-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs, das als auf eine Regelgeschwindigkeit als Einstellwert regelnde Geschwindigkeitsregelanlage und/oder als die Geschwindigkeit unterhalb einer Maximalgeschwindigkeit als Einstellwert haltendes Geschwindigkeitsbegrenzungssystem ausgebildet ist, wobei der Einstellwert in Abhängigkeit von wenigstens einer auf die aktuelle Umgebung des Kraftfahrzeugs bezogenen Umgebungsinformation automatisch anpassbar ist. Daneben betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug.
-
Fahrerassistenzsysteme, die sich auf die Geschwindigkeitsregelung des Kraftfahrzeugs, mithin die Längsführung des Kraftfahrzeugs, beziehen, wurden im Stand der Technik schon in vielfacher Art und Weise vorgeschlagen. Bekannte und heute oft auch bereits serienmäßig verbaute Beispiele für derartige Fahrerassistenzsysteme sind Geschwindigkeitsregelanlagen (GRA) und Geschwindigkeitsbegrenzungssysteme (Speedlimiter/LIM). Geschwindigkeitsregelanlagen regeln automatisch auf eine fahrerseitig eingestellte und/oder wenigstens teilweise automatisch durch das Fahrerassistenzsystem modifizierbare Regelgeschwindigkeit als Einstellwert, das bedeutet, es wird möglichst genau die Regelgeschwindigkeit gehalten. Dabei sind sowohl Ausgestaltungen bekannt, in denen der Fahrer die Regelgeschwindigkeit durch einen eine Wunschgeschwindigkeit beschreibenden Eingabewert, beispielsweise durch Betätigung eines Tasters bei Vorliegen des Eingabewerts für die Geschwindigkeit, festlegt; vorgeschlagen wurde jedoch auch, die Regelgeschwindigkeit adaptiv an die aktuelle Umgebung anzupassen, beispielsweise von dem Eingabewert abweichende Einstellwerte zu verwenden, wenn eine Höchstgeschwindigkeit vorliegt, die geringer als der Eingabewert ist und/oder die Straßenführung eine niedrigere Geschwindigkeit sinnvoll erscheinen lässt. Ein Geschwindigkeitsbegrenzungssystem dagegen, welches auch zusätzlich zu einer Geschwindigkeitsregelanlage realisiert sein kann, regelt die Geschwindigkeit nicht, sondern begrenzt sie lediglich nach oben, beispielsweise anhand einer aktuell geltenden Höchstgeschwindigkeit. Auch hier ist es denkbar, dass ein Eingabewert als Einstellwert für die einzuhaltende Höchstgeschwindigkeit verwendet wird; insbesondere beim Speedlimiter ist es jedoch zweckmäßig, den Einstellwert, also die Maximalgeschwindigkeit, anhand der aktuellen Fahrsituation zu wählen.
-
Längsführende Fahrerassistenzsysteme, die eine automatische, insbesondere prädiktive Einstellwertverstellung aufweisen, werden häufig als prädiktive Fahrerassistenzsysteme bezeichnet (pGRA beziehungsweise pLIM). Für derartige Anpassungen des Einstellwerts können die aktuelle Fahrumgebung beschreibende Eingangsdaten verwendet werden, beispielsweise digitale Kartendaten eines Navigationssystems, denen Höchst- und/oder Richtgeschwindigkeiten zugeordnet sind, und/oder Kameradaten, die eine Verkehrszeichenerkennung ermöglichen.
-
Eine automatische Anpassung des Einstellwertes auf eine höhere Geschwindigkeit als Zielwert ist jedoch bei Geschwindigkeitsregelanlagen und Geschwindigkeitsbegrenzungssystemen als kritisch zu bewerten, da es im Gegensatz zu anderen Längsführungssystemen wie ACC - Adaptive Cruise Control - keine Regelung auf ein unmittelbar vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer gibt. Bei einer Erhöhung des Einstellwerts, insbesondere also der Regelgeschwindigkeit und/oder der Maximalgeschwindigkeit, kann es zu einer ungewollten Verkürzung des Abstands zum Vordermann kommen, was unerwünscht ist. Weniger kritisch ist hier eine Anpassung des Einstellwerts auf einen niedrigeren Wert, da der Fahrer in der Aufsichtspflicht steht und bei heute bekannten Geschwindigkeitsregelanlagen und bei Geschwindigkeitsbegrenzungssystemen den Abstand zum Vordermann selber einstellen muss.
