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Die Erfindung bezieht sich auf einen druckneutralen Elektromotor zum Einsatz in der Tiefsee mit einem Gehäuse, in dem eine mit einer dielektrischen Druckflüssigkeit gasblasenfrei gefüllte Motoreinheit und ein reversibel verformbares Druckausgleichselement zum Druckausgleich zwischen der Druckflüssigkeit und dem im Einsatzfall auf die Motoreinheit einwirkenden hydrostatischen Druck angeordnet sind.
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Zur Erforschung der benthischen und pelagialen Gebiete der Tiefsee (90% aller Meere haben eine Tiefe zwischen 1000 m und 5000 m) werden ferngesteuerte oder autonome Messgeräte und Fahrzeuge eingesetzt. Mit deren Hilfe können Daten aller Art über den Boden, die Bewohner und das Wasser der Tiefsee gewonnen werden. Zum Antrieb der agierenden Komponenten werden zumeist Elektromotoren verwendet, die jedoch dem großen hydrostatischen Druck in der Tiefsee standhalten müssen. Zur entsprechenden Ertüchtigung der Elektromotoren werden zwei grundsätzlich verschiedene Konzepte verfolgt. Zum einen werden druckstabile Behälter für die Elektromotoren eingesetzt, die eine große Druckdifferenz zwischen Innenraum und Außenraum zulassen. Zum anderen werden druckneutrale Systeme (DNS, auch drucktolerante Systeme, engl. pressure tolerant systems) eingesetzt, bei denen alle Komponenten gleichmäßig und damit stabilisierend von allen Seiten dem hohen Druck ausgesetzt werden. Druckdifferenzen treten somit nicht auf. Grundvoraussetzung für ein DNS ist, dass die Komponenten auch unter hohen Drücken funktionsfähig sind. Neben Feststoffen werden Druckfluide eingesetzt, die alle ggfs. vorhandenen Lufträume (Druckkammern) in der Komponente ausfüllen. DNS benötigen keine stabilen Druckbehälter und können in allen Tiefen eingesetzt werden. Ebenso entfallen die zu berücksichtigenden vergrößerten Bauraumabmessungen sowie druckdichten Durchführungen und Zugänge in das Innere der Druckbehälter mit komplexen Öffnungs- und Schließprozeduren. Es ergibt sich eine erhebliche Gewichtsreduktion und damit Kosteneinsparung. Zu unterscheiden sind feststoffbasierte DNS (vollständiger Einguss in einen seewasserresistenten Kunststoff) und flüssigkeitsbasierte DNS (vollständiges Ausfüllen aller Druckkammern mit einer Druckflüssigkeit). Bei den flüssigkeitsbasierten DNS muss - da auch die Druckflüssigkeiten bei extrem hohen Drücken kompressibel sind - zur Druckanpassung zwischen dem Innenraum der Komponente und der Tiefseeumgebung ein in seinen Abmessungen veränderbares Druckausgleichselement vorgesehen sein, sodass auf die Komponenten keine enorme Druckdifferenz einwirkt. Bei dem Druckausgleichselement kann es sich um einen verschieblichen Kolben, einen Faltenbalg, eine dehnfähige Membran oder ein verformbares Kissen handeln.
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Stand der Technik
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Aus der
US 3 717 078 A ist für Unterwasseranwendungen das Grundprinzip für ein bezüglich des Drucks ausbalanciertes System zum Schutz von Komponenten, die nicht salzwasserfest sind, bekannt. In einem einfachen, nicht druckfesten Gehäuse befinden sich eine Batterie und ein Motor als nichtsalzwasserfeste Komponente (zur Versorgung einer salzwasserfesten Kamera außerhalb des Gehäuses) in einem Ölbad. Die Komponenten selbst sind druckfest, aber nicht mit Öl gefüllt. Im Gehäuse befindet sich eine Membran, die für einen Druckausgleich zwischen dem Öl und der umgebenden hydrostatischen Wassersäule sorgt. Aus der
DE 10 2009 032 364 B4 ist eine Vorrichtung für den Unterwasserbetrieb bekannt, bei der die Druckkammern in ihrem Volumen minimiert und die Einbauten druckneutral ausgebildet sind. Der zugehörigen Doktorarbeit „Aufbau druckneutraler, autonomer Unterwasserfahrzeuge in der Tiefsee“ (M. Lück, TU Berlin 2010, im Internet abgerufen am 15.08.2017 unter der URL 1) ist zu entnehmen, dass druckneutrale Ringmotoren (Seite 115 unten) eingesetzt werden. Ein solcher Ringmotor ist beispielsweise aus dem Prospektblatt „Ringthruster“ der Fa. Enitech vom Januar 2014 bekannt (im Internet abgerufen am 15.08.2017 unter der URL 2). In der Einleitung der Doktorarbeit (Seite 37, 38) ist weiterhin zu lesen, dass fluidkompensierte DNS einen Kompensator, eine einzelne deformierbare Wand oder einen formlosen Beutel, in dessen Inneren die Komponenten angeordnet sind, als Druckausgleichselement aufweisen können. Formlose Beutel haben den Vorteil, dass sie eine maximale Deformation zulassen und teure Kompensatoren ersetzen. Ein sehr kompakter druckneutraler Elektromotor ist in der Beschreibung „maxon Aquatic Solutions“ (im Internet abgerufen am 15.08.2017 unter der URL 3) offenbart. In einem zylindrischen Gehäuse sind parallel nebeneinander eine Motoreinheit und ein Druckausgleichselement in Form einer Membran angeordnet. Ein druckneutraler Elektromotor in vollvergossener Form ist schließlich von der Fa. FMT Floren MarineTechnik GmbH (im Internet abgerufen am 15.08.2017 unter der URL 4) bekannt.
