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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Ansteuerung der Schwingungsdämpfer einer Radaufhängung eines Kraftfahrzeugs, welche für jedes Fahrzeugrad einen hinsichtlich seiner Dämpfungsrate ansteuerbaren Schwingungsdämpfer aufweist. Weiterhin bezieht sich die Erfindung auf ein entsprechendes System.
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Ansteuerbare Schwingungsdämpfer ermöglichen im Unterscheid zu passiven Schwingungsdämpfern im Fahrbetrieb eine Veränderung der Dämpfungsrate. Bei semi-aktiven Schwingungsdämpfern kann die Dämpferkraft durch Ansteuerung eines Überströmventils beeinflusst werden. Die hierfür aufgewendete Hilfsenergie dient dabei lediglich der Ventilansteuerung zum Zweck der Veränderung der Phasenlage der Energieaufnahme und Energieabgabe durch den Dämpfer. Bei aktiven Schwingungsdämpfern wird die Hilfsenergie hingegen dazu genutzt, um eine gewünschte Kraft in jede Richtung dämpfend abzuführen oder energieeinbringend zu erzeugen. Im Vergleich zu einem semi-aktiven Schwingungsdämpfer muss daher erheblich mehr Energie zur Ansteuerung bereitgestellt werden können, weswegen zumeist semi-aktive Schwingungsdämpfer als ansteuerbare Schwingungsdämpfer in Kraftfahrzeugradaufhängungen eingesetzt werden.
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Die Funktion ansteuerbarer Schwingungsdämpfer in einer Radaufhängung wird in
DE 10 2008 053 007 A1 erläutert. So kann unter Verwendung einer geeigneten Sensorik beispielsweise festgestellt werden, ob ein Schwingungsdämpfer in der Zugstufe soweit ausgefahren oder in der Druckstufe soweit eingefahren wird, dass dieser seine mechanische Endlage erreicht. Zur Vermeidung einer Beschädigung des Schwingungsdämpfers sowie vor allem zur Vermeidung von unerwünschten Anschlaggeräuschen werden in Schwingungsdämpfern aller Bauarten oftmals mechanische und/oder hydraulische Anschlagpuffer vorgesehen. Bei passiven Schwingungsdämpfern ist dies die einzige Abhilfemaßnahme. Ansteuerbare Schwingungsdämpfer eröffnen zusätzlich die Möglichkeit eines „elektronischen“ Endanschlags, indem durch entsprechende Ansteuerung des Schwingungsdämpfers die Dämpfungsrate geeignet verändert wird, um das tatsächliche Erreichen der Endlage zu verhindern. Auf mechanische und/oder hydraulische Anschlagpuffer kann dann gegebenenfalls sogar verzichtet werden.
DE 10 2008 053 007 A1 beschreibt einen solchen „elektronischen“ Endanschlag im Rahmen einer auf prädiktiven Sensorsignalen beruhenden Ansteuerung der Schwingungsdämpfer.
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Hierbei macht man sich in
DE 10 2008 053 007 A1 zu Nutze, dass bestimmte Informationen zeitlich im Voraus bekannt sind. Bei Kraftfahrzeugen erreichen Anregungen der Vorderachse nach einer bestimmten Zeit auch die Hinterachse. So kann beispielsweise anhand der Radbewegung der Vorderachse auf Hindernisse oder Straßenanregungen geschlossen werden, die entsprechend Fahrgeschwindigkeit und Radstand auch die Räder der Hinterachse anregen werden, unter der Voraussetzung, dass eine Vorwärtsfahrt vorliegt. Im Normalfall kann somit ein Modul für einen elektronischen Endanschlag für die Hinterachse durch die Vorderachse vorgesteuert werden, sobald dort ein Störereignis erkannt wird. Entsprechendes gilt für Sensoren, die zum Beispiel am vorderen Stoßfänger angebracht sind und die den Abstand zur Fahrbahnoberfläche detektieren. Diese würden dann auch Auskunft für die Vorderachse bereitstellen.
