ausgabegerät in jedem Punkt angehalten, fortgesetzt oder abgebrochen werden.
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Zur Bereitstellung der Soll-Trajektorie kann also eine aus mehreren in einem Speicher hinterlegten Trajektorien ausgewählt werden. Zur Auswahl der Soll-Trajektorie können dem Schiffsführer auf dem Ein- und Ausgabegerät mehrere der hinterlegten Trajektorien angezeigt werden. Die in dem Speicher hinterlegten Trajektorien können auch in einem Initialisierungsschritt beispielsweise anhand von manuell durchgeführten Anlegemanövern ermittelt und aufgezeichnet werden.
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Nach der Auswahl der Soll-Trajektorie wird das Schiff von der Startposition entlang der Soll-Trajektorie in die Zielposition und die Zielausrichtung bewegt und dort gehalten, bis das Anlegemanöver angehalten oder beendet wird.
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Zum Ablegen kann das oben erläuterte Verfahren angewendet werden, wobei der Schritt a) übersprungen werden kann, sofern das Schiff beim Start eines Ablegemanövers direkt in einer Startposition mit der passenden Ausrichtung an der Anlegestelle liegt. Die Startposition beim Ablegen entspricht der Zielposition beim Anlegen.
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In einer Basisausführung obliegen die Überwachung des Umfeldes und die Erkennung von Abweichungen im Umfeld gegenüber dem Umfeld zu dem Zeitpunkt zu dem das Manöver gespeichert wurde, dem Schiffsführer.
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In erweiterten Ausführungen bzw. Ausbaustufen kann die Überwachung des Umfeldes mit einem Sensorsystem vorgesehen sein, um den Bediener zu entlasten oder komplett zu ersetzen. Dazu können zusätzliche Umfeldsensoren (Kameras, Laser, Radar, PMD) vorgesehen werden.
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Die Geschwindigkeiten, mit denen das Schiff beim An- oder Ablegen bewegt wird, sind bei der Ausführung ohne Umfeldsensoren entsprechend gering gesetzt, um im Falle einer Kollision keine Schäden (Personen, Schiff, Steg) zu verursachen. Ist zusätzlich eine Umfeldüberwachung vorgesehen, kann das Anlegemanöver schneller, das heißt bei höheren Geschwindigkeiten durchgeführt werden.
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In weiteren Ausführungen können Abweichung des Schiffs vom gewünschten Bewegungsverhalten erkannt und im Hinblick auf möglichen Ursachen analysiert werden. Mögliche Ursachen sind beispielsweise Strömungen im Wasser, Wind, Grundberührung, nicht gelöste Befestigungsmittel (Seil oder Anker), andere Hindernisse. Je nach Ursache und Ausprägung kann eine Warnung und/oder eine Unterbrechung des Anlegemanövers eingeleitet werden. Als weitere Folge einer solchen Unterbrechung kann wiederum abhängig von Ursache und Ausprägung ein Notruf automatisch abgesetzt werden.
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Schließlich wird ein Computerprogrammprodukt zur Durchführung eines oben beschriebenen Verfahrens beansprucht. Das Computerprogrammprodukt kann sich beispielsweise auf einem portablen Speichermedium befinden.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der anliegenden Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel einer Einrichtung mit einem Kamerasystem zum Durchführen eines Anlegemanövers eines Schiffs an einer Anlegestelle;
- 2 ein weiteres erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel einer radarbasierten Einrichtung zum Durchführen eines Anlegemanövers eines Schiffs an einer Anlegestelle und
- 3 eine Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die in 1 dargestellte Einrichtung zum Anlegen eines Schiffs an einer Anlegestelle umfasst ein Ein- und Ausgabegerät 3, über das ein Schiffsführer das Anlegemanöver starten, überwachen und/oder beenden kann. Das Ein- und Ausgabegerät 3 ist in diesem Fall als portables Touchpad ausgeführt, das an Bord des Schiffs 1 oder auch abseits des Schiffs 1 mitgeführt und bedient werden kann. Des Weiteren umfasst die Einrichtung mehrere an der Anlegestelle 2 angeordnete passive Markierung 4a, 4b, 4c und ein an dem Schiff 1 angeordnetes Erfassungssystem 5 zur Erfassung der passiven Markierungen 4a, 4b, 4c an der Anlegestelle 2. Die Anlegestelle 2 ist ein Liegeplatz an dem das Schiff 1 zwischen zwei Stegen festgemacht werden kann.
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Das Erfassungssystem 5 dieses Ausführungsbeispiels umfasst einen optischen Sensor 8 und die passiven Markierungen 4a, 4b, 4c sind dementsprechend so ausgeführt, dass sie optisch erfassbar sind. Die passiven Markierungen 4a, 4b, 4c weisen eine sphärische Form auf und sind mit einer Hauptausrichtung schräg nach oben an der Anlegestelle 2 angebracht. Dadurch sind die passiven Markierungen 4a, 4b, 4c von dem Erfassungssystem 5, das an dem Schiff 1 in einer erhöhten Position befestigt ist, zuverlässig und sicher in einem großen Erfassungsbereich 9 erfassbar. Der Erfassungsbereich 9 ist in 1 mittels einer Strichlinie markiert und nur teilweise sichtbar.
