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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung von Fahrbahngriffigkeitsklassen aus gemessenen Werten einer Umfangskraft an wenigstens einem Fahrzeugrad eines auf einer Fahrbahn fahrenden Fahrzeugs und des von dieser Umfangskraft bewirkten Radschlupfes.
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Für eine verbesserte Funktion eines modernen Fahrerassistenzsystems, wie bspw. ein Notbremssystem ist es erforderlich, einen Kraftschlussbeiwert zwischen Reifen und Fahrbahn abzuschätzen.
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Beim manuellen Fahren obliegt die Abschätzung des Kraftschlussbeiwertes dem Fahrer. Wesentlicher Teil der Fahraufgabe ist es, den Straßenzustand abzuschätzen und darauf die Fahrweise bzw. den Fahrstil anzupassen. Mit der Einführung höher automatisierter Systeme und Fahrfunktionen geht die Fahraufgabe schrittweise vom Fahrer an das Fahrzeug über. Wesentliche Basis dafür ist es, die Fahrumgebung bzw. die Fahrbedingungen möglichst exakt zu bestimmen, zu beschreiben und dem System zur Verfügung zu stellen. Der maximale Kraftschlussbeiwert zwischen Reifen und Fahrbahn bestimmt die physikalische Grenze für die umsetzbare Fahrdynamik des Fahrzeugs. Damit bildet die Information über den Kraftschlussbeiwert einen wesentlichen Teil der Umfeldrepräsentation. Im Hinblick auf das automatisierte Fahren ist eine verlässliche Information über den Fahrbahnzustand oder daraus abgeleitet über den zur Verfügung stehenden maximalen Kraftschlussbeiwert eine unerlässliche Informationsgröße zur Absicherung der Fahrfunktion. Aber auch im Bereich der sog. Driver Assistance Systems und Advanced Driver Assistance Systems ergibt sich durch Kenntnis des zur Verfügung stehenden maximalen Kraftschussbeiwerts ein signifikanter Sicherheitsgewinn.
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Aus der
DE 40 10 507 C1 ist ein Verfahren zur Überwachung des Kraftschlusses zwischen Fahrbahn und Reifen von angetriebenen Fahrzeugrädern bekannt. Bei diesem Verfahren wird davon ausgegangen, dass verschiedenen Anfangssteigungen jeweils ein bestimmter Reibwert mit zugehörigem maximalem Bremsmoment zugeordnet werden kann. Somit wird der Radschlupf λ sowie gleichzeitig eine wirksame Radumfangskraft der angetriebenen Räder während stationärer Fahrbetriebszustände kontinuierlich ermittelt. Diese Wertepaare aus der ermittelten Radumfangskraft und dem Radschlupf werden zur Bildung eines Radumfangskraft-Radschlupf-Kennlinienfeldes gespeichert, so dass damit der lineare Teil der Schlupfkennlinie bekannt ist. Die Kenntnis des Kurvenanstiegs der gerade wirksamen Schlupfkennlinie liefert auch die Kenntnis des maximal wirksamen Reibwertes bzw. die Größenordnung der bei diesem Fahrzustand möglichen maximalen Radumfangskraft, da gemäß diesem bekannten Verfahren zwischen dem linearen Anstieg und dem Kurvenmaximum der Schlupfkennlinien jeweils eine im Wesentlichen feste Beziehung besteht.
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Auch die
WO 2014/199328 A1 beschreibt ein Verfahren zur Reibwertschätzung und geht hierzu von der Erkenntnis aus, dass Schlupfkennlinien mit niedrigem maximalen Kraftschlussbeiwert (auch μ-peak genannt) bei einem niedrigeren Schlupfwert den linearen Bereich verlassen als dies bei Schlupfkennlinien mit einem höheren maximalen Kraftschlussbeiwert der Fall ist.
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Weiterhin beschreibt auch die
DE 10 2012 217 772 A1 ein Verfahren zur Bestimmung des maximalen Kraftschlussbeiwertes, indem ebenso die Anfangssteigung einer Schlupfkennlinie bestimmt und hieraus der maximale Kraftschlussbeiwert ermittelt wird. Hierzu wird zunächst der aktuelle Kraftschlussbeiwert am Fahrzeugrad und der zugehörige Schlupf durch Messungen ermittelt und hieraus der Wert der Anfangssteigung errechnet. Durch Vergleich mit Referenzursprungsgeraden wird der Bereich für einen maximalen Kraftschlussbeiwert bestimmt.
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Im Bereich der Anfangssteigung einer Schlupfkennlinie sind sowohl die Reifenkräfte als auch der Reifenschlupf sehr gering. Um bei stationären oder quasi stationären Zuständen eine ausreichende Aussageschärfe zu erhalten, ist ein robustes und vor allem gut auflösendes Signal sowohl für das Bremsmoment bzw. die Bremskraft als auch für den Schlupf erforderlich. Ist nur bei einem der beiden Signale die Streuung sehr groß und/oder die Auflösung gering, ist es nicht mehr möglich ein genaues und vor allem reproduzierbares Ergebnis zu erzielen.
