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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb einer Sicherheitsgurtvorrichtung eines Fahrzeuges, wobei mittels eines reversiblen elektromotorischen Gurtstraffers ein Sicherheitsgurt gestrafft und mittels eines mechanischen Gurtkraftbegrenzers eine durch den Sicherheitsgurt auf einen Insassen wirkende Gurtkraft begrenzt wird.
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Im Allgemeinen ist ein Sicherheitsgurt, welcher mit einem reversiblen elektromotorischen Gurtstraffer gekoppelt ist, bekannt. Mittels des reversiblen elektromotorischen Gurtstraffers wird ein Sicherheitsgurt nach einem Anlegen automatisch gestrafft, so dass eine Gurtlose zumindest verringert wird und der Sicherheitsgurt gestrafft am Körper des Insassen anliegt.
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Darüber hinaus ist ein Gurtkraftbegrenzer bekannt, mittels dessen im Kollisionsfall des Fahrzeuges eine durch den Sicherheitsgurt auf den Insassen maximal wirkende Kraft begrenzt wird. Weist das Fahrzeug einen oben beschriebenen reversiblen Gurtstraffer auf, so ist im Stand der Technik vorgesehen, dass dieser im Kollisionsfall gezielt aus einem Kraftpfad des Gurtkraftbegrenzers herausgenommen wird, da er sonst einen zusätzlichen Gurtbandauszugswiderstand erzeugen würde, der nicht gewünscht ist. Die Entkopplung des reversiblen Gurtstraffers erfolgt beispielsweise durch eine mechanische Zwangsschaltung oder durch eine pyrotechnische Schaltung.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zum Betrieb einer Sicherheitsgurtvorrichtung eines Fahrzeuges anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein Verfahren zum Betrieb einer Sicherheitsgurtvorrichtung eines Fahrzeuges sieht vor, dass mittels eines reversiblen elektromotorischen Gurtstraffers ein Sicherheitsgurt gestrafft und mittels eines mechanischen Gurtkraftbegrenzers eine durch den Sicherheitsgurt auf einen Insassen wirkende Gurtkraft begrenzt wird. Erfindungsgemäß wird im Kollisionsfall des Fahrzeuges zusätzlich zur Begrenzung der Gurtkraft mittels des Gurtkraftbegrenzers der elektromotorische Gurtstraffer derart angesteuert, dass dieser einer durch eine Insassenverlagerung verursachten dynamischen Auszugskraft eines Sicherheitsgurtes durch eine gegenläufige elektromotorische Kraft entgegenwirkt.
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Dabei sind die gegenläufige elektromotorische Kraft des elektromotorischen Gurtstraffers und die Kraft des herkömmlichen Gurtkraftbegrenzers kleiner als die durch die Insassenverlagerung verursachte dynamische Auszugskraft des Sicherheitsgurtes, so dass der Sicherheitsgurt auf vorgegebene Weise der dynamischen Auszugskraft teilweise nachgeben kann, d. h. ausgezogen werden kann, wodurch die auf den Insassen wirkende Gurtkraft begrenzt wird.
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Dadurch, dass der Gurtstraffer sowohl zur Straffung des Sicherheitsgurtes als auch, zusätzlich zum herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer, zur Gurtkraftbegrenzung eingesetzt wird, kann der herkömmliche Gurtkraftbegrenzer beispielsweise kleiner dimensioniert werden, so dass ein Gewicht und Kosten der Sicherheitsgurtvorrichtung sowie ein erforderlicher Bauraum zur Anordnung der Sicherheitsgurtvorrichtung verringert werden können. Des Weiteren ergeben sich durch den Einsatz des Gurtstraffers zur Gurtkraftbegrenzung neue Freiheiten bezüglich einer geregelten Gurtbandauszugskraft in einem Kollisionsfall.
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Der Gurtstraffer, bei welchem es sich vorzugsweise um einen Aufrollstraffer handelt, wird um die Funktion der Gurtkraftbegrenzung erweitert.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand einer Zeichnung näher erläutert.
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Dabei zeigt:
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1 schematisch einen Insassen auf einem Fahrzeugsitz mit angelegtem Sicherheitsgurt,
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2 schematisch ein Diagramm mit einem Verlauf einer Gurtkraftbegrenzung mittels eines Gurtkraftbegrenzers und eines Gurtstraffers und
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3 schematisch ein weiteres Diagramm mit einem Verlauf einer Gurtkraftbegrenzung mittels des Gurtkraftbegrenzers und des Gurtstraffers.