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Anpassungscharakteristik bei längsführenden Fahrerassistenzsystemen, die nicht auf einen unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer regeln, zu ermöglichen.
-
Zur Lösung dieser Aufgabe ist bei einem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß vorgesehen, dass bei einem detektierbaren, dem Kraftfahrzeug unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer durch Auswertung von Sensordaten wenigstens eines Umfeldsensors des Kraftfahrzeugs ein den Abstand zu dem unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer beschreibender Abstandswert ermittelt wird und bei einer vorzunehmenden Anpassung des Einstellwertes auf einen höheren Wert die Anpassung nur bei Erfüllung eines Anpassungskriteriums vorgenommen wird, in dem überprüft wird, ob der Abstandswert einen vorgegebenen Schwellwert überschreitet.
-
Es wird also ein auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs gerichteter Umfeldsensor genutzt, aus dessen Sensordaten gefolgert werden kann, ob und wo ein unmittelbar voranfahrender Verkehrsteilnehmer vorliegt. Ein derartiger Umfeldsensor kann ein Radarsensor oder dergleichen sein, bevorzugt ist es jedoch, wenn als Umfeldsensor eine Kamera des Kraftfahrzeugs eingesetzt wird, insbesondere eine solche, die dreidimensionale Bilddaten liefert, beispielsweise eine 3D-Kamera und/oder eine Stereokamera. Dabei sei angemerkt, dass es auch, beispielsweise unter Verwendung von Methoden des optischen Flusses, bei 2D-Kameras bekannt ist, Informationen zum Abstand und/oder zur Relativgeschwindigkeit in den Bilddaten enthaltener Objekte zu ermitteln. Wird eine günstigere, für andere Funktionen meist ohnehin im Kraftfahrzeug vorhandene Kamera eingesetzt, kann auf teure zusätzliche Umfeldsensoren, insbesondere üblicherweise gezielt für ACC-Systeme vorgesehene ACC-Sensoren, verzichtet werden. Die Sensordaten der Kamera beziehungsweise allgemein des Umfeldsensors werden mithin ausgewertet, um Objektinformationen über Objekte im Umfeld des Kraftfahrzeugs zu erhalten, insbesondere den Abstand zum Objekt und die Relativgeschwindigkeit des Objektes.
-
Auf Basis dieser Informationen kann ein Abstandswert bestimmt werden, wobei beispielsweise als Abstandswert eine Zeitlücke zu dem voranfahrenden Verkehrsteilnehmer und/oder eine Streckenlänge zwischen dem Kraftfahrzeug und dem Verkehrsteilnehmer ermittelt wird. Dabei ist es bevorzugt, als Abstandswert eine Zeitlücke zu verwenden, da diese auch die Relativgeschwindigkeit zwischen dem Kraftfahrzeug und dem anderen Verkehrsteilnehmer in Betracht zieht und somit eine bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten ähnlich wirkende Grundlage für die folgende Auswertung des Anpassungskriteriums bietet.
-
Erfindungsgemäß wird nun vorgeschlagen, ein Anpassungskriterium zu verwenden, welches überprüft, ob der Abstandswert einen vorgegebenen Schwellwert überschreitet. Nur wenn das Anpassungskriterium erfüllt ist, wird die Anpassung des Einstellwerts auf den höheren Wert tatsächlich vorgenommen. Mit anderen Worten kann die automatische Verstellung des Einstellwertes auf einen höheren Wert ausgesetzt werden, solange das Vorderfahrzeug innerhalb einer definierten Zeitlücke vor dem eigenen Kraftfahrzeug fährt. Fährt der unmittelbar voranfahrende Verkehrsteilnehmer aus der Zeitlücke heraus, wird also der Schwellwert überschritten, wird die automatische Verstellung auf den höheren Wert durchgeführt.
