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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer biokompatiblen Schicht auf einer Implantatoberfläche eines Implantats bestehend aus Polyetheretherketon.
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Bei den heute verwendeten Implantaten handelt es sich in den meisten Fällen um Materialien aus Metallen, Metalllegierungen, Kunststoffen, Keramiken sowie Kombinationen derartiger Materialien. Beispielweise werden seit 1995 Bandscheibenprothesen aus Titanlegierungen verwendet. Vor allem für Titanimplantate können sowohl sehr gute Ergebnisse bei der Fusion als auch eine direkte postoperative Stabilität erzielt werden. Histologisch kommt es an der Kontaktstelle von Wirbelkörper und Cage zu einer Kontaktosteogenese mit Anhaften von Osteophyten an der Titanoberfläche. Ein großer Nachteil der Metallimplantate im Vergleich zum natürlichen Knochen ist jedoch ihre relative Härte. Während menschlicher Knochen einen E-Modul von 6-25 kN/mm2 aufweist, besitzt Titan einen weitaus höheren E-Modul von 105 kN/mm2. Vermutlich kommt es dadurch bei Metallimplantaten häufig zu einer Sinterung des Implantats in die Deck- und Bodenplatte. Ein großes Problem der Metallimplantate ist weiterhin die hohe Röntgendichte, welche durch ausgeprägte Artefakte auf den postoperativen Röntgen-, CT- oder MRT-Aufnahmen eine Kontrolle des Operationsergebnisses und des Heilungsverlaufes erschwert. In diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Cages aus Polyetheretherketon (PEEK) relativ neu. PEEK ist ein temperaturbeständiger, thermoplastischer Kunststoff, der eine hohe Beständigkeit gegenüber organischen und anorganischen Einflüssen aufweist.
Er zeichnet sich durch einen Elastizitätsmodul aus, welcher dem kortikalen Knochen mit 3,5 kN/mm2 sehr ähnlich ist. Ein weiterer Vorteil ist die gute Durchlässigkeit für Röntgenstrahlen, welche die verbesserte postoperative Kontrolle des Implantats gewährleistet.
Da reine PEEK-Oberflächen biologisch inert sind gegenüber einer stabilen Zelladhäsion, sind in den letzten Jahren eine Reihe von Bestrebungen im Gang, die Bioaktivität der PEEK-Oberfläche adhäsiver für Zellen zu gestalten. Derzeit gibt es in Form von Oberflächenmodifikationen und Kompositherstellung zwei Hauptstrategien um die Bioaktivität von PEEK zu verbessern. Unterschiedliche anorganische Materialien wurden mit unterschiedlichen Methoden auf die PEEK-Oberfläche appliziert.
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Das meist verwendete anorganische Beschichtungsmaterial ist das Hydroxylapatit, welches das „synthetische Äquivalent“ zu dem komplexeren Hydroxylapatit der menschlichen Knochensubstanz darstellt. Zahlreiche In-vivo-Studien zeigen, dass Hydroxylapatit sehr gute Eigenschaften bezüglich der Biokompatibilität und Osteokonduktion besitzt. Das Verhalten und die Eigenschaften der modifizierten PEEK-Oberflächen in vivo und in vitro bezüglich Zelladhäsion, Morphologie, Proliferation, Differenzierung und Knochen-Implantat-Kontakt-Verhältnis verbessert sich in bemerkenswerter Weise mit einer Hydroxylapatit-Beschichtung. Hydroxylapatit-Beschichtungen werden wegen der bislang ungenügend aufgeklärten biologischen und mechanischen Langzeitstabilität, trotz experimentell belegbarer Vorzüge, in ihrem klinischen Wert kritisch diskutiert. Nach BLOEBAUM et al., die Elemente explantierter Hüftendoprothesen untersuchten, kann die Freisetzung von HA Partikeln aus dem Keramik-Substrat-Verbund zu Fremdkörperreaktionen und Osteolysen und damit zum Versagen der Prothese führen [Bloebaum, R.D.; Beeks, D.; Dorr, L.D.; Savory, C.G.; DuPont, J.A.; Hofman, A.A.: Clin Orthop. 1994, 298, 19-26]. Des Weiteren erwiesen sich HA beschichtete Implantate gegenüber reinen Titanimplantaten als anfälliger für die Entwicklung schwerwiegender Entzündungen bei bakterieller Kontamination [Oosterbos, C.J.M.; Vogely, H.C.; Nijhof, M.W.; Fleer, A.; Verbout, A.J.; Tonino, A.J.: J Biomed Mater Res. 2002, 60, 339-342].
