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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörgerätesystems mit einem ersten Hörgerät und einem zweiten Hörgerät, wobei ein erstes Audiosignal des ersten Hörgerätes in einen ersten Hochfrequenz-Anteil und einen ersten Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird, und wobei ein zweites Audiosignal des zweiten Hörgerätes in einen zweiten Hochfrequenz-Anteil und einen zweiten Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird.
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In einem Hörgerät wird typischerweise ein Schallsignal der Umgebung mittels eines Eingangswandlers in ein elektrisches Signal umgewandelt, und in einer Signalverarbeitungseinheit gemäß den audiologischen Anforderungen des Benutzers aufbereitet und dabei insbesondere frequenzabhängig verstärkt. Das aufbereitete Signal wird nun durch einen Ausgangswandler in ein Ausgangsschallsignal umgewandelt, welches dem Gehör des Benutzers zugeführt wird. Für ein verbessertes räumliches Hörempfinden sowie eine verbesserte räumliche Auflösung der Schallsignale werden oftmals binaurale Hörgerätesysteme mit zwei Hörgeräten verwendet, von denen der Benutzer jeweils eines am linken bzw. am rechten Ohr trägt. Die Hörgeräte übertragen dabei gegenseitig ihre von den jeweiligen Eingangswandlern erzeugten Eingangssignale und/oder daraus durch Signalverarbeitung abgeleitete weitere Audiosignale sowie ggf. zusätzliche Kontrollsignale und erzeugen aus den lokalen Signalen sowie den empfangenen Signalen die jeweiligen Ausgangssignale für die lokalen Ausgangswandler.
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Im Betrieb eines Hörgerätes kann durch ein Einkoppeln des Ausgangsschallsignals in den Eingangswandler eine akustische Rückkopplungsschleife entstehen, da das Ausgangsschallsignal so erneut die Verstärkung der Signalverarbeitung erfährt, was zu erheblichen Pfeif- oder allgemein zu Störgeräuschen führen kann. Die akustische Rückkopplung wird daher meist mittels einer internen, elektrischen Rückkopplungsschleife unterdrückt, in welcher anhand des fertig verstärkten Audiosignals, beispielsweise in einem adaptiven Filter, ein Kompensationssignal erzeugt wird, welches dem Eingangssignal zur Kompensation der akustischen Rückkopplung zugeführt wird. Um zu verhindern, dass hierdurch stark tonale Signalkomponenten des Eingangssignals ausgelöscht werden, und es zur Bildung von Artefakten im Ausgangssignal kommt, wird dabei das verstärkte Audiosignal oftmals frequenzverzerrt, bevor es dem adaptiven Filter zugeführt wird, um es vom Eingangssignal zu dekorrelieren, was einer Bildung von Artfakten entgegenwirkt.
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Bei einem binauralen Hörgerätesystem kann sich eine akustische Rückkopplungsschleife für jedes der beiden Hörgeräte bilden. Für die Unterdrückung der Rückkopplung lokal in jedem Hörgerät ergeben sich jedoch aus der Übertragung der einzelnen Signale zwischen den beiden Hörgeräten und deren wechselseitige Verwendung für die Erzeugung der Ausgangssignale zusätzliche Anforderungen.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörgerätesystems anzugeben, welches die Unterdrückung einer akustischen Rückkopplung bei einem möglichst natürlichen räumlichen Hörempfinden erlauben soll.
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Die genannte Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Betrieb eines binauralen Hörgerätesystems mit einem ersten Hörgerät und einem zweiten Hörgerät, wobei ein erstes Audiosignal des ersten Hörgerätes in einen ersten Hochfrequenz-Anteil und einen ersten Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird, wobei ein zweites Audiosignal des zweiten Hörgerätes in einen zweiten Hochfrequenz-Anteil und einen zweiten Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird, wobei für die Aufteilung des ersten Audiosignals in den ersten Hochfrequenz-Anteil und den ersten Niederfrequenz-Anteil eine erste vorläufige Teilungsfrequenz vorgegeben wird, wobei für die Aufteilung des zweiten Audiosignals in den zweiten Hochfrequenz-Anteil und den zweiten Niederfrequenz-Anteil eine zweite vorläufige Teilungsfrequenz vorgegeben wird, wobei eine Teilungsfrequenz anhand der ersten vorläufigen Teilungsfrequenz und der zweiten vorläufigen Teilungsfrequenz bestimmt wird, und wobei das erste Audiosignal an der Teilungsfrequenz in den ersten Hochfrequenz-Anteil und den ersten Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird, und das zweite Audiosignal an der Teilungsfrequenz in den zweiten Hochfrequenz-Anteil und den ersten Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird. Vorteilhafte und teils für sich gesehen erfinderische Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche und der nachfolgenden Beschreibung.