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Zudem ist aus der
DE 10 2004 044 788 B4 ein Verfahren zur Reibwertbestimmung zwischen einem Reifen eines Fahrzeugs und einer Fahrbahn bekannt, bei welchem die Radgeschwindigkeit und die Absolutgeschwindigkeit des Fahrzeugs gemessen werden, aus dieser Radgeschwindigkeit und der Absolutgeschwindigkeit der Schlupf bestimmt wird, anschließend ein auf das Fahrzeug einwirkendes Antriebs- oder Bremsmoment gemessen wird und schließlich ein Reibwert zwischen dem Reifen und der Fahrbahn mittels eines Algorithmus bestimmt wird, bei dem als Eingangsgrößen der Schlupf und das Antriebs- oder Bremsmoment berücksichtigt werden.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Bestimmung von Fahrbahngriffigkeitsklassen anzugeben, mit welchem die Fahrbahn, auf welchem das Fahrzeug bewegt wird, hinsichtlich des Reibwertes klassifiziert werden kann und die hierzu erforderlichen Informationen nicht nur während eines Beschleunigungsvorganges des Fahrzeugs erzeugt werden, sondern insbesondere auch während eines Motorschleppmoment-Betriebes oder Bremsvorgangs einzelner Räder des Fahrzeugs.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Bestimmung von Fahrbahngriffigkeitsklassen mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Bestimmung von Fahrbahngriffigkeitsklassen aus gemessenen Werten einer Umfangskraft an wenigstens einem Fahrzeugrad eines auf einer Fahrbahn fahrenden Fahrzeugs und des von dieser Umfangskraft bewirkten Reifenschlupfes werden folgende Schritte durchgeführt:
- a) Ermitteln von Wertepaaren jeweils aus dem Wert einer am Fahrzeugrad wirkenden Umfangskraft und einem durch diese Umfangskraft erzeugten Reifenschlupf an dem Fahrzeugrad, indem aus einer gemessenen Raddrehzahl des Fahrzeugrades und der gemessenen Fahrzeuggeschwindigkeit der Reifenschlupf bestimmt und die Umfangskraft aus einem an dem Fahrzeugrad oder aus einem an einer Fahrzeugachse des Fahrzeugs wirkenden Motorantriebsmoment, aus einem an dem Fahrzeugrad oder aus einem an einer Fahrzeugachse des Fahrzeugs wirkenden Motorschleppmoment, aus einem Bremsmoment an dem Fahrzeugrad oder aus einem an einer Fahrzeugachse des Fahrzeugs wirkenden Bremsmoment bestimmt wird,
- b) Bestimmen einer eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Wertegruppe aus den ermittelten Wertepaaren von Umfangskraft und Reifenschlupf, wobei im Ermittlungszeitpunkt dieser Wertepaare von Fahrdynamikgrößen des Fahrzeugs größer als ein vorgegebener Wert bei gleichzeitig fehlenden Eingriffen eines Fahrstabilitätssystems und/oder von optischen Sensoren des Fahrzeugs und/oder von externen Datenquellen des Fahrzeugs eine Hochreibwertfahrbahn angezeigt wird bzw. werden,
- c) Berechnen von Reifenschlupfsteifigkeitswerten aus den Wertepaaren durch Quotientenbildung von Umfangskraft und Radschlupf,
- d) Definieren einer eine Hochreibwertfahrbahn anzeigenden Fahrbahngriffigkeitsklasse durch Bestimmen einer mittleren Reifenschlupfsteifigkeit aus den Reifenschlupfsteifigkeitswerten der Wertepaare der Wertegruppe und der Streuung dieser Wertepaare um die mittlere Reifenschlupfsteifigkeit mittels eines statistischen Auswerteverfahrens, und
- e) Klassifizieren eines aktuellen Reifenschlupfsteifigkeitswertes als ein eine Hochreibwertfahrbahn anzeigender Wert, falls dieser Wert in der die Hochreibwertfahrbahn anzeigenden Fahrbahngriffigkeitsklasse liegt, andernfalls als ein eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigender Wert.
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Bei diesem erfindungsgemäßen Verfahren wird zunächst ein einen Hochreibwert anzeigendes Vergleichsnormal erzeugt, indem während der Detektion einer Hochreibwertfahrbahn eine Datenreihe aus Reifenschlupfsteifigkeiten, berechnet als Quotienten aus Wertepaaren von Umfangskraft des Fahrzeugrades und zugehörigem Radschlupf, erzeugt wird. Diese Datenreihe wird zur Bestimmung einer mittleren Reifenschlupfsteifigkeit einem statistischen Auswerteverfahrens unterzogen und bezogen auf die mittlere Reifenschlupfsteifigkeit die zugehörige Wertestreuung berechnet, also die Streubreite bestimmt. Damit wird eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse mit einem Reibwert μ von vorzugsweise μ ≥ 0,5 definiert. Somit zeigen alle aktuell bestimmten Reifenschlupfsteifigkeiten mit Werten innerhalb der Streubreite der mittleren Reifenschlupfsteifigkeit einen solchen Hochreibwert an, im anderen Fall, wenn diese Werte außerhalb dieser Fahrbahngriffigkeitsklasse liegen, einen Niedrigreibwert an.
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Die Umfangskraft eines Fahrzeugrades kann bei diesem erfindungsgemäßen Verfahren sowohl während eines Beschleunigungsvorganges als auch während eines Bremsvorganges einzelner Fahrzeugräder oder -achsen, insbesondere während eines Motorschlepp-Betriebes bestimmt werden. Dadurch wird der Umfang der zur Verfügung stehenden Informationen erhöht, wodurch auch die Genauigkeit des statistischen Auswerteverfahrens und damit auch die Genauigkeit der Bestimmung der Fahrbahngriffigkeitsklasse erhöht werden.