Mit seiner guten Biokompatibilität, Bioaktivität und Osteokonduktivität ist Hydroxylapatit nicht nur ein viel verwendetes Beschichtungsmaterial für PEEK, sondern auch ein bevorzugtes Füllmaterial für PEEK Verbundwerkstoffe. Jedoch fanden Khor et al. heraus, dass durch Sprühtrocknung hergestellte sphärische Partikel in klassischen und µm-Hydroxylapatit/PEEK Verbundwerkstoffen aufgrund ihrer geringen Grenzflächenadhäsion aus der PEEK-Matrix herausgelöst werden können. Ermüdungsbrüche von µm-Hydroxylapatit/PEEK beginnen mit Fehlern in der Grenzfläche zwischen Matrix und Füllstoff, die Fehlstellen führen zur Entstehung und Ausweitung von Rissen in der Matrix. Breiten sich diese Risse weiter aus, kann dies zum Ermüdungsbruch führen [Noort, R.V.: J. Mater. Sci. 1987, 22, 3801-3811]. Aufgrund der mechanischen und biologischen Eigenschaften sind Titan und Titandioxide als PEEK-Beschichtungsmaterial sehr gut geeignet. Untersuchungen zeigen durchweg positive Ergebnisse bezüglich der signifikanten Erhöhung der Osteoblastenadhäsion und Zellspreitung auf.
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Eine weitere Methode zur Oberflächenmodifizierung ist die Plasma-Behandlung der PEEK-Oberfläche. Die für gewöhnlich verwendeten Plasmamodifikationen sind O
2-Plasma, NH
4-Plasma, N
2/O
2-Plasma, CH
4O
2-Plasma, NH
4/Ar-Plasma, H
2/Ar-Plasma. Beispielhaft behandelten Briem et al. PEEK-Oberflächen mit 2 Plasmaverfahren (Mikrowellenplasma in NH
4/Ar, nachgeschaltetem Mikrowellenplasma in H
2/Ar) und untersuchten die Proliferation und Differenzierung von primären Fibroblasten und Osteoblasten [
Briem, D.; Strametz, S.; Schröder K.; Meenen, N.M.; Lehmann, W.; Linhart, W.; Ohl, A.; Rueger, J.M.: J. Mater. Sci. Mater. Med. 2005, 16, 671-677]. Die Ergebnisse zeigten, dass die osteogene Aktivität der Osteoblasten auf der behandelten PEEK-Oberfläche der Aktivität auf dem Gewebekultur-Polystyrolmaterial (TCPS) entspricht und dass die Zellproliferation der Fibroblasten stimuliert oder supprimiert werden konnte.
Allerdings zeigt sich bei diesen Verfahren, dass die Konzentration der funktionellen Gruppen oft nur gering ist und die Aktivierung nicht lange anhält.
Im Patent
WO 2008/142302 A1 wird ein Verfahren zur Herstellung von einem faserverstärktem PEEK-Implantat mit einer Ummantelung aus einem biologisch abbaubaren Polymer beschrieben. Hierbei wird eine β-TCP-Titandioxidschicht - BIOPIK
® - verwendet.
Im Patent
GB 2 496 168 A und im US-Patent
US 2009/0276053 A1 werden eine kohlenstoffverstärkte Gelenkhülle aus PEEK sowie eine Stütze des Skelett-Systems dargestellt, welche mit einer Schicht aus Hydroxylapatit überzogen sind.
US 2013/0073042 A1 schildert die Verbesserung der hydrophilen Eigenschaften von PEEK- Implantaten durch das Einbringen von Zeolith in die Matrix sowie durch das Beschichten der Implantatoberfläche mit Zeolith.
Das Patent
JP 2009-101318 A zeigt auf, wie man die Oberfläche eines PEEK-Implantates mit Phosphorylcholin-Gruppen beschichtet, um den gleichen Effekt der Hydrophilierung zu erreichen.
Die Herstellung von PEEK-Implantaten mit einer Multilayer-Beschichtung aus Kohlenstoff, Stickstoff und Silizium ist in
EP 2 526 977 B1 beschrieben. Die Schichten werden unter einer Argonatmosphäre mittels chemischer Dampfabscheidung (Plasma) erzeugt.
Im Patent
WO 2014/060591 A1 wird die Beschichtung von Kunststoffen (PEK, PEEK, Polyarylsiloxane) mit Knochenersatzmaterial (HA) beschrieben. Durch kurzes Anschmelzen der Kunststoffoberfläche kommt es zu einer Durchdringung des Knochenersatzmaterials mit dem Kunststoff.
