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Die Erfindung betrifft ein Karosserie- oder Fahrwerksbauteil von Kraftfahrzeugen, welches einen metallischen Grundkörper und eine mit diesem verbundene Verstärkung aus Faserverstärktem Kunststoff (FVK) umfasst, gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und ein Verfahren deren Herstellung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 7.
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Es ist bereits bekannt, die im Fahrzeugbau üblichen Karosserie- oder Fahrwerksbauteile aus Metallen, insbesondere aus Stählen oder Aluminiumlegierungen mit einer zusätzlichen Verstärkung aus faserverstärkten Kunststoffen zu versehen, um durch diese Hybridbauweise das Crashverhalten in Leichtbauweise zu verbessern.
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Üblicherweise werden Endlosfaserverstärkte Kunststoffe eingesetzt, bei denen die Fasern in Form von Geweben, Matten oder Gelegen vorliegen. Häufig werden die Verstärkungsteile aus FVK, bzw. deren Vorformen zunächst in einem separaten Fertigungsschritt hergestellt und hierauf mit dem Grundkörper verbunden. Die Herstellung der Verstärkungsteile, bzw. der Vorformen, das Anfügen an den Grundkörper und das Aushärten von Klebstoffen und gegebenenfalls der Matrix der FVK-Vorformen sind fertigungstechnisch aufwändig.
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Aus der
DE 10 2006 058 601 B4 ist ein Verfahren zur Herstellung eines Karosserie- oder Fahrwerkbauteils bekannt, bei dem ein Verstärkungsteil aus Faserverstärktem Kunststoff (FVK) auf den metallischen Grundkörper über einen Klebstoff verbunden wird. Das Verstärkungsteil ist insbesondere durch Prepregs aus gestapelten und mit einem härtbaren Kunstharz vorimprägnierten Faserstoffen gebildet. Das Verfahren umfasst typischerweise die Schritte Stapeln mehrerer Prepregs, Zuschneiden der Prepregs, Umformen des gestapelten Prepregs zu einer 3-dimensionalen Vorform, Beschichten der Vorform oder des einen Grundkörpers mit einem Klebstoff, Aufeinanderpressen der Vorform und des Grundkörpers in einem Presswerkzeug und Aushärten von Kleber und Matrix.
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Aus der
DE 10 2006 027 546 A1 ist ein Hybridbauteil aus einem Karosserieteil und einem so genannten Aufprallschutzverstärkungsteil bekannt. Es ist vorgesehen, dass das Aufprallschutzverstärkungsteil aus einem Faser-Kunststoff-Verbund besteht. Zur Herstellung des Aufprallschutzverstärkungsteils wird in einem Presswerkzeug zunächst ein Vorformling aus einem textilen Halbzeug erzeugt der anschließend mittels eines RTM-Verfahrens mit der Matrix versehen. Der Vorformling kann dabei gegebenenfalls auch direkt in das Karosserieteil einlaminiert werden.
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Die
DE 10 2006 058 602 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines Karosserie- oder Fahrwerkbauteils eines Kraftfahrzeugs, bei welchem ein metallischer Grundkörper über wenigstens ein Verstärkungsteil aus einem Faser-Kunststoff-Verbund verstärkt wird. Bei dem Verstärkungsteil handelt es sich um eine dreidimensionale Vorform aus gestapelten Prepregs, von denen eines mit Klebstoff versehen ist, um mit dem metallischen Grundkörper über einen Klebstoff verbunden zu werden.
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In der
DE 10 2004 003 190 A1 wird eine Baugruppe einer Kraftfahrzeugkarosserie in Schalenbauweise mit einer Außen- und einer Innenschale und Verstärkungsteil offenbart. Das Verstärkungsteil besteht aus einem faserverstärkten Kunststoff und ist flächig mit der Schale verklebt.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde ein Karosserie- oder Fahrwerksbauteils mit einer kostengünstigen Verstärkung zur Verbesserung des Crash-Verhaltens bereitzustellen und ein hierfür geeignetes Fertigungsverfahren, welches fertigungstechnisch einfach und vielseitig anwendbar sowie kostengünstig ist.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale der Ansprüche 1 und 7. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den jeweiligen Unteransprüchen angegeben.
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Über das erfindungsgemäße Verfahren wird somit ein Karosserie- oder Fahrwerkbauteil von Kraftfahrzeugen zur Verfügung gestellt, bei welchem ein metallischer Grundkörper mit einer Verstärkung aus Faserverstärktem Kunststoff (FVK) form- und kraftschlüssig flächig verbunden ist.