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In
DE 10 2008 053 007 A1 wird ferner erläutert, eine Prädiktion auf Basis von Ereignissen vorzunehmen, welche den Straßenzustand mit weiteren Zustandsgrößen wie der Fahrgeschwindigkeit kombinieren. Dazu werden typische Fahrbahnanregungen betrachtet, die zu Endlagenbewegungen führen können, wie beispielsweise bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten Bordsteinabfahrten oder „Sleeping Policemen“ und bei höheren Fahrgeschwindigkeiten „Sprunghügel“. Wird ein entsprechendes Ereignis prädiziert, d.h. besteht eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt, so können die Signalgrößen mit einem Offset, multiplikativ oder additiv, versehen werden. Bei Bordsteinabfahrten führt zum Beispiel ein Fahrzeugrad zunächst eine sehr schnelle Ausfederungsbewegung aus, die zu einem Zuganschlag führen kann. Ähnliches gilt für Sprunghügel. Bei „Sleeping Policemen“ kann der Fahrzeugaufbau der Radanregung nicht folgen und es kann zu einem Druckanschlag kommen. Direkt nach dieser Anregung kann wiederum ein Zuganschlagsproblem auftreten, da dann das Fahrzeugrad sehr schnell ausfedert. Entsprechend gilt für weitere Hindernisse wie Bahnschwellenüberfahrten, Straßenausbrüche, Gullideckel und dergleichen.
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Die Abschätzung eines wahrscheinlich auftretenden Ereignisses kann mit der Kenntnis über den Aufbau- und Radenergiezustand und der Fahrgeschwindigkeit oder dergleichen zu einem wahrscheinlichen Ereignisverlauf kombiniert werden, dem dann bei Bedarf mittels der ansteuerbaren Schwingungsdämpfer durch Einstellung geeigneter Dämpferraten frühzeitig entgegensteuert werden kann. Im einfachsten Fall kann jedoch auch nur der Straßenzustand oder nur der Aufbau- und/oder Radenergiezustand zur Ansteuerung der Schwingungsdämpfer mittels eines elektronischen Endlagenmoduls herangezogen werden. So ist es zum Beispiel auf einer Fahrbahn mit starker Rad- und/oder Aufbauanregung wahrscheinlicher, dass ein Endanschlag erreicht wird, als auf einer ebenen Fahrbahn. Dies kann beispielsweise zu einer unterschiedlichen Wichtung der Prädiktionssignale verwendet werden.
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Das in
DE 10 2008 053 007 A1 offenbarte Verfahren nutzt zur Prädiktion die Signale am Fahrzeug verbauter Sensoren. Insbesondere geht
DE 10 2008 053 007 A1 davon aus, dass am Fahrzeug drei Vertikalbeschleunigungssensoren vorhanden sind. Aus deren Signalen können durch geeignete Interpretation Informationen beispielsweise über das Wank- und Rollverhalten des Fahrzeugs gewonnen werden. Ferner geht
DE 10 2008 053 007 A1 davon aus, das für jeden ansteuerbaren Schwingungsdämpfer ein Niveausensor vorhanden ist, womit der aktuelle Einfederungszustand an jedem Fahrzeugrad bekannt ist. Aus einem solchen Signal kann daraus geschlossen werden, wie weit der zugehörige Schwingungsdämpfer ein- oder ausgefahren ist. Würde man zur Endlagendämpfung jedoch allein auf die Signale der Niveausensoren zurückgreifen, bestünde unter Umständen das Problem, dass bei großen Federwegen ohne Gefahr des Erreichens einer Dämpferendlage den Fahrkomfort beeinträchtigende Dämpfereingriffe unnütz veranlasst werden würden, was in einem unharmonischen Fahr- und Komfortverhalten resultieren könnte. Solches wird erst durch das auf eine breitere Datenbasis gestützte Prädiktionsverfahren gemäß
DE 10 2008 053 007 A1 vermieden. Wie oben ausgeführt, lehrt
DE 10 2008 053 007 A1 , Informationen über die Fahrgeschwindigkeit sowie über einen CAN-Bus zur Verfügung stehender Signale in die Prädiktion mit einzubeziehen. Ein entsprechendes Steuergerät erzeugt dann Signale für die einzelnen ansteuerbaren Schwingungsdämpfer.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das aus
DE 10 2008 053 007 A1 bekannte Verfahren weiterzuentwickeln.