In
EP 2 332 589 A2 wird eine Methode zur Herstellung von Kunststoffimplantaten (PEEK) beschrieben, bei der das Implantat mit einer Zwischenschicht aus einem nichtporösen Metall und einer das Knochenwachstum fördernden Schicht aus Metall (Titan, Tantal), porösem Metall oder Kalziumphosphat beschichtet wird. In die Deckschicht können verschiedene Substanzen eingebracht werden, wie Knochensubstrat, Wachstumsfaktoren, bioaktive Substanzen und Antibiotika.
DE 10 2007 051 782 B4 zeigt ein Implantat, welches dem Ersatz der Oberfläche eines Facettengelenkes dient. Das Implantat besteht aus einer Kunststofffolie, z.B. PEEK. Das Implantat kann auf der dem Knochen zugewandten Seite mit einem Metall (Titan) beschichtet sein oder Titanpartikel können in die Implantatoberfläche eingebracht werden. Die dem Knorpel zugewandte Seite kann mit einem Hydrogel beschichtet sein. Als Beschichtungsmaterial kommen schwer degradierbare hydrophile Polymere in Frage, beispielsweise Polyacrylsäure und deren Derivate, wie Polymethacrylsäure, Polyacrylsäureamid, Polyacrylonitril, Polyacrylsäureester, Polyhydroxyethylmethacrylate, Polyvinylpyrrolidon (PVP), Polyurethane, hochmolekularer Polyvinylalkohol.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Möglichkeit anzugeben, wodurch die positiven Eigenschaften von PEEK als Implantatmaterial im Hinblick auf Einwachsverhalten, Biokompatibilität und Resorbierbarkeit verbessert werden können. Erfindungsgemäß wird die Aufgabe mit einem Verfahren zur Herstellung einer biokompatiblen Schicht auf einer Implantatoberfläche eines Implantats bestehend aus Polyetheretherketon dadurch gelost, dass zunächst die Implantatoberfläche durch Reduktion der Ketogruppe mit Hydroxylgruppen versehen wird, dann eine Kopplungsschicht mittels einer Kopplungsreagenz ausgewählt aus der Substanzklasse der Mono-Polyisocyanate aufgebracht wird, indem über Urethanbindungen eine Anknüpfung an die Hydroxylgruppen der Implantatoberfläche erfolgt und abschließend eine Biopolymerschicht mittels eines modifiziertes Biopolymers ausgewählt aus den Substanzklassen der Polysaccharide und/oder Glykosaminoglykane aufgebacht wird, indem über Urethan- und/oder Harnstoffbindungen eine Anknüpfung an die Kopplungsschicht erfolgt.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe auch gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung einer biokompatiblen Schicht auf einer Implantatoberfläche eines Implantats bestehend aus Polyetheretherketon, indem die Implantatoberfläche zunächst mit einer SiOx-Haftvermittlerschicht versehen wird, dann eine Kopplungsschicht mittels einer Kopplungsreagenz ausgewählt aus der Substanzklasse der Mono-Polyisocyanate aufgebracht wird, indem über Urethanbindungen eine Anknüpfung an die SiOx-Haftvermittlerschicht erfolgt und abschließend wieder die Biopolymerschicht aufgebacht wird.
Ferner wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung einer biokompatiblen Schicht auf einer Implantatoberfläche eines Implantats bestehend aus Polyetheretherketon dadurch gelöst, dass unmittelbar auf die Implantatoberfläche eine Biopolymerschicht mittels eines modifizierten Biopolymers, ausgewählt aus den Substanzklassen der Oligoestermethacrylate und/oder Oligoesterurethanmethacrylate, basierend auf L-Laktid, D,L-Laktid, ε-Caprolakton, p-Dioxanon und Glykolid in unterschiedlicher Zusammensetzung und Kettenlänge, aufgebracht wird. Dabei ist es möglich, vor dem Aufbringen der Biopolymerschicht zunächst die Implantatoberfläche mit einer SiOx- Haftvermittlerschicht zu versehen. Auch kann vor dem Aufbringen der Biopolymerschicht die Implantatoberfläche durch Reduktion der Ketogruppe mit Hydroxylgruppen versehen werden.
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Es wurde überraschend gefunden, dass ein Schichtaufbau auf einer PEEK-Oberfläche, bestehend aus einem Haftvermittler, einem Kopplungsreagenz und einem Biopolymerderivat oder einem Schichtaufbau bestehend aus Haftvermittler und einem Oligoesterderivat, eine deutlich Erhöhung der Zelladhäsion (MC3T3-E1-Zellen) gegenüber einer reinen PEEK-Oberfläche bewirkt und somit das Einwachsverhalten eines PEEK-Implantates beschleunigen kann.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die Beschichtungen sehr gut biologisch verträglich sind.