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Bevorzugt werden das erste Audiosignal lokal im ersten Hörgerät und das zweite Audiosignal lokal im zweiten Hörgerät erzeugt. Insbesondere können dabei das erste bzw. das zweite Audiosignal jeweils durch ein Zwischensignal im Signalverarbeitungsprozess des betreffenden Hörgerätes gegeben sein.
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In einem Hörgerät wird zur Unterdrückung von akustischen Rückkopplungen meist ein Zwischensignal aus dem Hauptsignalweg abgezweigt und einer eigens vorgesehenen Rückkopplungsunterdrückungseinrichtung, beispielsweise einem adaptiven Filter, zugeführt, wo anhand des Zwischensignals ein Kompensationssignal erzeugt wird, welches wieder in den Hauptsignalweg eingespeist wird, so dass im Hauptsignalweg Signalanteile, welche auf der akustischen Rückkopplung basieren, möglichst ausgelöscht werden. Der Hauptsignalweg umfasst dabei insbesondere ein Eingangssignal, welches von einem Eingangswandler des Hörgerätes aus einem Schallsignal der Umgebung erzeugt wird, das Eingangssignal umfassende Signalanteile, welche der benutzerspezifischen Signalverarbeitung des Hörgerätes zugeführt werden, wobei die benutzerspezifische Signalverarbeitung insbesondere frequenzabhängige Verstärkung sowie Rauschunterdrückung beinhaltet, ein entsprechend benutzerspezifisch verarbeitetes Signal sowie ein hieraus abgeleitetes Ausgangssignal, welches durch einen Ausgangswandler des Hörgerätes in ein Ausgangsschallsignal für den Benutzer umgewandelt wird.
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Die Unterdrückung der Rückkopplung kann hierbei zu Verlusten der Klangqualität führen, da einerseits für besonders tonale und/oder stationäre Nutzsignale eine Unterscheidung zwischen einem rückkopplungsbedingten Pfeifen und einer Nutzsignalkomponente in einem für Rückkopplung relevanten Frequenzbereich schwierig ist, wodurch auch Signalanteile des Nutzsignals potentiell von der Auslöschung durch das Kompensationssignal betroffen sein können. Andererseits können zudem auch stationäre Signalanteile von Hintergrundgeräuschen hörbar moduliert werden, was das Hörempfinden einer Hörsituation auch dann beeinträchtigen kann, wenn das Nutzsignal nicht beeinträchtigt wird.
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Aus den genannten Gründen wird oftmals versucht, die Unterdrückung der Rückkopplung nur auf diejenigen Frequenzbereiche zu beschränken, in welchen auch wirklich eine Rückkopplung vorhanden ist bzw. aufzutreten droht. Dies sind, abhängig von den mechanischen und elektro-akustischen Bedingungen des Hörgerätes, meist mittlere bis höhere Frequenzen ab ca. 2 kHz, vereinzelt auch ab 1 kHz. Hierfür kann das Kompensationssignal derart generiert werden, dass es nur in den relevanten Frequenzbereichen Signalanteile enthält. Dies kann nun dadurch erreicht werden, dass der Rückkopplungsunterdrückungseinrichtung das entsprechende, aus dem Hauptsignalweg abgezweigte Zwischensignal entsprechend an einer Teilungsfrequenz in einen Hochfrequenz-Anteil und einen Niederfrequenz-Anteil aufgeteilt wird, und nur der Hochfrequenz-Anteil zur Erzeugung des Kompensationssignals herangezogen wird.