-
Dabei sei nochmals hervorgehoben, dass sich die vorliegende Erfindung auf Fahrerassistenzsysteme bezieht, bei denen gerade keine Regelung auf den unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer stattfindet, sondern entweder eine reine Geschwindigkeitsregelung oder eine reine Geschwindigkeitsbegrenzung. Eine Folgeregelung wird durch das erfindungsgemäß verwendete Anpassungskriterium auch nicht eingeführt, sondern es wird lediglich die Anpassung des Einstellwerts auf einen höheren Wert in bestimmten Situationen gezielt unterdrückt, ohne dass die sonstige Funktion des Fahrerassistenzsystems - Regelung auf die Regelgeschwindigkeit beziehungsweise Verhinderung der Überschreitung der Maximalgeschwindigkeit - in irgendeiner Art und Weise verändert wird. Die Sensordaten des Umfeldsensors dienen bezüglich des Fahrerassistenzsystems ausschließlich zur Ermittlung des Abstandswerts, insbesondere der Zeitlücke, zwischen dem eigenen Kraftfahrzeug und dem Vorderfahrzeug, um eine automatische Verstellung des Einstellwerts gefahrlos zu ermöglichen.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht mithin eine vollautomatische Verstellung des Einstellwerts auf höhere beziehungsweise niedrigere Werte, ohne dass der Fahrer die neuen Geschwindigkeiten aktiv bestätigen muss. Ebenfalls ist kein ACC-Sensor notwendig, weshalb eine günstige Alternative angeboten werden kann, wenn Umfeldsensoren genutzt werden, die aufgrund anderer Funktionen beziehungsweise Fahrerassistenzsystemen/Sicherheitssystemen ohnehin serienmäßig im Kraftfahrzeug verbaut sind.
-
Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung sieht vor, dass zusätzlich eine Relativgeschwindigkeit des unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmers ermittelt wird, wobei zur Erfüllung des Anpassungskriteriums zusätzlich überprüft wird, dass bei Beschleunigung des Kraftfahrzeugs auf den neuen Einstellwert, also den höheren Wert, nach der vorzunehmenden Anpassung keine innerhalb eines vorbestimmten Zeitintervalls auftretende Unterschreitung des Schwellwerts aufgrund der Relativgeschwindigkeit auftritt. Das bedeutet, in einer zweckmäßigen Weiterbildung kann aus den Sensordaten ebenso eine Relativgeschwindigkeit des Vorderfahrzeugs bestimmt werden, um zu überprüfen, ob bei Erhöhung des Einstellwertes und Beschleunigung auf den neuen Einstellwert das eigene Kraftfahrzeug den vorgegebenen Schwellwert für den Abstand nicht unfreiwillig, insbesondere im Rahmen der eigenen Regeltätigkeit bei einer Geschwindigkeitsregelanlage, sogleich wieder unterschreitet. Mithin ist eine Zusatzbedingung für die Anpassung gegeben, die prädiktiv zu ermitteln sucht, ob durch die Setzung des Einstellwerts auf den höheren Wert nicht unfreiwillig ein kritischer Abstand erreicht wird.
