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Die Erfindung betrifft ein Turbinensystem nach den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 sowie ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Turbinensystems nach den Merkmalen des Patentanspruchs 8.
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Gattungsgemäße Turbinensysteme umfassen wenigstens eine Turbine mit einer Turbinenwelle und einen mit der Turbinenwelle gekoppelten Generator. Die Turbine kann beispielsweise eine Dampfturbine. Hierbei wird die Enthalpie des Dampfes in Rotationsenergie d.h. in mechanische Energie umgewandelt, welche den Generator antreibt und so elektrischen Strom erzeugt.
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Wird das Gegenmoment der Turbine schnell reduziert, wie dies z.B. im Fall eines Lastabwurfes der Fall ist, beschleunigt die Turbine durch die im System befindliche Energie. Im Falle der Dampfturbine wäre das bis zur Unterbrechung des Dampfmassenstroms und Ausspeicherung der in der Maschine enthaltenen Energie. Durch die Beschleunigung des Turbinensystems kommt es zu einem Überschwingen der Drehzahl über die Nenndrehzahl der Turbine. Der Überschwinger der Drehzahl hängt dabei im Wesentlichen von der Massenträgheit der Turbine und des verbleibenden Energieeintrages in das System bis zur Unterbrechung des Energieeintrages ab. Die Massenträgheit der Maschine ist dabei eine konstruktive Größe. Der Energieeintrag hängt von der Reaktionszeit des Turbinenreglers und der Auslöse- und Verfahrenszeit der beteiligten Ventile ab. Heutige Systeme zur Erkennung eines Lastabwurfes mit anschließender Reaktion sind technologisch bereits sehr fortgeschritten und ihr Potential in Bezug auf die Reaktionszeit nahezu ausgereizt.
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Turbinen und Generatoren haben eine maximal zulässige Höchstdrehzahl. Diese liegt üblicherweise bei dem 1,2-fachen der Nenndrehzahl. Bei Turbinensträngen mit kleiner Massenträgheit kann dies zur Folge haben, dass im Falle eines Lastabwurfs in Folge der endlichen Reaktionszeit des Turbinenreglers, die maximal zulässige Drehzahl überschritten wird.
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Kommt es im Falle eines Lastabwurfs zum fehlerhaften Offenbleiben eines Turbinenstellventils, führt dies zu einer weiteren Verzugszeit, bis zum Erreichen des Auslösewertes des Überdrehzahlschutzes und Schließen der Turbinenschnellschlussventile. Hierdurch wird der Überschwinger der Turbinendrehzahl weiter erhöht.
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In vielen Anwendungen, abhängig von den nationalen Netzanforderungen oder den Kundenanforderungen, ist es gefordert, dass im Falle eines Lastabwurfes – also der schnellen Reduzierung der elektrischen Last und damit einhergehend dem Verlust der Bremswirkung des Netzes – die Turbine auf Nenndrehzahl bzw. auf Eigenbedarf abgefangen wird, und damit eine Wiedersynchronisation mit dem elektrischen Netz möglich ist. Aufgrund der noch im System befindlichen Energie und der fehlenden Bremswirkung des Netzes beschleunigt die Turbine. Das Überschwingen der Drehzahl muss unterhalb des Auslösegrenzwerts des Überdrehzahlschutzsystems liegen, da es sonst zum Auslösen der Schutzfunktion kommt und ein Einregeln auf Nenndrehzahl/ Eigenbedarf nicht mehr möglich ist. Dies hat zur Folge, dass es in bestimmten Anwendungen nicht möglich ist, Turbinen unterhalb einer gewissen Trägheit einzusetzen und gleichzeitig die Anforderungen des Netzes nach Abfangen auf Nenndrehzahl/ Eigenbedarf zu erfüllen.
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Um das Überschwingen und das Eigenregeln auf Nenndrehzahl bzw. auf Eigenbedarf zu ermöglichen sind bislang aufwendig. Aufwendig ist bislang eine aufwendige und damit kostenintensive Regelungstechnik erforderlich. Weitere Maßnahmen sind der Einsatz von Maschinen mit höherer Trägheit bzw. das Herabsetzen des Auslösegrenzwertes des Überdrehzahlschutzes.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Turbinensystem bereitzustellen, welche die im Stand der Technik beschriebenen Nachteile überwindet. Des Weiteren ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Turbinensystems bereitzustellen.
