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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Hybrid-Hohlprofilbauteils nach Anspruch 1, sowie ein hiermit hergestelltes Hybrid-Hohlprofilbauteil nach Anspruch 9.
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Hybrid-Bauteile sind aus unterschiedlichen Werkstoffen bzw. Materialien, zumeist Metall und Kunststoff (auch FKV = Faserkunststoffverbund), gebildete Verbundbauteile. Die Kombination wenigstens zweier Werkstoffe (Hybridbauweise) ermöglicht bspw. eine sehr gute Anpassung an die Belastungssituation bei gleichzeitiger Gewichtsersparnis. Insbesondere im Automobilbau und hierbei vor allem auch im Karosseriebau werden zunehmend Hybrid-Bauteile, insbesondere Kunststoff-Metall-Hybridbauteile, eingesetzt.
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Metallische Hohlprofilbauteile, insbesondere zur Verwendung im Karosseriebau, können durch sogenanntes Patchen, d. h. durch Aufbringen flächiger Faserkunststoffverbundverstärkungen, hybridisiert werden, wie bspw. in der
DE 10 2012 008 060 A1 und der
DE 10 2012 104 962 A1 beschrieben.
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Die
JP H05 -278 049 A offenbart eine Methode zum Füllen eines Hohlraums einer Automobilkarosserie mit einer in einer Art Sack befindlichen expandierbaren Schaummasse.
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Die
JP H07 -232 665 A offenbart ein Verfahren zur Anordnung eines aufschäumbaren Schallisolationselementes in einem Hohlraum einer Automobilkarosserie.
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Die
JP S63 - 54 217 A offenbart eine Methode, ein sackähnliches Element, welches mit einem expandierbaren Material gefüllt ist, in einen Hohlraum einzuführen und dort zu expandieren.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein weiteres Verfahren zur Herstellung eines Hybrid-Hohlprofilbauteils anzugeben, das wenigstens einen mit dem Stand der Technik einhergehenden Nachteil nicht oder zumindest nur in einem verminderten Umfang aufweist.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Mit dem nebengeordneten Patentanspruch 9 erstreckt sich die Erfindung auch auf ein verfahrensgemäß hergestelltes Hybrid-Hohlprofilbauteil. Bevorzugte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich analog für alle Erfindungsgegenstände aus den abhängigen Patentansprüchen, der nachfolgenden Beschreibung und der Zeichnung.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung eines Hybrid-Hohlprofilbauteils, wobei es sich vorzugsweise um ein Karosseriebauteil und insbesondere um ein Strukturbauteil handelt, umfasst folgende Schritte:
- - Bereitstellen eines metallischen Hohlprofils bzw. Hohlprofilbauteils;
- - Einbringen eines aus Verstärkungsfasern gebildeten Geflechtschlauches in den Hohlraum des Hohlprofils, wobei der Geflechtschlauch in seinem Inneren ein wärmeaktivierbares Expansionsmittel aufweist;
- - Erwärmen des Hohlprofils zusammen mit dem darin befindlichen Geflechtschlauch, wodurch das Expansionsmittel aktiviert wird, expandiert und den Geflechtschlauch konturfolgend an die Innenwandung des metallischen Hohlprofils andrückt, wo der Geflechtschlauch dann in-situ durch eine aushärtende Kunststoffmatrix fixiert wird.