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Durch den Vergleich der aktuellen Reifenschlupfsteifigkeiten gegen das einen Hochreibwert anzeigende Vergleichsnormal lassen sich reifenspezifische Zusammenhänge, Parameter und insbesondere Veränderungen erkennen und eliminieren, da bei Vorliegen eines Referenzsignals das Vergleichsnormal laufend angepasst wird und dadurch ein selbstlernendes Verhalten des Systems über das Reifenleben realisiert wird, insbesondere im Zusammenhang von Reifenwechseln und Reifenabnutzung, selbst bei geänderten Umgebungsbedingungen.
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Zur Bestimmung einer eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Wertegruppe aus den ermittelten Radschlupf-Radmoment-Wertepaaren wird das Verhalten des Fahrzeugregelsystems in den Ermittlungszeitpunkten dieser Wertepaare beobachtet. Aus dem Verhalten des Fahrzeugregelsystems lässt sich nämlich ableiten, ob sich das Fahrzeug auf einer Hochreibwertfahrbahn oder Niedrigreibwertfahrbahn bewegt.
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Das Anzeigen einer Hochreibwertfahrbahn kann unter Zuhilfenahme verschiedener Datenquellen erfolgen. So bspw. aus Fahrdynamikgrößen des Fahrzeugs, indem bei Überschreiten eines vorgegebenen Beschleunigungswertes oder eines vorgegebenen Verzögerungswertes ein solches Referenzsignal erzeugt wird. Diese Information kann auch durch Auswertung eines von einer Kamera als optischen Sensor oder eines andersartigen optischen Sensors, beispielsweise eines die Fahrbahn abtastenden Lasersensors, erfassten Fahrbahnzustands bereitgestellt werden, wenn bspw. eine trockene Fahrbahn detektiert wird. Zudem können auch externe Datenquellen, die bspw. lokale Wetterdaten oder Fahrbahnzustandsdaten zur Verfügung stellen (z. B. eine Backendanbindung, Car-to-X Kommunikation oder auch dynamische Safetymaps) durch Vernetzung zur Erzeugung eines solchen Referenzsignals herangezogen werden.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht folgende Verfahrensschritte vor, bei welchen:
- d1) aus jeweils einer Datenreihe von zeitlich aufeinanderfolgenden Wertepaaren aus Umfangskraft und Radschlupf, deren Reifenschlupfsteifigkeitswerte eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigen, eine Anfangssteigung anhand einer Ausgleichsgeraden als linearer Teil der Schlupf-Umfangskraft-Kennlinie ermittelt wird, und
- d2) die Steigung einer jeden Ausgleichsgeraden als mittlere Reifenschlupfsteifigkeit einer eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigenden Fahrbahngriffigkeitsklasse mit einer mittels eines statistischen Auswerteverfahrens bestimmten Streuung der Wertepaare um die ermittelte Ausgleichsgerade definiert wird.
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Mit diesen Verfahrensschritten d1 und d2 werden die außerhalb der eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse liegenden Reifenschlupfsteifigkeitswerte durch die Erzeugung weiterer Fahrbahngriffigkeitsklassen klassifiziert. Hierzu wird eine Datenreihe aus zeitlich aufeinanderfolgenden Wertepaaren verwendet, indem für die Reifenschlupfsteifigkeitswerte mittels eines statistischen Auswerteverfahrens die die mittlere Reifenschlupfsteifigkeit darstellende Steigung einer Ausgleichsgeraden im Umfangskraft-Schlupf-Diagramm und die zugehörige Streuung ermittelt wird. Damit wird für jede derart erzeugten Ausgleichsgerade eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse definiert, deren mittlere Reifenschlupfsteifigkeit der Steigung der Ausgleichsgeraden entspricht. So können vorzugsweise eine Schneefahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse und eine vereiste Fahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse definiert werden. Damit können die Reifenschlupfsteifigkeitswerte einer dieser Fahrbahngriffigkeitsklassen, die bspw. eine Schneefahrbahn oder eine vereiste Fahrbahn anzeigen, zugeordnet werden, wenn diese nicht in der eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse liegt.
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Eine besonders bevorzugte Weiterbildung der Erfindung besteht darin, dass zur Klassifizierung eines eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigenden Reifenschlupfsteifigkeitswertes die durch eine mathematische Ausgleichsrechnung an die zugehörige Datenreihe angenäherte Kurvenform berücksichtigt wird. So deutet bspw. eine Krümmung auf eine Schneefahrbahn hin, während Unstetigkeiten, bspw. plötzliches Abreißen auf eine vereiste Fahrbahn hindeuten.
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Des Weiteren ist es besonders vorteilhaft, wenn weiterbildungsgemäß die Verfahrensschritte d, d1 und d2 nur bei Vorliegen von betragsmäßig positivem Schlupfgradienten und Fahrzuständen des Fahrzeugs ohne Fahrzeugregelsystemeingriffe durchgeführt werden. Hierdurch wird erreicht, dass Hystereseerscheinungen durch Hoch- und Rücklauf des Reifenschlupfes ausgeschlossen werden.
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Nach einer weiteren bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird bei der Durchführung der Verfahrensschritte d, d1 und d2 die Klassifizierung der Reifenschlupfsteifigkeitswerte anhand des Eingriffsverhaltens eines Fahrzeugregelsystems plausibilisiert, indem bei fehlenden Fahrzeugregelsystemeingriffen oberhalb von vorgegebenen Längs- und/oder Querbeschleunigungen eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse plausibilisiert wird und bei Regelsystemeingriffen unterhalb von vorgegebenen Längs- und/oder quer Beschleunigungen eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse plausibilisiert wird.