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Der der Erfindung nächstliegende Stand der Technik wird in der
US 8 328 539 B2 offenbart. Beschrieben wird ein druckneutraler Elektromotor zum Antrieb einer Pumpe in den Tiefen eines flüssigkeitsgefüllten Bohrlochs. Eine zylindrische Motoreinheit ist in einem zylindrischen Gehäuse angeordnet und von einem dielektrischen Motoröl gasblasenfrei ausgefüllt und umgeben. Unterhalb der Motoreinheit befindet sich in axialer Verlängerung im zylindrischen Gehäuse ein reversibel verformbares Druckausgleichselement zum Druckausgleich zwischen der Druckflüssigkeit und dem auf die Motoreinheit einwirkenden hydrostatischen Druck. Bei dem bekannten druckneutralen Elektromotor handelt es sich um einen Faltenbalg oder um eine Membran. Die im Bohrloch anstehende Flüssigkeit kann über Löcher im zylindrischen Gehäuse in das Innere eindringen und den Faltenbalg oder die Membran auf der einen Seite druckbeaufschlagen. Auf der anderen Seite des Faltenbalgs oder der Membran steht das Motoröl an, über das der wirkende hydrostatische Druck dann auf die Motoreinheit übertragen wird.
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Aus der
DE 10 2010 044 639 A1 ist es für einen fluidgekühlten Elektromotor bekannt, diesen mit einem Öl zu füllen und mit einer ölgefüllten Kühlmanschette zu umgeben. Der Motor ist für Unterwasserbetrieb vorgesehen und kann aufgrund der Druckfestigkeit der Komponenten in Tiefen von über 1000 m eingesetzt werden. Mittel für eine Druckneutralisation sind aber nicht vorgesehen. Insbesondere weist die Kühlmanschette keine Verbindung mit dem hydrostatischen Druck auf.
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Die
US 5 796 197 A zeigt eine Flüssigkeitspumpe für Unterwasseranwendungen, bei der als Druckausgleichselement ein geschlossener Druckbeutel verwendet wird. Der Druckbeutel weist einen offenen Zuleitungsschlauch auf, der druckdicht aus dem Gehäuse herausgeführt ist, Dabei ist der Druckbeutel aber in einer von der Motoreinheit separierten Kammer unterhalb der Motoreinheit angeordnet. Die
WO 2011 / 156 424 A1 zeigt ebenfalls eine Flüssigkeitspumpe für Unterwasseranwendungen, bei der um die Motoreinheit ein Schutzbeutel herumgelegt ist. Dieser soll aber die Motoreinheit vor korrosiven Flüssigkeiten schützen und dient nicht dem Druckausgleich.
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Ausgehend von dem zuvor erläuterten Stand der Technik ist die Aufgabe für die vorliegende Erfindung darin zu sehen, den eingangs beschriebene gattungsgemäßen druckneutralen Elektromotor zum Einsatz in der Tiefsee so weiterzubilden, dass eine besonders einfache Ausgestaltung hinsichtlich Konstruktion und Handhabung unter möglichst weitgehendem Einsatz von handelsüblichen Komponenten erreicht wird. Dabei sollen alle Vorteile eines druckneutralen Systems erhalten bleiben. Die Lösung für diese Aufgabe ist dem Hauptanspruch zu entnehmen. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung werden in den Unteransprüchen aufgezeigt und im Folgenden im Zusammenhang mit der Erfindung näher erläutert.