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Das metallische Hohlprofil wird sozusagen durch den Geflechtschlauch und das Kunststoffmatrixmaterial, die einen Faserkunststoffverbund (FKV) bzw. einen Faserverbundkunststoff (FVK) bilden, verstärkt bzw. stabilisiert und dabei auch hybridisiert, was auch als Hybridisierung mittels Flecht- bzw. Geflechtschlauch bezeichnet werden kann. Das hergestellte Hybrid-Hohlprofilbauteil besteht somit aus einem metallischen Hohlprofil, insbesondere einem geschlossenen Hohlprofil, mit wenigstens einer Hohlkammer und wenigstens einer innenwandigen FKV-Verstärkung. Das Hohlprofilbauteil kann entlang seiner Längserstreckung einen veränderlichen Querschnitt aufweisen. Die FKV-Verstärkung kann über die gesamte axiale Länge des Hohlprofilbauteils oder nur abschnittsweise ausgebildet sein. Die aus dem Geflechtschlauch und einer Kunststoffmatrix gebildete FKV-Verstärkung kann zusätzlich mit der Innenwandung des metallischen Hohlprofils verklebt sein, bspw. durch Verwendung einer geeigneten Kunststoffmatrix oder eines separaten Klebstoffs (z. B. mittels wärmeaktivierbarer Kleberfolie, die um den Geflechtschlauch herum angeordnet wird). Das metallische Hohlprofil und die FKV-Verstärkung sind also formschlüssig und gegebenenfalls auch stoffschlüssig gefügt. Die FKV-Verstärkung befindet sich innen und ist weder von außen sichtbar noch störend bei Füge- oder Lackiervorgängen.
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Das metallische Hohlprofil kann bspw. ein Strangpressprofil oder ein Blechprofil sein. Es kann sich auch um ein mehrteiliges Blechprofil handeln, das aus mehreren miteinander gefügten Blechteilen gebildet wird, wobei der Geflechtschlauch mit dem wärmeaktivierbaren Expansionsmittel bereits beim Zusammenbau der Blechteile eingebracht werden kann. Metall- bzw. Blechmaterialien können bspw. Stahl, Aluminium oder auch Magnesium sein.
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Der Flecht- bzw. Geflechtschlauch weist zu einem flexiblen Faser-Flechtprofil zusammengefasste Verstärkungsfasern oder -rovings auf, wobei es sich insbesondere um Endlosfasern handelt. Bevorzugt handelt es sich um Kohlenstoff-, Glas- oder Aramidfasern, wobei auch Mischgewebe aus unterschiedlichen Fasertypen möglich sind. Das Geflecht ist bevorzugt aus Fasern bzw. Rovings aufgebaut, die als sogenannte Steh- und Flechtfäden angeordnet sind. Durch geeignete Wahl der Flechtfadenwinkel kann der Geflechtschlauch in radialer Richtung aufgeweitet bzw. expandiert werden, ohne dabei notwendigerweise in axialer Richtung zu verkürzen. Die Ausrichtung der insbesondere in Längsrichtung des Hohlprofils verlaufenden Stehfäden bleibt dabei im Wesentlichen unverändert (lediglich die Flechtfäden verscheren). Beim Einbringen in das metallische Hohlprofil kann der Geflechtschlauch temporär am Hohlprofil arretiert bzw. vorfixiert werden, bspw. mittels Clipsen, Dübeln, Laschen, Magnethaltern und ähnlichen Befestigungsmitteln.
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Der Geflechtschlauch wird durch Expansion des Expansionsmittels (s. u.) aufgeweitet und dann durch eine aushärtende Kunststoffmatrix, insbesondere eine duroplastische Kunststoffmatrix (z. B. Kunstharz) fixiert. Der Geflechtschlauch bzw. dessen Fasern und das Matrixmaterial bilden einen Faserkunststoffverbund (FKV). Das Kunststoffmatrixmaterial kann bereits im Geflechtschlauch enthalten sein (sogenanntes Prepregmaterial), bspw. in Gestalt von Kunststofffäden. Das Kunststoffmatrixmaterial kann auch als separate Folie, die bspw. um den Geflechtschlauch herumgewickelt ist, eingebracht werden. Das Kunststoffmatrixmaterial schmilzt beim Erwärmen auf, infiltriert bzw. durchtränkt das Fasergeflecht, insbesondere unter Druckeinwirkung des Expansionsmittels, und härtet dann aus. Der Härter kann bereits im Kunststoffmatrixmaterial oder im Geflechtschlauch enthalten sein. Der Härter kann auch vom Expansionsmittel freigesetzt werden.