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Nach einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden die Verfahrensschritte d, d1 und d2 sowohl bei einer Beschleunigung als auch bei einer Verzögerung des Fahrzeugs durchgeführt, wobei für den Beschleunigungsfall und den Verzögerungsfall jeweils die mittlere Reifenschlupfsteifigkeit in derselben Fahrbahngriffigkeitsklasse gleichgesetzt werden. Dies ist möglich, da die Anfangssteigung in der Reifenschlupf-Umfangskraft-Kennlinie für den Antriebsfall und den Bremsfall gleich sind. Damit kann die Genauigkeit der Berechnung der mittleren Reifenschlupfsteifigkeit durch mehrere Stützstellen verbessert werden.
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Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn weiterbildungsgemäß zur Berechnung der Reifenschlupfsteifigkeiten die Beträge der Umfangskräfte und des Schlupfes verwendet werden. Hierdurch wird erreicht, dass die Auswertung im gleichen Quadranten des Radschlupf-Umfangskraft-Diagramms erfolgen kann und sich somit die Punktdichte durch Überlagerung von Antriebs- und Brems- oder Schleppmomentenfälle erhöht. Dadurch wir die Aussage genauer und die Verfügbarkeit erhöht.
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Nach einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden die Verfahrensschritte d, d1 und d2 innerhalb eines vorgegebenen Schlupffensters zwischen einem Schlupfwert λmin und einem Schlupfwert λmax durchgeführt, wobei bei einem Schlupf größer als λmax Regelsystemeingriffe eines Fahrzeugregelsystems stattfinden und gleichzeitig solche Regelsystemeingriffe zur Plausibilisierung der Fahrbahngriffigkeitsklassifikation benutzt werden. In dem dadurch definierten Schlupfbereich wird der Schlupf kontinuierlich bestimmt und somit kann die eine Fahrbahngriffigkeitsklasse definierende Steigung der Ausgleichsgeraden genauer bestimmt werden, da bei zu geringen Absolutwerten von Radmoment und Radschlupf unter Berücksichtigung einer endlichen Meßgenauigkeit die Quotientenbildung für die Schlupfsteifigkeitsbestimmung ungenau wird und bei zu hohen Schlupfwerten die Kurvenform aber auch mögliche Regelsystemeingriffe die Klassifizierung nachteilig beeinflussen würden.
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Schließlich ist es vorteilhaft, wenn weiterbildungsgemäß zur Erkennung von μ-split-Situationen der Reifenschlupf für beide an einer Fahrzeugachse mit einer Umfangskraft beaufschlagten Fahrzeugräder des Fahrzeugs ermittelt und die Reifenschlupfsteifigkeitswerte durch den Quotienten der Umfangskraft und dem Reifenschlupf des am meisten schlupfenden Fahrzeugrades oder des Mittelwerts alle Räder einer Fahrzeugachse berechnet wird. In einer achsweisen Beaufschlagung von Antriebs- oder Bremsmoment wird das Moment in erster Näherung gleichmäßig auf die Antriebsräder verteilt. Der zur Bestimmung des Schlupfsteifigkeitsquotienten erforderliche Schlupfwert wird entweder über alle beaufschlagten Räder gemittelt oder es wird der höhere Schlupfwert der beiden Räder für die Berechnung herangezogen.
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Nach einer letzten vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung erfolgt die Mittelung und/oder Filterung der Wertepaare aus Umfangskraft und Reifenschlupf jeweils über eine volle Radumdrehung oder über ganzzahlige Vielfache einzelner Radumdrehungen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist geeignet zum Einsatz in Fahrzeugen, die ein Motorsteuergerät, ein Bremssteuergerät, eine Drehzahlerfassungseinrichtung für die Fahrzeugräder, ein Fahrdynamik-Regelsystem und eine Einrichtung zur Bestimmung eines Radmomentes oder eines Bremsmomentes als Umfangskraft des Fahrzeugrades aufweisen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren beschreiben. Es zeigen:
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1 ein Radmoment-Radschlupf-Diagramm mit eingetragenen Messwerten,
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2 ein Reifenschlupfsteifigkeits-Zeit-Diagramm mit den Messwerten aus 1,
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3 ein Radmoment-Radschlupf-Diagramm mit eingetragenen und hinsichtlich des Fahrbahnzustandes klassifizierten Messwerten,
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4 ein Reifenschlupfsteifigkeits-Zeit-Diagramm mit den Messwerten aus 3,
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5 ein Radschleppmoment-Radschlupf-Diagramm mit im Schleppmoment-Betrieb erfassten und eingetragenen Messwerten,
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6 ein Radmoment-Radschlupf-Diagramm zur Bestimmung eines Schlupf-Offset, und
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7 ein Radmoment-Radschlupf-Diagramm mit gleichgesetzten Radschlupfsteifigkeiten für den Antriebs- und den Bremsfall.
