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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen der Summenteilungsabweichungen von Positionsverkörperungen eines Werkstücks mit einer Kreisteilung. Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung ein Koordinatenmessgerät zum Bestimmen der Summenteilungsabweichungen von Positionsverkörperungen eines Werkstücks mit einer Kreisteilung mit Teilungszahl N, das (a) eine Antastvorrichtung zum Antasten des Werkstücks und (b) eine Auswerteeinheit aufweist.
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Werkstücke mit einer Kreisteilung sind insbesondere Zahnräder, aber auch Messnormale oder Lehren, die als Verkörperungen von Kreisteilungen dienen. Insbesondere ist ein erfindungsgemäßes Verfahren daher ein Verfahren zum Kalibrieren oder Validieren eines Kreisteilungsnormals. Zahnräder stellen mit weitem Abstand die wirtschaftlich relevantesten Werkstücke mit Kreisteilung dar, sodass im Folgenden lediglich auf Zahnräder Bezug genommen wird. Das heißt aber nicht, dass die Erfindung nur auf das Vermessen von Zahnrädern beschränkt ist, vielmehr kann das erfindungsgemäße Verfahren für alle Werkstücke mit einer Kreisteilung angewendet werden.
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Bei der Kalibrierung von Zahnrädern stellen die Summenteilungsabweichungen der Zahnflanken eine wesentliche Messgröße dar. Die Qualität der gefertigten Teilung hat einen signifikanten Einfluss auf die Funktion des Zahnrades im Getriebe. Zur Messung der Teilungsabweichungen verwendet man üblicherweise taktile Koordinatenmessgeräte, die zusätzlich mit einem messenden Drehtisch ausgestattet sein können. Dabei sind in natürlicher Weise die Fehler des Messgerätes und gegebenenfalls des Drehtisches mit den zu bestimmenden Teilungsabweichungen des Zahnrades überlagert.
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Zur Kalibrierung hat sich innerhalb der vergangenen 15 Jahre in der Zahnradmesstechnik ein Fehlertrennverfahren etabliert. Das vollständige Rosettenverfahren, das beispielsweise aus Kniel et al, „Two highly accurate methods for pitch calibration“, Measurement Science and Technology 20 (2009), Nr. 11, S. 115110 bekannt ist, ist ein sogenanntes Selbstkalibrierverfahren, da es die genannten Einflüsse voneinander trennt und dadurch erstens ohne Substitutionsnormal auskommt und zweitens auf einem nicht rückgeführten Messgerät angewendet werden kann. Der Nachteil des vollständigen Rosettenverfahrens liegt in seinem hohen Messaufwand.
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Aus der
DE 10 2006 059 491 B3 ist ein Verfahren zur Selbstkalibrierung von Winkelteilungen bekannt, das auf dem Rosettenverfahren beruht, jedoch mit deutlich weniger Messungen auskommt. Die Fehlertrennung wird dabei mit Hilfe einer Fouriertransformation durchgeführt. Nachteilig an diesem Verfahren ist, dass es nicht für beliebige Teilungszahlen angewandt werden kann. Das Verfahren ist nicht anwendbar für Teilungszahlen z der Form z=p
k, wobei p eine Primzahl und k eine natürliche Zahl größer Null ist. Zudem ist keine gleichzeitige Reduzierung der Relativpositionen und der Messpositionen möglich.
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Ein weiteres Selbstkalibrierverfahren für Winkelteilungen ist aus der
DE 10 2015 005 231 A1 bekannt, das auf
DE 10 2006 059 491 B3 aufbaut, aber für alle Teilungszahlen angewandt werden kann. Nachteilig ist jedoch, dass abhängig von der Teilungszahl die zu messenden Relativpositionen fest vorgegeben sind. Zudem ist keine gleichzeitige Reduzierung der Relativpositionen und der Messpositionen möglich.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Messaufwand zu verringern.
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Die Erfindung löst das Problem durch ein Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1. Gemäß einem zweiten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch ein Koordinatenmessgerät mit den Merkmalen von Anspruch 7.
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Vorteilhaft an der Erfindung ist, dass der Messaufwand verringert werden kann, da eine geringere Anzahl an Messwerten aufzunehmen ist.
