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Die Erfindung betrifft eine Roboterhand.
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Aus dem Stand der Technik bekannte Roboterhände weisen zumeist vier Finger und einen Daumen auf. Eine derartige Ausgestaltung des Greifers ermöglicht das Greifen von Gegenständen, wie sie beispielsweise täglich in der Umgebung des Menschen vorgefunden werden. Die Position des Daumens gegenüber den Fingern ermöglicht dabei den Wechsel zwischen verschiedenen Griffarten, zum Beispiel Präzisionsgriff, Kraftgriff oder Schlüsselgriff. Ähnlich zum Menschen können auch bei einem Roboter zwei spiegelverkehrt ausgestaltete Hände für die linke und rechte Seite verwendet werden: Bei in Richtung der Körpermitte (innen) gedrehten Handflächen befindet sich der Daumen jeweils an der oberen Seite der Roboterhand. Ein Umgreifen innerhalb einer Hand, beispielsweise des Pinzettengriffs, ist mit einem einzigen Daumen nicht möglich.
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Informationen zum Stand der Technik können den folgenden Veröffentlichungen entnommen werden:
- [Gaiser2008] Gaiser, Immanuel, et al. „A new anthropomorphic robotic hand." Humanoid Robots, 2008. Humanoids 2008. 8th IEEE-RAS International Conference on. IEEE, 2008
- [Grebenstein2011] Grebenstein, Markus, et al. „The DLR hand arm system." Robotics and Automation (ICRA), 2011 IEEE International Conference on. IEEE, 2011
- [Grebenstein2014] Grebenstein, Markus. „The awiwi hand: An artificial hand for the dir hand arm system." Approaching Human Performance. Springer International Publishing, 2014. 65-130.
- [Nahavandi2011] Nahavandi, S., and A. Z. Kouzani. „Artificial hand-from a robotic perspective." Intelligent Information Systems Conference, The Seventh Australian and New Zealand 2001. IEEE, 2001
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Aus dem Stand der Technik sind Roboterhände mit zwei Daumen bekannt [Grebenstein2014, Nahavandi2011]. Weiterhin sind aus dem Stand der Technik Roboterhände mit variabler Steifigkeit bekannt [Grebenstein2011, Grebenstein2014]. Diese zeichnen sich durch die Verwendung von zwei antagonistischen Gegenspielern in Form von Motoren aus, die mit den Gelenken über nichtlineare, elastische Federelemente gekoppelt sind. Hierdurch ist eine getrennte Einstellung von Position und Steifigkeit eines Gelenks möglich.
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Weiterhin sind aus dem Stand der Technik Roboterhände mit seriell elastischen Antrieben bekannt, die eine passive Nachgiebigkeit aufweisen. Diese ist somit nicht aktiv geregelt. Eine getrennte Einstellung der Steifigkeit eines Gelenkes unabhängig von der Position des Gelenkes, ist hier nicht möglich [Gaiser2008].
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Roboterhand bereitzustellen, durch die ein sichereres Greifen von Gegenständen ermöglicht wird.
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Die Lösung der Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1.
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Die erfindungsgemäße Roboterhand weist mindestens zwei Finger sowie zwei Daumen auf. Jeder Finger wird über mindestens einen Bewegungsmotor angetrieben. Ähnlich wird hier der Daumen über mindestens einen Bewegungsmotor angetrieben.
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Erfindungsgemäß weist die Roboterhand mindestens ein Steifigkeits-Einstellelement zur Einstellung der Steifigkeit der Finger, sowie mindestens ein Steifigkeits-Einstellelement zur Einstellung der Steifigkeit der Daumen auf.
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Es ist bevorzugt, dass sämtliche Finger ein gemeinsames Steifigkeits-Einstellelement aufweisen. Weiterhin ist bevorzugt, dass sämtliche Daumen ein gemeinsames Steifigkeits-Einstellelement aufweisen.
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Durch die Verwendung von zwei Daumen erlaubt die erfindungsgemäße Roboterhand ein Umgreifen innerhalb einer Hand, beispielsweise während die Hand einen Gegenstand im Pinzettengriff hält. Weiterhin kann ein Kraftgriff mithilfe von zwei opponierenden Daumen realisiert werden, sodass ein stabilerer Griff als mit lediglich einem Daumen erreicht werden kann. Diese Ausführungsform wird in Zusammenhang mit den Figuren näher erläutert. Weiterhin ist es möglich, durch die Verwendung von zwei Daumen mit einer einzigen Roboterhand komplexere Aufgaben zu erfüllen. Auch dieses Merkmal wird in Zusammenhang mit den Figuren näher erläutert.
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Durch die einstellbare Steifigkeit der Gelenke der Finger und der Daumen ist es möglich, eine Vielzahl von Gegenständen sicher zu greifen. Soll beispielsweise ein Gegenstand mit einer möglichst großen Kraft gegriffen werden, so kann eine hohe Steifigkeit der Gelenke eingestellt werden, um diesen Gegenstand sicher zu greifen.