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Die Detektion einer Fahrbahngriffigkeit (Reibwert) nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt durch die Bestimmung von Fahrbahngriffigkeitsklassen aus der Reifenschlupfsteifigkeit eines Fahrzeugrades eines Fahrzeugs und der Radumfangskraft-Radschlupf-Charakteristik des Fahrzeugrades. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht die Differenzierung zwischen einer Hochreibwertfahrbahn mit einem Reibwert von bspw. ≥ 0,5 und einer Niedrigreibwertfahrbahn, wobei eine Niedrigreibwertfahrbahn eine niedrige Griffigkeit, wie bspw. bei Schnee oder Eis aufweist. Der Reibwert von Schnee beträgt ungefähr < 0,5, derjenige von Eis beträgt ungefähr ≤ 0,2, der entsprechende Wert von trockenem Asphalt liegt ungefähr bei 1,0.
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Die Radumfangskraft (im folgenden Umfangskraft genannt) umfasst sowohl das Antriebsmoment während einer Beschleunigungsphase des Fahrzeugs als auch das Bremsmoment während eines Einsatzes der Reibungsbremse oder eines Rekuperationsvorganges zur Energierückgewinnung, beispielsweise über einen Elektromotor, oder während eines Schleppmoment-Betriebes des Fahrzeugs.
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Zur Bestimmung der Radumfangskraft-Radschlupf-Charakteristik werden Wertepaare jeweils aus dem Wert einer am Fahrzeugrad wirkenden Umfangskraft und einem durch diese Umfangskraft erzeugten Reifenschlupf an dem Fahrzeugrad ermittelt, indem aus einer gemessenen Raddrehzahl des Fahrzeugrades und der gemessenen Fahrzeuggeschwindigkeit der Reifenschlupf bestimmt und die Umfangskraft aus einem Motorantriebsmoment, einem Motorschleppmoment oder einem Bremsmoment bestimmt wird. Die Bestimmung der Umfangskraft aus dem Motorschleppmoment wird zunächst das Motormoment an der Fahrzeugachse des Fahrzeugrades und anschließend erst das auf dieses Fahrzeugrad wirkende Moment berechnet. Entsprechendes gilt auch für die Bestimmung der Umfangskraft aus dem Bremsmoment.
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Die Erfassung des Schleppmomentes kann beispielsweise unmittelbar über das Motordrehmomentsignal des Motors erfolgen, oder aus einer Drehzahl/Gangstufen-Schleppmoment-Kennlinie ausgelesen werden.
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Durch Mittelung und/oder Filterung jedes Radschlupf/Umfangskraft-Wertepaares wird jeweils über eine ganze Radumdrehung oder über ganzzahlige Vielfache einzelner Radumdrehungen eine hochgenaue Schlupfermittlung im Promillebereich erreicht, wodurch auch bei nur geringen Motorschleppmomenten eine präzise Aussage ermöglicht wird. Werteschwankungen der Reifenschlupfwerte können darüber hinaus durch eine Klassifizierung des Reifenschlupfes kompensiert werden. Die Radschlupf-Umfangskraft-Wertepaare verteilen sich in einem Radschlupf-Umfangskraft-Diagramm gemäß den 1 und 5. Dabei stellt 1 die Situation dar, dass die Umfangskraft ein Radmoment T, nämlich ein Antriebs- oder Bremsmoment ist, während 5 die Schleppmoment-Betriebsweise mit einem Radschleppmoment T darstellt. Da die 1 sowohl Antriebs- und Bremsmomente als Radmoment erfasst, sind die Beträge |T| von Radmoment T und |λ| von Radschlupf λ eingetragen. Die Clusterungen H der Radschlupf-Radschlepp-moment-Wertepaare in 5 entstehen durch unterschiedliche Gangstufen und Geschwindigkeiten. Sogenannte Schlupf-rückläufer in Richtung des Koordinatenursprunges bei nachlassender Fahrzeugbeschleunigung oder bei nachlassender Fahrzeugverzögerung werden jedoch nicht berücksichtigt.
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Ferner wird aus den Radschlupf-Radmoment-Wertepaaren die Reifenschlupfsteifigkeit B als Quotient aus Radmoment |T| und Radschlupf |λ| berechnet. Die Darstellung dieser Werte B der Reifenschlupfsteifigkeit entlang der Zeitachse ist in dem Diagramm nach 2 dargestellt.
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Das Fahrzeug ist mit einem elektronischen Fahrstablitätsregelsystem, wie bspw. einem ABS, TCS oder einem AYC, allgemein ESC genannt, ausgestattet (im folgenden Fahrzeugregelsystem genannt).
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Zur Bestimmung einer eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Wertegruppe aus den ermittelten Radschlupf-Radmoment-Wertepaaren wird das Verhalten des Fahrzeugregelsystems in den Ermittlungszeitpunkten dieser Wertepaare beobachtet. Aus dem Verhalten des Fahrzeugregelsystems lässt sich nämlich ableiten, ob sich das Fahrzeug auf einer Hochreibwertfahrbahn oder Niedrigreibwertfahrbahn bewegt.
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Wenn der Verlauf von Fahrdynamikgrößen über einen Beobachtungszeitraum, wie bspw. die Längs- und/oder Querbeschleunigung größer als ein vorgegebener Wert ist bzw. sind und keine Regelsystemeingriffe erfolgen, zeigt dieses Verhalten des Fahrzeugregelsystems eine Hochreibwertfahrbahn an. Die über diesen Beobachtungszeitraum ermittelten Radschlupf-Radmoment-Wertpaare werden zu der eine Hochreibwertfahrbahn anzeigenden Wertegruppe zusammengefasst.
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Regelsystemeingriffe würden dagegen bei einer geringen Beschleunigung, Abbremsung oder Querbeschleunigung auf einen Niedrigreibwert hinweisen. Damit können eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse anhand solcher Regelsystemeingriffe plausibilisiert werden.