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Die Aufgabe wird hinsichtlich des Turbinensystems durch die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs 1 und hinsichtlich des Verfahrens zum Betreiben eines Turbinensystems durch die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs 8 gelöst.
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Weitere Vorteile der Erfindung die einzeln oder in Kombination miteinander einsetzbar sind, sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Das erfindungsgemäße Turbinensystem, umfassend wenigstens eine Turbine mit einer Turbinenwelle und ein mit der Turbinenwelle gekoppelten Generator zeichnet sich dadurch aus, dass das Turbinensystem ein aktives mechanisches Brennsystem aufweist, welches im Falle eines unzulässigen Hochlaufens der Turbine, bei einer vorgegebenen Drehzahl, die Turbinenwelle mechanisch bremsen kann. Durch den Einsatz des aktiven mechanischen Bremssystems wird dem Turbinensystem in bestimmten Betriebs-/Störfällen Rotationsenergie entzogen. Hierdurch wird eine Dämpfung des Drehzahlüberschwingers des Turbinensystems ermöglicht. Durch Dämpfen des Drehzahlüberschwingers wird die maximale zulässige Reaktionszeit des Regelsystems bei gegebener Massenträgheit des Turbinenstrangs erhöht. Hierdurch ist es mitunter möglich, ein Regelsystem geringerer Reaktionszeit einzusetzen, woraus sich ein finanzieller Vorteil ergibt.
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Durch Dämpfen des Drehzahlüberschwingers wird zudem die kritische Mindestmassenträgheit eines Turbinensystems bei gegebener Reaktionszeit des Regelsystems vermindert. Hierdurch ist es möglich, Turbinen geringerer Trägheit bei gleichen Prozessparametern einzusetzen und dennoch die Anforderungen nach Abfangen auf Eigenbedarf/ Nenndrehzahl zu erfüllen.
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Eine Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass das aktive mechanische Bremssystem die Drehzahl der Turbinenwelle auf eine Drehzahl begrenzt, die kleiner ist als das 1,2-fache der Nenndrehzahl der Turbine. Durch die Begrenzungen der Drehzahl auf eine Drehzahl die kleiner ist als das 1,2-fache der Nenndrehzahl der Turbine wird der kritische Wert von 120 % Nenndrehzahl nicht erreicht. Hierdurch werden bestimmte Anwendungen bei vorhandenen Turbinen erst möglich.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass das aktive mechanische Bremssystem in unmittelbarer Nähe von, oder in einem oder mehrerer Lagern der Turbinenwelle angeordnet ist. Eine solche Positionierung wirkt sich positiv auf das Turbinensystem und die Beanspruchung/ Belastung auf die Turbinenwelle aus.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass eine Kühlung des aktiven mechanischen Bremssystems vorgesehen ist. Aufgrund der hohen Bremsleistungen, die ein aktives mechanisches Bremssystem bewerkstelligen muss, kommt es zu einem hohen Temperatureintrag in das Bremssystem, welcher möglichst abzuführen ist um eine Schädigung des Bremssystems aufgrund thermischer Belastung zu vermeiden und die Bremsleistung zu erhöhen.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Kühlung mittels einer passiven Bremsbelüftung erfolgt. Die passive Bremsbelüftung hat den Vorteil, dass sie relativ einfach konstruktiv auszubilden ist und geringe Kosten verursacht.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass die Kühlung mittels einer aktiven Bremsbelüftung erfolgt. Die aktive Bremsbelüftung bietet den Vorteil, dass hierdurch größere Wärmemengen innerhalb kürzerer Zeit abgeführt werden können, wodurch sich die aktive Belüftung insbesondere für größere Turbinensysteme eignet. Belüftung ist hierbei nicht im engeren Wortsinne, das heißt in Form einer Luftkühlung zu verstehen. Vielmehr sind jegliche Arten von aktiver (erzwungener) Kühlung, beispielsweise eine Wasserkühlung hierunter zu subsumieren.