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Es ist bevorzugt, dass die Kraftübertragung von den Bewegungsmotoren zu den Fingern beziehungsweise Daumen über das jeweilige Steifigkeits-Einstellelement erfolgt. Hierzu ist es möglich, dass die Gelenke der Finger beziehungsweise der Daumen über Seilzüge mit den Bewegungsmotoren gekoppelt sind. Zwischen den Gelenken der Finger beziehungsweise der Daumen und den Bewegungsmotoren sind vorzugsweise die Steifigkeits-Einstellelemente angeordnet, sodass die Kraftübertragung von den Bewegungsmotoren zu den Fingern beziehungsweise Daumen über das jeweilige Steifigkeits-Einstellelement erfolgt. Auf diese Weise kann die Steifigkeit eines jeden Gelenkes über eine Veränderung der Steifigkeit des jeweiligen Steifigkeits-Einstellelements angepasst werden.
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Hierzu ist es bevorzugt, dass die mindestens zwei Steifigkeits-Einstellelemente in ihrer Länge veränderbar sind. Dies erfolgt vorzugsweise in Kraftübertragungsrichtung.
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Beispielsweise können die Steifigkeits-Einstellelemente hierzu als nichtlineare elastische Federelemente ausgebildet sein. Werden diese in ihrer Länge verändert (das heißt zum Beispiel in die Länge gezogen), verändert sich ihre Steifigkeit.
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In einer bevorzugten Ausführungsform weist die Roboterhand mindestens einen Steifigkeitseinstellmotor für die mindestens zwei Finger auf, der gegenüber den Bewegungsmotoren dieser Finger antagonistisch angeordnet ist. Weiterhin ist mindestens ein Steifigkeits-Einstellmotor für die zwei Daumen vorgesehen, der gegenüber den Bewegungsmotoren dieser Daumen antagonistisch angeordnet ist. In dieser Ausführungsform ist das Steifigkeits-Einstellelement für die Finger ausgebildet durch ein jeweiliges nichtlineares Federelement, dessen eines Ende mit dem Bewegungsmotor des jeweiligen Fingers verbunden ist und dessen anderes Ende mit dem mindestens einen Steifigkeits-Einstellmotor für die Finger verbunden ist. Das Steifigkeits-Einstellelement für die Daumen ist ausgebildet durch ein jeweiliges nichtlineares, elastisches Federelement, dessen eines Ende mit dem Bewegungsmotor des jeweiligen Daumens verbunden ist und dessen anderes Ende mit dem mindestens einen Steifigkeitseinstellmotor für die Daumen verbunden ist.
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Alternativ können auch mehrere Steifigkeits-Einstellmotoren für die Finger beziehungsweise die Daumen verwendet werden.
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In bevorzugter Ausführungsform sind die Finger und die Daumen über Seilzüge mit den Bewegungsmotoren und insbesondere mit den Steifigkeits-Einstellmotoren gekoppelt.
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Weiterhin ist es bevorzugt, dass die Basisgelenke der Daumen zwei Freiheitsgrade aufweisen. Die Daumen können somit insgesamt beispielsweise fünf Freiheitsgrade aufweisen, während jeder Finger zum Beispiel vier relevante Freiheitsgrade aufweisen kann.
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Es ist bevorzugt, für eine Anwendung in der humanoiden Robotik eine baugleiche linke und rechte Hand zu verwenden. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die erfindungsgemäße Roboterhand zwei Daumen aufweist. Ein humanoider Roboter kann somit zwei baugleiche Roboterhände gemäß der vorliegenden Erfindung aufweisen.
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Im Folgenden werden bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung anhand von Figuren erläutert.
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Es zeigen:
- 1 eine Darstellung einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Roboterhand
- 2 eine Darstellung einer Roboterhand, die aus dem Stand der Technik bekannt ist
- 3 - 5 Darstellungen verschiedener Anwendungsmöglichkeiten für die erfindungsgemäße Roboterhand
- 6 Darstellung einer weiteren Ausführungsform der erfindungsgemäßen Rotorhand.
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Die in 1 dargestellte erfindungsgemäße Roboterhand 10 weist drei Finger 12a, 12b, 12c sowie zwei Daumen 14a, 14b auf. Jeder Finger weist drei Phalanxen auf, während jeder Daumen zwei Phalanxen aufweist. Jeder Finger 12a - 12c wird über jeweils drei Bewegungsmotoren 16a - 16c, 18a - 18c, 20a - 20c angetrieben, wobei jeder Motor jeweils eine Phalanx antreibt. Der erste Daumen 14a wird über zwei Bewegungsmotoren 22a, 22b angetrieben, während der zweite Daumen 14b über zwei Antriebsmotoren 24a, 24b angetrieben wird.
