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Die Erfindung betrifft einen Sitz, insbesondere für einen Rollstuhl, mit einem Rückengestell, das relativ zu einer Sitzfläche verschwenkbar gelagert ist, einer Rückenlehne, die parallel zu dem Rückengestell verschiebbar gelagert ist, und einer Verschiebeeinrichtung, die so mit dem Rückengestell und der Rückenlehne verbunden ist, dass ein Verschwenken des Rückengestells ein Verschieben der Rückenlehne bewirkt, wobei ein Verschwenkwinkel des Rückengestells mit einem Verschiebeweg der Rückenlehne in einem vorgegebenen Verhältnis steht. Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung einen Rollstuhl mit einem derartigen Sitz.
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Ein solcher Sitz ist beispielsweise aus der
EP 2 946 758 A1 und der
EP 2 740 456 A1 bekannt. Es wird jeweils vorgeschlagen, in einer Rückenplatte des Sitzes eine bahnförmige Ausnehmung vorzusehen, in der ein Ende eines Gelenkarmes verschiebbar gelagert ist. Die Ausnehmung dient dazu, einen Bewegungsausgleich zu ermöglichen, wenn das Rückengestell verschwenkt und dabei die Rückenlehne entlang des Rückengestells verschoben wird.
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Mit derartigen Sitzen ist es grundsätzlich möglich, dem sogenannten „Hemdenauszieheffekt“ entgegenzuwirken. Dieser Effekt tritt dann auf, wenn sich die Rückenlehne beim Verschwenken des Rückengestells relativ zu dem Rücken einer sitzenden Person bewegt. Dadurch, dass jede Person aufgrund ihrer körperlichen Statur, ihres Gewichtes und ihrer Bewegungsmöglichkeiten unterschiedlich sitzt, sind die bekannten Sitze nur sehr eingeschränkt auf die Bedürfnisse der verschiedenen Personen anpassbar.
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Aus der
US 5 320 412 A ist ein Rollstuhl mit einem gattungsgemäßen Sitz bekannt, bei dem die Rückenlehne über einen Aktuator auf dem Rückengestell verschoben werden kann. Der Aktuator ist elektronisch gesteuert und die Steuerung kann entsprechend so programmiert werden, dass sich die Rückenlehne in Abhängigkeit vom Verschwenkwinkel des Rückengestells verschiebt.
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Die
US 2005/0088024 A1 beschreibt eine Rückenlehne, die über ein Scherengelenk auf ihrem Rückengestell verschoben werden kann. Der Verschiebeweg ist abhängig vom Neigungswinkel der Lehne und kann über eine Lochrasterung in den Gelenkhebeln des Scherengelenkes in Stufen eingestellt werden.
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Die
JP 2007-190356 A offenbart einen Rollstuhl mit einer im Winkel verstellbaren Rückenlehne. Ein Rückenkissen ist gegenüber der Lehne verschiebbar. Hierzu ist ein Arm mit seinem einem Ende mit dem Rückenkissen und mit dem anderen Ende mit einem Zahnrad verbunden, das drehbar angetrieben wird. Dreht sich das Zahnrad, schwenkt der Arm in vertikaler Richtung aus, wodurch die Verschiebung des Rückenkissens erfolgt. Der Benutzer des Rollstuhls kann willkürlich die Lage des Kissens zum eingestellten Winkel verändern. Ein Verschwenken des Rückengestells hat kein mechanisch gekoppeltes verschieben des Rückenkissens zur Folge.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen gattungsgemäßen Sitz derart zu verbessern, dass eine möglichst gute Anpassbarkeit des Sitzes, unabhängig von den Eigenschaften des Körpers einer sitzenden Person möglich ist.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird daher ein Sitz mit den Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1 vorgeschlagen, der sich dadurch auszeichnet, dass die Verschiebeeinrichtung dreigliedrig, mit einem Umlenkglied, einem Verschiebeglied und einem Koppelglied ausgebildet ist, und dass das Verhältnis (Steigung) von Verschwenkwinkel zum Verschiebeweg stufenlos einstellbar ist.