Zur Erfassung zytotoxischer Wirkungen wurden die beschichteten PEEK-Ronden in Zellvitalitätsuntersuchungen, basierend auf einer Vitalfärbung mit Fluoresceindiacetat und GelRed (Live/Dead-System, MC3T3-E1-Zellen), überprüft.
Ferner findet eine SiOx-Beschichtung mittels chemischer Gasphasenabscheidung bei Atmosphärendruck statt (Atmosphärendruckplasma: APCVD - atmospheric pressure plasma chemical vapour deposition; oder Flammenbeschichtung: CCVD - combustion chemical vapour deposition), welche eine neuartige Methode zur PEEK-Oberflächenbeschichtung darstellt. Sie fungiert als Voraktivierung für die kovalente Fixierung der Biopolymer- oder der Oligoesterschicht und als erster Funktionalisierungsschritt der PEEK Oberfläche. Die Schichtdicke der SiOx-Schicht kann zwischen 10 bis 1000 nm, vorzugsweise zwischen 10 bis 200 nm, betragen.
Ferner wird für die Modifizierungen an Stelle des Hexamethylendiisocyanat, das als Hydrolysemetabolit Hexamethylendiamin bildet und laut EU-Gefahrstoffverordnung als sehr toxisch eingestuft werden muss, das körperverträgliche Lysindiisocyanat als Kopplungsreagenz verwendet, welches beim Abbau in die Aminosäure Lysin übergeht.
Diese Spacerschicht kann durch Tauchung, Spin coating, Sprühen sowie durch das Auftropfen mit einer Pipette auf das Implantat aufgetragen werden.
Ferner liegen bei diesem erfindungsgemäßen Verfahren die Einzelkomponenten getrennt voneinander vor.
Ferner können bei diesem erfindungsgemäßen Verfahren die Komponenten und/oder der Photoinitiator unverdünnt oder verdünnt eingesetzt werden.
Ferner können bei diesen erfindungsgemäßen Verfahren die Komponenten und/oder der Photoinitiator in wässrigen und/oder organischen Lösungsmitteln, vorzugsweise DMSO (Dimethylsulfoxid), Toluen, DMF (Dimethylformamid), Wasser sowie Pufferlösung gelöst sein.
Ferner unterscheiden sich die Oligoestervariationen, basierend auf D,L-Laktid, ε-Caprolakton, p-Dioxanon und Glykolid, bezüglich der Zusammensetzung und Kettenlänge (n = 1 bis 20).
Die Sterilisation der erfindungsgemäß hergestellten Implantate kann durch Sterilfiltration, UV-Sterilisation sowie durch Einlegen in 70 %igen Ethanol ohne Veränderung der Struktur-Eigenschaften erreicht werden.
Ferner zeichnen sich die Schichtkomponenten der erfindungsgemäß hergestellten Implantate durch eine einfache Handhabung aus. Durch Einstellung der Viskositäten einzelner Bestandteile ist es möglich, Implantate unterschiedlicher Formen und Abmessungen zu beschichten.
Die Lagerung der Einzelkomponenten erfolgt zwischen 0 bis 27 °C, vorzugsweise bei 4 bis 8 °C.
Ferner ist das erfindungsgemäße Schichtsystem aufgrund der Ester-, Urethan- und Harnstoffgruppen biologisch abbaubar. Dabei kann der Abbau hydrolytisch oder enzymatisch erfolgen.
Ferner kann bei Verwendung von Biopolymerderivaten mit Ammoniumgruppen, die mit unterschiedlichen Ketten und Kettenlängen substituiert sind, ein zusätzlicher antibakterieller Effekt erzielt werden.
Ferner werden zur Lösung der Aufgabe folgende Formulierungen für den Schichtaufbau benutzt.
Nichtvernetzungsfähige Komponenten basierend auf Biopolymeren sowie Biopolymerderivaten. Zu den Biopolymeren gehören: Dextran, Chitosan, Na-Alginat, Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat, Levan, Cellulose sowie Polyglycerin als synthetisches Produkt. Diese Biopolymere können zusätzliche funktionelle Gruppen tragen wie Aminogruppen, Ammoniumgruppen mit unterschiedlichen Kettenlängen der Substituenten (C1-C16), Carboxymethyl-, Carboxyethylgruppen sowie Hydroxypropylfunktionalitäten. Beispielhaft wären zu nennen (ohne auf diese Beispiele beschränkt zu sein): Aminodextran, Aminolevan, Aminohyaluronsäure, Carboxyethyldextran, Hydroxypropylchitosan, Trimethylaminochitosan, Aminocellulose, Carboxymethylhyaluronsäure, Methylaminoalginat.