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Dabei ist es wesentlich, dass als Verstärkungsfasern Kurzfasern verwendet werden und dass der Faserverstärkte Kunststoff, beziehungsweise die Verstärkung auf den Grundkörper aufgesprüht wird.
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Der Faserverstärkte Kunststoff, bzw. die das FVK bildende härtbare Masse aus Harz, Kurzfasern und Zuschlagstoffen kann über das Sprühverfahren sehr einfach und auf unterschiedlich oder komplex geformte Grundkörper aufgetragen werden. Durch das Aufspritzen, bzw. aufsprühen wird eine formschlüssige und flächig Verbindung erreicht. Die Aushärtung des FVK auf dem Grundkörper stellt eine kraftschlüssige Verbindung her.
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Besonders vorteilhaft ist dabei, dass das Verfahrenstechnisch aufwändige Herstellen einer Vorform aus textilen Fasergebilden und das Einlegen bzw. Einpassen der Harz getränkten Vorform auf den Grundkörper entfällt. Das FVK lässt sich in einfacher Weise flächig aufbringen, ohne dass Knickstellen, Falze oder Vorsprünge auf der Oberfläche des Grundkörpers weiter stören.
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Im Unterschied zu den üblichen formgebenden Verfahren der Prepregtechnik, RTM, oder SMC ist der Verstärkungsfasergehalt beim Sprühen von Kurzfaser-Massen verfahrensbedingt deutlich geringer. Dies liegt insbesondere daran, dass beim Sprühen Luft mit eingeschlossen wird. Ein Einpressen von Harz unter Druck oder ein Auspressen der Luft finden nicht statt. Während bei den üblichen Formgebungsverfahren in kompakter Bauweise hohe Faservolumengehalte von ca. 60% erzielt werden können, liegen die Faservolumengehalte bei den aufgesprühten FVK deutlich unter 60%.
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Auch lässt sich mit dem Sprühen prinzipiell keine deutliche Vorzugsorientierung der Fasern erreichen. Die Fasern sind nach dem Aufsprühen zufällig ausgerichtet und bilden eine Wirrlage. Eine Kraftfluss-gerechte Ausrichtung der Fasern, wie dies mit den oben aufgeführten Verfahren möglich wäre, lässt sich mit dem Sprühen daher nicht erreichen. Durch geeignete verfahrenstechnische Ausführung des Sprühkopfes lässt sich lediglich eine sehr beschränkte Kraftflussgerechte Orientierung der Fasern realisieren.
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In weiterer Ausgestaltung der Erfindung werden zusätzlich textile Verstärkungsmaterialien, also Gewebe, Gelege, Bänder, Rovings, etc. aus Verstärkungsfasern in das aufgesprühte Material eingebracht. Dies kann beispielsweise durch Auf- oder Eindrücken in die aufgetragene noch nicht ausgehärtete FVK-Schicht erfolgen. Ebenso ist es möglich die textilen Verstärkungsmaterialien vorzulegen oder beim Sprühen einzulegen und beim Sprühen mit FVK einzubetten. Die textilen Verstärkungsmaterialien sind Kraftflussgerecht orientiert und können partiell oder auch großflächig eingebracht werden.
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Überraschenderweise hat sich aber heraus gestellt, dass die durch das Aufsprühen von FVK erhältliche Verstärkung der Karosserie- oder Fahrwerkbauteile bereits zu einer wesentlichen Verbesserung des Crashverhaltens führt. Dies ist insbesondere darauf zurück zu führen, dass die Verstärkung die Knicksteifigkeit der metallischen Karosseriebauteile deutlich verbessert.
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Unter den Kurzfasern des Kurzfaser-verstärkten FVK sind Fasern mit mittleren Längen von 0,1 bis 100 mm zu verstehen. Bevorzugt werden Fasern mit Längen von 10 bis 100 mm eingesetzt. Besonders bevorzugt werden Längenverteilungen eingesetzt, wobei die mittlere Faserlänge im FVK bei 20 bis 80 mm liegt. Besonders bevorzugt ist die Faser-Längenverteilung zumindest bimodal. Hierdurch werden ein höherer Fasergehalt und ein dichteres FVK erreicht.
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Die Faserlänge wird bevorzugt in einem Schneidwerkzeug der Spritzpistole eingestellt. Hier werden Faser-Rovings auf die gewünschte Länge zerschnitten. In der Spritzpistole erfolgt üblicherweise auch die Vermischung der Fasern mit dem Harz, bzw. den weiteren Zuschlagstoffen.