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Für die Unterdrückung von akustischen Rückkopplungen in einem binauralen Hörgerätesystem wird a priori meist jeder lokale akustische Rückkopplungspfad - also jeweils vom Ausgangswandler zurück zum Eingangswandler desselben Hörgerätes - infolge der starken Dämpfung einer kreuzweisen Rückkopplung separat betrachtet. Verändert sich nun ein akustischer Rückkopplungspfad lokal, z.B. aufgrund eines veränderten Sitzes des betreffenden Hörgerätes im Ohr infolge von Kieferbewegungen beim Sprechen des Benutzers o.ä., so ist bevorzugt die Unterdrückung der Rückkopplung an die veränderten Gegebenheiten anzupassen, was für einen hinsichtlich des lokalen Hörempfindens optimalen Frequenzbereich der Unterdrückung eigentlich auch eine Änderung der Teilungsfrequenz beinhaltet.
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Jedoch kann eine rein lokal erfolgende Ermittlung der jeweiligen Teilungsfrequenz, also insbesondere nur anhand des lokal vorliegenden akustischen Rückkopplungspfades vom jeweiligen Ausgangswandler zurück zum Eingangswandler desselben Hörgerätes, bei einer Aktualisierung der Teilungsfrequenzen zu weiteren Problemen im Hörempfinden führen. Um nämlich das Gehör des Benutzers keinen unnatürlich wirkenden, sprunghaften Veränderungen auszusetzen, erfolgen Aktualisierungen von Teilungsfrequenzen meist mit einer gewissen stetigen „Überblendung“, also beispielsweise durch eine Verschiebung der Teilungsfrequenz bis zum neuen Wert hin in einem geeignet zu wählenden Zeitfenster. Sind nun aber für die beiden Hörgeräte die Zielwerte für die jeweils aktualisierte Teilungsfrequenz unterschiedlich, kann dies überraschenderweise dazu führen, dass Schallquellen vom Benutzer als um ihn herum rotierend wahrgenommen werden, was aufgrund der gleichbleibenden optischen Wahrnehmung seiner Umgebung in einer klaren Diskrepanz resultiert. Diese empfundene Fehllokalisation wird hauptsächlich von der veränderlichen Gruppenlaufzeit, also der Signallaufzeit über der Frequenz, hervorgerufen, wodurch die interauralen Zeitdifferenzen verfälscht werden können.
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Um einer derartigen, fälschlicherweise wahrgenommenen Rotation der Schallquellen entgegenzuwirken, wird nun im Rahmen der Erfindung vorgeschlagen, in einem ersten Schritt zunächst lokal jeweils einen Wert für eine vorläufige Teilungsfrequenz vorzugeben, und in einem zweiten Schritt die reale Teilungsfrequenz, an welcher sowohl das erste als auch das zweite Audiosignal in ihre jeweiligen Hochfrequenz- und Niederfrequenz-Anteile aufzuteilen sind, anhand der beiden vorläufigen Teilungsfrequenzen der einzelnen Hörgeräte zu bestimmen. Hierdurch kann in vorteilhafter Weise sowohl den Anforderungen zur lokalen Unterdrückung der Rückkopplungen, welche sich aus den beiden akustischen Rückkopplungspfaden ergeben, als auch dem Wunsch nach einer möglichst realistischen räumlichen Hörwahrnehmung Rechnung getragen werden.
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Zweckmäßigerweise wird auf das erste Audiosignal eine für den ersten Hochfrequenz-Anteil und den ersten Niederfrequenz-Anteil jeweils unterschiedliche erste Frequenzverzerrung angewandt und hierdurch ein erstes frequenzverzerrtes Audiosignal erzeugt sowie auf das zweite Audiosignal eine für den zweiten Hochfrequenz-Anteil und den zweiten Niederfrequenz-Anteil jeweils unterschiedliche zweite Frequenzverzerrung angewandt und daraus ein zweites frequenzverzerrtes Audiosignal erzeugt. Durch die Anwendung der ersten Frequenzverzerrung werden somit der erste Hochfrequenz-Anteil und der erste Niederfrequenz-Anteil des ersten Audiosignals verzerrt, wobei die Verzerrung für den ersten Hochfrequenz-Anteil und den ersten Niederfrequenz-Anteil in unterschiedlichem Maße erfolgt. Entsprechendes gilt für die zweite Frequenzverzerrung hinsichtlich des zweiten Hochfrequenz-Anteils und des zweiten Niederfrequenz-Anteils. Insbesondere können hierbei die erste Frequenzverzerrung und die zweite Frequenzverzerrung jeweils eine identische Wirkung auf das erste Audiosignal und das zweite Audiosignal entfalten, d.h., auf den ersten Hochfrequenz-Anteil wird dieselbe Frequenzverzerrung angewandt wie auf den zweiten Hochfrequenz-Anteil, und auf den ersten Niederfrequenz-Anteil wird dieselbe Frequenzverzerrung angewandt wie auf den zweiten Niederfrequenz-Anteil. Insbesondere wird durch die erste Frequenzverzerrung und die zweite Frequenzverzerrung nur der jeweilige Hochfrequenz-Anteil frequenzverzerrt, während der jeweilige Niederfrequenz-Anteil des betreffenden Audiosignals unverändert bleibt.