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Erfindungsgemäß ist bei dem beanspruchten druckneutralen Elektromotor vorgesehen, dass das reversibel verformbare Druckausgleichselement als geschlossener Druckbeutel mit einem offenen Zuleitungsschlauch, der aus dem Gehäuse druckdicht herausgeführt ist, ausgebildet und unter Abstandsbildung um die Motoreinheit herumgelegt ist, sodass der Druckbeutel vollständig von Druckflüssigkeit umgeben ist. Durch diese Anordnung ergibt sich eine besonders kompakte und kostengünstige Bauweise. Durch die Anordnung des Druckbeutels im Inneren des Gehäuses wird eine Gewichtsreduzierung in Höhe des doppelten Beutelvolumens multipliziert mit der Dichte der Druckflüssigkeit erreicht. Insgesamt wird eine deutliche Verbesserung der Einsatzfähigkeit und Handhabbarkeit beim beanspruchten Elektromotor für den komplexen Unterwassereinsatz erreicht. Dabei wird es in der Praxis bevorzugt sein, dass jedes in der Tiefsee eingesetzte und anzutreibende Gerät seinen eigenen Elektromotor erhält, sodass dieser relativ klein dimensioniert sein kann. Zentralantriebe werden vermieden, beim Ausfall eines Elektroantriebs können durch die anderen dezentralen Elektroantriebe die anderen Geräte noch weiterbetrieben werden. Ein besonderer Vorteil bei dem mit der Erfindung beanspruchten druckneutralen Elektromotor besteht darin, dass keine druckstabilen Gehäuse, die groß, schwer, aufwändig in ihrer Handhabung und teuer sind, eingesetzt werden. Vielmehr zeigt der beanspruchte Elektromotor ein besonders geringes Gewicht und besonders handliche Abmaße.
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Bei der Erfindung wird ein reversibel verformbarer druckdichter Druckbeutel eingesetzt, der im Einsatzfall unter Wasser auf seiner Außenseite von der Druckflüssigkeit umgeben und in seinem Inneren vom Wasser ausgefüllt ist, das den der Tauchtiefe entsprechenden hydrostatischen Druck ausübt. Dieser wird dann über den Druckbeutel auf die Druckflüssigkeit übertragen. Es kommt zu einem Druckausgleich, auf alle Komponenten wird gleichmäßig der gleiche große hydrostatische Druck ausgeübt. Befindet sich der Elektromotor in luftiger Umgebung, ist der Druckbeutel mit Luft gefüllt. Der Druckbeutel kann zwischen der Motoreinheit und dem Gehäuse „atmen“. Bei ansteigendem Druck wird der Druckbeutel in seinem Volumen durch den in seinem Inneren zunehmenden Wasserdruck größer und drückt die Druckflüssigkeit zunehmend zusammen. Bei geringer werdendem Druck wird der Druckbeutel in seinem Volumen durch den in seinem Inneren abnehmenden Wasserdruck wieder kleiner und lässt eine Expansion der Druckflüssigkeit zu. Beim Befüllen mit Druckflüssigkeit kann über die eingefüllte Menge eingestellt werden, ob der Druckbeutel zu Beginn des Absenkens des Elektromotors in die vorgesehene Tauchtiefe eher voll oder leer ist. Die optimale Füllmenge hängt vom Einsatzprofil des Elektromotors ab. In großen Tauchtiefen wird die Druckflüssigkeit stark zusammengedrückt (es kann mehr Druckflüssigkeit eingefüllt werden), bei starker Wärmeeinwirkung (beispielsweise bei einer Lagerung der Batterie auf einem sonnenbeschienenen Schiffsdeck) dehnt sich die Druckflüssigkeit aus (es kann weniger Druckflüssigkeit eingefüllt werden). In diesem Falle ist der Beutel dann aber auch in seinem Inneren mit Luft gefüllt und kann weitgehend komprimiert werden. Wasser und Luft dringen über den offenen Zuleitungsschlauch in das Innere des Druckbeutels, wobei der Zuleitungsschlauch ebenfalls von Druckflüssigkeit umgeben und druckdicht aus dem Gehäuse herausgeführt ist. Bei dem beanspruchten druckneutralen Elektromotor wird durch die Verwendung eines geschlossenen Druckbeutels die in der Regel zylindrische Motoreinheit einfach und platzsparend umwickelt. Im Einsatzfall ist der Druckbeutel mit kaltem Tiefseewasser gefüllt, wodurch als zusätzlicher Vorteil die Motoreinheit auch noch besonders einfach gekühlt und damit vor einer Überhitzung geschützt werden kann.