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Das Verfahren ist zudem vorteilhafterweise automatisierbar, sodass das Werkstück mit vergleichsweise geringem Einsatz an Personal vermessen werden kann.
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Im Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter einer Positionsverkörperung W insbesondere ein Abschnitt des Werkstücks verstanden, der so relativ zu einem anderen Abschnitt des Werkstücks angeordnet ist, dass dieser als Maß für eine Kreisteilung verwendbar ist. Positionsverkörperungen sind beispielsweise Flanken, Zähne, Kugeln oder Kugelabschnitte.
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Wird ein Werkstück in Form eines Zahnrads verwendet, so wird zunächst ohne Beschränkung der Allgemeinheit das Zahnrad so gedreht, dass es in einem Winkel von 0° orientiert ist. Dies entspricht der Winkelposition q1 = 0. In dieser Stellung werden dann die Zähne Zj mit j = ps für s = 1, ...,S angetastet. Dieser Vorgang wird wiederholt für die Winkelpositionen q2 ..., qR , d.h. also für die entsprechenden Winkel qr · 360/N mit r = 2, ..., R, wobei bei dem Durchgang in Winkelposition qr die Zähne j = (qr + ps ) mod N, also die Zähne Z(q
r+p
s)modN mit s = 1, ...,S vermessen werden. Insbesondere werden die Zähne angetastet, insbesondere mit einem Tastkörper. Es ist aber auch möglich, dass der Zahn optisch angetastet wird.
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Damit die Rechnung, die in Anspruch 1 angegeben ist, durchführbar ist, muss die Matrix G vollen Rang haben.
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Unter Winkelposition wird eine durchnummerierte Stelle einer Rosette verstanden. Die Rosette ist ein N-Tupel an Winkeln, deren Summe 360° ist. Bei der hier beschriebenen Messung können drei Rosetten A, B und C unterschieden werden, wie weiter unten detailliert dargelegt ist.
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Unter dem Messtisch wird insbesondere eine Vorrichtung verstanden, auf der das Werkstück so angeordnet werden kann, dass die Messungen durchgeführt werden können. Es ist möglich und stellt eine bevorzugte Ausführungsform dar, dass der Messtisch einen, vorzugsweise automatisch messenden, Drehtisch aufweist. Es ist aber grundsätzlich auch möglich, dass das Werkstück ohne Drehtisch auf dem Messtisch von Hand gedreht wird. In diesem Fall sollte die Lage der Werkstück-Drehachse nach jeder Drehung des Werkstücks neu bestimmt werden.
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Eine Menge an Zahlen wird als genau dann teilerfremd angesehen, wenn es keinen Primfaktor gibt, den alle Zahlen gemeinsam haben.
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Unter der Antastvorrichtung wird insbesondere eine Vorrichtung verstanden, die ausgebildet ist zum Antasten des Werkstücks, insbesondere zum taktilen Antasten. Die Antastvorrichtung besitzt vorzugsweise zumindest zwei, insbesondere zumindest drei Linearachsen, an denen ein Tastkopf, der auch Haltekopf genannt werden kann, zum Halten eines Tastkörpers befestigt ist. Der Aufbau von Koordinatenmessgeräten ist aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt und wird daher nicht weiter erläutert.
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Die Auswerteeinheit, die auch eine Auswerte- und Ansteuereinheit sein kann, ist ausgebildet zum Ansteuern der Antastvorrichtung, sodass sich der Tastkörper entlang einer vorgegebenen Trajektorie, also einer vorgegebenen Kurve im Raum, bewegbar ist. Die Auswerteeinheit ist zudem ausgebildet zum Erfassen der Koordinaten des Antastpunkts, also des Punkts, an dem der Tastkörper an das Werkstück anschlägt.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Messen der Summenteilungsabweichungsmesswerte an den Messgerät-Mittelpositionen die Schritte (a) Ermitteln einer Ist-Lage einer Werkstückdrehachse des Werkstücks und (b) Messen von Summenteilungsabweichungsmesswerten des Werkstücks an jeweils S vorgegebenen Positionsverkörperungen an den Messgerät- Winkelposition ps in den Winkelpositionen qr des Werkstücks gegenüber dem Messgerät, bezüglich der Ist-Lage der Werkstück-Drehachse. Selbst bei Verwendung eines Drehtisches, bei dem die Drehachse mit hoher Genauigkeit bekannt sein sollte, erhöht es die Messgenauigkeit zusätzlich, wenn die Ist-Lage der Werkstück-Drehachse vor jeder Messung der Summenteilungsabweichungen bestimmt wird. In anderen Worten wird jedes Mal dann, wenn das Werkstück gedreht wird, die Lage der Werkstück-Drehachse neu bestimmt.