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Vorteilhaft daran ist, dass das Verhältnis rein mechanisch optimal auf die sitzende Person eingestellt werden kann. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei der sitzenden Person um ein Kind oder einen Erwachsenen, einen gesunden oder gehbeeinträchtigten oder gehbehinderten Menschen oder körperlich stark beeinträchtigte Menschen wie beispielsweise einen Tetraplegiker handelt. Der erfindungsgemäße Sitz ist daher so vielseitig einsetzbar, dass auch Unterschiede hinsichtlich der Größe, des Gewichtes und der Körperabmessungen von Personen berücksichtigt werden können, so dass der bestmögliche Komfort für die sitzende Person erreicht wird. Aufgrund der flexiblen Anpassbarkeit des Sitzes ist dieser praktisch für alle in Frage kommenden Personen einsetzbar, so dass nicht verschiedene Sitzmodelle vorgehalten werden müssen, was wirtschaftlich von Vorteil ist.
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Ein weiterer Vorteil der stufenlosen Einstellbarkeit ist, dass eine Person während der Anpassung des Verhältnisses in dem Sitz sitzen bleiben kann, da für das Einstellen das Rückengestell und die Rückenlehne nicht voneinander gelöst werden müssen. Dies ist einerseits für die sitzende Person komfortabel und andererseits ist dadurch eine besonders schnelle Anpassung an die Person möglich. Weiterhin vorteilhaft ist, dass das Verhältnis unabhängig von weiteren Einstellmöglichkeiten des Sitzes erfolgen kann, wie beispielsweise die Einstellung der Breite und/oder Höhe des Rückengestells. Durch die stufenlose Einstellbarkeit des Verhältnisses kann insbesondere bei Personen, die auf eine Kinnsteuerung angewiesen sind, sichergestellt werden, dass das Kinn und die Steuereinrichtung, welche üblicherweise am Rückengestell befestigt ist, unabhängig von der Position des Rückengestells stets auf einer Höhe sind. Damit kann insbesondere körperlich stark beeinträchtigten Menschen, die aus eigener Kraft ihrer Rückenposition relativ zur Rückenlehne nicht korrigieren können, ein komfortables und schonendes Sitzen ermöglicht werden.
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Der Sitz kann bevorzugt für einen Rollstuhl verwendet werden. Es kann sich bei dem Rollstuhl um einen manuell oder elektrisch antreibbaren Rollstuhl handeln. Der Sitz kann aber auch in einem Transportmittel wie einem Automobil oder ähnlichem eingesetzt werden. Es kann sich auch um einen Sitz für einen Bürostuhl handeln. Die Erfindung ist also prinzipiell bei jedem gattungsgemäßen Sitz einsetzbar.
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Unter dem Merkmal, dass die Rückenlehne parallel zu dem Rückengestell verschiebbar gelagert ist, ist insbesondere zu verstehen, dass die Rückenlehne nicht im mathematisch-parallelen Sinne verschiebbar ist, sondern sich vielmehr entlang des Rückengestells verschieben lässt. Dabei ist es nicht zwingend notwendig, dass die Rückenlehne entlang einer geradlinigen Bahn entlang des Rückengestells verschiebbar ist, es ist ebenso möglich und gemäß einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, dass die Rückenlehne entlang einer gekrümmten Bahn relativ zu dem Rückengestell verschoben werden kann. In anderen Worten lässt sich die Rückenlehne entlang des Rückengestells führen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung zeichnet sich der Sitz weiter dadurch aus, dass:
- a) das Umlenkglied
- a1) um einen Schwenkpunkt schwenkbar an dem Rückengestell gelagert ist,
- a2) einen ersten Arm und einen zweiten Arm, die sich ausgehend von dem Schwenkpunkt in voneinander abgewandte Richtungen erstrecken, aufweist und
- a3) ein Langloch aufweist, das an dem zweiten Arm angeordnet ist,
- b) das Verschiebeglied, mit
- b1) einem ersten Anbindungsende in dem Langloch verschiebbar gelagert ist, um das Verhältnis einzustellen, und mit
- b2) einem zweiten Anbindungsende an der Rückenlehne befestigt ist, und
- c) das Koppelglied, mit
- c1) einem ersten Koppelende an dem ersten Arm befestigt ist, und mit
- c2) einem zweiten Koppelende an einen ersten Aktuator oder an einen Rollstuhlrahmen gekoppelt ist.