Die Synthesen der Biopolymerderivate erfolgten nach dem Chemiker bekannten Methoden (Piehler, J.; Schreiber, S.: Analytical Biochemistry 2001, 289,173-186).
Formulierungen für photovernetzbare Komponenten sind in den folgenden Ausführungen dargestellt.
- - Eine erste Formulierung ist ein Monomer der allgemeinen Strukturformel
worin R ein Substituent ausgewählt aus einer Gruppe umfassend Hyaluronsäuren, Natrium-Alginate, Dextrane, Aminodextrane, Chitosane, Levane, Chondroitinsulfate und Polyglycerine; Z ein Vertreter ausgewählt aus der Gruppe umfassend -O-, -NH-, -O-CH2-CH2-NH-CO-O-, -O-CH2-CH2-NH-CO-NH-,-O-CH2-CH(OH)-CH2-O- und -NH-CH(CH3)2-CO-NH- und R1 ein Substituent ausgewählt aus H und CH3 ist.
- - Eine zweite Formulierung ist ein Oligomer, dessen Monomere über den Rest eines Startermoleküls S kovalent verbunden sind, aufweisend die allgemeine Strukturformel,
worin S Moleküle ausgewählt aus einer Gruppe umfassend Dianhydroglucitol-, 1,8-Octandiol-, Pentaerythritol-, Dipentaerythritol-, Glycerin-, Tris-(hydroxymethyl)ethan-, Tetraethylenglykol-, 2,2-Bis-(hydroxymethyl)propionsäure-Reste sind, Zn ein L- Laktid oder D,L-Laktid mit 2 bis 12 (-OCH(CH3)CO-)-Einheiten, Zm ein Molekül ausgewählt aus einer Gruppe umfassend ε-Caprolaktone mit 0 bis 6 (-OCH2CH2CH2CH2CH2CO-) -Einheiten, p-Dioxanone mit 0 bis 6 (-OCH2CH2OCH2CO-) -Einheiten und Glykolide mit 0 bis 6 (-OCH2CO-)-Einheiten, und R1 eine Methylgruppe (CH3) ist, wobei die Anzahl der Methacrylatgruppen im Bereich von 2 bis 6 liegt.
- - Eine dritte Formulierung ist ein Urethanmethacrylat, dessen Monomere über den Rest eines Startermoleküls S kovalent verbunden sind, aufweisend die allgemeine Strukturformel
worin S ein Molekül ausgewählt aus einer Gruppe umfassend Ethylenglykol, Diethylenglykol, Triethylenglykol, 1,6-Hexandiol-, 1,8-Octandiol-, 1,12-Dodecandiol-, Polyethylenglykol- (Mw = 200 bis 10.000), Polyglycerin-Reste (Mw = 1000 bis 10.000) oder ein Oligomer aus der Formulierung zwei ist, Z eine (-O-CH2-CH2-NH-CO-O-)-Einheit und R1 eine Methylgruppe (CH3) ist und die erste, zweite und dritte Formulierung auch als Mischungen eingesetzt werden können.
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Die Synthesen der photovernetzbaren Biopolymerderivate sowie der photovernetzbaren Oligoesterderivate und Oligoesterurethanderivate erfolgten nach dem Chemiker bekannten Methoden (Berg, A.; Wyrwa, R.; Weisser, J.; Weiss, T.; Schade, R.; Hildebrand, G.; Liefeith, K.; Schneider, B.; Ellinger, R.; Schnabelrauch, M.: Advanced Engineering Materials 2011, 13, 274-284).
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Die als Startermolekül in der zweiten und dritten Formulierung vorhandenen Verbindungen dienen als Ausgang für die Polymerisationsreaktion. Dabei bestimmen Anzahl und sterische Ausrichtung von an dem Startermolekül vorhandenen OH-Gruppen die Anzahl der von diesem Startermolekül ausgehenden Polymerketten bzw. deren relative Wachstumsrichtung.
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Es können auch Copolymere erzeugt werden, indem nur eine Formulierung verwendet wird, diese jedoch verschiedene Substituenten und/oder Startermoleküle aufweist.