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Die Anwendung einer Frequenzverzerrung auf Signalanteile, aus welchen ein Kompensationssignal zur Unterdrückung einer akustischen Rückkopplung zu erzeugen ist, dekorreliert die betreffenden Signalanteile von den entsprechenden Signalanteilen des Hauptsignalpfades. Somit kann erreicht werden, dass das anhand der frequenzverzerrten Signalanteilen erzeugte Kompensationssignal weitgehend nur die akustische Rückkopplung auslöscht, jedoch infolge der Dekorrelation keine weiteren tonalen Signalkomponenten. Für die Anwendung von Frequenzverzerrungen bei der Unterdrückung von akustischen Rückkopplungen in einem binauralen Hörgerätesystem ist die vorgeschlagene Bestimmung der Teilungsfrequenz daher besonders vorteilhaft.
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Bevorzugt wird die erste vorläufige Teilungsfrequenz vom ersten Hörgerät an das zweite Hörgerät übertragen, wobei nach Empfang der ersten vorläufigen Teilungsfrequenz die zweite vorläufige Teilungsfrequenz vom zweiten Hörgerät an das erste Hörgerät übertragen wird, und wobei im ersten Hörgerät und im zweiten Hörgerät die Teilungsfrequenz jeweils nach der gleichen vorgegebenen Regel anhand der ersten vorläufigen Teilungsfrequenz und der zweiten vorläufigen Teilungsfrequenz bestimmt wird. Dies bedeutet, dass nach den genannten Übertragungsvorgängen in beiden Hörgeräten beide vorläufigen Teilungsfrequenzen lokal vorliegen, und anhand einer für beide Hörgeräte identischen Regel, welche z.B. vorab jeweils in einem Speicher eines jeden der beiden Hörgeräte hinterlegt wird, die endgültige Teilungsfrequenz bestimmt wird, an welcher die beiden Audiosignale jeweils aufzuteilen sind. Insbesondere kann hierfür noch weitere Kommunikation erfolgen, so beispielsweise Kommunikationsanfragen zum Aufbau eines Übertragungskanals für die vorläufige Teilungsfrequenz, eine Bestätigung des Empfangs einer vorläufigen Teilungsfrequenz unabhängig von der Übermittlung des Wertes der lokalen vorläufigen Teilungsfrequenz und/oder Synchronisierungsanfragen zur Zeitsynchronisation etc. Bevorzugt wird dabei die erste vorläufige Teilungsfrequenz nur nach einer festgestellten Veränderung der lokalen Anforderungen, insbesondere des ersten akustischen Rückkopplungspfades, an das zweite Hörgerät übertragen, und so der Synchronisierungsprozess in Gang gesetzt. Hierdurch lässt sich der Aufwand und Umfang an erforderlicher Kommunikation zwischen den beiden Hörgeräten zur bestmöglichen Bestimmung der Teilungsfrequenz erheblich begrenzen.