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Dadurch, dass die Verschiebeeinrichtung ein Langloch aufweist, kann eine besonders technisch einfache, günstige und zuverlässige stufenlose Einstellung des Verhältnisses (also der Steigung) erreicht werden. Dadurch ist der Sitz sehr zuverlässig in der Anwendung, einfach zu warten und damit kostengünstig in seiner Herstellung sowie seinem Betrieb.
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Vorteilhaft an einer derartigen Verschiebeeinrichtung ist, dass sie sowohl bei Sitzen mit elektrischer Verstellung des Rückengestells als auch bei Sitzen eingesetzt werden kann, bei denen die Verstellung des Rückengestells manuell erfolgt. Vorzugsweise ist in einem Kraftfluss zwischen dem zweiten Anbindungsende und dem zweiten Koppelende eine Ausgleichsvorrichtung angeordnet, die für einen Bewegungsausgleich sorgt, wenn das zweite Koppelende insbesondere an dem Rollstuhlrahmen oder an einem sonstigen unbeweglichen Teil des Rollstuhls befestigt ist.
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Die Ausgleichseinrichtung kann optional oder zusätzlich auch eine federnde und/oder dämpfende Wirkung ausüben.
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Wenn das zweite Koppelende an den ersten Aktuator gekoppelt ist, ist es nicht zwingend notwendig, aber ebenso möglich und gemäß einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, dass auch in diesem Fall eine Ausgleichseinrichtung vorgesehen ist.
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Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist das erste Anbindungsende an einem Schlitten befestigt, der
- a) einen Kopfabschnitt, der in dem Langloch geführt ist, und
- b) einen Absatz aufweist, der sich an den Kopfabschnitt anschließt und der an dem Umlenkglied anliegt,
- c) wobei eine Fixiereinrichtung an dem Kopfabschnitt angeordnet ist, um den Schlitten unter Mitwirkung des Absatzes an dem Umlenkglied zu fixieren.
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Damit ist vorteilhafterweise nicht nur die konstruktive Ausgestaltung zum stufenlosen Einstellen des Verhältnisses durch das Langloch einfach gehalten, sondern auch die Anbindung an das Langloch selbst. Das Langloch wird durch die Verwendung des Absatzes und des Kopfabschnitts vorteilhafterweise weiterhin dazu verwendet, um eine sichere Fixierung durch die Fixiereinrichtung zu ermöglichen sowie darüber hinaus eine sichere Führung. Der Kopfabschnitt ist dazu vorteilhafterweise passig zu dem Langloch ausgeführt, worunter insbesondere zu verstehen ist, dass der Kopfabschnitt durch das Langloch seitengeführt ist, also eine nahezu spielfreie Seitenführung gewährleistet ist.
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Vorzugsweise ist das Langloch an seinen Enden abgerundet und der Kopfabschnitt dazu korrespondierend ausgebildet, so dass ein Verkanten weitestgehend ausgeschlossen ist. Bei der Fixiereinrichtung handelt es sich insbesondere vorzugsweise um eine Schraube, so dass der Schlitten besonders schnell und zuverlässig an dem Umlenkglied fixiert und wieder gelöst werden kann, um eine Einstellung des Verhältnisses vorzunehmen. Die Konstruktion insgesamt ist damit einfach gehalten, zu bedienen und zuverlässig.
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Der erste Aktuator ist bevorzugt zum Verschwenken des Rückengestells ausgebildet und angeordnet, und kann insbesondere ein Linearaktuator mit einem linear ausfahrbaren Läufer sein, der an das zweite Koppelende gekoppelt ist.
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Dadurch wird sichergestellt, dass bei einem Verschwenken des Rückengestells eine unmittelbare und sofortige Einwirkung auf die Verschiebeeinrichtung erfolgt. Die konstruktive Integrität wird dadurch erhöht, wodurch die Anzahl der benötigten Bauteile und damit die Kosten gesenkt werden können.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist der Aktuator mittig an einer Rückseite des Rückengestells angeordnet und der Läufer mittig entlang des Rückengestells ausfahrbar. Dadurch kann der Aktuator an der Rückseite des Rückengestells angeordnet und befestigt sein, wodurch der Sitz in seiner Tiefe vergleichsweise gering aufbaut. Ein Linearaktuator ist nicht zwingend, aber vorteilhaft, da eine direkte Krafteinleitung möglich ist.