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Die deutlich verbesserte Zelladhäsion der MC3T3-E1-Zellen (Knochenvorläuferzellen) auf den beschichteten PEEK-Oberflächen im Vergleich zu den unbeschichteten PEEK-Oberflächen wurde in einem Adhäsionsversuch an Hand der Anzahl adhärenter Zellen nachgewiesen. Die Zellzahlen wurden dabei mittels einer DAPI-Färbung der Zellkerne der adhärenten Zellen unter Verwendung eines Fluoreszenzmikroskops ausgezählt.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert werden.
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Ausführungsbeispiel 1 (Abscheidung der Haftvermittlerschicht):
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In einem ersten Funktionalisierungsschritt wird auf der PEEK Oberfläche eine dünne Siliziumoxid-Schicht (SiOx) abgeschieden. Dies erfolgt mittels plasmaunterstützter chemischer Gasphasenabscheidung bei Atmosphärendruck (APCVD). Der Beschichtungsprozess wird in drei Teilschritte untergliedert. Zunächst wird eine Plasmaaktivierung der PEEK-Oberfläche zur haftfesten Anbindung der darauffolgenden SiOx - Beschichtung durchgeführt. Die Aktivierung kann beispielsweise bei einer Leistung von 300 W, dem Arbeitsgas Luft (6 bar), einem Abstand der Plasmaquelle zum Substrat von 10 mm, einer Geschwindigkeit des Substrates relativ zur Plasmaquelle von 100 mm/s und einem Rasterabstand von 3 mm erfolgen.
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Im zweiten Teilschritt erfolgt die eigentliche SiOx - Beschichtung beispielsweise mit folgenden Parametern des gleichen Plasmasystems:
- • Elektrische Leistung: 300 W
- • Arbeitsgas: Druckluft (6 bar)
- • Chemische Vorläufersubstanz (Precursor): Hexamethyldisiloxan (HMDSO)
- • Precursordosierrate: 2,5 ml/min
- • Abstand Plasmaquelle-Substrat: 10 mm
- • Geschwindigkeit: 100 mm/s
- • Rasterabstand: 3 mm
- • Durchlaufanzahl: 2
Dabei wird eine SiOx - Schichtdicke von etwa 50 nm auf der PEEK Oberfläche realisiert. Um das Benetzungsverhalten und die OH-Gruppendichte an der Oberfläche weiter zu erhöhen, erfolgte drittens eine Plasmanachbehandlung (ohne Precursor) der SiOx - Schicht analog zum ersten Teilschritt. Auf diese Weise können etwaig verbleibende Kohlenstoffreste des Precursormonomers in der Schicht reduziert und Sauerstofffunktionalitäten erhöht werden.
Alternativ zum APCVD Prozess kann auch das atmosphärendruckbasierte Verfahren der flammenunterschützten chemischen Gasphasenabscheidung (combustion chemical vapour deposition - CCVD) Anwendung finden, um vergleichbare SiOx - Schichten mit entsprechenden Oberflächeneigenschaften zu erreichen. Hierbei wird der HMDSO-Precursor schichtbildend zu SiOx umgewandelt.
Des Weiteren kann die SiOx-Schicht antimikrobielle Wirkstoffe wie Zinkoxid enthalten. Der Anteil an Wirkstoff wird dabei so eingestellt das die nicht-zytotoxischen Eigenschaften der Haftvermittlerschicht gegenüber den Knochenzellen erhalten bleiben.
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Ausführungsbeispiel 2 (Abscheidung der Kopplungsschicht):
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Die beschichteten PEEK-Ronden (Ø = 6 mm; h = 1,5 mm; AGesamt = 84,78 mm2) nach Ausführungsbeispiel 1 werden zur Herstellung der Kopplungsschicht (Monolayer, Nachweis mit XPS) in eine 5 %ige Lysindiisocyanat Lösung in Toluol (~2,3 ml pro Ronde) für 3 Tage eingelegt. Dazu erfolgt die Zugabe von 0,01 % DABCO (1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan) als Katalysator. Unter Argonatmosphäre werden die PEEK-Ronden bei 23 °C auf einem Schwenktisch bei ca. 130 rpm geschwenkt. Nach der Reaktion werden die PEEK-Ronden dreimal mit Aceton gewaschen, an der Luft oder im Stickstoffstrom getrocknet und direkt für die weitere Umsetzung benutzt.
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Ausführungsbeispiel 3 (Abscheidung der Biopolymerschicht):
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Die Aufbringung der Biopolymerschichten erfolgt durch Einlegen in 10 %ige (w/v) wässrige Lösungen der Biopolymere (Ausnahmen bilden hierbei die Aminocellulose 0,5 %ig (w/v) und die Hyaluronsäurederivate 1 %ig (w/v)) über Nacht im Kühlschrank bei 4 °C.