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In der einzigen Figur ist ein Insasse 1 in einem Fahrzeug 2 auf einem Fahrzeugsitz 3 mit angelegtem Sicherheitsgurt 4 einer Sicherheitsgurtvorrichtung S dargestellt.
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Bei dem Sicherheitsgurt 4 handelt es sich beispielsweise um einen Dreipunktgurt, so dass der Insasse 1 bei angelegtem Sicherheitsgurt 4 an drei Befestigungspunkten B1 bis B3 einer Fahrzeugkarosserie angebunden ist.
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Dabei bildet ein Gurtschloss 5, in welches eine verschiebbar an dem Sicherheitsgurt 4 angeordnete Gurtschlosszunge 6 einsteckbar ist, einen ersten Befestigungspunkt B1. Einen zweiten Befestigungspunkt B2 bildet ein Endbeschlag 7 und ein dritter Befestigungspunkt B3 ist von einer Umlenkung 8 oder einem Gurtaufroller 9 des Sicherheitsgurtes 4 gebildet.
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Der Gurtaufroller 9 ist mit einem reversiblen elektromotorischen Gurtstraffer 10, einem sogenannten Aufrollstraffer, gekoppelt, welcher zumindest einen Elektromotor umfasst, insbesondere eine Getriebe- und Motoreinheit mit dem Elektromotor und einem Getriebe. Mittels dieses Gurtstraffers 10 wird der Sicherheitsgurt 4 beispielsweise nach einem Einstecken der Gurtschlosszunge 6 in das Gurtschloss 5 automatisch gestrafft.
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Alternativ oder zusätzlich wird der Sicherheitsgurt 4 mittels dieses Gurtstraffers 10 beispielsweise bei einer dem Fahrzeug 2 drohenden oder unmittelbar bevorstehenden Kollision gestrafft. Durch die Straffung des Sicherheitsgurtes 4 wird eine Gurtlose zumindest verringert, so dass der Sicherheitsgurt 4 gestrafft am Körper des Insassen 1 anliegt.
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Der Gurtstraffer 10 kann auch bei Gefahrensituationen angesteuert werden, ohne dass eine Kollision des Fahrzeuges 2 tatsächlich eintritt.
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Dabei umfasst der Gurtstraffer 10, wie bereits erwähnt, die Getriebe- und Motoreinheit, welche, insbesondere um eine im Folgenden beschriebene zusätzliche Funktion erfüllen zu können, vorteilhafterweise als eine lasttragende Getriebe- und Motoreinheit ausgebildet ist.
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Des Weiteren umfasst die Sicherheitsgurtvorrichtung S einen Gurtkraftbegrenzer 11, mittels dessen im Kollisionsfall des Fahrzeuges 2 eine durch den Sicherheitsgurt 4 auf den Insassen 1 maximal wirkende Kraft begrenzt wird, so dass das Verletzungsrisiko für den Insassen durch den Sicherheitsgurt 4 zumindest vermindert werden kann. Dabei gibt der Gurtkraftbegrenzer 11 einer durch eine Insassenverlagerung verursachten dynamischen Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 auf vorgegebene Weise nach.
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Um in Bezug auf eine Gurtkraftbegrenzung Gewicht, Kosten und erforderlichen Bauraum zur Anordnung des Gurtkraftbegrenzers verringern zu können, ist vorgesehen, zusätzlich zum Gurtkraftbegrenzer 11 den Gurtstraffer 10 zur Gurtkraftbegrenzung einzusetzen, so dass der herkömmliche Gurtkraftbegrenzer 11 beispielsweise kleiner dimensioniert werden kann.
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Insbesondere umfasst der Gurtstraffer 10 den Elektromotor, welcher zur Straffung des Sicherheitsgurtes 4 angesteuert wird, wobei sich der Elektromotor zur Straffung in Aufrollrichtung des Sicherheitsgurtes 4 dreht.