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Ein wärmeaktivierbares Expansionsmittel ist ein Element, dass bei Wärmeeinwirkung sein Volumen, insbesondere um ein Vielfaches (bspw. wenigstens um das 3-fache, 5-fache oder 10-fache), vergrößert. Die Aktivierungstemperatur liegt bspw. zwischen 100°C und 220°C und vorzugsweise zwischen 160°C und 200°C. Das Expansionsmittel kann bspw. wenigstens ein umhüllter oder auch hüllenloser Expansionskörper sein, der bspw. mit Gas (auch Luft) gefüllt ist und unter Temperatureinfluss expandiert und dafür sorgt, dass sich der Geflechtschlauch an den Innenquerschnitt des metallischen Hohlprofils anlegt. Das Expansionsmittel und insbesondere der Expansionskörper kann auch ein schäumfähiges Material mit einem wärmeaktivierbaren Treibmittel aufweisen. Bei Erwärmung wird das metallische Hohlprofil quasi ausgeschäumt, wobei der erzeugte Schaum einerseits den Geflechtschlauch aufweitet und an das Hohlprofil andrückt und andererseits bei entsprechender Schaumbeständigkeit auch als dauerhafte Stabilisierung fungieren kann.
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Bevorzugt wird der Geflechtschlauch zusammen mit wenigstens einem innenliegenden Expansionsmittel als fertiges Paket bereitgestellt und in den Hohlraum des zu verstärkenden Hohlprofils eingebracht.
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Bevorzugt ist vorgesehen, dass das metallische Hohlprofil nach dem Einbringen des Geflechtschlauches (und des darin befindlichen wärmeaktivierbaren Expansionsmittels) in einer Karosserie (Fahrzeugkarosserie) verbaut und dann im Zuge eines KTL-Prozesses (KTL = kathodische Tauchlackierung) erwärmt wird.
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Die Erfindung betrifft somit, zumindest indirekt, auch ein Verfahren zur Herstellung einer Fahrzeugkarosserie mit folgenden Schritten:
- - Bereitstellen eines metallischen Hohlprofils bzw. Hohlprofilbauteils;
- - Einbringen eines aus Verstärkungsfasern gebildeten Geflechtschlauches in den Hohlraum des Hohlprofils, wobei der Geflechtschlauch in seinem Inneren ein wärmeaktivierbares Expansionsmittel aufweist;
- - Einbau des Hohlprofils zusammen mit dem darin befindlichen Geflechtschlauch (und des darin befindlichen wärmeaktivierbaren Expansionsmittels) in eine Fahrzeugkarosserie bzw. Karosseriestruktur, insbesondere noch im Karosserierohbau;
- - Durchführen eines KTL-Prozesses bzw. Aufbringen einer kathodischen Tauchlackierung auf die Fahrzeugkarosserie, wobei während des Trocknungsdurchlaufs (z. B. bei einer Temperatur von bspw. 180°C bis 200°C) das betreffende Hohlprofil zusammen mit dem darin befindlichen Geflechtschlauch erwärmt wird, wodurch das Expansionsmittel aktiviert wird (d. h. die Aktivierungstemperatur muss wenigstens erreicht und sollte dann auch eine Zeit lang gehalten werden), expandiert und den Geflechtschlauch konturfolgend und insbesondere vollumfänglich an die Innenwandung des metallischen Hohlprofils andrückt, wo dieser dann durch die aushärtende Kunststoffmatrix fixiert wird.
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Anstatt eines KTL-Trocknungsdurchlaufs kann auch ein anderer Prozessschritt vorgesehen sein, bei dem die Fahrzeugkarosserie unter erhöhte Temperatur gesetzt wird.
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Die auf diese Weise hergestellte Fahrzeugkarosserie kann mehrere solcher Hybrid-Hohlprofilbauteile aufweisen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Strukturbauteile. Bspw. handelt es sich um Seitenwandsäulen (bspw. eine A-, B-, C- oder D-Säule) bzw. Säulenverstärkungen, Seitenschweller bzw. Schwellerverstärkungen und/oder sonstige Längs- bzw. Querträger.
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Die Erfindung bietet die Möglichkeit einer Kostenersparnis im Karosseriebau, indem mit erfindungsgemäß hergestellten Hybrid-Hohlprofilbauteilen andere schwerere und teurere Bauteile ersetzt werden können. Außerdem kann die bisherige Variantenvielfalt, insbesondere die Anzahl von gleichen Bauteilen mit verschiedenen Wanddicken, reduziert werden, was eine direkte Kostenersparnis mit sich bringt.