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Vorzugsweise weist das Messgerät, unter dem insbesondere ein Koordinatenmessgerät verstanden wird, einen automatisch messenden Drehtisch auf, mittels dem die vorgegebenen Messgerät-Winkelpositionen automatisch eingestellt werden. Dazu besitzt der Drehtisch vorzugsweise einen Motor zum Einstellen einer vorgegebenen Messgerät-Winkelposition und ein Messgerät zum genauen Bestimmen der eingestellten Messgerät-Winkelposition.
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Besonders vorteilhaft ist, dass nach Durchführen der Messungen ein Messwert oder mehrere Messwerte als Ausreißer identifiziert werden können und bei der Berechnung nicht mehr verwendet werden müssen, ohne dass erneut Messwerte aufzunehmen sind.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der beigefügten Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigt
- 1 schematisch ein erfindungsgemäßes Koordinatenmessgerät und
- 2 ein Diagramm zur Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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1 zeigt schematisch ein erfindungsgemäßes Koordinatenmessgerät 10 mit einem Tastkörper 12, der von einem Tastkopf 14 gehalten ist. Der Tastkopf 14 ist an einer ersten Antriebsachse 16 befestigt, mittels der der Tastkopf 14 in eine x-Richtung bewegbar ist. Die erste Antriebsachse 16 ist an einer zweiten Antriebsachse 18 befestigt, sodass die erste Antriebsachse 16 in einer z-Richtung bewegbar ist. Die zweite Antriebsachse 18 ist mittels einer dritten Antriebsachse 20 in einer y-Richtung verfahrbar.
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Alle Antriebsachsen 16, 18, 20 sind mit einer Auswerteeinheit 22 verbunden, die die Antriebsachsen 16, 18, 20 elektrisch ansteuert, um den Tastkopf 14 auf einer vorgegebenen Trajektorie auf eine vorgegebene Position zu bewegen. Die Antriebsachsen 16, 18, 20 umfassen zudem Messgeräte, die die exakte Position entlang der jeweiligen Achse messen und der Auswerteeinheit 22 zuführen. Der Tastkörper 12, der Tastkopf 14 sowie die Antriebsachsen 16, 18, 20 sind Teil einer Antastvorrichtung 24.
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Das Koordinatenmessgerät 10 besitzt zudem einen Messtisch 26, der im vorliegenden Fall einen Drehtisch 28 aufweist. Der Drehtisch 28 ist über einen nicht eingezeichneten Antrieb drehbar. Eine Winkelstellung des Drehtischs 28 relativ zu einem Koordinatensystem, das durch die Antriebsachsen 16, 18, 20 aufgespannt wird, wird mittels einer ebenfalls nicht eingezeichneten Messvorrichtung ermittelt. Der Antrieb und diese Messvorrichtung stehen in elektrischer Verbindung mit der Auswerteeinheit 22.
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Das Teilbild unten zeigt schematisch ein Werkstück 30 in Form eines Zahnrads, mit den unterschiedlichen möglichen Antastpositionen des Tastkopfs 14.
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2 zeigt, wie ein erfindungsgemäßes Verfahren schematisch abläuft. Das Anfahren der einzelnen Winkelpositionen gehört zum Stand der Technik und wird daher nicht näher erläutert.
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Im Folgenden sind zunächst die mathematischen Grundlagen des vollständigen Verfahrens dargestellt, bevor im Anschluss der verkürzte Ansatz erläutert wird. Drei Beispiele illustrieren erfindungsgemäße Verfahren. Außerdem wird eine Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Elimination von Ausreißern in den Messwerten beschrieben.