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Günstigerweise wird dabei die Teilungsfrequenz jeweils anhand des Minimums aus der ersten vorläufigen Teilungsfrequenz und der zweiten vorläufigen Teilungsfrequenz bestimmt. Insbesondere wird die Teilungsfrequenz hierbei direkt als das Minimum der ersten vorläufigen Teilungsfrequenz und der zweiten vorläufigen Teilungsfrequenz bestimmt, oder als ein Minimum innerhalb einer Mehrzahl an vorgegebenen möglichen Werten für die Teilungsfrequenz, welche insbesondere ein diskretes Raster an möglichen Werten bilden kann, sodass z.B. anhand der niedrigeren der beiden vorläufigen Teilungsfrequenzen der nächst-niedrige vorgegebene mögliche Wert als Teilungsfrequenz bestimmt wird („floor function“). Durch die Berücksichtigung des Minimums der beiden vorläufigen Teilungsfrequenzen kann erreicht werden, dass die so bestimmte Teilungsfrequenz die akustischen Gegebenheiten bei beiden Hörgeräten in ausreichendem Maße berücksichtigt, und nicht für ein Hörgerät als zu hoch angesetzt wird. Die Auswahl anhand einer Mehrzahl an vorgegebenen möglichen Werten für die Teilungsfrequenz, insbesondere diskreter Werte, erlaubt es dabei, noch weitere Randbedingungen zu berücksichtigen.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird aus einem Schallsignal der Umgebung im ersten Hörgerät durch einen ersten Eingangswandler ein erstes Eingangssignal erzeugt, wobei im ersten Hörgerät anhand des ersten Eingangssignals durch eine erste Signalverarbeitung das erste Audiosignal erzeugt wird. Insbesondere wird aus dem Schallsignal im zweiten Hörgerät durch einen zweiten Eingangswandler ein zweites Eingangssignal erzeugt, wobei im zweiten Hörgerät anhand des zweiten Eingangssignals durch eine zweite Signalverarbeitung das zweite Audiosignal erzeugt wird. In einem Hörgerät wird aus einem Schallsignal der Umgebung anhand des Eingangswandlers ein Eingangssignal erzeugt, dessen Signalanteile meist einer benutzerspezifischen Signalverarbeitung unterzogen werden, so z.B. eine frequenzbandweise Verstärkung und Rauschunterdrückung sowie ggf. Dynamik-Kompression etc. Die Verstärkungsfaktoren in den einzelnen Frequenzbändern werden dabei meist in Abhängigkeit von einer zu korrigierenden Hörschwäche des Benutzers festgelegt, z.B. anhand eines Audiogramms. Die Frequenzverzerrung des aus der Signalverarbeitung resultierenden Audiosignals, und somit in einem binauralen Hörgerätesystem die vorgeschlagene Bestimmung der Teilungsfrequenz, sind dabei besonders günstig, da hierdurch in vorteilhafter Weise eine Korrektur von akustischen Rückkopplungen ermöglicht wird.
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Bevorzugt wird dabei anhand des ersten Audiosignals erstes Ausgangssignal erzeugt, welches durch einen ersten Ausgangswandler des ersten Hörgerätes in ein erstes Ausgangsschallsignal umgewandelt wird, wobei anhand des ersten frequenzverzerrten Audiosignals eine akustische Rückkopplung über einen ersten akustischen Rückkopplungspfad vom ersten Ausgangswandler zum ersten Eingangswandler unterdrückt wird. Insbesondere wird das erste Ausgangssignal dabei anhand des ersten frequenzverzerrten Audiosignals erzeugt. Insbesondere wird anhand des zweiten Audiosignals, bevorzugt anhand des zweiten frequenzverzerrten Audiosignals, ein zweites Ausgangssignal erzeugt, welches durch einen zweiten Ausgangswandler des zweiten Hörgerätes in ein zweites Ausgangsschallsignal umgewandelt wird, wobei anhand des zweiten frequenzverzerrten Audiosignals eine akustische Rückkopplung über einen zweiten akustischen Rückkopplungspfad vom zweiten Ausgangswandler zum zweiten Eingangswandler unterdrückt wird. Es ist eine in Hörgeräten übliche Praxis, zur Unterdrückung einer akustischen Rückkopplung das aus dieser benutzerspezifischen Signalverarbeitung resultierende Audiosignal heranzuziehen. Somit ist auch die Anwendung einer Frequenzverzerrung auf dieses Audiosignal im Rahmen der Unterdrückung der akustischen Rückkopplung zweckmäßig, und daher bei binauralen Hörgerätesystemen das vorgeschlagene Verfahren zur Bestimmung der Teilungsfrequenz besonders vorteilhaft.