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Bei Kantenabfahrten, beispielsweise über einen Bordstein, kann es wie oben bereits erläutert dazu kommen, dass einzelne Fahrzeugräder sehr stark ausfedern. Hierbei ist es möglich, dass der Endanschlag der zugehörigen Schwingungsdämpfer erreicht wird, was zu einem starken Anschlaggeräusch führen kann.
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Im Normalfall wird das elektronische Endanschlagsmodul für die Hinterachse durch die Vorderachse vorgesteuert, sobald dort ein Ereignis erkannt wird. Bei Abbiegevorgängen besteht jedoch das Problem, dass ein Hinterrad über eine Kante herunterfallen kann, ohne dass diese vorher durch die Vorderachse detektiert wurde, die Möglichkeit einer Vorhersage des Ereignisses somit praktisch entfällt.
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Mitunter wird an einer Hinterachse eines Fahrzeugs aus Kostengründen auch nur ein einziger Niveausensor verbaut, so dass unter Umständen ohnehin lediglich für eine Fahrzeugseite ein Niveausensor vorhanden ist, auf der anderen Fahrzeugseite hingegen fehlt. Eine vergleichbare Situation ergibt sich auch, falls bei beidseitiger Anordnung einer der Niveausensoren ausfallen sollte.
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Zur Abhilfe wird ein Verfahren gemäß Patentanspruch 1 vorgeschlagen, das im Folgenden umfasst:
- - Ermitteln einer Beschleunigung des Fahrzeugaufbaus im Bereich des ausgewählten Schwingungsdämpfers an einer Hinterachse des Kraftfahrzeugs (1) auf Grundlage von Signalen, welche durch am Fahrzeug verbaute Sensoren erfasst werden;
- - Schätzen der Niveaulage des ausgewählten Schwingungsdämpfers auf Grundlage von Signalen von den anderen Schwingungsdämpfern zugeordneten Niveausensoren;
- - Ermitteln der Geschwindigkeitsveränderung für das dem ausgewählten Schwingungsdämpfer zugeordnete Fahrzeugrad;
- - Ermitteln des Lenkwinkels des Kraftfahrzeugs;
- - Prädiktion einer möglichen Endlage des ausgewählten Schwingungsdämpfers durch Auswertung der vorgenannten Größen; und
- - Ansteuerung des ausgewählten Schwingungsdämpfers unter Berücksichtigung des Prognoseergebnisses im Hinblick auf eine dem Erreichen der Endlage entgegenwirkende Dämpfungsrate.
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Hierdurch ist es möglich, die Vorhersagequalität zu verbessern. Insbesondere können so an der Hinterachse auftretende Endlagenereignisse, welche nicht von der Vorderachse detektiert werden konnten, besser berücksichtigt werden. Beispielweise kann damit auf ein Hindernis bei Kurvenfahrt, beispielsweise das Überfahren einer Kante, besser reagiert werden.
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Ferner kann über die Prädiktion ein Niveausensor substituiert werden. Hierdurch kann die Anzahl der am Fahrzeug zu verbauenden Sensoren reduziert oder ein defekter Sensor kompensiert werden.
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Im Rahmen einer Versuchsreihe hat sich gezeigt, dass ein plötzlich ansteigendes Fahrbahnprofil mit einem kurzzeitigen Drehzahleinbruch einhergeht. Ferner geht ein plötzlich fallendes Fahrbahnprofil mit einer kurzzeitigen Drehzahlsteigerung einher. Dies lässt sich damit erklären, dass das betreffende Fahrzeugrad bei ansteigendem Fahrbahnprofil im Rahmen der Elastizität der Radaufhängung nach hinten wandert. Wenn sich das Fahrzeugrad gegenüber dem Fahrzeug nach hinten verschiebt, ist ein kurzzeitiger Drehzahleinbruch am Fahrzeugrad zu beobachten. Bei plötzlich fallendem Fahrbahnprofil tritt eine kurzzeitige Drehzahlüberhöhung auf. Durch Beobachtung der Geschwindigkeitsveränderung kann dies zur Komfortverbesserung genutzt werden.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand weiterer Patentansprüche.