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Vollständiges Rosettenverfahren
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Bei der Messung von Summenteilungsabweichungen auf einem Verzahnungs- oder Koordinatenmessgerät setzen sich die ermittelten Abweichungen aus folgenden drei unabhängigen Rosetten zusammen:
- • Rosette A: Summenteilungsabweichungen des Zahnrades
- • Rosette B: Summenteilungsabweichungen einer Verdrehvorrichtung bzw. Ungenauigkeit beim manuellen Verdrehen
- • Rosette C: Summenteilungsabweichungen des Koordinatenmessgerätes bzw. des messenden Drehtisches.
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Durch schematisches Verdrehen der Rosetten A und C gegeneinander und geeignete Mehrfachmessungen lassen sich diese drei Fehlereinflüsse vollständig voneinander trennen. Die Rosette B gibt dabei den Fehler des relativen Verdrehens der Rosetten A und C zueinander an. Auf einem Koordinatenmessgerät entspricht die Rosette B dem Verdrehen des Zahnrades gegenüber dem Koordinatensystem der Linearachsen, also einem Verdrehen auf dem Messtisch mit Hilfe einer Drehvorrichtung. Wird auf einem Verzahnungsmessgerät gemessen, entspricht B dem manuellen Verdrehen des Zahnrades auf dem messenden Drehtisch.
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1 zeigt einen Messaufbau zum Rosettenverfahren auf einem Koordinatenmessgerät mit Zahnrad (A), Drehvorrichtung (B) und Koordinatenmessgerät (C).
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Im Folgenden bezeichnet
N immer die Teilungszahl (hier also die Zähnezahl). Beim vollständigen Rosettenverfahren hat man nun
N Messdurchläufe, in denen immer alle Teilungen gemessen werden. Dabei sind im j-ten Durchlauf die Rosetten
A und
C um den Winkel
gegeneinander verdreht, wobei j = 0,1, ...,
N - 1. Damit setzen sich die einzelnen Messwerte wie folgt aus den jeweiligen Summenteilungsabweichungen zusammen: Der Messwert M
ij der i-ten Summenteilungsabweichung des Prüflings, gemessen im j-ten Durchlauf, ist die Summe
Dabei werden die Indizes Modulo
N gelesen, d.h. bei Indexwerten größer oder gleich
N wird
N subtrahiert, und bei negativen Werten wird
N addiert. Weiter ist K ein konstanter Offset aller Messwerte. Zudem enthält die Messung noch einen zufälligen Fehler ε
ij.
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Die gesuchten Summenteilungsabweichungen
Ai ,
Bj , und
Ck sowie die Konstante K werden nun so bestimmt, dass die obigen Gleichungen für alle 0 ≤ i,j ≤
N - 1 mit insgesamt möglichst kleinen ε
ij erfüllt sind, wobei zusätzlich noch die Nebenbedingungen
erfüllt sein müssen. (Alternativ kann auch A
N-1 = 0, B
N-1 = 0, C
N-1 = 0 verwendet werden.) Genauer wird die Summe der quadratischen Abweichung
unter Berücksichtigung der genannten Nebenbedingungen minimiert. Stehen wie beim vollständigen Rosettenverfahren alle
N2 Messwerte zur Verfügung, können die gesuchten Summenteilungsabweichungen
Ai ,
Bj , und
Ck und die Konstante K besonders einfach durch Mittelwertbildungen bestimmt werden:
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Dies kann etwa durch Ableiten der rechten Seite von (
2) nach den einzelnen Parametern und anschließendes Nullsetzten der Ableitung gezeigt werden, wobei jeweils zusätzlich die Nebenbedingungen (
1) ausgenutzt werden:
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Verkürztes Rosettenverfahren
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Da als Messergebnis nur die Werte der Rosette A, nicht aber die der Rosetten B und C benötigt werden, bietet sich eine verkürzte Messtrategie an, bei der nicht für alle Positionen in B und/oder C Messungen durchgeführt werden. Hier ist besonders der Fall interessant, dass das Zahnrad nur in ausgewählten Relativpositionen der Rosetten A und C zueinander gemessen wird. Dadurch wird die Anzahl der (manuellen) Verdrehungen des Zahnrades und damit die der insgesamt notwendigen Messungen reduziert. Zusätzliche Reduzierungen der Positionen von C können notwendig werden, wenn etwa einzelnen Messpositionen aufgrund des Aufbaus nicht zugänglich sind.