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Um die Motoreinheit und den Druckbeutel einfach in das Gehäuse, das besonders bevorzugt und vorteilhaft zylindrisch ausgeführt ist, einbringen zu können, ist dieses bevorzugt an beiden Enden offen. Es handelt sich damit um ein einfaches Rohr, das als Gehäuse eingesetzt werden kann. Bei Verwendung eines Rohrs als Gehäuse ist es bevorzugt und vorteilhaft, wenn das Gehäuse an seinem einen Ende mit einem ersten Deckel und an seinem anderen Ende mit einem zweiten Deckel druckdicht verschlossen ist. Die Deckel können aus einem Kunststoff, beispielsweise aus Polyoxymethylen POM, bestehen und mit Dichtungsringen in das Gehäuse eingedichtet werden. Jeweils zwei bis vier Schrauben sorgen für einen sicheren Sitz. Bei Verwendung von zwei Deckeln ist es weiterhin bevorzugt und vorteilhaft, wenn durch den ersten Deckel eine mit der Motoreinheit in Verbindung stehende Ausgangswelle und durch den zweiten Deckel der Zuleitungsschlauch des Druckbeutels und ein elektrischer Anschluss für die Motoreinheit druckdicht herausgeführt sind. Die Ausgangswelle kann beispielsweise aus Titan bestehen und an eine Edelstahlwelle der Motoreinheit angedockt werden. Der Zuleitungsschlauch des Druckbeutels wird mit einem Dichtungsrohr druckdicht in den zweiten Deckel eingepasst. Durch das Dichtungsrohr bleibt dabei die Verbindung in das Innere des Druckbeutels für den Druckausgleich mit der Umgebung offen. Desweiteren ist es bei der Erfindung bevorzugt und vorteilhaft, wenn im zweiten Deckel eine druckdicht verschließbare Durchgangsbohrung vorgesehen ist, die der Befüllung mit Druckflüssigkeit und Entlüftung der Motoreinheit dient. Der druckdichte Verschluss im zweiten Deckel kann beispielsweise durch einen Verschlussstopfen mit Elastomerdichtung umgesetzt werden. Vorteilhafterweise erfolgt das Befüllen des Elektromotors ein- oder mehrfach alternierend mit einer Entlüftung im Vakuum (beispielsweise in einer Vakuumkammer), um eine luftblasenfreie Füllung sicher garantieren zu können. Das Befüllen erfolgt unter Atmosphärendruck beispielsweise mit einer einfachen Spritze (ggfs. mit Nadelaufsatz). Beim Befüllen ist der Druckbeutel mit Luft auf seinen normalen Volumenzustand aufgebläht und druckdicht verschlossen. Sobald Drückflüssigkeit aus der Durchgangsbohrung austritt, wird der Füllvorgang abgebrochen.
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Bei dem erfindungsgemäßen druckneutralen Elektromotor ist das Gehäuse kein Druckgehäuse und muss keinen großen Druckdifferenzen standhalten. Insbesondere kann das Gehäuse somit auch aus einem dünnen, leichten und kostengünstigen Kunststoff, insbesondere auch aus einem einfachen Kunststoffrohr, sein. Bevorzugt und vorteilhaft kann das Gehäuse aus einem transparenten Material bestehen und durchsichtig ausgebildet sein. Damit kann das Innere wie durch ein Schaufenster beispielsweise beim Befüllen mit Druckflüssigkeit gut beobachtete werden. Aufsteigende Gasblasen werden sofort bemerkt und der Füllvorgang noch weiter durchgeführt. Weiterhin ergibt sich eine einfache Montage und Handhabbarkeit des beanspruchten druckneutralen Elektromotors. Insbesondere eignet sich bevorzugt und vorteilhaft der Einsatz von transparentem Polymethylmethacrylat PMMA oder Polycarbonat PC für das transparente Gehäuse. Beide Kunststoffe sind hochtransparent und dauerhaft resistent gegen Salzwasser, wobei PC noch schlagfester ist als PMMA ist.
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Die eingesetzte Druckflüssigkeit darf die Funktionsfähigkeit des Motors nicht beeinflussen. Bei einer Verwendung von Weißöl (Vaseline) wird dieses unvorteilhafterweise im Bürstenfeuer verbrannt. Bei einem Einsatz von Silikonöl rutschen die die Bürsten aufgrund der starken Schmierung durch. Bevorzugt und vorteilhaft kann deshalb als Druckflüssigkeit ein kommerziell erhältlicher Hydrofluorether eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich um ein inertes Fluid, das die oben erwähnten Nachteile nicht aufweist.