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So kann beispielsweise zur Vereinfachung für den Bereich des ausgewählten Schwingungsdämpfers die Beschleunigung lediglich in Vertikalrichtung ermittelt und zur Prädiktion herangezogen werden.
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Für das Ermitteln der Beschleunigung des Fahrzeugaufbaus im Bereich des ausgewählten Schwingungsdämpfers werden bevorzugt die Signale von drei am Fahrzeugaufbau verbauten Beschleunigungssensoren ausgewertet. Diese können im Bereich der Fahrzeugräder, jedoch auch an anderen Stellen angeordnet sein.
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Wie oben bereits erwähnt, kann das Schätzen der Niveaulage des ausgewählten Schwingungsdämpfers vorgenommen werden, wenn ein dem ausgewählten Schwingungsdämpfer zugeordneter Niveausensor als defekt erkannt wird oder ein solcher am Fahrzeug nicht vorhanden ist.
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In einer weiteren Ausgestaltungsvariante ist vorgesehen, dass sich der ausgewählte Schwingungsdämpfer an einer Hinterachse des Fahrzeugs befindet. Hierbei wird dann auf ein selektives Ausfedern eines Hinterrads geschlossen, wenn sich der Lenkwinkel und die Geschwindigkeitsveränderung in einem vorgegebenen Parameterbereich befinden. Bei einer positiven Prognose im Hinblick auf ein Erreichen der Endlage wird daraufhin am ausgewählten Schwingungsdämpfer die Dämpfungsrate erhöht.
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Weiterhin kann die Geschwindigkeitsveränderung aus Raddrehzahlsignalen gewonnen werden.
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Erfindungsgemäß wird ferner ein System zur Ansteuerung der Schwingungsdämpfer einer Radaufhängung eines Kraftfahrzeugs gemäß Patentanspruch 9 vorgeschlagen. Dessen Sensorik umfasst vier hinsichtlich ihrer Dämpfungsrate ansteuerbare Schwingungsdämpfer, wobei jeweils ein ansteuerbarer Schwingungsdämpfer jeweils einem Fahrzeugrad des Kraftfahrzeugs zugeordnet ist, um dessen Relativbewegung zum Fahrzeugaufbau zu dämpfen, genau drei Beschleunigungssensoren, genau drei Niveausensoren, welche jeweils einem der Schwingungsdämpfer zur Erfassung der Niveaulage zugeordnet sind, und einen Lenkwinkelsensor, sowie den Fahrzeugrädern zugeordnet Raddrehzahlsensoren. Weiterhin ist eine Steuereinrichtung vorgesehen, welche derart konfiguriert ist, um:
- - eine Beschleunigung des Fahrzeugaufbaus im Bereich eines ausgewählten Schwingungsdämpfers einer Hinterachse des Kraftfahrzeugs auf Grundlage von Signalen, welche durch Beschleunigungssensoren erfasst werden, zu ermitteln;
- - die Niveaulage des ausgewählten Schwingungsdämpfers auf Grundlage der Signale der den anderen Schwingungsdämpfern zugeordneten Niveausensoren zu schätzen;
- - eine Geschwindigkeitsveränderung für das dem ausgewählten Schwingungsdämpfer zugeordnete Fahrzeugrad aus Signalen der Raddrehzahlsensoren zu ermitteln;
- - durch Auswertung der vorgenannten Größen sowie eines vom Lenkwinkelsensor bereitgestellten Signals eine mögliche Endlage des ausgewählten Schwingungsdämpfers zu prognostizieren; und
- - ein Ansteuersignal für den ausgewählten Schwingungsdämpfer unter Berücksichtigung des Prognoseergebnisses im Hinblick auf eine dem Erreichen der Endlage entgegenwirkende Dämpfungsrate zu generieren.