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Bei aus dem Stand der Technik bekannten herkömmlichen Gurtkraftbegrenzern 11 erfolgt die Gurtkraftbegrenzung mittels Verrichtung mechanischer Arbeit, beispielsweise durch einen Torsionsstab und/oder Biegeoperationen, und/oder auf pyrotechnische Weise. Bei einem zweistufigen, progressiven, degressiven und/oder adaptiven Gurtkraftbegrenzer 11 sind mehrere Module teilweise parallel im Einsatz, beispielsweise auch ein zusätzliches pyrotechnisches Modul, um zum Beispiel in einer zweiten Begrenzungsstufe eine pyrotechnische Gurtkraftbegrenzung zu realisieren. Daraus resultiert mehr Gewicht, wobei zudem ein erhöhter Bauraumbedarf und höhere Kosten entstehen. Durch den Einsatz des Gurtstraffers 10 zur Gurtkraftbegrenzung können insbesondere die mehreren Module entfallen, so dass der herkömmliche Gurtkraftbegrenzer 11 beispielsweise nur noch ein Modul aufweist, zum Beispiel mit einem Torsionsstab, wobei durch die Verwendung des Gurtstraffers 10 zur Gurtkraftbegrenzung weiterhin die zweistufige, progressive, degressive und/oder adaptive Gurtkraftbegrenzung realisiert werden kann, da dies nun mittels des Gurtstraffers 10 erfolgt. Durch diesen Entfall der zusätzlichen Module des Gurtkraftbegrenzers 11 können die Kosten, das Gewicht und der erforderliche Bauraum reduziert werden.
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Um die Sicherheitsgurtvorrichtung S, insbesondere die Gurtkraftbegrenzung, in Bezug auf ein mehrstufiges Kraftniveau, beispielsweise eine zweistufige, degressive, progressive und/oder adaptive Gurtkraftbegrenzung, zu optimieren, ist somit vorgesehen, insbesondere die Motoreinheit und/oder Getriebeeinheit des Gurtstraffers 10 zur Gurtkraftbegrenzung einzusetzen.
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Hierzu kann beispielsweise vorgesehen sein, dass im Kollisionsfall des Fahrzeuges 2 die Getriebeeinheit von einer Antriebseinheit des Gurtstraffers 10, insbesondere von der Motoreinheit in Form des Elektromotors, pyrotechnisch entkoppelt wird. In anderen Ausführungsbeispielen erfolgt dies jedoch nicht, so dass die Antriebseinheit des Gurtstraffers 10, insbesondere die Motoreinheit in Form des Elektromotors, und die Getriebeeinheit gemeinsam zur Gurtkraftbegrenzung verwendet werden.
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Dabei wird in die Motoreinheit, vorzugsweise inklusive der Getriebeeinheit, zusätzlich ein Gurtkraftbegrenzer 11 eingesetzt, d. h. zusätzlich zu einem Bauteil zur Gurtkraftbegrenzung mittels Verrichtung mechanischer Arbeit, insbesondere zusätzlich zu einem Torsionsstab, welchen der Gurtkraftbegrenzer 11 aufweist.
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Zur Gurtkraftbegrenzung ist der Gurtstraffer 10 vorteilhafterweise derart ansteuerbar, dass er im Kollisionsfall einer durch eine Insassenverlagerung verursachten dynamischen Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 durch eine gegenläufige elektromotorische Kraft entgegenwirkt. D. h. die Motoreinheit in Form des Elektromotors wird auch im Kollisionsfall vorteilhafterweise derart angesteuert, dass sich der Elektromotor ohne die durch die Insassenverlagerung verursachte dynamische Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 in Aufrollrichtung drehen würde. Die Motoreinheit wird dabei jedoch derart angesteuert, dass die zur dynamischen Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 gegenläufige elektromotorische Kraft des Elektromotors in vorgegebener Weise kleiner ist als die dynamischen Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4, so dass diese dynamische Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 nur teilweise kompensiert wird, um die Gurtkraftbegrenzung zu realisieren. Insbesondere sind dabei die elektromotorische Kraft des Elektromotors zusammen mit einer durch den herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11 auf den Sicherheitsgurt wirkenden Kraft kleiner als die dynamischen Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4, so dass diese dynamische Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 durch diese beiden Kräfte nur teilweise kompensiert wird.
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Durch diese Ansteuerung des Gurtstraffers 10, welche vorteilhafterweise dynamisch einstellbar ist, ergibt sich durch die der dynamischen Auszugskraft des Sicherheitsgurtes 4 entgegenwirkende elektromotorische Kraft des Gurtstraffers 10 und die Kraft des herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11 ein dynamisch einstellbarer Auszugswiderstand, der die Gurtkraftbegrenzung darstellt. Um einen Auszugswiderstandes des Sicherheitsgurtes 4 zu erhöhen, wird zweckmäßigerweise die Motoreinheit mit elektrischem Strom beaufschlagt. Alternativ kann beispielsweise vorgesehen sein, dass der Gurtstraffer 10 nicht angesteuert wird, jedoch im Kraftpfad des Sicherheitsgurtes 4 verbleibt, d. h. im Gegensatz zum Stand der Technik nicht aus diesem Kraftpfad entkoppelt wird und allein dadurch zur Gurtkraftbegrenzung beiträgt.