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Vorzugsweise wird ein elektromechanischer Aktuator eingesetzt, der beispielsweise von einer Batterie eines elektrischen Rollstuhls gespeist wird. Bei einem manuell angetriebenen Rollstuhl kann eine solche Batterie auch durch einen entsprechenden Generator, der über die Antriebsräder antriebbar ist, aufgeladen werden.
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Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist der Läufer um eine Läufer-Schwenkachse verschwenkbar mit einer Traverse, an der Armlehnengestelle befestigbar sind, oder mit dem Rollstuhlrahmen verbunden, und die Läufer-Schwenkachse bezüglich einer Vorwärtsfahrtrichtung hinter einer Rückengestell-Schwenkachse angeordnet. Es ist bevorzugt auch möglich, dass die Läufer-Schwenkachse vor der Rückengestell-Schwenkachse angeordnet ist. Weiterhin vorzugsweise sind die Achsen in einer horizontalen Ebene zueinander angeordnet und beabstandet. Dies ist aber nicht zwingend notwendig, es ist ebenso möglich und gemäß einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, dass die Läufer-Schwenkachse in Fahrtrichtung hinter einer vertikal durch die Rückengestell-Schwenkachse verlaufenden Ebene angeordnet ist. Dies ermöglicht ein optimales Ausnutzen der verfügbaren Sitzfläche bei jeder beliebigen Position des Rückengestells unter einem bestimmten Verschwenkwinkel. Wichtig ist, dass die Läufer-Schwenkachse und die Rückengestell-Schwenkachse nicht denselben Drehpunkt haben.
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Eine weitere vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Verschiebeweg zwischen einer minimalen und einer maximalen Lehnenhöhe erstreckt und die maximale Lehnenhöhe bei einem maximal möglichen Verschwenken des Rückengestells in Richtung auf die Sitzfläche vorliegt. Die maximale Lehnenhöhe stellt sich dann ein, wenn ein minimaler Winkel zwischen dem Rückengestell und der Sitzfläche vorliegt (vgl. 2d).
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Einstellen des Verhältnisses ein gegenseitiges Verschieben der minimalen und der maximalen Lehnenhöhe. Bevorzugt bewirkt ein Einstellen des Verhältnisses ausgehend von einem maximalen Verhältnis hin zu einem minimalen Verhältnis, dass die maximale Lehnenhöhe reduziert und die minimale Lehnenhöhe angehoben wird. Bildlich gesprochen bewegen sich die Positionen der Rückenlehne bei maximaler Lehnenhöhe und minimaler Lehnenhöhe dann aufeinander zu. Es ist möglich und gemäß einer bevorzugten Ausführungsform auch vorgesehen, dass die minimale und die maximale Lehnenhöhe unabhängig voneinander verschoben werden können. Dies ermöglicht eine besonders gute Anpassbarkeit auf die Bedürfnisse der sitzenden Person.
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Es ist nicht zwingend notwendig, dass die Rückenlehne relativ zu dem Rückengestell verschoben wird. Es ist ebenso denkbar und gemäß einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, dass sowohl das Rückengestell als auch die Rückenlehne relativ zueinander verschieblich angeordnet sind. In anderen Worten können Rückengestell und Rückenlehne unabhängig voneinander und relativ zueinander verschoben werden. Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist das zweite Koppelende und/oder der Läufer von den zu ihnen korrespondieren Anbindungsstellen lösbar, so dass das Rückengestell in Richtung auf die Sitzfläche zusammenklappbar ist. Vorteilhafterweise kann der Sitz dadurch für einen Transport flach zusammengeklappt werden, ohne dass die Verschiebeeinrichtung und/oder der Aktuator aufwendig bedient und/oder auseinander gebaut werden müssen. Der Sitz kann folglich schnell in einen Transportzustand oder aber wieder in seinen Betriebszustand gebracht werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist in einem Kraftfluss zwischen dem zweiten Koppelende und dem zweiten Anbindungsende ein Fluiddämpfer, insbesondere ein Gasdruckdämpfer, und/oder ein elastisches Element und/oder ein zweiter Aktuator angeordnet. Dadurch wird ein etwaiges Einklemmen der sitzenden Person zwischen der Sitzfläche und dem Rückengestell weitestgehend ausgeschlossen.