Organolösliche Biopolymere wie z. B. ein modifiziertes Hydroxypropylchitosan oder Levanderivate werden in wasserfreiem DMSO gelöst.
Nach Beendigung der Reaktion werden die PEEK-Ronden mehrfach mit destilliertem Wasser gewaschen und im Stickstoffstrom getrocknet.
Die beschichteten PEEK-Ronden werden im Exsikkator unter Lichtausschluss aufbewahrt.
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Ausführungsbeispiel 4 (Anreicherung der Implantatoberfläche mit Hydroxylgruppen):
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Zur Erzeugung von Hydroxylgruppen auf der PEEK-Oberfläche zur Verbesserung der Haftung der Kopplungsschicht wird die folgende Prozedur durchgeführt.
Die gereinigten PEEK-Ronden werden in einer 2 %igen Natriumborhydridlösung (w/v) in Dimethylsulfoxid eingelegt (1,35 ml pro Ronde) und für 3 h bei 120 °C mit einem KPG-Rührer gerührt.
Nach Abkühlung wird die Lösung abdekantiert und mit Wasser versetzt.
Die PEEK-Ronden werden aus dem Erlenmeyerkolben in ein Becherglas überführt und zweimal mit Methanol gewaschen. Danach wird dreimal mit Wasser gewaschen, dreimal mit 0,5 molarer Salzsäure-Lösung behandelt, weitere dreimal mit Wasser und anschließend dreimal mit Methanol gewaschen.
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Nach den Waschprozessen werden die PEEK-Ronden für drei Stunden bei 50 mbar und 40 °C im Vakuumtrockenschrank getrocknet. Nach dem Trocknen werden die hydroxylgruppenhaltigen PEEK-Ronden in einem Exsikkator gelagert.
Die weitere Beschichtung erfolgt gemäß den Ausführungsbeispielen 2 und 3.
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Ausführungsbeispiel 5 (Abscheidung auf unterschiedlichen Substratoberflächen durch Photopolymerisation):
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Die Oligoestermethacrylate und Oligoesterurethanmethacrylate können direkt auf die Oberfläche der gereinigten PEEK-Ronden, als auch auf die PEEK-SiOx-, PEEK-OH-Schicht durch Tauchung, spin coating, Airbrush-Apparatur oder Auftropfen mit einer Pipette aufgetragen werden. Die methacrylierten/acrylierten Biopolymere (können zusätzliche funktionelle Gruppen enthalten) werden als 10-30 %ige (w/v) wässrige Lösungen oder in DMSO vermischt mit einem Photoinitiator (EosinY, Triethanolamin via Neonlampe 16 W) oder mit LAP (Lithium phenyl-2,4,6-trimethyl-benzoylphosphinat) sowie Irgacure369 bei 365 nm ausgehärtet. Die Photoinitiatoren liegen in 1-3%igen (w/v) wässrig-ethanolischen oder ethanolischen Lösungen vor. Die Belichtungszeiten liegen im Bereich von 10 bis 40 min. Die beschichteten PEEK-Ronden werden dreimal mit Wasser und zweimal mit Ethanol gewaschen und im Vakuumschrank bei 40 °C, 50 mbar für 3-5 h getrocknet. Die Photopolymerisation auf den verschiedenen PEEK-Ronden-Oberflächen der Oligoestermethacrylate und der Oligoesterurethanmethacrylate erfolgt mit dem Photoinitiatorsystem Campherchinon (CC) / Diethylaminobenzoesäureethylester (DEABE) im Bereich von 390-490 nm mit einer Translux Power Blue (1 W/cm2, Heraeus Kulzer, Hanau, Deutschland). Dazu werden die Monomere in DCM (Dichlormethan), Chloroform oder Aceton gelöst und mittels einer der oben genannten Beschichtungsmethoden auf die PEEK-Oberfläche in Gegenwart des Photoinitiatorsystems aufgetragen. Pro Milliliter Monomer werden 30 µl Photoinitiatorlösung (CC:DEABE = 1:1, jeweils 1 molare Lösungen) zugegeben und innig verrührt. Die Belichtungszeit beträgt zwischen 1-5 min. Die beschichteten PEEK-Ronden werden dreimal mit Ethanol gewaschen und im Vakuumschrank bei 40 °C, 50 mbar für 3-5 h getrocknet.