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Die drei Niveausensoren können derart angeordnet sein, dass zwei Niveausensoren den Schwingungsdämpfern einer Vorderachse und ein Niveausensor einem der Schwingungsdämpfer einer Hinterachse zugeordnet sind.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die Zeichnung zeigt in:
- 1 eine schematische Darstellung eines Kraftfahrzeugs mit einem möglichen Ausführungsbeispiel für ein System zur Ansteuerung der Schwingungsdämpfer einer Radaufhängung desselben, und in
- 2 ein Beispiel für ein Störereignis, bei dem eine Vorsensierung über die Vorderachse nicht möglich ist.
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Das Ausführungsbeispiel zeigt ein Kraftfahrzeug
1, dessen Radaufhängung je Fahrzeugrad
2 einen ansteuerbaren Schwingungsdämpfer
3 aufweist, über den das jeweilige Fahrzeugrad
2 gegen einen Fahrzeugaufbau
4 abgestützt ist. Die ansteuerbaren Schwingungsdämpfer
3 können als semi-aktive oder aktive Schwingungsdämpfer ausgeführt sein. In
1 ist beispielhaft für einen semi-aktiven Schwingungsdämpfer dessen zugehöriges Steuerventil
5 angedeutet. Die Ansteuerung der Schwingungsdämpfer
3 im Hinblick auf die Dämpfungsrate erfolgt durch ein Steuergerät
6, das beispielsweise wie in
DE 10 2008 053 007 A1 beschrieben ausgebildet sein kann.
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Weiterhin sind am Fahrzeugaufbau 2 drei Beschleunigungssensoren 7 angeordnet. Diese können ohne Beschränkung hierauf als Vertikalbeschleunigungssensoren ausgeführt sein. Aus deren Lage am Fahrzeugaufbau 2 sowie aufgrund der Kenntnis der Geometrie des Fahrzeugs lässt sich damit für jeden Punkt am Fahrzeug aus den Signalen der Beschleunigungssensoren 7 die Vertikalbeschleunigung errechnen und somit Informationen über das Wank- und Rollverhalten des Fahrzeugs erhalten. Es ist jedoch denkbar, die Beschleunigung des Fahrzeugaufbaus im Bereich eines ausgewählten Schwingungsdämpfers 2 auch über andere am Fahrzeug verbaute Sensoren zu generieren.
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1 zeigt ferner genau drei Niveausensoren
8, welche jeweils einem der Schwingungsdämpfer
2 zur Erfassung der Niveaulage zugeordnet sind. Vorliegend sind zwei Niveausensoren den Schwingungsdämpfern
2 einer Vorderachse
9 und ein Niveausensor
8 einem der Schwingungsdämpfer
2 einer Hinterachse
10 zugeordnet. Der Niveausensor
8 der Hinterachse
10 ist im Bereich des linken Hinterrads angeordnet, kann jedoch auch auf der anderen Achsseite fahrzeugradnah untergebracht oder beispielsweise auch in Achsmitte angeordnet sein. Eine andere anordnungsweise der drei Niveausensoren
8 ist ebenfalls möglich. In einer Abwandlung kann jedoch auch wie in
DE 10 2008 053 007 A1 beschrieben je Fahrzeugrad
2 ein Niveausensor vorhanden sein. Mittels der Niveausensoren wird der Einfederungszustand des Fahrzeugs am jeweiligen Anbringungsort gemessen. Hieraus kann wiederum bestimmt werden, wie weit die Schwingungsdämpfer
2 ausgezogen oder eingeschoben sind, was im Folgenden auch als deren Niveaulage bezeichnet werden soll.
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An dem Fahrzeug sind ferner Raddrehzahlsensoren 12 für die einzelnen Fahrzeugräder vorhanden, von denen in 1 lediglich der Raddrehzahlsensor 12 für das rechte Hinterrad dargestellt ist.