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Vorzugsweise ist der Fluiddämpfer so ausgebildet, dass er bei einem einstellbaren Schwellenwert, wie beispielsweise einer Kraft von 50 N, aktiviert wird und dann ein weiteres Verschwenken des Rückengestells relativ zu der Sitzfläche verhindert, wenn sich ein Hindernis dazwischen befindet, um ein Einklemmen der sitzenden Person zu verhindern.
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Optional oder zusätzlich kann dafür auch ein zweiter Aktuator eingesetzt werden. Vorteilhafterweise kann das Verhältnis durch den Fluiddämpfer und/oder den zweiten Aktuator dynamisch eingestellt werden. Das bedeutet, dass das Verhältnis nicht nur stufenlos einstellbar ist, sondern während des Verschwenkens des Rückengestells unterschiedliche Verhältnisse umgesetzt werden können.
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Es ist möglich und gemäß einer bevorzugten Ausführungsform vorgesehen, dass ein derartiger Verhältnisverlauf progressiv oder degressiv verläuft. Es ist weiterhin vorzugsweise vorgesehen, dass beim Verschwenken in die eine Richtung ein beispielsweise progressiver Verlauf und beim Verschwenken in die andere Richtung ein degressiver Verlauf der Steigung umsetzbar ist. Vorteilhafterweise kann jede beliebige Verhältniskurve umgesetzt werden.
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Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass ein nahezu linearer Verlauf des Verhältnisses aus Verschwenkwinkel und Verschiebeweg vorteilhaft ist. Eine Anpassung über den Verschwenkwinkel ist damit nicht zwingend erforderlich, es kann aber mit der beschriebenen vorteilhaften Ausführungsform jederzeit darauf zurückgegriffen werden, wenn ein dynamischer Verlauf des Verhältnisses über den Verschwenkwinkel nötig werden sollte.
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Der Sitz weist bevorzugt eine elektronische Ansteuereinheit auf, die ausgebildet ist zum Ansteuern des zweiten Aktuators in Abhängigkeit eines vorgegebenen Verlaufs des Verhältnisses über den Verschwenkwinkel oder alternativ dazu in Abhängigkeit aktueller, mittels wenigstens eines Abstandssensors ermittelter, Abstandsdaten zwischen der Rückenlehne und der Sitzfläche relativ zueinander. Bei dem wenigstens einen Abstandssensor kann es sich beispielsweise um einen optischen Abstandssensor handeln.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist der wenigstens eine Abstandssensor zur Kontrolle eines vorgegebenen Abstandes zwischen der Rückenlehne und der Sitzfläche ausgebildet. Der Fluiddämpfer und/oder der zweite Aktuator kann anhand einer vorgegebenen Kurve des Verhältnisses eine Anpassung des Verhältnisses vornehmen und der Abstandssensor zur Überwachung eingesetzt werden. Bei einer Abweichung kann eine unmittelbare Ausregelung der Abweichung beispielsweise durch die Ansteuereinheit erfolgen.
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Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung sind an dem Umlenkglied entlang des Langlochs Markierungen definierter Body-Mass-Indices (BMI) angeordnet. Bei den Markierungen kann es sich beispielsweise um Buchstaben handeln, die für bestimmte Body-Mass-Indices stehen. Die Markierungen stehen dabei jeweils für ein definiertes Verhältnis, so dass anhand des BMI's einer Person das Verhältnis voreingestellt werden kann. Es hat sich aber gezeigt, dass durch die vorhergehende Berechnung eine exakte Voreinstellung nicht vollumfänglich zuverlässig möglich ist. Versuche mit verschiedenen Personen haben gezeigt, dass weitere Faktoren einen Einfluss haben, wie beispielsweise die Rückenkissenstärke, die Sitzkissenstärke, die Sitzposition der Person und ihr Körperbau, der vom BMI nur bedingt berücksichtigt wird.