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Weiterhin kann bei der Erfindung bevorzugt und vorteilhaft als Druckbeutel ein kommerziell erhältlicher Schlauchbeutel mit einem integrierten offenen Zuleitungsschlauch eingesetzt werden, wobei in das Ende des offenen Zuleitungsschlauchs ein Dichtungsrohr eingesetzt ist. Druckdicht festgehalten wird das Dichtungsrohr im Zuleitungsschlauch durch ein Takling (feste Schnurumwicklung) auf dem Zuleitungsschlauch und einen O-Ring. Dabei ist das Dichtungsrohr in seiner Mitte offen, sodass immer eine Verbindung zwischen dem Beutelinneren und der jeweiligen Umgebung hergestellt ist. Der Beutel ist also immer mit dem entsprechenden Medium (Wasser oder Luft) gefüllt. Derartige medizinische Schlauchbeutel werden im medizinischen Sektor eingesetzt und sind als Infusions-, Urin- oder Sekretbeutel bekannt und in unterschiedlichen Volumengrößen und in der Regel aus Polyvinylchlorid bestehend am Markt erhältlich. Sie weisen immer einen Zuleitungsschlauch auf, der an seinem freien Ende verschließbar ist. Die medizinischen Beutel bestehen aus einem festen, reversibel verformbaren Kunststoff und lassen sich einfach auf das gewünschte Volumen zuschneiden und wieder verschweißen. Eine Verwendung von aluminiumbedampften Mehrschichtbeuteln, wie sie als Getränkebeutel bekannt sind, können ebenfalls eingesetzt werden.
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Schließlich ist es noch vorteilhaft und bevorzugt, wenn die Motoreinheit ein Getriebe und einen Impulsgeber umfasst. Derartige Motoreinheiten sind kommerziell erhältlich und können als „Elevatormotor“ bezeichnet werden. Weiter oben wurde bereits erwähnt, dass herkömmliche Druckflüssigkeiten Probleme verursachen können. Vorteilhaft wäre es daher, bürstenlose Elektromotoren einsetzen zu können. Diese verfügen aber über eine Elektronik, die zusätzlich Strom verbraucht. Elektromotoren mit Bürsten benötigen keine Steuerelektronik, benötigen aber eine spezielle Druckflüssigkeit. Optimal ist ein Elektromotor, der in Wasser läuft und ein nichtrostendes Getriebe, also insbesondere aus Kunststoff, aufweist. Weitere Details zur Erfindung und ihren Ausführungsformen sind den nachfolgend beschriebenen Ausführungsbeispielen zu entnehmen.
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Figurenliste
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Nachfolgend werden der druckneutrale Elektromotor zum Einsatz in der Tiefsee nach der Erfindung und seine vorteilhaften Modifikationen anhand der schematischen Figuren zum besseren Verständnis der Erfindung noch weitergehend erläutert. Dabei zeigt die
- 1 den druckneutralen Elektromotor in der perspektivischen Ansicht und
- 2 den druckneutralen Elektromotor in der Explosionsdarstellung.
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In der 1 ist eine perspektivische Draufsicht auf einen druckneutralen Elektromotor 01 nach der Erfindung (auch „Elevatormotor“) gezeigt, der bis zu hadalen Tauchtiefen eingesetzt werden kann. In einer Darstellung nicht ausreichend deutlich zu erkennende Bezugszeichen sind der 2 zu entnehmen. Zu erkennen ist ein zylindrisches Gehäuse 02, in dem eine Motoreinheit 03 und ein reversibel verformbares Druckausgleichselement 04 zum Druckausgleich zwischen einer Druckflüssigkeit 07 und dem auf die Motoreinheit 03 einwirkenden hydrostatischen Druck angeordnet sind. Im gezeigten Ausführungsbeispiel ist das zylindrische Gehäuse 02 aus einem transparenten Kunststoff, beispielsweise PMMA oder PC, ausgeführt. Die Motoreinheit 03 umfasst einen Gleichstrommotor mit Kohlebürsten, ein fünfstufiges Planetengetriebe und einen magnetischen Impulsgeber (beispielsweise von Fa. Faulhaber GmbH™, Prospektblatt „DC-Kleinstmotoren“, im Internet abgerufen am 15.08.2017 unter der URL 5, Maße: Ø40 mm × 252 mm Gesamtlänge, Titan Ausgangswelle Ø8 mm × 16 mm mit Abflachung, Ø20 mm × 10 mm Zentrierzapfen, Bezeichnung 2342S012C R IE2-16 261 415:1, 12V DC Motor 2342 mit fünfstufigem Planetengetriebe 26/1 mit Übersetzung 415:1 und magnetischem Impulsgeber IE2 mit zwei Kanälen und 16 Impulsen pro Umdrehung). Das Trockengewicht des Elektromotors 01 beträgt 452 g, mit Flüssigkeitsfüllung an Land 573 g und in Meerwasser 342 g. Das zylindrische Gehäuse 02 ist an seinem einen Ende mit einem ersten Deckel 05 und an seinem anderen Ende mit einem zweiten Deckel 06 (beide bevorzugt aus Kunststoff) druckdicht verschlossen. Weitere Details siehe 2.