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Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass das aktive mechanische Bremssystem im Ruhestromprinzip betrieben wird, sodass zur Aktivierung keine Energie erforderlich ist. Hierdurch erhöht sich die Betriebssicherheit des Turbosystems, da das Bremssystem auch im Falle eines Stromausfalls voll funktionsfähig bleibt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben eines Turbosystems nach einem der vorherigen Ansprüche zeichnet sich dadurch aus, dass das aktive mechanische Bremssystem seine Bremsfunktion solange aufrecht erhält, bis Regelsysteme des Turbinensystems den Energieertrag durch das Strömungsmedium so reduzieren, dass ein zulässiges Hochlaufen der Turbine über eine vorgebbare Drehzahl verhindern.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird ein Drehzahlüberschwingen des Turbinensystems insbesondere im Störfall gedämpft, wodurch die maximale zulässige Reaktionszeit des Regelsystems bei gegebener Massenträgheit des Turbinensystems erhöht werden kann. Hierdurch ist es möglich ein Regelsystem geringerer Reaktionszeit zu verwenden, wodurch sich finanzielle Vorteile ergeben.
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Eine Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass das aktive mechanische Bremssystem die Drehzahl der Turbine beim unzulässigen Hochlaufen der Turbine auf die Nenndrehzahl einregelt. Hierdurch ist es möglich, das Überschwingen der Drehzahl unterhalb des Auslösegrenzwertes des Überdrehzahlschutzes zu halten, sodass es nicht zum Auslösen der Schutzfunktion kommt und ein Einregeln auf Nenndrehzahl/ Eigenbedarf ermöglicht wird.
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Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das erfindungsgemäße Turbinensystem sowie das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben eines solchen Turbinensystems in vorteilhafter Weise die Dämpfung der Drehzahlüberschwingung eines Turbinensystems insbesondere im Störfall ermöglichen. Durch die Dämpfung des Drehzahlüberschwingers wird die maximal zulässige Reaktionszeit des Regelsystems bei gegebener Massenträgheit des Turbinenstrangs erhöht. Hierdurch ist es möglich, ein Regelsystem geringer Reaktionszeit zu realisieren. Durch das Dämpfen des Drehzahlüberschwingers lässt sich die Drehzahl unterhalb des Auslösegrenzwerts des Überdrehzahlschutzsystems halten, sodass es nicht zum Auslösen der Schutzfunktion kommt und ein Einregeln der Drehzahl auf die Nenndrehzahl/ Eigenbedarf möglich wird.
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Ein Ausführungsbeispiel sowie weitere Vorteile der Erfindung werden nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels erläutert.
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Die Figur zeigt lediglich eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Turbinensystems. Dabei sind nur die für die Erfindung wesentlichen Bauteile dargestellt.
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1 zeigt ein erfindungsgemäßes Turbinensystem 1. Das Turbinensystem 1 umfasst eine Turbine 2 mit einer Turbinenwelle 3, die mit einem Generator 4 gekoppelt ist. Der Generator 4 ist an ein elektrisches Netz angeschlossen und speist in dieses elektrischen Strom ein. Die Turbinenwelle 3 ist mittels mehrerer Lager 6 drehbar gelagert. Das Turbinensystem 1 verfügt über ein aktives mechanisches Bremssystem 5, welches im Falle eines unzulässigen Hochlaufens der Turbine 2 bei einer vorgebbaren Drehzahl die Turbinenwelle 3 mechanisch bremsen kann. Zu einem unzulässigen Hochlaufen der Turbinenwelle 3 kann es beispielsweise im Falle eines Lastabwurfes kommen, da dann das Gegenmoment für die Turbine 2 fehlt. Aufgrund der noch im System befindlichen Energie und der fehlenden Bremswirkung des Netzes würde es so zu einer unzulässigen Beschleunigung der Turbine 2 und damit zu einem Überschwingen der Drehzahl über die zulässige Höchstdrehzahl kommen. Das mechanische Bremssystem 5 kann in diesem Fall aktiv angesteuert werden und die Drehzahl der Turbinenwelle 3 auf eine vorgebbare maximale Drehzahl einbremsen. Durch das abbremsen der Turbinenwelle 3 kann verhindert werden, dass die Drehzahl so hoch ansteigt, dass der Auslösewert des Überdrehzahlschutzes erreicht wird und es in Folge dessen zum Auslösen der Schutzfunktion kommt. Hierdurch ist es möglich, das Turbinensystem 1 wieder auf die Nenndrehzahl bzw. auf den Eigenbedarf einzuregeln, ohne dass das Turbinensystem 1 völlig herunterfährt.