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Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung einen Rollstuhl mit einem Sitz gemäß einer der erläuterten Ausführungsformen.
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Nachfolgend soll ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand von Zeichnungen näher erläutert werden. Es zeigen:
- 1 - eine Ausführungsform des Sitzes bei eingestelltem minimalen Verhältnis;
- a) bis c) - Rückansichten des Sitzes während eines abschnittsweise dargestellten Verschwenkens des Rückengestells;
- d) bis f) - verschiedene Seitenansichten des Sitzes gemäß 1 a) bis c);
- g) - einen Detailausschnitt der Verschiebeeinrichtung aus 1b);
- 2 - eine Ausführungsform des Sitzes bei eingestelltem maximalen Verhältnis;
- a) bis c) - Rückansichten des Sitzes während eines abschnittsweise dargestellten Verschwenkens des Rückengestells;
- d) bis f) - verschiedene Seitenansichten des Sitzes gemäß 1 a) bis c);
- g) - einen Detailausschnitt der Verschiebeeinrichtung aus 2b);
- 3 - eine Tabelle mit zu Markierungen auf einem Umlenkglied hinterlegten Body-Mass-Indices;
- 4 - ein α-x Diagramm mit Verläufen für ein maximales und ein minimales Verhältnis; und
- 5 - einen Rollstuhl in einer perspektivischen Seitenansicht mit einem Sitz gemäß einer beispielhaften Ausführungsform.
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In den 1a) bis f) ist ein Sitz 10 gemäß einer Ausführungsform der Erfindung während eines Verschwenkens des Rückengestells 12 in verschiedenen Momentaufnahmen in Rück- sowie Seitenansichten gezeigt. Der Sitz 10 weist ein Rückengestell 12 auf, das relativ zu einer nicht dargestellten Sitzfläche verschwenkbar gelagert ist. Der Sitz 10 weist eine Rückenlehne 14 auf, die parallel zu dem Rückengestell 12 verschiebbar gelagert ist. Eine Verschiebeeinrichtung 16 ist so mit dem Rückengestell 12 und der Rückenlehne 14 verbunden, dass ein Verschwenken des Rückengestells ein Verschieben der Rückenlehne 14 bewirkt. Wenn das Rückengestell 12 um einen Verschwenkwinkel α verschwenkt wird, wird die Rückenlehne 14 um einen Verschiebeweg x verschoben.
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Um das Verschieben zu ermöglichen, ist eine Verschiebeeinrichtung 16 vorgesehen. Die Verschiebeeinrichtung 16 weist ein Umlenkglied 20 auf, das um einen Schwenkpunkt D schwenkbar an dem Rückengestell 12 gelagert ist. Ausgehend von dem Schwenkpunkt D erstrecken sich ein erster Arm 22 und ein zweiter Arm 24 in voneinander abgewandte Richtungen. Das Umlenkglied 20 weist ein Langloch 26 auf, das in den zweiten Arm 24 eingearbeitet ist. Die Anbindung des Umlenkgliedes 20 an die Rückenlehne 14 wird über ein Verschiebeglied 30 realisiert. Das Verschiebeglied 30 ist mit einem ersten Anbindungsende 32 in dem Langloch 26 verschiebbar gelagert, um das Verhältnis V von Verschwenkwinkel α zu Verschiebeweg x stufenlos einzustellen. Das Verschiebeglied 30 ist über ein zweites Anbindungsende 34 an der Rückenlehne 14 befestigt. An dem ersten Arm 22 des Umlenkgliedes 20 ist ein Koppelglied 40 mit einem ersten Koppelende 42 befestigt. Das zweite Koppelende 44 des Koppelgliedes 40 ist an einen ersten Aktuator 60 gekoppelt.