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Seien
0 ≤
q1 <
q2 < ... <
qR ≤
N - 1 mit R ≥ 2 die ausgewählten Relativpositionen zwischen den Rosetten
A und
C, d.h. es werden in den Relativpositionen
Messungen durchgeführt, wobei r = 1, ..., R. (In der Praxis wird man normalerweise
q1 = 0 wählen.) Analog seien 0 ≤
p1 <
p2 < ... <
ps ≤
N - 1 mit S ≥ 2 die ausgewählten Messpositionen der Rosette
C. In jeder der gewählten R Relativpositionen werden jetzt die jeweils S Summenteilungsabweichungen gemessen, die sich an den Positionen
p1 ,p
2, ...
ps der Rosette
C befinden. Das heißt also in Messdurchgang r werden die Summenteilungsabweichungen
qr +
p1 ,
qr +
p2 ,...,
qr +
ps (modulo
N) gemessen. Insgesamt erhält man somit die S × R-Matrix der Messwerte (W
sr)
s,r = (M
q
r+p
s,qr)
s,r, wobei M
q
r+p
s,qr den Messwert der Summenteilungsabweichung
qr +
ps (modulo
N), gemessen in der Relativposition
qr , bezeichnet.
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Beispiel:
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Sei
N = 6, und seien Q = {0,2,3} bzw. P = {0,1,2,4} die zu messenden Positionen der Rosetten
B und
C. Die Messung soll auf einem Koordinatenmessgerät mit Drehtisch durchgeführt werden. Der Drehtisch repräsentiert dabei Rosette
B und der Taster die Rosette
C. In diesem Fall wird das Zahnrad nacheinander mit dem Drehtisch in die Winkelstellungen 0 °, 120 ° und 180 ° gegenüber einer Startposition positioniert. Die Drehrichtung ist dabei der Orientierung der Zahnnummerierung entgegengesetzt. Ist das Zahnrad wie üblich mathematisch negativ (im Urzeigersinn) orientiert, muss das Zahnrad selbst in positive Richtung gedreht werden. In der Winkelstellung 0 ° des Drehtisches muss sich der Zahn
1 das Zahnrades an der Winkelstellung 0 ° eines mit dem KMG verbundenen Koordinatensystems befinden. In jeder Winkelstellung des Drehtisches werden nun Messungen an den Zähnen, die sich jeweils an den Winkelpositionen 0 °, 60 °, 120 ° und 240 ° bezüglich des Koordinatensystems befinden, vorgenommen. Hier ist die Drehrichtung identisch zur Orientierung des Zahnrades, also üblicherweise mathematisch negativ. Die Summenteilungsabweichungen, die in den einzelnen Durchgängen gemessen werden, ergeben sich dann aus der folgenden Tabelle (Addition Modulo
6):
+ | 0 | 2 | 3 |
0 | 0 | 2 | 3 |
1 | 1 | 3 | 4 |
2 | 2 | 4 | 5 |
4 | 4 | 0 | 1 |
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Insgesamt erhält man somit also die Messwerte:
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Nach dem Fehlermodell des Rosettenverfahrens gilt nun
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Wie zuvor sollen die Werte für
Ai , B
q
r und C
p
s sowie die Konstante K so bestimmt werden, dass die Summe
der quadrierten Abweichungen, unter Berücksichtigung der Nebenbedingungen
minimiert wird.
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Um die Lösung zu berechnen formulieren wir das Problem als lineares Gleichungssystem: Die Modellparameter
A,
B,
C und K sind so zu bestimmen, dass die Gleichung
mit minimalem
erfüllt ist. Dabei beinhaltet der Vektor
die Messwerte und
die zufälligen Messabweichungen. Weiter hat die Matrix G folgende Blockgestalt
wobei die einzelnen Blöcke folgendermaßen definiert sind:
- • Hr ist eine S × N-Matrix, die an den Stellen (s, qr + ps ) für s = 1,2, ..., S eine Eins enthält, und ansonsten nur Nullen. (Man beachte, dass hier der Zeilenindex von Hr von 1 bis S, und der Spaltenindex von 0 bis N - 1 läuft und letzterer Modulo N bestimmt wird.)
- • Lr ist eine S × R Matrix, die in der Spalte r (r = 1,2,..., R) Einsen enthält, und ansonsten nur Nullen.