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Zweckmäßigerweise wird auf ein externes auslösendes Ereignis hin die Teilungsfrequenz aktualisiert. Als auslösendes Ereignis sind hierbei bevorzugt eine Veränderung im Schallsignal der Umgebung, eine Veränderung im ersten und/oder im zweiten Rückkopplungspfad, eine Benutzereingabe, eine aus einer Benutzereingabe resultierende Veränderung im ersten Ausgangssignal und eine veränderte Klassifizierung der Hörsituation durch das Hörgerät oder das binaurale Hörgerätesystem umfasst. Hierdurch wird erreicht, dass die Teilungsfrequenz immer dann angepasst wird, wenn sich die äußeren Gegebenheiten ändern, also das Schallsignal der Umgebung und/oder insbesondere der erste akustische Rückkopplungspfad, sodass die Teilungsfrequenz immer an die aktuell vorliegenden Gegebenheiten angepasst ist. Bleiben jedoch die äußeren Gegebenheiten, insbesondere der erste akustische Rückkopplungspfad, stabil, so ist keine Anpassung erforderlich, sodass eine Aktualisierung unterbleibt. Hierdurch kann Batterieleistung eingespart werden, da unnötige Aktualisierungsvorgänge, welche zudem mit Sendeleistung für die Übertragungsvorgänge verbunden wären, ausbleiben.
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In einer weiter vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird auf ein internes auslösendes Ereignis hin die Teilungsfrequenz aktualisiert. Insbesondere kann dabei das interne auslösende Ereignis gebildet werden durch einen periodischen Geberwert, sodass beispielsweise in regelmäßigen Zeitabständen die Teilungsfrequenz vorübergehend auf einen vorgegebenen, bevorzugt niedrigen Wert, besonders bevorzugt den niedrigstmöglichen Wert, gesetzt wird, um einen validen Schätzwerd für den jeweiligen Rückkopplungspfad auch bei niedrigen Frequenzen zu erhalten. Anschließend wird die Teilungsfrequenz wieder anhand des vorbeschriebenen Verfahrens aktualisiert.
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Die Erfindung nennt weiter ein binaurales Hörgerätesystem mit einem ersten Hörgerät und einem zweiten Hörgerät, wobei das binaurale Hörgerätesystem dazu eingerichtet ist, das vorbeschriebene Verfahren durchzuführen. Die für das Verfahren und für seine Weiterbildungen angegebenen Vorteile können hierbei sinngemäß auf das binaurale Hörgerätesystem übertragen werden.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. Hierbei zeigt schematisch:
- 1 in einem Blockschaltbild ein binaurales Hörgerätesystem mit zwei Hörgeräten und einem Protokoll zur Synchronisierung einer Teilungsfrequenz.
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In 1 ist in einem Blockschaltbild ein binaurales Hörgerätesystem 2 dargestellt. Das binaurale Hörgerätesystem 2 umfasst ein erstes Hörgerät 4a und ein zweites Hörgerät 4b. Aus einem Schallsignal 6 der Umgebung wird im ersten Hörgerät 4a mittels eines ersten Eingangswandlers 8a ein erstes Eingangssignal 10a erzeugt, und im zweiten Hörgerät 4b mittels eines zweiten Eingangswandlers 8b ein zweites Eingangssignal 10b erzeugt. Der erste Eingangswandler 8a und der zweite Eingangswandler 8b sind vorliegend durch jeweils ein Mikrofon gegeben. In beiden Hörgeräten 4a, 4b wird nun das jeweilige Eingangssignal 10a, 10b mit einem ersten bzw. zweiten Kompensationssignal 12a, 12b gemischt und das daraus resultierende erste bzw. zweite kompensierte Signal 14a, 14b wird einer ersten bzw. zweiten Signalverarbeitung 16a, 16b zugeführt, welche daraus jeweils ein Zwischensignal erzeugt, welches hier als erstes bzw. zweites Audiosignal 18a, 18b bezeichnet werden soll. Anhand des ersten bzw. des zweiten Audiosignals 18a, 18b wird ein erstes Ausgangssignal 20a bzw. ein zweites Ausgangssignal 20b erzeugt, welches durch einen ersten Ausgangswandler 22a bzw. einen zweiten Ausgangswandler 22b jeweils in ein erstes bzw. zweites Ausgangsschallsignal 24a, 24b gewandelt wird. Der erste und der zweite Ausgangswandler 22a, 22b sind hierbei jeweils durch einen Lautsprecher gegeben. Durch ein Einkoppeln des ersten Ausgangsschallsignals 24a in den ersten Eingangswandler 8a wird ein erster akustischer Rückkopplungspfad 26a gebildet, über welchen eine akustische Rückkopplung stattfindet. Vergleichbares gilt für den zweiten akustischen Rückkopplungspfad 26b des zweiten Ausgangsschallsignals 24b zum zweiten Eingangswandler 8b.