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Als Verstärkungsfasern kommen bevorzugt Glasfasern, Kohlenstoff-, bzw. Cabonfasern oder Aramidfasern zum Einsatz. Besonders bevorzugte FVK sind dabei GFK und CFK. Daneben können auch metallische Fasern oder mineralische Fasern wie z. B. Basalt eingesetzt werden.
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In bevorzugter Ausgestaltung des Verfahrens werden für den Faserverstärkten Kunststoff (FVK) thermische oder kalthärtende Matrixharze eingesetzt. Der FVK wird dabei in der Form von spritzbaren Massen aus Harz, Kurzfasern und Zuschlagstoffen auf den Grundkörper aufgebracht. Nach dem Aufbringen findet dann die Aushärtung des Harzes zur duroplastischen Matrix statt. Werden thermisch härtende Harze verwendet, kann die Aushärtung beispielsweise in Durchlauföfen oder mittels Heizstrahlern erfolgen.
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Als Matrix sind insbesondere Epoxidharze, ungesättigte Polyesterharze, Vinylesterharze, Phenol-Formaldehydharze, Diallylphthalatharze, Methacrylatharze, Polyurethane, Aminoharze, Melaminharze oder Harnstoffharze geeignet. Zu den besonders bevorzugten Harzen zählt radikalisch härtendes ungesättigtes Polyesterharz.
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Bei den Grundkörpern der Karosserie- oder Fahrwerksbauteile handelt es sich um metallische Teile, insbesondere aus Stählen oder Aluminiumlegierungen. Diese liegen insbesondere als Bleche oder Profilteile vor. Bezogen auf die spätere Anordnung im Kraftfahrzeug wird die Verstärkung auf der Innenfläche des Karosserie- oder Fahrzeugteils angebracht. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Verstärkung die gesamte Innenfläche bedeckt. Vielmehr kann die Verstärkung auf die besonders belasteten zentralen Bereiche beschränkt werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung findet das Aufsprühen des FVK gemeinsam mit einem Umformen des Grundkörpers statt. Dies hat den Vorteil, dass sich die Anzahl der Kosten-verursachenden Verfahrensschritte weiter verringern lässt. Hierbei können beispielsweise Metallbleche verwendet werden, die eine Profilierung oder Rollprofilierung erfahren. Zu den typischen als Karosserie- oder Fahrwerksbauteilen geeigneten Profilen gehören insbesondere U-Profile. Es ist vorgesehen, dass das Aufsprühen des FVK in der Umform- oder Profilierungsanlage erfolgt. Die Profilierungsanlage kann dabei Vorrichtungen aufweisen mit denen die frisch aufgesprühte noch formbare Masse egalisiert, laminiert, fest gewalzt oder verdichtet wird. Hierzu ist beispielsweise eine Walze, ein Rakel oder eine Laminierrolle geeignet. Beispielsweise wird das Blech wird durch die Profilierungsanlage gefördert und mit einer stationären Spritzvorrichtung mit FVK versehen. Hinter der Spritzvorrichtung kann eine ebenso stationäre Walzvorrichtung angebracht sein.
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Im Allgemeinen ist es von Vorteil, wenn die frisch aufgesprühte noch formbare Masse mithilfe einer Walze oder Laminierrolle auf den Grundkörper angedrückt wird. Hierdurch wird die noch formbare Masse aus FVK entlüftet, bzw. verdichtet und egalisiert.
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Ein weiterer Vorteil des Aufsprühens ist, das sich auch geometrisch komplexere Bereiche mühelos verstärken lassen.
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In einer weiteren Ausgestaltung wird das FVK in einen als Hohlkörper geformten Grundkörper, beispielsweise eine zylindrisch geformte B-Säule eines Kraftwagens, eingebracht. Der Grundkörper kann dabei beispielweise einteilig aus einem Rohr oder auch mehrteilig aus Schalenelementen aufgebaut sein. Die Beschichtung erfolgt indem eine geeignete Spritzpistole in den Hohlraum eingeführt wird. Besonders bevorzugt werden dabei mindestens 40% der Innenfläche des Hohlkörpers durch FVK bedeckt. Bevorzugt wird nur die Außenseite des Karosserie- oder Fahrzeugteils durch Auftrag von FVK verstärkt. Die innen liegende Hälfte oder innen angeordnete Halbschale des Grundkörpers kann dabei ohne FVK-Verstärkung bleiben.