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Die 2 und 3 zeigen anhand von Diagrammen D1, D2 zwei Beispiele von Kraftverläufen einer am Sicherheitsgurt 4 wirkenden Gesamtkraft F, welche durch die Kombination aus herkömmlichem Gurtkraftbegrenzer 11 und dem zur Gurtkraftbegrenzung eingesetzten Gurtstraffer 10 erzielbar ist. Dabei sind in den Diagrammen D1, D2 jeweils zwei Bereiche A1, A2 dargestellt, wobei der erste Bereich dem herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11 und der zweite Bereich dem zur Gurtkraftbegrenzung eingesetzten Gurtstraffer 10 zugeordnet ist.
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Gemäß dem vorliegenden Ausführungsbeispiel gemäß des in 2 dargestellten Diagramms D1 ist der zur Gurtkraftbegrenzung eingesetzte Gurtstraffer 10 dem herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11, welcher die Gurtkraftbegrenzung beispielsweise mittels eines Torsionsstabs realisiert, in Bezug auf die Zeit t nachgelagert, so dass ein zweistufiges System zur Gurtkraftbegrenzung darstellbar ist.
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Ein weiteres Ausführungsbeispiel ist im Diagramm D2 gemäß 3 dargestellt und zeigt ebenfalls die beiden Bereiche A1, A2. Hier wird der Gurtstraffer 10 zur Gurtkraftbegrenzung nicht zeitlich nachgelagert, sondern innerhalb eines vorgegebenen Zeitbereichs gleichzeitig zum herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11 eingesetzt, wodurch in diesem vorgegebenen Zeitbereich die am Sicherheitsgurt 4 wirkende Gesamtkraft F erhöht wird. Nach Ablauf dieses vorgegebenen Zeitbereichs wirkt allein der herkömmliche Gurtkraftbegrenzer 11.
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Die Motoreinheit des Gurtstraffers 10 ist also vorteilhafterweise derart ansteuerbar, das deren Gurtkraftbegrenzungsfunktion beispielsweise dem herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11 zeitlich nachgelagert ist oder für eine vorgegebene Zeit t zusätzlich zum herkömmlichen Gurtkraftbegrenzer 11 wirkt und dadurch die am Sicherheitsgurt 4 wirkende Gesamtkraft F verstärkt. Durch die beschriebene Lösung, d. h. durch die Kombination eines herkömmlichen, insbesondere nur einstufigen, Gurtkraftbegrenzers 11 mit dem zur Gurtkraftbegrenzung eingesetzten Gurtstraffer 10 kann somit vorteilhafterweise eine dynamische Gurtkraftbegrenzung erreicht werden, beispielsweise eine zweistufige, degressive, progressive und/oder adaptive Gurtkraftbegrenzung. Dabei stehen durch den Einsatz des Gurtstraffers 10 zur Gurtkraftbegrenzung wesentlich mehr Steuerungs- und/oder Regelungsmöglichkeiten zur Verfügung als bei der ausschließlichen Verwendung eines herkömmlichen Gurtkraftbegrenzers 11. Zudem können zusätzliche Module des herkömmlichen Gurtkraftbegrenzers 11, beispielsweise ein zusätzliches pyrotechnisches oder mechanisches Modul, entfallen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Insasse
- 2
- Fahrzeug
- 3
- Fahrzeugsitz
- 4
- Sicherheitsgurt
- 5
- Gurtschloss
- 6
- Gurtschlosszunge
- 7
- Endbeschlag
- 8
- Umlenkung
- 9
- Gurtaufroller
- 10
- Gurtstraffer
- 11
- Gurtkraftbegrenzer
- S
- Sicherheitsgurtvorrichtung
- A1
- erster Bereich
- A2
- zweiter Bereich
- B1
- erster Befestigungspunkt
- B2
- zweiter Befestigungspunkt
- B3
- dritter Befestigungspunkt
- D1
- Diagramm
- D2
- weiteres Diagramm
- F
- Gesamtkraft
- t
- Zeit