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Das Anzeigen einer Hochreibwertfahrbahn kann auch mittels optischen Sensoren, bspw. einer Mono- oder Stereokamera des Fahrzeugs realisiert werden. Hierbei erfolgt die Klassifizierung der Fahrbahnoberfläche mittels einer Bildauswertung der von der Kamera erfassten Fahrbahnoberfläche. Eine weitere Möglichkeit zur Anzeige einer Hochreibwertfahrbahn besteht in einem Zugriff auf externe Datenquellen, wie bspw. Wetterdaten, aus den bspw. das Nichtvorhandensein von Schnee oder Eis geschlossen werden kann. Auch können Fahrzeugregelsystemeingriffe wie bspw. ABS, TCS oder AYC (ESC) genutzt werden, um den tatsächlichen Reibwert zwischen Reifen und Fahrbahn zu bestimmen und so eine Hochreibwertfahrbahn angezeigt werden.
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Eine solche eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Wertegruppe stellen die bis zu einem Zeitpunkt t1 eines Beobachtungszeitraums ermittelten Radschlupf-Radmoment-Wertepaare dar, deren Reifenschlupfsteifigkeitswerte B in 2 dargestellt sind.
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Mittels eines statistischen Auswerteverfahrens (statistische Verteilungsfunktion ΔB1 = f(σ(B1))) wird ein Mittelwert ΔB1 mit dazugehörigen Streuung aus den Wertepaaren der Wertegruppe bestimmt und damit eine Hochreibwertfahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse A definiert. Die mit der Streuung bestimmten Klassengrenzen sind in 2 mit ΔB1o als obere Grenze und mit ΔB1u als untere Grenze bezeichnet. Der Mittelwert ΔB1 stellt in 1 die Steigung einer Ausgleichsgerade g1 dar, ebenso ist der untere Grenzwert ΔB1u und der obere Grenzwert ΔB1o als Steigung einer Gerade g1u bzw. als Steigung einer Gerade g1o in 1 dargestellt. Aus 1 ist ersichtlich, dass diese die Fahrbahngriffigkeitsklasse A anzeigenden Wertepaare nur eine kleine Streuung um diese Ausgleichsgerade g1 aufweisen.
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Damit können alle Reifenschlupfsteifigkeitswerte B bzw. Radschlupf-Radmoment-Wertepaare klassifiziert werden. Liegen diese Werte bzw. Wertepaare in dieser Fahrbahngriffigkeitsklasse A, bewegt sich das Fahrzeug auf einer Hochreibwertfahrbahn, im anderen Fall, wenn diese Werte bzw. Wertepaare nicht in der Fahrbahngriffigkeitsklasse A liegen, zeigen sie eine Niedrigreibwertfahrbahn an. Damit stellt diese Fahrbahngriffigkeitsklasse A ein einen Hochreibwert anzeigendes Vergleichsnormal dar.
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Durch den Vergleich der aktuellen Reifenschlupfsteifigkeiten gegen das einen Hochreibwert anzeigende Vergleichsnormal lassen sich reifenspezifische Zusammenhänge und Parameter erkennen und eliminieren, da dieses Vergleichsnormal laufend angepasst werden kann und dadurch ein selbstlernendes Verhalten des Systems realisierbar ist, insbesondere im Zusammenhang von Reifenwechseln und Reifenabnutzung, selbst bei geänderten Umgebungsbedingungen.
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Bei der Bestimmung der Fahrbahngriffigkeitsklasse A ist es vorteilhaft, die Reifenschlupfsteifigkeit B nur innerhalb von vorgegebenen Schlupfgrenzen λmin und λmax entsprechend der Darstellung nach 1 zu bestimmen. Durch die Definition dieser Schlupfgrenzen wird auch der Arbeitsbereich des erfindungsgemäßen Verfahrens festgelegt. So sollte λmax im Bereich von Radschlupfwerten liegen, bei denen elektronische Fahrstablitätsregelsysteme, wie ABS, TCS, ESC auf einer Fahrbahn mit niedrigen Fahrbahngriffigkeiten, wie bspw. einer Fahrbahn mit Schnee oder Eis aktiv werden. Solche Regelsystemeingriffe werden zur Plausibilisierung der Fahrbahngriffigkeitsklassifikation benutzt. Damit führt die Berücksichtigung solcher Eingriffe von Fahrstablitätsregelsystemen, wie bspw. Radschlupf-Regelsystemen zu einer erhöhten Genauigkeit bei der Definition einer Fahrbahngriffigkeitsklasse. Die Größe λmin sollte nicht zu nahe am Wert Null liegend gewählt werden, um die mathematische Divisionsoperation nicht zu gefährden.
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Das oben im Zusammenhang mit den 1 und 2 beschriebenen Verfahren wird auch im Motorschleppmoment-Betriebsfall durchgeführt. Die in einem solchen Betriebsfall erfassten Radschlupf-Radschleppmoment-Wertepaare sind in 5 dargestellt. Aus den während eines eine Hochreibwertfahrbahn anzeigenden Referenzsignals erzeugten Wertepaaren wird die Reifenschlupfsteifigkeit B und mittels einer statistischen Auswertefunktion (ΔB = f(σ(B)) ein Mittelwert ΔB sowie die zugehörige Streuung bestimmt. Die zugehörige Ausgleichsgerade g1 zusammen mit den Klassengrenzen g1u und der y-Achse bestimmen die Fahrbahngriffigkeitsklasse A.