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Weiterhin ist ein Lenkwinkelsensor 11 vorhanden, mit dem der von Fahrer am Lenkrad vorgegebene Lenkwinkel erfasst wird.
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Signale all dieser Sensoren werden in dem Steuergerät
6 verarbeitet, welches dazu dient, die einzelnen Schwingungsdämpfer
2 anzusteuern, um die Dämpfungsrate der einzelnen Schwingungsdämpfer je nach Bedarf einzustellen. Hierbei kann auf die in
DE 10 2008 053 007 A1 beschriebenen Konzepte zurückgegriffen werden. Der diesbezügliche Offenbarungsgehalt von
DE 10 2008 053 007 A1 wird ausdrücklich hier miteinbezogen.
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In Abweichung zu
DE 10 2008 053 007 A1 ist das erfindungsgemäße Steuergerät
6 oder eine vergleichbare Steuereinrichtung in der nachfolgend näher erläuterten Art und Weise konfiguriert, um in
DE 10 2008 053 007 A1 nur schwer vorhersagbare Ereignisse besser abzubilden.
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Für die nachfolgende Betrachtung wird davon ausgegangen, dass am rechten Hinterrad 2 kein Niveausensor 8 vorhanden oder ein solcher bereits als defekt erkannt worden ist und dass am rechten Hinterrad 2 selektiv ein Hindernis beim Durchfahren einer Rechtskurve auftritt, welche durch die Vorderachse nicht vorsensiert werden konnte. 2 zeigt beispielhaft das Überfahren eines Bordsteins B mit dem rechten Hinterrad HR beim Rechtsabbiegen, welcher vom rechten Vorderrad VR nicht erfasst wurde.
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Zwecks Erkennung einer potenziellen Dämpferendlage am rechten Hinterrad 2 werden zunächst drei Werte berechnet.
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Dazu wird die Beschleunigung des Fahrzeugaufbaus 4 im Bereich eines ausgewählten Schwingungsdämpfers 3, vorliegend demjenigen, welcher dem rechten Hinterrad 2 (HR) zugeordnet ist, auf Grundlage von Signalen, welche durch die Beschleunigungssensoren 7 erzeugt werden, ermittelt.
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Zudem wird die Niveaulage des ausgewählten Schwingungsdämpfers 3 am rechten Hinterrad 2 (HR) auf Grundlage der Signale der den anderen Schwingungsdämpfern 2 zugeordneten Niveausensoren 8 geschätzt.
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Des Weiteren wird eine Geschwindigkeitsveränderung für das dem ausgewählten Schwingungsdämpfer zugeordnete, hier rechte hintere Fahrzeugrad 2 (HR) aus Signalen der Raddrehzahlsensoren 12 ermittelt. Hierbei macht man sich zunutze, dass bei einem plötzlich ansteigenden Fahrbahnprofil, d.h. bei zunehmender Steigung der Fahrbahn, ein kurzzeitiger Drehzahleinbruch auftritt, da sich das betreffende Fahrzeugrad 2 aufgrund elastokinematischer Eigenschaften der Radaufhängung der Hinterachse 10 des Fahrzeugrads 2 gegenüber dem Fahrzeugaufbau 4 entgegen der Fahrtrichtung nach hinten verschiebt. Umgekehrt kommt es bei einem plötzlich fallenden Fahrbahnprofil, d.h. bei abnehmender Steigung der Fahrbahn, zu einer kurzzeitigen Drehzahlsteigerung. Diese Information kann vorliegend zur Erkennung eines Hindernisses in Hinblick auf ein Endlagenereignis an der Hinterachse mitberücksichtigt werden.