-
Zusätzlich oder alternativ ist es auch besonders vorteilhaft, wenn zusätzlich eine Relativgeschwindigkeit des unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmers ermittelt wird, wobei abhängig von der Relativgeschwindigkeit bei erfülltem Anpassungskriterium nach der Erhöhung des Einstellwerts eine verfügbare Beschleunigung des Kraftfahrzeugs zumindest für das als Geschwindigkeitsregelanlage ausgebildete Fahrerassistenzsystem begrenzt wird. Das bedeutet also, die Beschleunigungsfähigkeit des Kraftfahrzeugs kann nach der Erhöhung des Einstellwerts gezielt begrenzt werden, um zu verhindern, dass das Kraftfahrzeug zu dicht auf das Vorderfahrzeug, also den unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer, auffährt. Diese Ausgestaltung ist insbesondere im Zusammenhang mit einer Ausgestaltung zweckmäßig, in der die Erhöhung des Einstellwerts bei Nichterfüllung des Anpassungskriteriums aufgeschoben wird, bis das Anpassungskriterium wieder erfüllt ist, da dann bei entsprechenden Relativgeschwindigkeiten, die dies befürchten lassen, verhindert wird, dass durch die Erhöhung des Einstellwerts der vorgegebene Schwellwert für den Abstand sogleich wieder unterschritten wird. Mit anderen Worten wird die maximal zulässige Beschleunigung des Kraftfahrzeugs so begrenzt, dass aufgrund der aktuellen Relativgeschwindigkeit des unmittelbar vorausfahrenden Verkehrsteilnehmers wenigstens der vorgegebene Schwellwert als Abstandswert erhalten bleibt.
-
Eine zweckmäßige Weiterbildung der Erfindung sieht, wie bereits angedeutet wurde, vor, dass bei nicht erfülltem Anpassungskriterium und weiterhin vorzunehmender Anpassung das Anpassungskriterium zyklisch oder kontinuierlich weiterhin auf Erfüllung überwacht wird. In einem solchen Fall wird also die Anpassung zurückgestellt, bis sie wieder risikoärmer möglich ist.
-
Zweckmäßigerweise kann der Abstandswert ferner beim Betrieb wenigstens eines weiteren Fahrerassistenzsystems und/oder eines Sicherheitssystems verwendet werden. Wie bereits dargelegt wurde, werden zweckmäßig die Sensordaten des Umfeldsensors, insbesondere der Kamera, allgemein bereits für wenigstens ein weiteres Fahrzeugsystem eingesetzt, wobei auch der Abstandswert (und gegebenenfalls die Relativgeschwindigkeit) zweckmäßig Eingang in bestimmte Funktionen von weiteren Fahrerassistenzsystemen und/oder Sicherheitssystemen finden kann. Ein Beispiel hierfür sind sogenannte City-Safety-Systeme, die auf der Basis von Bilddaten einer Kamera kritische Situationen zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten suchen.
-
Zweckmäßig ist es, wenn eine Anpassung des Einstellwerts ohne vorherige Bestätigung durch den Fahrer erfolgt. Gerade bei einer Erhöhung des Einstellwerts schien es aufgrund der Möglichkeit auftretender kritischer Situationen zuvor zweckmäßig zu sein, die Erhöhung des Einstellwertes durch den Fahrer bestätigen zu lassen. Dies ist nun, nachdem durch das Anpassungskriterium überwacht wird, ob eine gefahrlose Erhöhung möglich ist, nicht mehr notwendig, so dass das Fahrerassistenzsystem insgesamt komfortabler realisiert werden kann.
-
Dabei sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass es grundsätzlich durchaus denkbar ist, den Schwellwert in Abhängigkeit eines aktuellen Betriebsparameters des Kraftfahrzeugs vorzugeben, beispielsweise bei Verwendung einer Streckenlänge als Abstandswert in Abhängigkeit von einer aktuellen Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs und dergleichen, um immer geeignete, der Sicherheit hinreichend zuträgliche vorgegebene Schwellwerte im Anpassungskriterium zu verwenden.
