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Die Erfindung betrifft ein Material als Ausgangsstoff für das Selektive Laser Sinterverfahren, insbesondere ein Material mit Flammschutzeigenschaften und gleichzeitig optimalen mechanischen Eigenschaften wie Bruchdehnung, Zugfestigkeit, Elastizität.
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Als Selektives-Laser-Sinterverfahren wird ein Prozess bezeichnet, bei dem Kunststoff in Pulverform, unter Umständen auch Metallpulver, schichtweise bevorzugt vollständig aufgeschmolzen bzw. in den thermoplastischen Randbereichen angeschmolzen wird, dies insbesondere ohne Einsatz von Bindern, sondern durch Bestrahlen mit einem Laser, wobei nach Erstarrung ein Werkstoff hoher Dichte entsteht.
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Wie dargestellt, wird in dem Verfahren pulverförmiges Ausgangsmaterial durch einen Laser, beispielsweise einen CO2 Laser, ein Nd:YAG Laser oder einen sonstigen Laser gemäß einem vorgegebenen Bauteilplan in einem Pulverbett aufgeschmolzen.
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Aktuell gibt es kein Kunststoffpulver, welches im Selektiven Laser Sinter Verfahren, kurz SLS-Verfahren genannt, verarbeitet werden kann und Brandschutzanforderungen, insbesondere hohe Brandschutzanforderungen nach DIN oder EN 45545 erfüllt. Ganz besonders fehlt auch ein Kunststoffpulver für das SLS-Verfahren, das den Brandschutzanforderungen R1 HL 3 genügt.
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Bislang werden Kunststoffe, die der normativen Anforderung nach DIN EN 45545 oder DIN 60695-11-10-20 oder Vorschrift UL 94 gerecht werden ausschließlich in konventionellen Thermoplastverarbeitungsverfahren (Spritzguß, Extrusion, Folienherstellung oder generativ im Fused Deposition Modeling, kurz FDM-Verfahren, verarbeitet. Das FDM-Verfahren birgt jedoch manche Nachteile, beispielsweise entstehen relativ anisotrope Werkstücke mit obendrein schlechten Oberflächeneigenschaften.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Material zur Verarbeitung als Pulver im SLS-Verfahren bereitzustellen, das flammwidrig ist, optimale mechanische Eigenschaften zeigt und die entsprechenden Normen erfüllt.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der vorliegenden Anmeldung, wie er in der Beschreibung und den Ansprüchen offenbart ist, gelöst.
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Dementsprechend ist Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ein Kunststoff-Pulvermaterial als Ausgangsstoff für das SLS-Verfahren, ein Blend eines amorphen Polyetherimid PEI mit teilkristallinem Polyphenylensulfid PPS umfassend.
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Allgemeine Erkenntnis der Erfindung ist, dass teilkristalline Kunststoffe für das SLS-Verfahren zwar geeignet sind, aber keine ausreichenden Flammschutzeigenschaften zeigen. Amorphe Kunststoffe hingegen bieten den gewünschten intrinsischen Flammschutz, eignen sich aber grundsätzlich nicht für die Verarbeitung im SLS-Verfahren, weil deren Schmelzenthalpie und Erstarrungseigenschaften sich für den Prozess, bei dem kurzfristig aufgeschmolzen wird damit folgend eine kurzfristige Erstarrung eintritt, nicht eignen. Durch die Mischung der beiden Komponenten, amorphen Kunststoff PEI mit teilkristallinem Kunststoff PPS, insbesondere durch Einstellung eines Mischungsverhältnisses der Komponenten, können die mechanischen Eigenschaften wie Elastizität, Bruchdehnung und Zugfestigkeit so kombiniert werden, dass ein optimales Eigenschaftsprofil für die jeweilige Anwendung resultiert.
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Dies ist umso erstaunlicher, als sogar behauptet werden kann, dass mit Blick auf das SLS-Verfahren die Anforderungen Brandschutz und mechanische Belastbarkeit konfliktionär sind. Durch Zugabe von „Brandhemmern“ in das Pulvermaterial für SLS kann die Flammwidrigkeit des Materials verbessert werden, was jedoch zu Lasten der mechanisch technologischen Eigenschaften wie Bruchdehnung, Elastizität und/oder Zugfestigkeit geht. Es existiert bis heute kein SLS-Pulverausgangsstoff, der die höchsten Brandschutzanforderungen bei ausreichend mechanischtechnologischen Eigenschaften gewährleistet.
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Vorliegend wurde ein Material entwickelt, welches die Brandschutzeigenschaften sowie die Verarbeitbarkeit im SLS-Verfahren gewährleistet. Es handelt sich um ein „Matrixmaterial“ - eine Mischung aus amorphem Polyetherimid, auch PEI genannt, mit teilkristallinem Polyphenylensulfid, auch PPS genannt. Der fertig im SLS-Verfahren einsetzbare Blend ist beispielsweise aus den jeweiligen Rohstoffen in Granulatform durch Compoundieren in schmelzflüssiger Phase erhältlich. Aus dem dadurch erhältlichen Granulat wird ein SLS-geeignetes Pulver durch Mahlen hergestellt. Im Blend liegen dann vorzugsweise Inseln aus kristallinem PPS in einer Matrix von amorphem PEI, das mit ebenfalls amorphem PPS durchsetzt ist, vor.