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Das Turbinensystem 1 ist dabei so ausgeführt, dass die Drehzahl auf eine Drehzahl begrenzt wird, die kleiner ist als das 1,2-fache der Nenndrehzahl der Turbine 2. Dieser Wert liegt unterhalb der maximal zulässigen Höchstdrehzahl der Turbine 2 sowie des Generators 4. Als Bremssystem kann beispielsweise eine Scheibenbremse Verwendung finden. Die Bremseinrichtung kann aber grundsätzlich auf Basis unterschiedlicher Technologien ausgeführt sein.
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Das aktive mechanische Bremssystem 5 ist in unmittelbarer Nähe des Lagers 6 angeordnet. Grundsätzlich ist es auch möglich, das Bremssystem 5 innerhalb des Lagers 6 vorzusehen. Durch die unmittelbare Nähe zum Lager 6 werden die Beanspruchungen auf das Turbinensystem 1 und insbesondere die Turbinenwelle 3 möglichst gering gehalten. Das Turbinensystem 1 kann in Abhängigkeit von der notwendigen Bremsleistung ein oder mehrere Bremssysteme 5 aufweisen.
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Zur Abfuhr des Wärmeeintrags und zur Erhöhung der zulässigen Bremsleistung ist eine Kühlung des mechanischen Bremssystems 5 vorgesehen. Die Kühlung kann je nach notwendiger Kühlleistung passiv, beispielsweise durch eine innerbelüftete Scheibenbremse oder aktiv beispielsweise durch eine Wasserkühlung erfolgen.
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Zur Erzielung einer hohen Betriebssicherheit, ist das mechanische Bremssystem 5 im Ruhestromprinzip ausgebildet, das heißt, dass zur Aktivierung das Bremssystem 5 keine Energie benötigt wird. Somit arbeitet das Bremssystem 5 auch im Falle eines Stromausfalls stets zuverlässig.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben des Turbinensystems 1 ist so ausgebildet, dass das aktive mechanische Bremssystem 5 im Falle eines unzulässigen Hochlaufens des Turbinensystems 1 seine Bremsfunktion solange aufrecht erhält, bis die Regelsysteme des Turbinensystem 1 den Energieeintrag durch das Strömungsmedium so reduziert haben, dass ein unzulässiges Hochlaufen der Turbine 2 über die vorgebbare Drehzahl verhindert wird. Hierzu ist ein Drehzahlmesser 7 vorgesehen, der die Drehzahl der Turbinenwelle 3 ermittelt und an eine Steuerungseinheit 8 weitergibt, die in Wirkverbindung mit dem Bremssystem 5 steht. Solange die Regelsysteme des Turbinensystem 1 noch nicht den Energieeintrag in das Turbinensystem 1 so geregelt haben, dass ein Überschreiten der vorgebbaren Drehzahl der Turbinenwelle 3 verhindert wird, sorgt die Steuereinheit 8 dafür, dass das Bremssystem 5 seine Bremsfunktion aufrecht erhält und so das Überschwingen über die vorgebbare Drehzahl insbesondere über die zulässige Höchstdrehzahl verhindert. Darüber hinaus ist das Verfahren so ausgelegt, dass das aktive mechanische Bremssystem 5 die Drehzahl der Turbine 2 beim unzulässigen Hochlaufen wieder auf die Nenndrehzahl bzw. auf Eigenbedarf abfängt und somit eine Wiedersynchronisierung mit dem elektrischen Netz ermöglicht.
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Das erfindungsgemäße Turbinensystem sowie das Verfahren zum Betreiben des Turbinensystems verhindert somit auf einfache Weise, dass bei einem unzulässigen Hochlaufen der Turbine die höchstzulässige Drehzahl überschritten wird. Damit verhindert sie, dass der Überdrehzahlschutz des Systems auslöst, und ein Einregeln der Drehzahl auf die Nenndrehzahl verhindert wird. Das erfindungsgemäße Turbinensystem eignet sich sowohl für Dampf-, als auch für Gasturbinen sowie jegliche andere Turbinen bei welchem es zu einem unzulässigen Hochlaufen der Turbine aufgrund eines unzulässigen Energieeintrags kommen kann.