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Eine maximale Lehnenhöhe Hmax liegt bei einem Verschwenkwinkel von bevorzugt α = -10° relativ zu einer aufrechten Position des Rückengestells 12 vor. Wenn das Rückengestell 12 in eine zunehmend liegende Position verfahren wird, wie dies in den Figuren d) bis f) veranschaulicht ist, wird die Rückenlehne 14 nach unten, um einen Verschiebeweg x verschoben. Bei einem Verschwenkwinkel von bevorzugt 45° ist die minimale Lehnenhöhe Hmin erreicht. Damit ein Verschieben der Rückenlehne 14 bei einem Verschwenken des Rückengestells 12 möglich ist, ist das erste Koppelende 42 des Koppelgliedes 40 an einem linear ausfahrbaren Läufer 62 des Aktuators 60 gekoppelt. Der Läufer 62 ist dabei um eine Läufer-Schwenkachse S62 verschwenkbar. Diese Läufer-Schwenkachse S62 ist bezüglich einer Vorwärtsfahrtrichtung R hinter einer Rückengestell-Schwenkachse S12 angeordnet.
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In 1g) ist eine Detailansicht der Verschiebeeinrichtung 16 dargestellt, genauer ein Detailausschnitt ү des Umlenkgliedes 20 und des Verschiebegliedes 30. Das erste Anbindungsende 32 des Verschiebegliedes 30 ist an einem Schlitten 50 befestigt, der einen Kopfabschnitt 52 aufweist, der in dem Langloch 26 geführt ist. Der Schlitten 50 weist einen Absatz 54 auf, der sich an den Kopfabschnitt 52 anschließt und der auf der nicht sichtbaren Rückseite des Umlenkgliedes 20 anliegt. Eine Fixiereinrichtung 56, die im vorliegenden Fall als Schraube ausgebildet ist, ist an dem Kopfabschnitt 52 angeordnet, um den Schlitten 50 unter Mitwirkung des Absatzes 54 an dem Umlenkglied 20 zu fixieren.
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Es ist zu erkennen, dass an dem Umlenkglied 20 entlang des Langlochs 26 Buchstaben angeordnet sind, wobei hinter jedem Buchstaben ein definierter Body-Mass-Index definiert ist. An dem Schlitten 50 ist eine Markierung in Form eines auf dem Buchstaben A zeigenden Pfeiles angeordnet, so dass der Schlitten 50 bewusst entlang des Langlochs 56 an eine gewünschte Position verschiebbar und dann über die Fixiereinrichtung 56 fixierbar ist, so dass ein definiertes Verhältnis V zwischen Verschwenkwinkel α und Verschiebeweg x eingestellt werden kann. Eine beispielhafte Zuordnung der Body-Mass-Indices zu den Buchstaben ist in 3 dargestellt.
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Das Verhältnis V zwischen Verschwenkwinkel α und Verschiebeweg x wird auch als Steigung bezeichnet, wobei im vorliegenden Fall die Steigung minimal ist, also ein längster Verschiebeweg x über den Verschwenkwinkel α möglich ist. Anhand der 1a) bis c) ist zu erkennen, dass der Schlitten 50 am äußerst linken Rand des Langlochs 26 fixiert ist, so dass das erste Anbindungsende 32 des Verschiebegliedes 30 auf einer imaginären Kreisbahn um den Schwenkpunkt D mit maximalem Radius bewegt wird. Durch diesen langen Hebel kann folglich eine größtmögliche Bewegung umgesetzt werden, so dass ein maximaler Verschiebeweg x über den Verschwenkwinkel α realisiert werden kann. Dies ist in 4 an der Kurve A zu erkennen. Der Verschwenkwinkel α wird als konstant für verschiedene Verhältnisse V angenommen. Bei dem maximalen Verschiebeweg xA, ergibt sich daraus eine minimale Steigung.
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Im Unterschied zu 1 ist in 2 der Schlitten 50 an dem äußerst rechten Rand des Langlochs 26 angeordnet und über die Befestigungseinrichtung 56 fixiert. Dies wird anhand eines Vergleiches der 1g) mit 2g) deutlich, die jeweils einen Detailausschnitt ү aus der 1b) bzw. 2b) zeigen. Wie erläutert, ist das erste Anbindungsende 32 des Verschiebegliedes 30 dann weiter nach innen zum Schwenkpunkt D hin angeordnet, so dass das erste Anbindungsende 32 auf einer imaginären Kreisbahn mit minimalem Radius um den Schwenkpunkt D verlagert wird. Anhand der in 2d) bis f) dargestellten Abmaße ist zu erkennen, dass bei gleichem Verschwenkwinkel α ein kürzerer Verschiebeweg xK zurückgelegt wurde, als in den 1d) bis f). In 4 resultiert dies in der Kurve K, die verglichen mit der Kurve A eine maximale Steigung aufweist.