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Das zylindrische Gehäuse 02 und die Motoreinheit 03 sind im gezeigten Ausführungsbeispiel mit 75 ml (eine größere Füllung reduziert die Möglichkeit der Temperaturkompensation) einer dielektrischen Druckflüssigkeit 07 gasblasenfrei gefüllt. Im gewählten Ausführungsbeispiel handelt es sich bei der Druckflüssigkeit 07 um einen kommerziell erhältlichen inerten Hydrofluorether 08 (beispielsweise Prospektblatt „3M™ Novec™7500 Engineered Fluid“ (High-Tech-Flüssigkeit) im Internet abgerufen am 15.08.2017 unter der URL 6). In die Druckflüssigkeit 07 ist auch das Druckausgleichselement 04 eingelegt, das locker um die Motoreinheit 03 innerhalb des zylindrischen Gehäuses 02 herumgelegt ist. Bei dem Druckausgleichselement 04 handelt es sich um einen geschlossenen Druckbeutel 09 mit einem an seinem vom Druckbeutel 09 abgewandten Ende offenen Zuleitungsschlauch 10, der aus dem zylindrischen Gehäuse 02 bzw. aus dem zweiten Deckel 06 druckdicht herausgeführt ist. Bei dem Druckbeutel 09 handelt es sich im gezeigten Ausführungsbeispiel um einen handelsüblichen medizinischen Beutel 18 aus Polyvinylchlorid (PVC), der durch Abschneiden und erneutes druckdichtes Verschweißen einfach in seinem Volumen an das Volumen des zylindrischen Gehäuses 02 und der Motoreinheit 03 angepasst werden kann. Der interne Druckbeutel 09 kann sich etwa 25 ml bis 30 ml (wenn er ganz prall wird) ausdehnen.
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Damit der mit der Erfindung beanspruchte Elektromotor 01 Druck- und Temperaturschwankungen kompensieren kann, muss vor dem Einsatz in der Tiefsee der Füllstand der Druckflüssigkeit 07 kontrolliert werden. 600 bar Überdruck und eine Temperaturabnahme von 25°C auf 0°C führen zu etwa 8% Volumenschwund, bei einem angenommenen Sollvolumen von 75 ml müssen also etwa 6 ml kompensiert werden.
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In der 2 ist der beanspruchte druckneutrale Elektromotor 01 in der Explosionsdarstellung aufgezeigt (Gehäuse 02 verkürzt dargestellt). Gut zu erkennen ist der erste Deckel 05 mit einer Ausgangswelle 11 (beispielsweise aus Titan), die mit einer Antriebswelle 12 (beispielsweise aus Edelstahl) der Motoreinheit 03 verbunden ist. Die Ausgangswelle 11 dreht bei gefülltem Elektromotor 01 ohne Last bei 12 V und ca. 0,6 A mit 15 U/min. Durch den zweiten Deckel 06 ist der Zuleitungsschlauch 10 des Druckbeutels 09 (verkürzt dargestellt) druckdicht herausgeführt. Dazu ist in sein offenes Ende ein Dichtungsrohr 13 (vergleiche auch 1) eingesetzt und mit einem Takling (Schnurumwicklung auf der Außenseite des Zuleitungsschlauchs 10) gesichert. Die Druckdichtheit wird mittels eines O-Rings garantiert. Desweiteren ist ein elektrischer Anschluss 14 (Fa. Subconn® Stecker MCBH6MTI (Titan) mit Pinbelegung für MPI-Bus modular) druckdicht aus dem zweiten Deckel 06 herausgeführt. Auf der Motorseite ist der elektrische Anschluss 14 mit einem Stecker 15 der Motoreinheit 03 elektrisch verbunden. Am ersten Deckel 05 besteht die Dichtung der Antriebswelle 12 aus einem O-Ring, der zwischen den Absätzen von zwei Kunststoff-Gleitlagern gehalten ist. Um den O-Ring auszubauen, muss das getriebeseitige Lager der Motoreinheit 03 herausgedrückt werden. Die Ausgangswelle 11 ist mit einer erodierten Bohrung formschlüssig auf der Antriebswelle 12 mit Epoxidharz aufgeklebt und kann nur mit Erwärmen über 120°C abgenommen werden. Dies ist allerdings nur bei Reparaturarbeiten notwendig. Alle Dichtungen und Gleitlager werden mit Silikonfett geschmiert. Desweiteren befindet sich im zweiten Deckel 06 eine druckdicht verschließbare Durchgangsbohrung 16 (vergleiche 1), die der Befüllung mit Druckflüssigkeit 07 und der Entlüftung der Motoreinheit 03 dient. Die Durchgangsbohrung 16 ist mit einer Verschlussschraube 17 (vergleiche 1) nach Beendigung von Befüllung und Entlüftung druckdicht verschlossen.