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Eine Steuereinrichtung 10, die ebenfalls Teil der Einrichtung ist, ist dazu eingerichtet eine Soll-Trajektorie 6 zu ermitteln und zumindest eine Antriebsvorrichtung 7 des Schiffs 1 so anzusteuern, dass das Anlegemanöver entlang der Soll-Trajektorie 6 durchgeführt wird. Dazu weist die Steuereinrichtung 10 einen Speicher 11 zum Speichern von Daten auf. Der Speicher 11 bzw. die darauf gespeicherten Daten enthalten beispielsweise Informationen zu den Abmessungen des Schiffs 1, gespeicherte Trajektorien und zu ortsfesten Hindernissen im Bereich der Anlegestelle 2. Die Antriebsvorrichtung 7 in 1 und 2 ist jeweils nur vereinfacht als Propeller am Heck des Schiffs 7 dargestellt. Dies soll jedoch die Art der Antriebsvorrichtung 7 und deren Position am Schiff 1 nicht einschränken. Im Rahmen der Erfindung können auch verschiedene Antriebsvorrichtungen eines Schiffs 7 gleichzeitig von der Steuereinrichtung 10 angesteuert werden, um das Schiff 7 gemäß dem erfindungsgemäßen Anlegemanöver anzusteuern und zu bewegen, also beispielsweise ein Propellerantrieb am Heck und ein Bugstrahlruder.
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Die Soll-Trajektorie 6 beginnt an einer Startposition 12 und endet an einer Zielposition 13. Die Zielposition 13 verschiedener Trajektorien liegt vorzugweise an der gleichen Stelle in Bezug auf die passiven Markierungen 4a, 4b und 4c und damit in Bezug auf die Anlegestelle 2, sodass das Schiff 1 nach Beendigung des Anlegemanövers immer an der gleichen Stelle positioniert ist, unabhängig von der jeweils bereitgestellten und ausgewählten Soll-Trajektorie 6.
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Die in 2 dargestellte Einrichtung zum Anlegen eines Schiffs 1 an einer Anlegestelle 2 zeigt einen ähnlichen Aufbau wie die in 1 dargestellte Einrichtung. Gleiche Komponenten sind daher mit den gleichen Bezugszeichen gekennzeichnet. Die Einrichtung der 2 unterscheidet sich von der Einrichtung in 1 jedoch durch die Technologie des Erfassungssystems 25 und der passiven Markierungen 24a, 24b, 24c. Diese sind nämlich in der Einrichtung der 2 als Radarkomponenten ausgeführt. Das bedeutet, dass das Erfassungssystem 25 Radarimpulse 26 aussendet, die von den als Radarreflektoren ausgebildeten passiven Markierungen 24a, 24b und 24c als Radarechosignale 27a, 27b und 27c reflektiert werden. Die Radarechosignale 27a, 27b und 27c können wiederum von dem Erfassungssystem 25 erfasst werden. Auf der Grundlage der reflektierten Radarechosignale 27a, 27b und 27c kann eine Peilung 28 der passiven Markierungen 24a, 24b und 24c vorgenommen werden, woraus wiederum die aktuelle Position und Ausrichtung des Schiffs 1 in Bezug auf die Anlegestelle 2 bestimmt werden kann.
In der 3 ist ein erfindungsgemäßes Verfahren in Form eines Ablaufdiagramms dargestellt. In einem ersten Verfahrensschritt 30 wird das Schiff 1 in den Erfassungsbereich 9 bewegt. Dieser erste Verfahrensschritt kann durch das manuelle Ansteuern des Erfassungsbereichs 9 in der Umgebung der Anlegestelle 2 erfolgen. Darauffolgend wird in einem zweiten Verfahrensschritt 31 von einem Erfassungssystem 5 eine Mindestanzahl an passiven Markierungen 4a, 4b, 4c erfasst. Mithilfe der Informationen zu den passiven Markierungen 4a, 4b, 4c wird in dem nächsten Verfahrensschritt 32 die Position und die Ausrichtung des Schiffs 1 bestimmt. Dieser Verfahrensschritt 32 wird im Wesentlichen von der elektronischen Steuereinrichtung 10 durchgeführt.
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Daraufhin wird im Verfahrensschritt 33 eine Soll-Trajektorie 6 bereitgestellt, entlang derer das Schiff 1 zu der Anlegestelle 2 gesteuert werden soll. Der Verfahrensschritt 33 beinhaltet die Bereitstellung mehrerer in einem Speicher 11 abgelegter Trajektorien und die darauffolgende Auswahl einer Soll-Trajektorie 6 (Schritt d1).
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Anschließend wird das Schiff 1 in dem Verfahrensschritt 34 in eine Startposition 12 und eine Startausrichtung bewegt, um schließlich im Verfahrensschritt 35 entlang der Soll-Trajektorie 6 zu einer Zielposition 13 und Zielausrichtung bewegt zu werden.
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Auch die beiden letztgenannten Verfahrensschritte 34 und 35 werden von der elektronischen Steuereinrichtung 10 gesteuert und mithilfe zumindest einer Antriebsvorrichtung 7 des Schiffs 1 durchgeführt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Schiff
- 2
- Anlegestelle
- 3
- Ein- und Ausgabegerät
- 4a, 4b, 4c
- passive Markierung
- 5
- Erfassungssystem
- 6
- Soll-Trajektorie
- 7
- Antriebsvorrichtung
- 8
- Sensor
- 9
- Erfassungsbereich
- 10
- Steuereinrichtung
- 11
- Speicher
- 12
- Startposition
- 13
- Zielposition
- 24a, 24b, 24c
- passive Markierung
- 25
- Erfassungssystem
- 26
- Radarimpuls
- 27a, 27b, 27c
- Radarechosignal
- 28
- Peilung
- 29
- Radarsensor
- 30
- Verfahrensschritt
- 31
- Verfahrensschritt
- 32
- Verfahrensschritt
- 33
- Verfahrensschritt
- 34
- Verfahrensschritt
- 35
- Verfahrensschritt