-
Bezüglich der Grundlage zur Anpassung des Einstellwerts kann vorgesehen sein, dass als Umgebungsinformation zur Anpassung des Einstellwerts digitale Kartendaten eines Navigationssystems des Kraftfahrzeugs und/oder aus Bilddaten einer oder der Kamera ermittelte Verkehrszeicheninformationen und/oder Verkehrslagedaten ausgewertet werden. Beispielsweise können also in digitalen Kartendaten eines Navigationssystems Streckenabschnitten Höchst- und/oder Sollgeschwindigkeiten zugeordnet sein, die als Einstellwert genutzt werden können, wenn festgestellt wird, dass sich das Kraftfahrzeug auf diesem Streckenabschnitt befindet. Auch im Rahmen einer Verkehrszeichenerkennung kann eine Anpassung von Einstellwerten erfolgen, beispielsweise anhand erkannter Höchst- und/oder Richtgeschwindigkeiten. Schließlich kann auch eine Anpassung im Hinblick auf die Verkehrslage erfolgen, so dass beispielsweise niedrigere Werte angesetzt werden können, wenn bekannt ist, dass ein Stau vor- oder vorausliegt.
-
Neben dem Verfahren betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Kraftfahrzeug, aufweisend einen auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs gerichteten Umfeldsensor und ein Fahrerassistenzsystem mit einem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildeten Steuergerät. Sämtliche Ausführungen bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich analog auf das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug übertragen, mit welchem mithin ebenso die bereits genannten Vorteile erhalten werden können. Dabei sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Funktion des Fahrerassistenzsystems explizit keine Folgeregelung auf den unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer umfasst, sondern tatsächlich eine reine Geschwindigkeitsregelung/Geschwindigkeitsbegrenzung gegeben ist.
-
Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnung. Dabei zeigen:
- 1 einen Ablaufplan eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 2 einen Geschwindigkeitsverlauf eines Kraftfahrzeugs in einer ersten Verkehrssituation,
- 3 einen Geschwindigkeitsverlauf des Kraftfahrzeugs in einer zweiten Verkehrssituation, und
- 4 ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug.
-
1 zeigt einen Ablaufplan eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Betrieb eines Fahrerassistenzsystems, wobei in den folgenden Ausführungsbeispielen auf eine Geschwindigkeitsregelanlage (GRA) als Fahrerassistenzsystem Bezug genommen wird. Nichtsdestotrotz lassen sich die Ausführungen auch analog auf ein Geschwindigkeitsbegrenzungssystem (Speedlimiter) übertragen.
-
Das Fahrerassistenzsystem regelt die Geschwindigkeit des eigenen Kraftfahrzeugs ohne eine Folgeregelung auf ein unmittelbar voranfahrendes Kraftfahrzeug auf eine Regelgeschwindigkeit, die durch einen Einstellwert beschrieben ist. Dieser Einstellwert, auf den geregelt wird, kann dabei abhängig von der aktuellen Fahrumgebung des Kraftfahrzeugs angepasst werden, insbesondere ausgehend von einem fahrerseitig vorgegebenen, eine Wunschgeschwindigkeit beschreibenden Eingabewert für die Regelgeschwindigkeit temporär reduziert werden, wenn die Fahrumgebung dies erfordert. Das bedeutet also, eine im Schritt S1 in 1 angedeutete Teilfunktion des Fahrerassistenzsystems berechnet zyklisch einen aktuellen, auf die Fahrumgebung des Kraftfahrzeugs angepassten Zielwert für den Einstellwert, welcher zur Anpassung herangezogen werden soll. Dabei werden vorliegend zur Ermittlung des Zielwerts Höchst- und Sollgeschwindigkeiten aus digitalen Kartendaten eines Navigationssystems des Kraftfahrzeugs und Daten einer Verkehrszeichenerkennung, die auf Bilddaten einer Kamera des Kraftfahrzeugs beruht, herangezogen.
-
Soll der Einstellwert auf einen niedrigeren Wert reduziert werden, ist also der Zielwert kleiner als der aktuelle Einstellwert, erfolgt die automatische Anpassung des Einstellwerts unmittelbar. Ist der Zielwert jedoch ein höherer Wert als der aktuelle Einstellwert, wird in einem Schritt S2 die Erfüllung eines Anpassungskriteriums überprüft. Ist das Anpassungskriterium im Schritt S2 nicht erfüllt, erfolgt auch keine Anpassung des Einstellwerts auf den höheren Wert und es wird zu Schritt S1 zurückgekehrt, das bedeutet, die Anpassung wird, solange sie vorzunehmen ist, solange zurückgestellt, bis das Anpassungskriterium im Schritt S2 erfüllt ist. Hierzu wird das Anpassungskriterium zyklisch erneut überprüft, insbesondere dann, wenn auch der Zielwert aktualisiert würde.