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Zur Unterdrückung der akustischen Rückkopplung über den ersten bzw. zweiten akustischen Rückkopplungspfad 26a, 26b wird nun jeweils in einem ersten bzw. zweiten adaptiven Filter 28a, 28b das erste bzw. zweite Kompensationssignal 12a, 12b erzeugt. Um die jeweiligen Eingangsgrößen des ersten bzw. des zweiten adaptiven Filters 28a, 28b hinreichend vom ersten bzw. zweiten Eingangssignal 10a, 10b zu dekorrelieren, werden das erste Audiosignal 18a und das zweite Audiosignal 18b einer ersten Frequenzverzerrung 30a bzw. einer zweiten Frequenzverzerrung 30b unterzogen.
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Die erste Frequenzverzerrung 30a, welche vorliegend durch eine Frequenzverschiebung um einen konstanten Betrag gegeben ist, wird hierbei auf das erste Audiosignal 18a nur oberhalb einer Teilungsfrequenz tf angewandt, welche das erste Audiosignal 18a in einen ersten Hochfrequenz-Anteil HF1 und einen ersten Niederfrequenz-Anteil NF1 aufteilt. Das resultierende erste frequenzverzerrte Audiosignal 32a - welches den frequenzverschobenen ersten Hochfrequenz-Anteil HF1 des ersten Audiosignals 18a umfasst - wird nun einerseits dem ersten adaptiven Filter 28a zur Erzeugung des ersten Kompensationssignals 12a zugeführt, andererseits als erstes Ausgangssignal 20a zum ersten Ausgangswandler 22a geleitet. Vergleichbares gilt für die zweite Frequenzverzerrung 30b hinsichtlich der Teilungsfrequenz tf und dem hieraus resultierenden zweiten Hochfrequenz- bzw. zweiten Niederfrequenz-Anteil HF2, NF2.
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In vielen Fällen wird das jeweilige Kompensationssignal 12a, 12b nur in denjenigen Frequenzbändern erzeugt, in welchen eine Unterdrückung der akustischen Rückkopplung überhaupt erforderlich ist. Für eine verbesserte, artefaktfreie Unterdrückung wird zur Dekorrelierung die Frequenzverzerrung 30a, 30b über den gesamten Frequenzbereich angewandt, in welchem die Rückkopplung zu unterdrücken ist. Das heißt, durch die Bestimmung der Teilungsfrequenz tf wird vorliegend nicht nur der Anwendungsbereich der jeweiligen Frequenzverzerrung 30a, 30b festgelegt, sondern auch der Frequenzbereich der beiden Kompensationssignale 12a, 12b und somit dem Anwendungsbereich der Unterdrückung der akustischen Rückkopplung.
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Findet nun in einem der beiden akustischen Rückkopplungspfade 26a, 26b eine physikalische Änderung und somit eine Änderung der Übertragungsfunktion statt, wirkt sich diese Änderung unmittelbar auf die entsprechende Korrektur der Rückkopplung durch das jeweilige adaptive Filter 28a, 28b aus. Hierfür wären nun in den beiden Hörgeräten 4a, 4b jeweils Teilungsfrequenzen erforderlich, wobei die jeweils optimale Teilungsfrequenz - also mit größtmöglicher Unterdrückung der akustischen Rückkopplung bei geringstmöglicher Beeinflussung des Klangeindrucks im jeweiligen Ausgangsschallsignal 24a, 24b - jeweils von den lokalen Begebenheiten abhängt, und somit eigentlich zwei unterschiedliche Teilungsfrequenzen zu wählen wären, auf die dann jeweils lokal im Hörgerät 4a, 4b zu überblenden wäre. Dieses Überblenden mit unterschiedlichen Teilungsfrequenzen kann jedoch beim Benutzer des binauralen Hörgerätesystems 2 zu einem unvorteilhaften Hörempfinden derart führen, dass ihn umgebende Schallquellen scheinbar ihre Position verändern.