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Die Pulverkorngrößen liegen in dem für das SLS-Verfahren üblichen Bereich von kleiner 100µm, insbesondere im Bereich von 30µm bis 80 µm, insbesondere um die 50µm. Besonders geeignet sind Pulverformen, die eine gewisse Fließfähigkeit zeigen, damit sie im Pulverbett, beispielsweise mit einer Rakel, besser verarbeitbar sind. Dazu liegen gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung die Pulverkörner in abgerundeter Form vor.
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In dem SLS-geeigneten Blend aus PEI und PPS liegt PPS teilkristallin vor. Als geeignete Mischungsverhältnisse PEI zu PPS hat sich der Bereich zwischen PEI zu PPS wie 70 zu 30 bis PEI zu PPS wie 30 zu 70 Volumenprozent herausgestellt. Insbesondere ist das Mischungsverhältnis 60 zu 40 bis 40 zu 60 und insbesondere ein hälftiges Mischungsverhältnis 50 zu 50, alle Angaben in Volumenprozent, vorteilhaft.
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Im Folgenden wird die Erfindung noch anhand einer Tabelle, die das Schmelz und Erstarrungsverhalten beispielhafter Ausführungsformen der Erfindung im Vergleich zu reinem PPS und/oder reinem PEI zeigt, näher erläutert. Wie gesagt können Blends auch in beliebigen anderen Mischungsverhältnissen im Sinne der Erfindung vorliegen.
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Die in der in 1 gezeigten Tabelle aufgeführten DSC-Bestimmungen des Schmelz-Kristallisationsverhaltens dienen zum Test der Eignung des jeweiligen Blends als Ausgangsstoff im SLS-Verfahren.
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Wichtig ist, dass beispielsweise ein Material ohne definierten Schmelzpunkt mit lediglich einer/einem Glasübergangstemperatur/-Bereich keine Eignung zur Verwendung als Ausgangsstoff im SLS-Verfahren hat. In Bezug auf die Schmelzenthalpie zeigen Versuche, dass, je höher die Schmelzenthalpie des Blends desto besser die Verarbeitbarkeit im SLS-Verfahren. Generell konnte festgestellt werden, dass ein Blend mit einer Schmelzenthalpie unter 5 J/g sich weniger gut zur Verarbeitung im SLS-Verfahren eignet.
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Vorteilhaft für den SLS-Prozess ist unter anderem auch ein große Delta T eines gewählten PEI:PPS-Blends, also der Temperaturdifferenz zwischen Schmelzpunkt und Kristallisationstemperatur, beispielsweise ΔT (Tmonset-Tkonset) ca. 256°C - 229°C = 27°C.
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Zur Testung der mechanischen Eigenschaften wurden die Blends noch verschiedener Tests nach DIN EN ISO 527-1/-2 in Form von small tensile bars unterworfen. Dabei wurden folgende Messergebnisse erhalten:
- Messung mit „Zwick Z2.5“;
- „2.0kN transducer“; „10mm/min“;
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Unter „Messung mit Zwick Z2.5“ wird eine Messung mit einer Messmaschine der entsprechenden Typenbezeichnung der dafür unter Fachleuten bekannten Fa. Zwick verstanden; wobei mit „2.0kN transducer“ ein Kraftaufnehmer von 2,0 kNewton bezeichnet wird und „10mm/min“ die Abzugsgeschwindigkeit und/oder die Verfahrgeschwindigkeit in mm/min in Anlehnung an annähernd DIN EN IS0 527-1/-2 ist, wobei wiederum die so genannten „small tensile bars“ Zugprüfkörper bezeichnen, die eine Größe von 4×1.5mm2 haben. Die Größe der Zugprüfkörper entspricht zwar nicht einer Norm, aber hier wird ja nur der relative Vergleich gemessen.
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Vorbehandlung der Probekörper:
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Trocknen bei 120°C für 8 Stunden, danach Tempern für mindestens 96 Stunden bei 23°C/50r.F.
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Aber bei dem Material geht es nicht nur um Flammschutz, sondern auch um mechanische-technische Eigenschaften, die durch das Material gemäß der Erfindung besonders gut sind, wie die Messungen in 2 bis 4 gut zeigen.
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Die 2 zeigt die Messung des E-Moduls
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Messung des E-Moduls:
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Die Messung der nominalen Bruchdehnung wird in 3 gezeigt.
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Wie in 3 ersichtlich, wird die Bruchdehnung mit steigendem PEI-Gehalt höher.
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Die Messung der Zugfestigkeit ergibt sich aus 4:
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Wie in 4 ersichtlich, steigt die Zugfestigkeit mit ansteigendem PEI-Gehalt im Blend.