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Für die Tiefseeeignung mit sehr großen hydrostatischen Drücken ist bei dem beanspruchten druckneutralen Elektromotor 01 sicherzustellen, dass keine komprimierbaren Druckkammern vorhanden sind. Dazu kann die Druckflüssigkeit 07 unter Vakuum entgast werden. Das erfolgt beispielsweise in einer abgeschlossenen Vakuumkammer. Da es hierbei schwierig ist, Anschlussleitungen aus dem Vakuum herauszuführen, kann der Elektromotor 01 außerhalb der Druckkammer unter Atmosphärendruck mit Druckflüssigkeit 07 befüllt und anschließend zum Entgasen in die Druckkammer gestellt und unter Vakuum gesetzt werden. Dieser alternierende Vorgang kann auch mehrfach wiederholt werden, bis alle Gasblasen zuverlässig aus dem Elektromotor 01 ausgetreten sind. Bei einer Druckkammer mit einer Zuleitungsmöglichkeit kann auch der gesamte Füllvorgang im Vakuum erfolgen, wobei dafür zu sorgen ist, dass die Druckflüssigkeit 07 sicher in das Innere des Elektromotors 01 gelangt. Das Befüllen erfolgt beispielsweise mit einer einfachen Spritze. Beim Befüllen ist der Druckbeutel 09 mit Luft auf seinen normalen Volumenzustand aufgebläht und druckdicht verschlossen. Sobald Drückflüssigkeit 07 aus der Durchgangsbohrung 16 austritt, wird der Füllvorgang abgebrochen. Zum Prüfen des Füllstandes der Druckflüssigkeit 07 im zylindrischen Gehäuse 02 eignet sich ein Ständer, in den Ø20 mm Löcher zum senkrechten Aufstellen des Elektromotors 01 gebohrt sind. Wird die Verschlussschraube 17 herausgeschraubt, strömt Luft in das zylindrische Gehäuse 02 und der Füllstand der Druckflüssigkeit 07 sackt ab. Der korrekte Füllstand kann durch eine Markierung am zylindrischen Gehäuse 02 angezeigt werden. Dabei ist für große Tauchtiefen darauf zu achten, dass die gesamte Motoreinheit 03 in der Druckflüssigkeit 07 liegt.
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Zum Befüllen des Elektromotors 01 muss die Verschlussschraube 17 neben dem elektrischen Anschluss 14 herausgeschraubt werden. Mit einer einfachen Spritze mit Kanüle kann die Druckflüssigkeit 07 leicht eingefüllt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht versehentlich das offene Ende des Zuleitungsschlauches 10 gefüllt wird. Der Druckbeutel 09 hat mit seinem offenen Ende des Zuleitungsschlauchs 10 immer Kontakt mit der Umgebung, sodass der Druckbeutel 09 immer mit dem Umgebungsmedium gefüllt ist und unter dessen Druck steht, den er dann an die Druckflüssigkeit 07 überträgt. Wird der Elektromotor 01 neu befüllt oder war der Füllstand der Druckflüssigkeit 07 deutlich tiefer als die obere Kante des Impulsgebers (Encoder) der Motoreinheit 03, empfiehlt es sich, den Motor in einem Exsikkator unter Vakuum zu entlüften. Dazu wird der Elektromotor 01 mit der gewünschten Menge der Druckflüssigkeit 07 gefüllt und offen in eine Vakuumkammer gestellt. Anschließend wird die Luft bis auf unter 10 mbar abgesaugt, wobei die Druckflüssigkeit 07 stark zu kochen beginnt. Der niedrige Druck wird für eine Minute gehalten, danach wird die Vakuumkammer wieder belüftet. Das Niveau der Druckflüssigkeit 07 sinkt deutlich, weil vorhandene Dampfblasen in der Motoreinheit 03 kollabieren. Um die erfolgreiche Entlüftung zu prüfen, kann erneut Unterdruck angelegt werden. Dabei soll der Druck aber nicht unter den Dampfdruck der Druckflüssigkeit 07 fallen. Anschließend wird die Luft bis auf 0,4 bar abgesaugt und der Flüssigkeitsstand beobachtet. Steigt der Flüssigkeitsstand, sind noch Luftblasen in der Motoreinheit 03, weshalb weitere Entlüftungsmaßnahmen erforderlich sind. Bleibt der Flüssigkeitsstand konstant, war die Entlüftung erfolgreich. Es befinden sich keine Luftblasen mehr in der Motoreinheit 03.