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Der Schlitten 50 wurde zum Erreichen des maximal möglichen Verhältnisses V, also eines kürzesten Verschiebeweges xK, umgedreht. Dies ist daran zu erkennen, dass das erste Anbindungsende 32 des Verschiebegliedes 30 am äußerst rechten Rand des Langlochs 26 vorliegt. Der Markierungspfeil ist jetzt auf den Buchstaben K gerichtet, der sich an der Oberkante und nicht wie der Buchstabe A aus 1g) an der Unterkante des Langlochs 26 befindet. Dadurch, dass der Schlitten 50 in dem Langloch 26 auch umgedreht einsetzbar ist, kann das Langloch 26 vergleichsweise kurz ausgestaltet sein. Ein zu langes Langloch 26 in dem Umlenkglied 20 würde dazu führen, dass ein Verschieben des Schlittens 50 innerhalb des Langlochs 26 erschwert möglich wäre, da der Aktuator 60 den Zugang zu dem Schlitten 50 und/oder zu der Fixiereinrichtung 56 blockieren würde.
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In 4 ist der Verschwenkwinkel α über den Verschiebeweg x für verschiedene, anhand der Markierungen entlang des Langlochs eingestellter, Verhältnisse V (Steigungen) dargestellt. Es ist zu erkennen, dass der Verschwenkwinkel α als konstant angenommen wird, dies entspricht einer uneingeschränkten Verschwenkbewegung unabhängig des eingestellten Verhältnisses des Rückengestells. Die Gerade A stellt das Verhältnis V dar, was für eine Person mit besonders hohem BMI ausgewählt wird. Die Gerade K stellt genau den umgekehrten Fall dar, wie in 3 dargestellt. Bei konstantem Verschwenkwinkel α wird bei einer Verschwenkbewegung gemäß der Geraden A ein maximaler Verschiebeweg x zurückgelegt. Das bedeutet, dass das Verhältnis V von Verschwenkwinkel α zu Verschiebeweg x, also die Steigung, minimal wird. Anhand der Geraden K ergibt sich genau der umgekehrte Fall. Es wird bei konstantem Verschwenkwinkel α ein minimaler Verschiebeweg x zurückgelegt. Daraus ergibt sich ein maximales Verhältnis V.
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In 5 ist ein elektrisch angetriebener Rollstuhl 100 mit einem Sitz 10 in einer beispielhaften Ausführungsform dargestellt. Der Aktuator und die Verstelleinrichtung sind in der Darstellung von dem Rückengestell 12 verdeckt. Das Rückengestell 12 ist relativ zu einer Sitzfläche 18 verschwenkbar gelagert. Der Läufer 62 ist um eine verdeckte Läufer-Schwenkachse verschwenkbar an einer Traverse 70 befestigt. Seitlich an der Traverse 70 sind Armlehnengestelle 72 befestigt.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Sitz
- 12
- Rückengestell
- 14
- Rückenlehne
- 16
- Verschiebeeinrichtung
- 18
- Sitzfläche
- 20
- Umlenkglied
- 22
- erster Arm
- 24
- zweiter Arm
- 26
- Langloch
- 30
- Verschiebeglied
- 32
- erstes Anbindungsende
- 34
- zweites Anbindungsende
- 40
- Koppelglied
- 42
- erstes Koppelende
- 44
- zweites Koppelende
- 50
- Schlitten
- 52
- Kopfabschnitt
- 54
- Absatz
- 56
- Fixiereinrichtung
- 60
- Aktuator
- 62
- Läufer
- 70
- Traverse
- 72
- Armlehnengestell
- 100
- Rollstuhl
- 102
- Rollstuhlrahmen
- α
- Verschwenkwinkel
- ү
- Detailausschnitt
- D
- Schwenkpunkt
- Hmax
- maximale Lehnenhöhe
- Hmin
- minimale Lehnenhöhe
- R
- Vorwärtsfahrtrichtung
- S12
- Rückengestell-Schwenkachse
- S62
- Läufer-Schwenkachse
- V
- Verhältnis (Steigung)
- x
- Verschiebeweg