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Damit können alle Reifenschlupfsteifigkeitswerte B bzw. Radschlupf-Radumfangskraft-Wertepaare klassifiziert werden, wobei die Radumfangskraft als Antriebs-, Brems- oder Schleppmoment vorliegt. Liegen diese Werte bzw. Wertepaare in dieser Fahrbahngriffigkeitsklasse A, bewegt sich das Fahrzeug auf einer Hochreibwertfahrbahn, im anderen Fall, wenn diese Werte bzw. Wertepaare nicht in der Fahrbahngriffigkeitsklasse A liegen, zeigen sie eine Niedrigreibwertfahrbahn an.
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Die Fahrbahngriffigkeitsklasse A stellt damit ein auf Hochreibwert liegendes Vergleichsnormal für die Reifenschlupfsteifigkeitswerte B bzw. Radschlupf-Radumfangskraft-Wertepaare (|λ|, |T|) dar.
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Durch die Anwendung einer statistischen Auswertefunktion können die außerhalb der Fahrbahngriffigkeitsklasse A liegenden Reifenschlupfsteifigkeitswerte B bzw. die Radschlupf-Umfangskraft-Wertepaare (|λ|, |T|) durch Bestimmung weiterer Fahrbahngriffigkeitsklassen nicht nur als einen eine Niedrigreibwertfahrbahn anzeigender Wert klassifiziert werden, sondern auch dahingehend, ob das Fahrzeug beispielsweise auf einer schneebedeckten oder eisbedeckten Fahrbahn fährt.
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So werden gemäß 4 die im Anschluss an den Zeitpunkt t1 bestimmten Reifenschlupfsteifigkeitswerte B als Datenreihen von zeitlich aufeinanderfolgenden Reifenschlupfsteifigkeitswerte B mittels eines statistischen Auswerteverfahrens (ΔB2 = f(σ(B2) und ΔB3 = f(σ(B3)) ein Mittelwert ΔB2 mit zugehöriger Streuung sowie ein Mittelwert ΔB3 mit zugehöriger Streuung bestimmt und damit zwei weitere Fahrbahngriffigkeitsklassen B und C mit den Klassengrenzen ΔB2 als untere Grenze und ΔB2o als obere Grenze für eine Fahrbahngriffigkeitsklasse B und ΔB3u als untere Grenze und ΔB3o als obere Grenze für eine weitere Fahrbahngriffigkeitsklasse C gemäß 4 definiert. Diese Mittelwerte ΔB2 und ΔB3 sind die Anfangssteigungen von Ausgleichsgeraden g2 und g3 als Schlupf-Umfangskraft-Kennlinien in 3, wobei die Klassengrenzen ΔB2u und ΔB2c die die Fahrbahngriffigkeitsklasse B begrenzenden Bereich und die Klassengrenzen ΔB3u und ΔB3o die die Fahrbahngriffigkeitsklasse C begrenzenden Bereich definieren und in 3 als Geraden g2u und g2o sowie g3u (x-Achse) und g3o eingetragen sind.
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Ferner ist aus den 3 und 4 ersichtlich, dass die Klassengrenzen ΔB1u und ΔB2u sowie die Klassengrenzen ΔB2u und ΔB3o zusammenfallen.
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Die Fahrbahngriffigkeitsklasse B zeigt eine schneebedeckte Fahrbahn, während die Fahrbahngriffigkeitsklasse C nach dem Zeitpunkt t2 (vgl. 4) eine vereiste Fahrbahn anzeigt.
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Das oben im Zusammenhang mit den 3 und 4 beschriebene Verfahren wird auch im Schleppmoment-Betriebsfall durchgeführt. Die in einen solchen Betriebsfall erfassten Radschlupf-Radschleppmoment-Wertepaare sind in 5 dargestellt. Aus den außerhalb der Fahrbahngriffigkeitsklasse A liegenden Radschlupf-Radschleppmoment-Wertepaaren werden in gleicher Weise die Fahrbahngriffigkeitsklassen B für schneebedeckte Fahrbahnen und die Fahrbahngriffigkeitsklasse C für eisbedeckte Fahrbahnen bestimmt. Die zugehörigen Ausgleichsgeraden g2 und g3 zusammen mit den Klassengrenzen g2u und g2o bzw. g3o und g3u (x-Achse) bestimmen die Fahrbahngriffigkeitsklassen B und C.
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Damit können alle Reifenschlupfsteifigkeitswerte B bzw. Radschlupf-Radumfangskraft-Wertepaare klassifiziert werden, wobei die Radumfangskraft als Antriebs-, Brems- oder Schleppmoment vorliegt. Liegen diese Werte bzw. Wertepaare in dieser Fahrbahngriffigkeitsklasse A, bewegt sich das Fahrzeug auf einer Hochreibwertfahrbahn, im anderen Fall wenn diese Werte bzw. Wertepaare nicht in der Fahrbahngriffigkeitsklasse A liegen, liegen sie entweder in der eine schneebedeckte Fahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse B oder in der eine eisbedeckte Fahrbahn anzeigende Fahrbahngriffigkeitsklasse C.