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Werden die Karosserie oder Fahrweksbauteile durch mehrere Schalen gebildet, von denen eine den Grundkörper bildet, ist es auch möglich die benachbarten Schalen mithilfe des FVK zu verbinden, beziehungsweise zu verkleben. Dabei wird das FVK zunächst auf den Grundkörper aufgespritzt und die benachbarte Schale beim Fügen zumindest teilweise in das noch weiche und noch nicht ausgehärtete FVK gedrückt.
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Gegebenenfalls wird vor dem Aufsprühen des FVK eine Kleberschicht auf dem Grundkörper aufgebracht. Der Kleber hat dabei die Aufgabe, die zu besprühende Oberfläche des Grundkörpers vollständig zu benetzen und hierdurch einen optimalen Form- und Kraftschluss zwischen Grundkörper und Verstärkung zu erzielen. Der Kleber weist im Gegensatz zum FVK keine Fasern auf. Der Kleber wird zweckmäßigerweise durch eine gesonderte Spritzvorrichtung unmittelbar vor dem FVK aufgesprüht. Bevorzugt besteht der Kleber im Wesentlichen aus dem Matrixharz des aufzutragenden FVK oder einem mit diesem mischbaren Material. Aushärtung von FVK und Kleber erfolgen dann gemeinsam.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird ein Karosserie- oder Fahrwerkbauteil von Kraftfahrzeugen gebildet, welches einen metallischen Grundkörper und eine mit diesem form- und kraftschlüssig flächig verbundene Verstärkung aus Faserverstärktem Kunststoff (FVK) umfasst. Die Verstärkungsfasern des Faserverstärkten Kunststoffs bestehen aus Kurzfasern, mit zufälliger Faserausrichtung oder in Wirrlage.
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Um die hohen Zugspannungen im Crash-Fall direkt in das FVK einzuleiten ist die flächige Anbindung an den Grundkörper besonders vorteilhaft.
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Bevorzugt befindet sich der faserverstärkte Kunststoff unmittelbar auf der Oberfläche des Grundkörpers. Dies bedeutet, dass keine faserfreie Zwischenschicht vorliegt.
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In alternativer Ausgestaltung befindet sich zwischen dem faserverstärkten FVK eine im Wesentlichen faserfreie Zwischenschicht aus Klebstoff oder Kunststoff, insbesondere aus dem Matrixmaterial des FVK. Besonders geeignet sind Epoxidharzklebstoffe und eine Matrix aus Epoxidharz. Die Dicke der Zwischenschicht beträgt dabei maximal 5% der Dicke der Verstärkung aus FVK.
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Der Mittelwert der Länge der Kurzfasern liegt bevorzugt im Bereich von 5 bis 100 mm.
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Als Karosseriebauteil werden bevorzugt Säulen der Fahrgastzelle, insbesondere die B-Säule eines Kraftfahrzeugs hergestellt.
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Werden die Karosserieteile, insbesondere die Säulen durch mehrere Schalen gebildet, so befindet sich die Verstärkung bevorzugt auf der außen liegenden Schale. Dabei ist die Verstärkung auf der nach innen weisenden Oberfläche, bzw. Innenseite angeordnet. Entsprechendes gilt analog, wenn das Karosserieteil einteilig als Hohlkörper, Hohlprofil oder rohrförmig ausgebildet ist. Ist der Grundkörper ein Hohlprofil, so bedeckt die Verstärkung aus FVK die Innenflächen des Hohlprofils bevorzugt zumindest zur Hälfte.
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Wenn der Grundkörper ein U-förmiges Profil bildet, bedeckt die Verstärkung aus FVK bevorzugt den Grund des U-Profils vollständig und die Seitenwände des U-Profils zumindest bis in eine Wand-Höhe von 25%.
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Bei den Karosseriebauteilen handelt es sich insbesondere um B-Säulen. Diese sind bei einem Seitencrash hoch belastet und müssen eine hohe Knicksteifigkeit aufweisen. Weitere bevorzugte Karosseriebauteile sind Schweller, Türen, Klappen oder Dachseitenrahmen.
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Zu den erfindungsgemäßen Karosserie- oder Fahrwerkbauteilen gehören auch diejenigen, welche nur partielle Verstärkungen, beispielsweise eine Verstärkung im mittleren Bereich einer B-Säule aufweisen. Die Enden der Bauteile sind bevorzugt frei von FVK. Hierdurch wird die Anbindung und das Fügen der metallischen Grundkörper an weitere metallische Karosserie- bzw. Fahrwerksteile erleichtert.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006058601 B4 [0004]
- DE 102006027546 A1 [0005]
- DE 102006058602 A1 [0006]
- DE 102004003190 A1 [0007]