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Ausführungsbeispiel 6 (Abscheidung der Biopolymerschicht):
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Dieses Beispiel zeigt die Beschichtung der PEEK-SiOx- oder der PEEK-OH-Oberflächen mit Biopolymeren, welche schon die Kopplungsgruppe im Molekül enthalten.
1 g (4,5 mmol) Hydroxypropylchitosan werden in 50 ml wasserfreiem DMSO gelöst. Zu dieser Lösung werden 0,92 g (4,5 mmol) 3-Isocyanatopropyltrimethoxysilan (I-Silan), gelöst in 1 ml DMSO, zugetropft. Der Reaktionsansatz wird unter Argon 72 h bei Raumtemperatur gerührt. Ohne Isolierung des Reaktionsproduktes werden die entsprechenden PEEK-Oberflächen beschichtet. Nach 4-6 h ist die Reaktion zwischen den Trimethoxygruppen des I-Silanes mit den OH-Gruppen der entsprechenden PEEK-Oberflächen beendet. Zur Nachbehandlung (Vervollständigung der Reaktion) werden die beschichteten PEEK-Ronden für 5-10 min auf 80-100 °C erwärmt. Nach Abkühlung werden die PEEK-Ronden mit Wasser dreimal gewaschen und im Vakuum bei 40 °C getrocknet.
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Ausführungsbeispiel 7 (Nachweistest):
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Zur Bestimmung der verbesserten Zelladhäsion auf beschichteten PEEK-Oberflächen gegenüber der unbeschichteten PEEK-Oberfläche wurde folgender Nachweistest entwickelt.
Die PEEK-Ronden werden mit 200 µl MC3T3-E1-Zellsuspension einer Dichte von 40000 Z/ml besiedelt (>>8000 Z/Well, 25000 Z/cm2). (Hierfür wird die Primärsuspension aus der ungefähren Dichte der Vorkulturflasche geschätzt.) Danach wird eine entsprechende Zellsuspension durch Verdünnung eines aliquoten Teils Primärsuspension zu einem vorgelegten Volumen Zellkulturmedium erzeugt. Die Zellen werden dazu über ein 40 µm-Zellsieb zugegeben. Anschließend wird die Zellsuspension mit Hilfe eines Zellzählgerätes (Scepter) kontrolliert und durch Zugabe von Primärsuspension oder Nährmedium korrigiert. Die Zugabe der Zellsuspension in die Wells erfolgt mit Hilfe einer Multipipette mit einem sterilen Combitip advanced 2,5 ml bei mittlerer Einfüllgeschwindigkeit in mäanderförmiger Auftragung. Vor jedem Nachfüllen des Combitip wird die Zellsuspension geschüttelt.
Anschließend werden die Zellen 4,5 h unter Zellkulturbedingungen kultiviert.
Danach wird die 96-Well-Platte auf einer Schüttelapparatur 4 min bei 1000 rpm geschüttelt und durch Umstülpen geleert, wobei auf Zellstoff leicht nachgeklopft wird. Nachfolgend wird in jede Kavität 200 µl 70 %iges (v/v) Ethanol in TBS gefüllt und die Zellen 20 min im Kühlschrank fixiert.
Anschließend werden jedem Well 20 µl DAPI-Lösung (4,6-Diamidin-2-phenylindol in PBS, 50 µg/ml) zu Kernfärbung zugesetzt (Endkonzentration 4,55 µg/ml).
Nach ca. 20 min wird die Platte durch Umstülpen geleert. Von den Probeoberflächen wird jeweils der mittige quadratische Bildausschnitt am Fluoreszenzmikroskop Axiotech (Carl Zeiss AG, Deutschland) fotografiert:
- (Lampe HBO 50, Filtersatz FS 02, Objektiv Epiplan 5x, Kamera Spotflex, Chipauslesung 60 % zentral; Kameraansteuerung mittels Software Spot Basic 4.7) Von jedem Bild wird die Anzahl an Zellkernen unter Zuhilfenahme der Software Image-Pro Plus 5.1 ermittelt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2008/142302 A1 [0004]
- GB 2496168 A [0004]
- US 2009/0276053 A1 [0004]
- US 2013/0073042 A1 [0004]
- JP 2009101318 A [0004]
- EP 2526977 B1 [0004]
- WO 2014/060591 A1 [0004]
- EP 2332589 A2 [0004]
- DE 102007051782 B4 [0004]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Bloebaum, R.D.; Beeks, D.; Dorr, L.D.; Savory, C.G.; DuPont, J.A.; Hofman, A.A.: Clin Orthop. 1994, 298, 19-26 [0003]
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