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Durch Auswertung dieser drei Werte sowie ferner eines vom Lenkwinkelsensor 11 bereitgestellten Signals wird dann die Wahrscheinlichkeit für eine mögliche Endlage des ausgewählten Schwingungsdämpfers 3 prognostiziert. Ist davon auszugehen, dass der ausgewählte Schwingungsdämpfer 3 in Endlage gelangen könnte, wird durch entsprechende Veränderung der Dämpfungsrate eingegriffen. Hierbei wird zumindest für den ausgewählten Schwingungsdämpfer 3 unter Berücksichtigung des Prognoseergebnisses ein Ansteuersignal generiert, um eine dem Erreichen der Endlage entgegenwirkende Dämpfungsrate zu generieren. Gegebenenfalls werden auch die Dämpfungsraten der weiteren Schwingungsdämpfer 3 für das betreffende Ereignis geeignet angepasst.
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Mit anderen Worten werden bei einem entsprechend abgestimmten Verfahren die Signale der Sensoren 7, 8, 11 und 12 ausgewertet, um vorliegend eine potenzielle Endlage des Schwingungsdämpfers 3 am rechten hinteren Fahrzeugrad 2 vorherzusagen. Um ein mögliches Ereignis wie beispielsweise eine Kantenabfahrt beim Abbiegen ohne Vorsteuerung durch Vorderachsinformationen zu erkennen, wird aus den Sensorsignalen der Beschleunigungssensoren 7 die Beschleunigung des Fahrzeugaufbaus 4 hinten rechts ermittelt. Ferner wird das Niveau am rechten hinteren Fahrzeugrad 2 auf Grundlage der Sensorsignale der drei Niveausensoren 8 geschätzt. Aus den Raddrehzahlsignalen wird die Geschwindigkeit des rechten hinteren Fahrzeugrads 2 ermittelt. Die Geschwindigkeit wird wiederum zur Geschwindigkeitsänderung umgewandelt. Hierzu wird die Differenz zwischen zwei Messwerten der Geschwindigkeit ermittelt. Diese Berechnungen finden im Steuergerät 6 statt. Dort wird zudem der Lenkwinkel einbezogen. Anhand des Lenkwinkels wird detektiert, ob vorliegend eine Rechtskurve befahren wird, da angenommen wird, dass ein zu behebendes Problem bei diesem Manöver auftritt. Anhand der eingehenden Signale wird in einem elektronischen Endanschlagmodul 13 des Steuergeräts 6 eine Prognose erstellt, ob der Schwingungsdämpfer 3 am rechten hinteren Fahrzeugrad 2 in Endlage geraten könnte. Sollte dies der Fall sein, so wird eine Reaktion eingeleitet und das Steuerventil 5 des zugehörigen Schwingungsdämpfers 3 am rechten hinteren Fahrzeugrad 2 (HR) entsprechend geschaltet.
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In einer Ausführungsvariante beruht die Erkennung eines potentiellen Endlagenereignisses für einen Schwingungsdämpfer einer Kraftfahrzeughinterachse auf der Erfassung der Geschwindigkeitsveränderung an einem Hinterrad. Kommt es dort zu einer plötzlichen Drehzahlerhöhung oder einem Drehzahlabfall, kann, wie oben bereits erläutert, auf ein potentielles Endlagenereignis geschlossen werden.
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Hierbei kann eine zusätzliche Plausibilisierung stattfinden. Im Mittelpunkt dieser Plausibilisierung steht die Frage, ob an der Hinterachse ein Endlagenereignis, welches nicht von der Vorderachse detektiert werden konnte, auftreten kann.
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Dazu wird in einem ersten Schritt der Lenkwinkel betrachtet. Liegt dieser unterhalb eines Schwellwertes, wird davon ausgegangen, dass die hinteren Fahrzeugräder 2 (HR und HL) das gleiche Fahrbahnprofil wie die Fahrzeugräder 2 (WR und VL) der Vorderachse überfahren und damit kein unerwartetes Endlagenereignis auftreten kann.
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In einem zweiten Schritt wird aus Gründen des Fahrkomforts die Fahrgeschwindigkeit eingeschränkt. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass nicht erkannte Endlagenereignisse an der Hinterachse 10 meist bei Geschwindigkeiten unterhalb von 40km/h auftreten. Für die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs kann dementsprechend ein Grenzwert vorgegeben werden, unterhalb dessen die Erkennung eines Endlagenereignisses als möglich angesehen wird.