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Nachdem der richtige Füllstand eingestellt ist und die Motoreinheit 03 erfolgreich entlüftet wurde, kann das zylindrische Gehäuse 02 geschlossen werden. Dazu wird eine mit 20 ml Luft gefüllte Spritze in das offene Ende des Anschlussschlauches 10 des Druckbeutels 09 eingesteckt. Dann wird der Elektromotor 01 schräg gehalten und die Luft in den Druckbeutel 09 eingefüllt, so dass der Flüssigkeitsstand steigt und alle Luft entweichen kann. Es ist zu überprüfen, ob die hineingedrückte Menge Luft in etwa zu dem gewählten Füllstand passt. Anschließend wird das zylindrische Gehäuse 02 bzw. der zweite Deckel 06 mit der Verschlussschraube 17 und einem O-Ring, der vorher auf Risse geprüft und mit Silikonfett eingeschmiert wurde, druckdicht verschlossen. Durch anschließendes Schütteln des druckneutralen Elektromotors 01 kann überprüft werden, ob sich auch mit Sicherheit keine störenden, weil dekomprimierbaren Luftblasen mehr in der Motoreinheit 03 befinden. Eine kleine Luftblase verbleibt meist im zylindrischen Gehäuse 02, was aber unkritisch ist.
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Für eine Funktionsprüfung des Elektromotors 01 werden ein Netzteil mit 12 V und mindestens 1 A sowie ein Oszilloskop zur Anzeige des Encodersignals benötigt. Der Elektromotor 01 läuft bei 12 V im Leerlauf mit ca. 15 U/Min, wobei er 0,58 A bis 0,60 A zieht. Ganz neue Motoren laufen sich zunächst ein, wobei das Fett im Getriebe von der lösungsmittelähnlichen Druckflüssigkeit 08 herausgewaschen wird. Belastet man die Ausgangswelle 11, kann der Elektromotor 01 leicht 2 A bis 3 A ziehen. Die beiden Encoderkanäle geben ein zueinander phasenverschobenes Rechteck-Signal aus, wenn man sie mit 4 V bis 18 V bestromt.
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Sowohl in 1 als auch in 2 ist zu erkennen, wie der Druckbeutel 09 locker, d.h. mit einigem Abstand um die Motoreinheit 03 herumgelegt ist, sodass die Druckflüssigkeit 07 auch gut zwischen den Druckbeutel 09 und die Motoreinheit 03 dringen und den Druckbeutel 09 völlig umgeben kann. Dadurch ist die optimale Druckübertragung zwischen dem hydrostatischen Druck in der Tiefsee im Einsatzfalle des Elektromotors 01 und der Druckflüssigkeit 07 sicher gewährleistet. Der verformbare Druckbeutel 09 passt sich sehr gut dem zylindrischen Gehäuse 02 und der Motoreinheit 03 an. Zusätzlich wird der Elektromotor 01 durch das kalte Seewasser im Druckbeutel 09 noch gekühlt. Er ist besonders platzsparend, sodass der druckneutrale Elektromotor 01 nach der Erfindung besonders kompakt und leicht ausgeführt werden kann. Darüber hinaus ist der relativ kostengünstig, da er mit vielen kommerziell erhältlichen Komponenten, insbesondere dem einfachen medizinischen Beutel 18 als Druckbeutel 09, auskommt.
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Bezugszeichenliste
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- 01
- druckneutraler Elektromotor
- 02
- Gehäuse
- 03
- Motoreinheit
- 04
- Druckausgleichselement
- 05
- erster Deckel
- 06
- zweiter Deckel
- 07
- Druckflüssigkeit
- 08
- Hydrofluorether
- 09
- Druckbeutel
- 10
- Zuleitungsschlauch von 09
- 11
- Ausgangswelle
- 12
- Antriebswelle
- 13
- Dichtungsrohr
- 14
- elektrischer Anschluss
- 15
- Stecker
- 16
- Durchgangsbohrung
- 17
- Verschlussschraube
- 18
- (medizinischer) Schlauchbeutel als 09
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URL 1
https://depositonce.tu-berlin.de/handle/11303/2754
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URL 2
http://www.enitech.de/files/produkte/Datenblatt_Ringthruster.pdf
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URL 3
https://www.maxonmotor.de/maxon/view/content/aquatic-solutions
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URL 4
http://www.fmt-kempen.de/de/pro/momentall.htm
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URL 5
https://fmcc.faulhaber.com/resources/img/DE_2342_CR_DFF.PDF
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URL 6
http://multimedia.3m.com/mws/media/654960/3mtm-novectm-7500-engineeredfluid.pdf?fn=prodinfo_nvc7500.pdf