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Aus den 3 und 4 ist ersichtlich, dass die Radschlupf-Radmoment-Wertepaare der Fahrbahngriffigkeitsklassen B und C und damit auch die zugehörigen Reifenschlupfsteifigkeitswerte gegenüber den Werten der Fahrbahngriffigkeitsklasse A deutlich stärker streuen. Dies ist auch aus dem Radschlupf-Radschlepp-moment-Diagramm nach 5 zu erkennen. Dieses Verhalten lässt sich zur Zuordnung der Wertepaare zu einer Fahrbahngriffigkeitsklasse vorteilhaft ausnutzen. Weiterhin lässt sich vorteilhaft ausnutzen, dass zur Klassifizierung eines eine Fahrbahngriffigkeitsklasse B oder C anzeigenden Wertes (entweder als Radschlupf-Umfangskraft-Wertepaar oder als Reifenschlupfsteifigkeitswert) auch die Kurvenform der zugehörigen Datenreihe aus den Radschlupf-Umfangskraft-Wertepaaren berücksichtigt wird. So deutet bspw. eine Krümmung auf eine Schneefahrbahn hin, während Unstetigkeiten, bspw. plötzliches Abreißen auf eine vereiste Fahrbahn hindeuten.
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Die aufgrund eines Antriebs- oder Bremsmomentes gemäß 3 in inverse Darstellung oder aufgrund eines Radschleppmomentes gemäß 5 bestimmten Ausgleichsgeraden g1, g2 und g3 mit den zugehörigen Grenzen werden jeweils zu einer einzigen Ausgleichsgeraden zusammengeführt, d. h. es werden die mittleren Reifenschlupfsteifigkeiten in derselben Fahrbahngriffigkeitsklasse gleichgesetzt, wie dies nachfolgend anhand von 7 erläutert wird.
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Diese Gleichsetzung ist deshalb möglich, da die Anfangssteigungen der Reifenschlupf-Umfangskraft-Kennlinie eines Reifen für den Antriebsfall und den Bremsfall – wie anhand der Schleppmomenten-Darstellung nach 7 gezeigt – gleich sind. Diese Tatsache wird genutzt, um die Genauigkeit der Berechnung der mittleren Reifenschlupfsteifigkeit durch mehrere Stützstellen zu verbessern und gleichzeitig die Ausgleichsgerade nicht zwangsläufig durch den Nullpunkt laufen zu lassen. Eine Nullpunktverschiebung d, z. B. durch ungenaue oder fehlende Schlupfkalibrierung – beispielsweise nach Anpassung des Reifenluftdrucks oder nach Reifenwechsel – ist bei diesem Verfahren nicht hinderlich. Hier liegt ein ganz wesentlicher Vorteil, der das Verfahren robust gegen Kalibrierabweichungen macht.
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Bei diesem Diagramm gemäß 7 zeigt der 1. Quadrant den Antriebsfall mit den als Ausgleichsgeraden g1, g2 und g3 bezeichneten mittleren Reifenschlupfsteifigkeit der Fahrbahngriffigkeitsklassen A, B und C. Der 3. Quadrant zeigt den Schleppmomentenfall stellvertretend für den allgemeinen Bremsfall, wobei die entsprechenden Ausgleichsgeraden die gleiche Steigung wie diejenigen im 1. Quadranten aufweisen und daher ebenso als Ausgleichsgeraden g1, g2 und g3 bezeichnet und somit auch die gleichen mittleren Reifenschlupfsteifigkeiten sind.
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Es ist auch möglich, diese Ausgleichsgeraden g1, g2 und g3 jeweils getrennt für ein angetriebenes oder gebremstes Fahrzeugrad zu bestimmen.
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Schließlich wird zur Erkennung von μ-split-Situationen der Reifenschlupf für beide an einer Fahrzeugachse mit einer Umfangskraft beaufschlagten Fahrzeugräder des Fahrzeugs ermittelt und die Reifenschlupfsteifigkeitswerte durch den Quotienten der Umfangskraft und dem Reifenschlupf des am meisten schlupfenden Fahrzeugrades berechnet.
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Die Bestimmung des Schlupf-Offsets S0 erfolgt in drehmomentfreien als auch bei (quasi-)stationären Fahrmanövern. Der Schlupf-Offset ergibt sich beispielsweise aus unterschiedlichen Abrollumfängen der Reifen z. B. hervorgerufen durch Fertigungstoleranzen, unterschiedliche Luftdrücke oder den Verschleiß einzelner Reifen und ist kein Schlupf im eigentlichen Sinne. Der Schlupf-Offset tritt in drehmomentfreien Fahrmanövern auf und kann somit im normalen Fahrbetrieb in der Regel nicht direkt bestimmt werden. Damit dem erfindungsgemäßen Verfahren Wertepaare aus Radschlupf und Radmoment bzw. Umfangskraft gesammelt werden, kann aus diesen Wertepaaren kontinuierlich eine Regressionsgerade bestimmt werden. Der Schnittpunkt der Regressionsgeraden mit der Schlupfachse entspricht dem Schlupf-Offset S0. Die 6 zeigt die Berechnung des Schlupf-Offsets durch lineare Regression.
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Ein Fahrzeug zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst die folgenden Komponenten:
- – ein Motorsteuergerät,
- – ein Bremssteuergerät,
- – eine Drehzahlerfassungseinrichtung für die Fahrzeugräder des Fahrzeugs,
- – ein Fahrdynamik-Regelsystem, und
- – eine Einrichtung zur Bestimmung eines Radmomentes oder eines Bremsmomentes als Umfangskraft des Fahrzeugrades.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4010507 C1 [0004]
- WO 2014/199328 A1 [0005]
- DE 102012217772 A1 [0006]
- DE 102004044788 B4 [0008]