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Im dritten Schritt wird die Lage der drei Fahrzeugräder, welche mit einem arbeitenden Niveausensor 8 ausgestattet sind, mit dem vierten Fahrzeugrad 2 (HR) ohne Niveausensierung verglichen. Steht das vierte Fahrzeugrad 2 (HR) beispielsweise auf einem hohen Bordstein, so federt das diagonal gegenüberliegende Fahrzeugrad 2 (VL) stärker ein, während die verbleibenden Fahrzeugräder 2 (HL, VR) etwas ausfedern. Ein bevorstehendes Endlagenereignis wird in dieser Situation als sehr wahrscheinlich.
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Ferner wird die Aufbaubeschleunigung beobachtet. Diese sollte bei einem zügig ausfedernden Fahrzeugrad deutlich negativ sein. Ist dies nicht der Fall, kann von einer Fehldetektion ausgegangen werden.
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Diese Kriterien können als Freischaltbedingung über Schwellwerte und einen UND Operator miteinander verknüpft werden, um die Freigabe der Erkennung zu ermöglichen. Allerdings sind auch andere Kombinationen möglich. Beispielweise kann jedem Kriterium ein Wahrscheinlichkeitswert zugeordnet werden. Die Wahrscheinlichkeiten werden dann z.B. multiplikativ verknüpft. Wird hierbei ein Mindestwert überschritten, wir auf ein Endlagenereignis geschlossen und eine Ansteuerung der Schwingungsdämpfer dahingehend veranlasst, dass ein Anschlagen an einen mechanischen Endabschlag idealerweise unterbunden wird.
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In die Freischaltbedingung kann optional der Gradient der Längsbeschleunigung als weiteres Auslösekriterium einbezogen werden. Hierdurch ist es möglich, Drehzahlschwankungen an den Fahrzeugrädern, welche durch ein plötzliches Betätigen und Lösen der Bremse hervorgerufen werden, von relevanten Endlagenereignissen durch ein Fahrbahnhindernis zu unterscheiden.
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Auf diese Weise kann ein fehlender oder defekter Niveausensor hinten rechts kompensiert werden. Zudem kann die Aussagequalität der Prädiktion von Ereignissen, welche einen Eingriff der elektronischen Endlagendämpfung nötig machen, verbessert werden.
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Das vorstehend erläuterte Konzept lässt sich analog für ein linkes hinteres Fahrzeugrad einsetzten. Zudem ist das Überfahren einer Bordsteinkante beim Abbiegen lediglich als ein mögliches Beispiel für ein Störereignis mit potentiellem Erreichen eines Endanschlags im Schwingungsdämpfer zu verstehen, bei welchen eine Vorsensierung über die Vorderachse nicht möglich ist.
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Die Erfindung wurde vorstehend anhand von Ausführungsbeispielen und weiterer Abwandlungen näher erläutert. Insbesondere können technische Einzelmerkmale, welche oben im Kontext weiter Einzelmerkmale erläutert wurden, unabhängig von diesen sowie in Kombination mit weiteren Einzelmerkmalen verwirklicht werden, auch wenn dies nicht ausdrücklich beschrieben ist, solange dies technisch möglich ist. Die Erfindung ist ausdrücklich nicht auf die beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt, sondern umfasst alle durch die Patentansprüche definierten Ausgestaltungen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- Fahrzeugrad
- 3
- Schwingungsdämpfer
- 4
- Fahrzeugaufbau
- 5
- Steuerventil
- 6
- Steuergerät
- 7
- Beschleunigungssensor
- 8
- Niveausensor
- 9
- Vorderachse
- 10
- Hinterachse
- 11
- Lenkwinkelsensor
- 12
- Raddrehzahlsensor
- 13
- elektronisches Endanschlagmodul
- B
- Bordstein
- HL
- Fahrzeugrad hinten links
- HR
- Fahrzeugrad hinten rechts
- VL
- Fahrzeugrad vorne links
- VR
- Fahrzeugrad vorne rechts