-
In dem Anpassungskriterium wird wenigstens überprüft, ob ein den Abstand zu einem unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer beschreibender Abstandswert, hier eine Zeitlücke, einen vorgegebenen Schwellwert überschreitet. Das bedeutet, es muss ein gewisser Mindestabstand zu dem unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer (falls ein solcher vorliegt) vorhanden sein, damit der Einstellwert auf den höheren Wert erhöht wird. Ist kein unmittelbar voranfahrender Verkehrsteilnehmer detektierbar, kann die Anpassung auf den höheren Wert selbstverständlich unmittelbar erfolgen.
-
Um den Abstandswert zu ermitteln, werden vorliegend Sensordaten einer Kamera des Kraftfahrzeugs als Umfeldsensor, der auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs gerichtet ist, ausgewertet. Sensordaten der Kamera werden dabei auch für wenigstens ein weiteres Fahrerassistenzsystem und/oder Sicherheitssystem des Kraftfahrzeugs genutzt, das bedeutet, die Kamera ist für Funktionen weiterer Fahrzeugsysteme ohnehin vorhanden. Zweckmäßigerweise kann es sich um eine dreidimensionale Bilddaten liefernde Kamera handeln und/oder eine Ermittlung des Abstandswerts kann durch den optischen Fluss nutzende Verfahren durchgeführt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass bei dieser Auswertung der Sensordaten der Kamera auch bereits eine Relativgeschwindigkeit des unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmers zum Kraftfahrzeug ermittelt wird, die im weiteren Verlauf des Verfahrens genutzt wird.
-
Es sei darauf hingewiesen, dass das Anpassungskriterium auch weitere Bedingungen zur Erfüllung aufweisen kann, beispielsweise solche, die die Relativgeschwindigkeit dahingehend auswerten, zu prädizieren, ob das Kraftfahrzeug bei Beschleunigung auf den höheren Wert zwangsläufig den Schwellwert für den Abstandswert unterschreiten würde oder dergleichen. Dieser Fall wird vorliegend jedoch anders abgegriffen, wie bezüglich der weiteren Schritte dargelegt werden soll.
-
In einem Schritt S3 wird bei erfülltem Anpassungskriterium der Einstellwert auf den höheren Wert angepasst, was ohne Bestätigung durch einen Fahrer geschieht, nachdem das Anpassungskriterium im Schritt S2 kritische Fälle bereits ausschließen sollte.
-
In einem Schritt S4 wird überprüft, ob ein kritischer Wert für die Relativgeschwindigkeit vorliegt, der anzeigt, dass bei einer stattfindenden Beschleunigung auf den höheren Wert, der jetzt als Einstellwert vorliegt, der Abstandswert in nächster Zukunft bedingt durch diese Beschleunigung den vorgegebenen Schwellwert unterschreiten würde. Ist dies der Fall, wird in einem Schritt S5 die verfügbare Beschleunigung des Kraftfahrzeugs so begrenzt, dass dies vermieden wird; liegt jedoch aufgrund der Relativgeschwindigkeiten keine derartige Gefahr vor, wird unmittelbar wieder zu Schritt S1 zurückgekehrt. Bei einer Begrenzung der Beschleunigung bleibt diese solange erhalten, wie die Gefahr der Unterschreitung des vorgegebenen Schwellwerts durch einen zukünftigen Abstandswert besteht. Dabei wird im Schritt S5 die der Geschwindigkeitsregelanlage zur Verfügung stehende Beschleunigung begrenzt, um den Fahrer die Hoheit über das Kraftfahrzeug nicht zu entziehen, beispielsweise, wenn dieser einen Überholvorgang angehen möchte.