- • I ist die S × S-Einheitsmatrix.
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Die gesuchten Parameter ergeben sich jetzt durch Minimierung des Ausdrucks
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Bekanntlich erhält man eine eindeutige Lösung für das System genau dann, wenn der Rang der Matrix G mit der Anzahl der gesuchten Parameter übereinstimmt, das heißt wenn
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Da die Anzahl der Parameter der Anzahl der Spalten der Matrix G entspricht, sagen wir auch, G muss maximalen Spaltenrang haben. In diesem Fall ist die Lösung gegeben durch
und kann mit Standardtechniken der linearen Algebra bestimmt werden. Ist der Rang der Matrix G kleiner als die Zahl der gesuchten Parameter, ist die Auswahl der Positionen
qr und
ps der Rosetten
B und
C unzulässig. Die Fehlertrennung kann dann nicht durchgeführt werden.
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Es lassen sich folgende notwendige Bedingungen für die Auswahl der zu messenden Positionen angeben:
- i.) Es muss R · S + 3 ≥ N + R + S + 1 gelten, ansonsten ist das angegebene Gleichungssystem unterbestimmt.
- ii.) Jede Zahl j = 0,1, ...,N - 1 muss sich als j = qr + ps (Modulo N) mit r = 1,2, ..., R und s = 1,2, ...,S darstellen lassen, da sonst nicht jedes Aj in dem Gleichungssystem vorkommt. (Das heißt, bei der zugehörigen Messung würden gar nicht alle Zähne bzw. Summenteilungsabweichungen gemessen werden.)
- iii.) Bei der Wahl der Relativpositionen q1 , q2 , ..., qR ist darauf zu achten, dass die Zahlen
keinen gemeinsamen Teiler größer als Eins haben. Beispielsweise dürfen bei einem Zahnrad mit 12 Zähnen nicht nur die Relativpositionen 0,2,6,10 gemessen werden, da dann alle Differenzen qr - q1 mit r = 2,3,4 sowie die Teilungszahl selbst durch 2 teilbar sind. Dagegen
- iv.)
- v.) wären z.B. 0,1,6,10 oder 0,2,5,10 mögliche Kandidaten mit insgesamt vier verschiedenen Relativpositionen.
- vi.) Analog dürfen die Zahlen
keinen gemeinsamen Teiler größer als Eins haben.
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Allerdings sind diese Bedingungen nicht hinreichend für die eindeutige Lösbarkeit des Systems.
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Beispiel:
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Sei N = 5. Dann führt die Auswahl
zu einer Matrix G mit maximalem Spaltenrang. Hingegen ist die Auswahl
nicht zulässig, da die zugehörige Matrix G nicht maximalen Spaltenrang hat. Auch im zweiten Fall sind jedoch alle oben genannten hinreichenden Bedingungen erfüllt. Es ist also in jedem Fall zu prüfen, ob die Matrix G maximalen Spaltenrang hat.
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Allerdings lässt sich zu jeder zulässigen Kombination aus
N,
R und
S (d.h. N + R + S ≤ R · S + 2 mit 2 ≤ R, S, ≤ N) eine Auswahl Q = {
q1 ,
q2 , ...,
qR } und P = {
p1 ,p
2, ....
ps } finden, so dass die zugehörige Matrix maximalen Spaltenrang hat: Für gegebenes
N,
R und
S werden zunächst die Positionen
und
bestimmt, wobei R' minimal möglich gewählt wird mit N + R' + S ≤ R' S + 2, das heißt
Dabei ist
die Aufrundungsfunktion. Die zugehörige Matrix hat dann maximalen Spaltenrang. Jetzt kann Q' beliebig zur gewünschten Größe R ergänzt werden, wobei die zugehörige Matrix G dabei ihren maximalen Spaltenrang behält.
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Beispiel:
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Sei N = 31, R = 6, S = 15. Dann ist
und es ergeben sich zunächst die Positionen
und
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Jetzt kann Q' beliebig vergrößert werden bis zur Größe R = 6, zum Beispiel zu Q = {0,1,3,11,15,29}.