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Um nun diesem Höreindruck entgegenzuwirken, wird bei einer physikalischen Änderung des ersten akustischen Rückkopplungspfades 26a zunächst eine erste vorläufige Teilungsfrequenz tf1 vom ersten Hörgerät 4a an das zweite Hörgerät 4b übermittelt. Das zweite Hörgerät 4b empfängt die erste vorläufige Teilungsfrequenz tf1 und ermittelt seinerseits anhand des zweiten akustischen Rückkopplungspfades 26b, welcher sich ggf. auch leicht verändert haben könnte, eine zweite vorläufige Teilungsfrequenz tf2, welche an das erste Hörgerät 4a übertragen wird. Hat seit der letzten Aktualisierung der Teilungsfrequenz tf keine Veränderung im zweiten akustischen Rückkopplungspfad 26b stattgefunden, so kann als Wert der zweiten vorläufigen Teilungsfrequenz tf2 auch die aktuelle Teilungsfrequenz tf übermittelt werden.
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Beide Hörgeräte 4a, 4b verfügen nun jeweils über die erste und über die zweite vorläufige Teilungsfrequenz tf1, tf2. Um ein gleichmäßiges Hörempfinden zu erreichen und dennoch eine hinreichende Unterdrückung der Rückkopplung an beiden Hörgeräten 4a, 4b sicherzustellen, wird als Teilungsfrequenz tf nun das Minimum aus der ersten vorläufigen Teilungsfrequenz tf1 und der zweiten vorläufigen Teilungsfrequenz tf2 festgelegt. Das erste Audiosignal 18a wird dann bei der Teilungsfrequenz tf wie beschrieben in einen ersten Hochfrequenz-Anteil HF1 und einen ersten Niederfrequenz-Anteil NF1 aufgeteilt, wobei der erste Hochfrequenz-Anteil HF1 frequenzverschoben wird und als erstes frequenzverzerrtes Audiosignal 32a dem ersten adaptiven Filter 28a für die Erzeugung des ersten Kompensationssignals 12a zugeführt wird. Vergleichbares gilt für das zweite Audiosignal 18b und das zweite frequenzverzerrte Audiosignal 32b hinsichtlich derselben Teilungsfrequenz tf.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, ist die Erfindung nicht durch dieses Ausführungsbeispiel eingeschränkt. Andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- binaurales Hörgerätesystem
- 4a, 4b
- erstes/zweites Hörgerät
- 6
- Schallsignal der Umgebung
- 8a, 8b
- erster/zweiter Eingangswandler
- 10a, 10b
- erstes/zweites Eingangssignal
- 12a, 12b
- erstes/zweites Kompensationssignal
- 14a, 14b
- erstes/zweites kompensiertes Signal
- 16a, 16b
- erste/zweite Signalverarbeitung
- 18a, 18b
- erstes/zweites Audiosignal
- 20a, 20b
- erstes/zweites Ausgangssignal
- 22a, 22b
- erster/zweiter Ausgangswandler
- 24a, 24b
- erstes/zweites Ausgangsschallsignal
- 26a, 26b
- erster/zweiter akustischer Rückkopplungspfad
- 28a, 28b
- erstes/zweites adaptives Filter
- 30a, 30b
- erste/zweite Frequenzverzerrung
- 32a, 32b
- erstes/zweites frequenzverzerrtes Audiosignal
- HF1, HF2
- erster/zweiter Hochfrequenz-Anteil
- NF1, NF2
- erster/zweiter Niederfrequenz-Anteil
- tf
- Teilungsfrequenz
- tf1, tf2
- erste/zweite vorläufige Teilungsfrequenz