-
2 und 3 zeigen anhand beispielhafter Fahrsituationen und des zugehörigen Geschwindigkeitsverlaufs des Kraftfahrzeugs 1 die Wirkungsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens.
-
2 zeigt das Kraftfahrzeug 1 auf einer Straße 2, wie es sich hinter einem unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer 3 einem Ortsschild 4 an einer Position 5 nähert. In dem Diagramm, das die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 gegen den Weg zeigt, ist zu erkennen, dass bis zu der Position 5 des Ortschilds 4 die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs, wie zu erwarten, dem Einstellwert 6, der der Ortsgeschwindigkeit entspricht, gleicht. Prädiktiv wird im Kraftfahrzeug 1 nun bestimmt, dass ab der Position 5 der Ort verlassen wird, mithin der Einstellwert 6 auf einen höheren Wert 7, hier 100 km/h, erhöht werden könnte, wie durch den gestrichelten Verlauf 8 angedeutet ist. Allerdings wird an der Position 5 festgestellt, dass die aktuelle Zeitlücke zum unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer 3 noch kleiner als der vorgegebene Schwellwert ist, mithin das Anpassungskriterium im Schritt S2 nicht erfüllt ist. Daher erfolgt die Anpassung noch nicht.
-
Der Zeitpunkt 9 markiert nun den Moment, in dem die aktuelle Zeitlücke zu dem unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmer 3 den vorgegebenen Schwellwert unterschreitet. Entsprechend wird dann, Verlauf 10, der Einstellwert 6 auf den höheren Wert 7 gemäß Schritt S3 erhöht, woraufhin das Kraftfahrzeug 1, Kurve 11, beginnt, auf diesen neuen Einstellwert 7 hin zu beschleunigen. Dabei kann die Beschleunigung in einen Bereich 12 zunächst noch gemäß den Schritten S4 und S5 beschränkt sein, um zu vermeiden, dass der vorgegebene Schwellwert unmittelbar mit Anpassung des Einstellwerts 6 auf den höheren Wert 7 wieder unterschritten wird.
-
3 zeigt eine ähnliche Verkehrssituation wie die der 2, bei der kein unmittelbar voranfahrender Verkehrsteilnehmer 3 detektierbar ist beziehungsweise vorhanden ist. In diesem Fall kann unmittelbar, Verlauf 10', bei Erreichen der Position 5 der Einstellwert 6 auf den höheren Wert 7 erhöht werden, woraufhin das Kraftfahrzeug 1 ohne Beschränkungen gemäß der Kurve 11' auf den höheren Wert 7 beschleunigen kann.
-
4 ist eine Prinzipskizze des Kraftfahrzeugs 1, die für die Erfindung wesentliche Komponenten zeigt. Das Kraftfahrzeug 1 umfasst demnach das Fahrerassistenzsystem 13, welches ein zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildetes Steuergerät 14 umfasst. Das Steuergerät 14 erhält entsprechend Daten des als Kamera 15 ausgebildeten, auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs 1 gerichteten Umfeldsensors 16, um hieraus wie beschrieben den Abstandswert und die Relativgeschwindigkeit eines unmittelbar voranfahrenden Verkehrsteilnehmers 3, so vorhanden, zu ermitteln.
-
Die Sensordaten des Umfeldsensors 16 werden zusätzlich auch einem Sicherheitssystem 17 der City Safety zur dortigen Verwendung zugeführt. Die Bilddaten der Kamera 15 als Sensordaten können auch für eine Verkehrszeichenerkennung verwendet werden, um einen Zielwert für den Einstellwert 6 im Fahrerassistenzsystem 13 zu ermitteln. Hierzu ist das Steuergerät 14 im Übrigen auch mit einem Navigationssystem 18 des Kraftfahrzeugs 1 verbunden, welches digitale Kartendaten mit Höchst- und/oder Sollgeschwindigkeiten bereitstellt.