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Im Allgemeinen werden aber auch viele andere Auswahlen Q und P möglich sein. Grundsätzlich sollte bei der Auswahl auch darauf geachtet werden, dass jeder Zahn (das heißt jede Summenteilungsabweichung) in etwa gleich oft gemessen wird, damit alle Summenteilungsabweichungen ungefähr mit der gleichen Messunsicherheit bestimmt werden können.
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Reduzierung nur der Relativpositionen B
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Einen wichtigen Spezialfall stellt die Reduzierung nur der zu messenden Relativpositionen zwischen A und C dar, das heißt es wird nur eine Auswahl q1 , q2 ,..., qR der Relativpositionen gemessen, aber nach wie vor werden in jeder Stellung die Summenteilungsabweichungen aller Zähne gemessen, das heißt es ist S = N. In dieser Situation ist die Bedingung, dass die Zahlen q2 - q1 , q3 - q1 , q4 - q1 , ..., qR - q1 , N keinen gemeinsamen Teiler größer Eins haben, bereits hinreichend dafür, dass die Matrix G maximalen Spaltenrang hat und somit für die eindeutige Lösbarkeit des Minimierungsproblems. Diese Bedingung lässt sich aber stets sehr einfach erfüllen, indem etwa q1 = 0 und q2 = 1 gewählt wird.
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Zudem ergibt sich für diesen Fall die folgende vereinfachte Berechnungsstrategie:
- 1. Die Werte für K und B = (Bq
1 ,..., Bq
R )t können analog zum vollständigen Rosettenverfahren wie folgt bestimmt werden:
- 2. Aus der Matrix M werden die Werte
für k = 0,1, ..., N - 1 gebildet.
- 3. Es werden die Zahlen
für k = 1, ...,N - 1 berechnet (d̂0 wird im Weiteren nicht benötigt).
- 4. Es werden für m = 0,1,..., N - 1 die Werte
bestimmt. (Wurden die Relativpositionen unter Berücksichtigung der oben genannten Teilbarkeitsbedingung ausgewählt, können die Ausdrücke R2 - d̂k für k = 1,2,...,N - 1 nicht Null werden.)
- 5. Nun können die Summenteilungsabweichungen Aj des Prüflings berechnet werden durch
für j = 0,1, ...,N - 1.
- 6. Schließlich können die Fehler des Messgerätes Cj, j = 0,1, ...,N - 1 durch
mit den bereits bestimmten Werten für K, Aj und Bq
r ermittelt werden.
- 7. Wenn gewünscht, können die berechneten Summenteilungsabweichungen A am Ende noch um eine Konstante verschoben werden, sodass der letzte Wert Null ist, das heißt, dass AN-1 = 0 ist.
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Ausreißerelimination
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Werden in den Messdaten einzelne Werte als Ausreißer detektiert, können diese gegebenenfalls nach dem folgenden Verfahren entfernt werden:
- 1. In dem Vektor der Messwerte W̃ werden die Positionen bestimmt, an denen die Ausreißer stehen. Zur Detektion der Ausreißer kann hierbei auf bestehende Verfahren zurückgegriffen werden. Die Ausreißer werden entfernt und man erhält den Vektor W̃'.
- 2. In der Modellmatrix G werden die Zeilen zu den ermittelten Ausreißerpositionen entfernt. Man erhält dann eine Matrix G'.
- 3. Es wird geprüft, ob die Matrix G' maximalen Spaltenrang hat. Falls ja, ist die Lösung gegeben durch
Hat die Matrix G' nicht mehr vollen Rang, kann geprüft werden, ob sich durch Entfernen von Positionen in den Rosetten B und C nach dem im vorherigen Abschnitt beschriebenen Verfahren eine Modellmatrix G" mit vollem Spaltenrang finden lässt. Dies kann der Fall sein, wenn die Modellmatrix G' keine Gleichungen mehr für eine bestimmte Variable Bj oder Ck enthält. Ansonsten kann die Ausreißerelimination nicht durchgeführt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Koordinatenmessgerät
- 12
- Tastkörper
- 14
- Tastkopf
- 16
- erste Antriebsachse
- 18
- zweite Antriebsachse
- 20
- dritte Antriebsachse
- 22
- Auswerteeinheit
- 24
- Antastvorrichtung
- 26
- Messtisch
- 28
- Drehtisch
- 30
- Werkstück, Zahnrad