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Gegenüber den Antriebsmotoren ist jeweils ein Steifigkeits-Einstellmotor für die drei Finger und einer für die zwei Daumen angeordnet. Es kann auch ausreichend sein, für jeden Finger 12a-12c anstelle von jeweils drei Bewegungsmotoren nur zwei oder nur einen Bewegungsmotor vorzusehen, durch den alle drei Phalanxen jedes Fingers bewegt werden können. Ein solches Szenario, in dem lediglich ein Motor pro Finger verwendet wird, ist in 6 dargestellt. Hier wird der erste Finger 12a über einen ersten Motor 16 angetrieben, während der zweite Finger 12b über einen zweiten Motor 18 angetrieben wird. Zwischen dem Motor 16, 18 und dem jeweiligen Finger 12a, 12b ist eine nichtlineare Feder 32 angeordnet, über die die Übertragung der Kraft des Motors 16 auf den Finger erfolgt. Die Kraftübertragung erfolgt über einen Seilzug 34a, 34b, über den die nichtlineare Feder 32 mit den Fingergelenken verbunden ist.
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Antagonistisch zu den Antriebsmotoren 16, 18, d.h. ihnen gegenüberliegend, ist ein Steifigkeitsverstellmotor 36 angeordnet, der über eine nichtlineare Feder 38 und insbesondere ein Differentialseilgetriebe 40 ebenfalls mit den Gelenken der Finger 12a, 12 b verbunden ist. Dies erfolgt über einen Seilzug 40a, 40b, der relativ zum ersten Seilzug 34a, 34b auf der gegenüberliegenden Seite des jeweiligen Fingers 12a, 12b verläuft und durch den die Steifigkeit des Fingers eingestellt werden kann.
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In der einfachsten Ausführungsform kann somit ein Finger durch einen Antriebsmotor bewegt werden. Gleichzeitig kann seine Steifigkeit (bzw. die Steifigkeit mehrerer Finger, wie in 6 dargestellt) durch einen Steifigkeitsverstellmotor 36 angepasst werden.
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Beim Daumen ist es bevorzugt, dass ein weiterer Motor vorgesehen ist, um den Daumen umschwenken zu können, damit dieser auch als Finger verwendet werden kann. Somit wird ein Daumen bevorzugt von zwei Antriebsmotoren angetrieben, während seine Steifigkeit durch einen Steifigkeitsverstellmotor eingestellt wird.
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In 2 ist eine Roboterhand dargestellt wie sie aus dem Stand der Technik bekannt ist. Diese weist vier Finger, 12a - 12d, sowie einen Daumen 14a auf. Durch die Roboterhand 10 wird ein Gegenstand 26, in 2 eine Flasche, gehalten. Wird der Gegenstand 26 durch eine externe Kraft in die durch den Pfeil 30 dargestellte Richtung gedreht, so kann er nachwievor durch die Roboterhand 10 sicher gehalten werden. Wird er jedoch in unvorhersehbarer Weise in Richtung 28 ausgelenkt, so kann ein sicherer Griff durch die Roboterhand 10 nicht mehr gewährleistet werden.
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Mit der erfindungsgemäßen Roboterhand 10 gemäß 3 kann auch bei einer Auslenkung in Richtung 28 ein sicherer Halt des Gegenstands 26 gewährleistet werden, da die Roboterhand 10 einen zweiten Daumen 14b aufweist. Die Daumen 14a, 14b weisen an ihren Basisgelenken jeweils mindestens zwei Freiheitsgrade auf, sodass sie in Opposition zu den Fingern 12a, 12b, 12c angeordnet werden können.
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In den 4 und 5 sind weitere Anwendungsmöglichkeiten für die erfindungsgemäße Roboterhand 10 dargestellt. Beispielsweise ist es möglich gemäß 4 mit dem ersten Daumen 14a und zwei Fingern 12a, 12b eine Uhr 26 zu greifen, während durch den zweiten Daumen 14b und den dritten Finger 12c das Rädchen zum Aufziehen des Uhrwerks gegriffen werden kann. Es ist somit möglich, die Uhr 26 mit einer einzigen Hand aufzuziehen. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die Roboterhand 10 zwei Daumen 14a, 14b aufweist.
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Gemäß 5 ist es ferner möglich, mit der erfindungsgemäßen Roboterhand 10 ein Bonbon 26 zu greifen. Hierbei wird das erste Ende 26a zwischen dem ersten Daumen 14a und einem Finger 12a gegriffen, während das zweite Ende 26b zwischen dem zweiten Daumen 14b und einem anderen Finger 12c gegriffen wird. Durch ein Auseinanderziehen der beiden Enden 26a, 26b ist es möglich, das Bonbon mit nur einer Hand auszuwickeln.
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Die regelbare Steifigkeit der Finger der erfindungsgemäßen Roboterhand macht es möglich, verschiedene Gegenstände sicher greifen zu können, wobei insbesondere eine Anpassung an verschiedene Oberflächen möglich ist, um so kleinere Greifkräfte zu verwenden. Hierdurch können beispielsweise Druckschäden an dem zu greifenden Gegenstand vermieden werden.