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Mit Bezug auf die Zeichnung wird nachfolgend eine Ausführungsmöglichkeit der Erfindung näher erläutert. Die in der Zeichnung gezeigten oder nachfolgend erläuterten Merkmale können, auch losgelöst von konkreten Merkmalskombinationen, allgemeine Merkmale der Erfindung sein und die Erfindung weiterbilden.
- 1 veranschaulicht in mehreren schematischen Schnittdarstellungen den erfindungsgemäßen Verfahrensablauf.
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1a zeigt zwei Blechbauteile 110 und 120 die durch Fügen an ihren Fügeflanschen zu einem Hohlprofil 130 (siehe 1b) verbunden werden. Beim Zusammensetzen des Hohlprofils 130 wird ein Geflechtschlauch 140 aus einem mit Kunststoffmatrix bzw. Kunststoffmatrixmaterial vorimprägnierten Fasermaterial (Prepreg) zwischen den Blechbauteilen 110 und 120 bzw. im Inneren des gebildeten Hohlprofils 130 angeordnet. Im Inneren des Geflechtschlauches 140 befindet sich ein wärmeaktivierbares Expansionsmittel 150, das ein aufschäumbares Kunststoffmaterial K enthält.
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1b zeigt das aus den beiden Blechbauteilen 110 und 120 gebildete Hohlprofil bzw. Hohlprofilbauteil 130. Die axiale Richtung erstreckt sich senkrecht zur Blattebene. In der Hohlkammer H befindet sich der Geflechtschlauch 140 und das im Geflechtschlauch 140 befindliche wärmeaktivierbare Expansionsmittel 150. Der Geflechtschlauch 140 ist mit wenigstens einem Befestigungsmittel 160 am Hohlprofilbauteil 130 vorfixiert.
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Durch Wärmeeinwirkung T (bspw. T = 200°C) wird das Expansionsmittel 150 im Inneren des Hohlprofils 130 aktiviert, wobei das Kunststoffmaterial K aufschäumt und einen Formungsdruck p erzeugt, durch den der Geflechtschlauch 140 radial aufgeweitet wird und dabei dauerhaft an die Innenwandung bzw. die Innenkontur des Hohlprofils 130 angelegt wird, insbesondere vollumfänglich. In etwa gleichzeitig schmilzt das im Geflechtschlauch 140 enthaltene Kunststoffmatrixmaterial auf, durchtränkt das Fasergeflecht und härtet schließlich unter der Temperatur T aus, wobei sich insbesondere auch eine stoffschlüssige Verbindung mit dem metallischen Hohlprofil 130 ausbildet.
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Der im Kunststoffmatrixmaterial enthaltene Härter ist insbesondere so eingestellt oder dosiert, dass die Härtung erst etwas später nach der Expansion erfolgt. Alternativ kann der Härter auch im Expansionsmittel 150 enthalten sein und während der Expansion und insbesondere erst am Ende der Expansion freigesetzt werden. Das Expandieren bzw. Aufschäumen des Expansionsmittels 150 und das Konsolidieren des Geflechtschlauches 140 (durch Infiltrieren mit dem Kunststoffmatrixmaterial und Härtung des Kunststoffmatrixmaterials) kann je nach Auslegung bei gleicher Temperatur T oder bei unterschiedlichen Temperaturen erfolgen, so dass die Temperatur T gehalten oder eine Temperaturkurve gefahren werden muss. Prinzipiell sind auch zwei zeitlich auseinanderliegende Erwärmungsvorgänge ausführbar. Nach der Erwärmung erfolgt eine Abkühlung auf Raumtemperatur.
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1c zeigt das auf diese Weise hergestellte Hybrid-Hohlprofilbauteil 100, das im Wesentlichen aus dem Hohlprofil bzw. Blechhohlprofil 130, einer innenwandigen aus dem Geflechtschlauch 140 und dem ausgehärteten Kunststoffmatrixmaterial gebildeten FKV-Verstärkung 141 und einer aus dem Expansionsmittel 150 gebildeten Kunststoffausschäumung KS besteht.