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Die Messung des dynamischen Moduls gegen die Temperatur ist in 5 zu sehen.
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Beim Blend mit einer paritären Mischung um die 50 : 50 PEI : PPS ist das gewünschte Plateau noch ausgeprägt, so dass ein für die Anwendung geeignetes Material entsteht. Anwendungen sind beispielsweise in Fahrzeugen, Schienenfahrzeugen, Verkleidungen im Innenraum und/oder Gehäuse und/oder Gehäuseteile verschiedenster Produkte, allgemein Teile zur äußeren Gestaltung eines Produktes.
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Die Messungen und Testergebnisse zeigen, dass alle PEI-PPS Blends grundsätzlich für die Verarbeitung im SLS-Verfahren geeignet sind. Aus den Daten ist jedoch auch ersichtlich, dass für den SLS-Prozess vorzugsweise eine Mischung von 50:50 und höheren PPS-Gehalten vorteilhaft ist, da diese Blends eine hohe Schmelzenthalpie und/oder eine hohe Kristallisationsenthalpie haben. Der 50:50-PEI-PPS Blend verfügt über eine hohe Bruchdehnung.
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Im Folgenden wird anhand einer Compoundierung ein Beispiel zur Herstellung einer Ausführungsform eines beispielhaften Blends gemäß der Erfindung näher erläutert:
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Bei der PEI-PPS Mischung werden die beiden Grundmaterialien PEI und PPS handelsüblich eingesetzt. Über zwei separate Dosierwaagen werden diese Materialien in den Trichter über der Einfüllzone eines Zweischneckenextruders/-kneters gefüllt. Das darunter liegende Schneckenpaar fördert das Material im Zylinder zur Austragszone. Die Temperatur der Zonen liegt einheitlich bei allen Materialmischungen bei ca. 290°C, wie die unten stehende Tabelle zeigt. Die Schnecken bestehen aus einzelnen steckbaren Elementen und können der jeweiligen Compoundieraufgabe angepasst werden. In diesem Falle werden über Knetblöcke die Materialien aufgeschmolzen und die Mischung homogenisiert und über Mischelemente die Dispergierung verbessert.
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Grundsätzlich könnten die Materialien als Granulat und/oder als Pulver mit weiteren zusätzlichen Additva gemischt werden. Die Zu-Dosierung zum Zweischneckenextruder kann als Trockenmischung, über zwei einzelne Waagen und/oder an unterschiedlichen Stellen erfolgen.
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Der Austrag erfolgt als geschmolzener Strang durch eine Düse, wird dort abgekühlt und in einem Schneidgranulator anschließend zu Granulat verarbeitet, welches zur weiteren Verarbeitung verwendet wird. Dabei variieren je nach Austragsvolumen die Extrudergröße und/oder die Anzahl der Stränge.
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Vor dem Abpacken erfolgt vorzugsweise noch eine Trocknung des Materials, um den Restfeuchtegehalt gezielt einstellen zu können.
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Aus den Parameterdaten ist ersichtlich, dass die Viskosität der Mischung mit steigendem PPS- Gehalt abnimmt, d.h. der Schmelzdruck, die Schmelztemperatur und das Drehmoment nehmen ab. Die Materialmischung mit höherem PPS-Gehalt lässt sich leichter verarbeiten.
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Das Mischmaterial PEI-PPS wird in getrockneter Granulatform für den Mahlprozess bereitgestellt. Standardmäßig wechseln sich verschiedene Mahlverfahren mit anschließenden Separationen / Absiebungen ab. Eine vorteilhafte Vermahlung findet unter kryogener Umgebung statt. Unter Umständen kann über die splittrige Form der Partikel, beispielsweise in einer Mikroskopaufnahme, eine Vermahlung unter kryogener Umgebung nachweisbar sein.
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Die Vermahlung der vorliegenden Materialsysteme führt zu splittrigen und faserigen Partikeln so dass nach einer vorteilhaften Ausführungsform zur besseren Verarbeitung im SLS-Prozess eine Verrundung der Partikel in der Mahltrommel und/oder in einem separaten Nachbearbeitungsschritt durchgeführt wird.
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Die mit den oben genannten Pulvern als Ausgangsstoffen im SLS-Verfahren hergestellten Bauteile sind ohne Zugabe weiterer Additive flammwidrig, insbesondere intrinsisch flammwidrig.
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Durch die Erfindung wird erstmals ein Ausgangsstoff zur Verarbeitung mittels SLS-Verfahren angegeben, der eine hohe Flammwidrigkeit bei gleichzeitig optimalen mechanisch-technischen Eigenschaften zeigt, wie sie beispielsweise zur Verwendung in Fahrzeugen, beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmittel und/oder im Flugverkehr und/oder Gebäuden erforderlich sind.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN EN 45545 [0005]
- DIN 60695-11-10-20 [0005]
- DIN EN ISO 527-1/-2 [0018]
- DIN EN IS0 527-1/-2 [0019]