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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs aus einem polyamidhaltigen Verbundwerkstoff. Ferner betrifft die Erfindung für das Verfahren oberflächenmodifizierte Fasern und Metallkörper sowie ein nach dem Verfahren hergestelltes Halbzeug.
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Auf vielen Gebieten der Technik werden mittlerweile Verbundwerkstoffe, insbesondere Faserverbundwerkstoffe, zur Verbesserung der Bauteileigenschaften und Gewichtsreduzierung eingesetzt. Ein Faserverbundwerkstoff weist dabei zumindest zwei Hauptkomponenten auf, nämlich eine Matrix und in diese Matrix eingebettete, der Verstärkung dienende Fasern. Für die Zwecke der vorliegenden Erfindung sind lediglich Faserverbundwerkstoffe und Verbundwerkstoffe mit polymerer Matrix von Interesse. Die Kombination derartiger Faserverbundwerkstoffe beziehungsweise Verbundwerkstoffe mit weiteren Materialien, wie Metallen, ist insbesondere im Fahrzeugbau ein Ansatzpunkt der Entwicklung neuer Leichtbautechnologien. Dabei entsteht das besondere Problem der hinreichenden Anbindung der polymeren Matrix an die Fasern beziehungsweise an das Metall.
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Bei der Herstellung von Faserverbundwerkstoffen wird das Fasermaterial üblicherweise mit dem verflüssigten oder erweichten polymeren Material in Kontakt gebracht. Auch die Anbindung eines polymeren Materials an eine metallische Oberfläche wird zumeist thermisch unterstützt. Ergänzend sind für die Herstellung von Kunststoff-Metall-Hybridbauteilen aus einem metallischen Grundkörper und einem mit dem Grundkörper verbundenen Halbzeug aus einem Faserverbundwerkstoff oder polymeren Material spezielle Fügeverfahren entwickelt worden. Beispielsweise umfassen diese Fügeverfahren das mechanische Fügen von Halbzeugen aus Faserverbundwerkstoff beziehungsweise polymerem Material und metallischen Bauteilen mit Nieten, durch Kragenfügen oder Bolzensetzen. Weiterhin kann die Verbindung zwischen Halbzeug und metallischem Bauteil auch über ein Klebeverfahren erfolgen. Klassische Klebeverfahren haben jedoch den Nachteil, dass in zusätzlichen Arbeitsschritten ein Klebstoff aufgetragen und ausgehärtet werden muss, was eine Automatisierung erschwert. Ferner müssen die Materialeigenschaften des Klebstoffs so beschaffen sein, dass er einerseits zum Faserverbundwerkstoff/polymeren Material und andererseits zum metallischen Bauteil eine hinreichend hohe Haftkraft entwickelt. Darüber hinaus sollte der Klebstoff auch in seinem sonstigen mechanischen Verhalten so ausgelegt sein, dass die Vorteile des Verbunds auch tatsächlich zum Tragen kommen können.
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Zur Verbesserung der Anbindung von Fasern an eine polymere Matrix wird gemäß
DE 102 09 420 A1 vorgeschlagen, der polymeren Matrix einen Katalysator beizumengen, der die Ausbildung einer Verbindung zwischen Matrix und Faseroberfläche fördert. Ein vergleichbarer Ansatz findet sich in
DE 10 2011 003 312 A1 , wo die Faseroberfläche durch chemische oder physikalische Bearbeitung derart aktiviert wird, dass sie mit der polymeren Matrix reagiert. Weitere Beispiele für intramolekulare Ruthenium -Komplex -katalysierte Synthesen von Lactamen finden sich in
US 2012/0220768 A1 ,
US 2009/0112005 A1 ,
US 2013/0281664 A1 sowie in der Nicht-Patentliteratur von T. Naota et al. (Synlett ,10, 1991, 693-694). Verfahren zur Halbwerksherstellung unter Verwendung von Fasern finden sich beispielsweise in
WO 2012/0116947 A1 und
US 10,202,501 B2 .
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Die zahlreichen positiven Ansätze weisen jedoch teils verfahrensökonomische Nachteile durch eine Vielzahl einzelner Zwischenschritte auf. Zudem ist die Anbindung der polymeren Matrix an Metall oder Faser eines Halbzeugs oft unzureichend, insbesondere bei polyamidhaltigen Verbundwerkstoffen.
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Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung eines Halbzeugs aus einem polyamidhaltigen Verbundwerkstoff lassen sich die Nachteile des Standes der Technik beheben oder zumindest mindern. Dazu umfasst das Verfahren die Schritte:
- a) Bereitstellen einer Faser und/oder eines Metallkörpers in einem Werkzeug, wobei an eine Oberfläche der Faser/des Metallkörpers ein Katalysator zur Oxidation eines cyclischen Amins zu einem Lactam gebunden ist;
- b) Zufügen eines cyclischen Amins in das Werkzeug und katalytische Umsetzung des Amins an der funktionalisierten Oberfläche der Faser/des Metallkörpers in alkalisch wässriger Lösung zu einem Lactam; und
- c) ringöffnende Polymerisation des Lactams zu einem Polyamid.
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Im Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die für die eigentliche Polymerisationsreaktion benötigten Lactame in-situ hergestellt. Dies wird dadurch erreicht, dass die Faser und/oder der Metallkörper eine Oberfläche aufweist, auf der ein Katalysator aufgebracht ist, der cyclische Amine zu einem Lactam umsetzt (Bereitstellung gemäß Schritt a)). Mit anderen Worten, die Monomere entstehen zunächst an der Oberfläche der entsprechend modifizierten Faser beziehungsweise des entsprechend modifizierten Metallkörpers. Die sich (unmittelbar) anschließende Polymerisation des Lactams setzt damit oberflächennah ein, so dass insgesamt eine sehr stabile Anbindung des entstehenden Polyamids an die Faser/den Metallkörper resultiert. Dies führt wiederum zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des Halbzeugs aus dem polyamidhaltigen Verbundwerkstoff.
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Für das Verfahren kann jede Art von verstärkender Faser verwendet werden, sofern sich der Katalysator an deren Oberfläche anbinden lässt. Die Faser kann beispielsweise aus Glas, Kohlenstoff, Keramik, Aramid, Bor, Stahl oder Nylon bestehen. Alternativ lassen sich auch Naturfasern, wie Flachs oder Hanffasern, verwenden.
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Der im Verbund bereitgestellte Metallkörper kann aus den üblichen im Kraftfahrzeugbau verwendeten metallischen Werkstoffen (reine Elemente oder Legierungen) bestehen. Insbesondere ist der Einsatz von eisen-, magnesium- oder aluminiumhaltigen Werkstoffen bevorzugt. Der metallische Körper wird im Bereich des Automobilbaus in der Regel vorgeformt sein, dass heißt zum Beispiel als Blech mit vorgegebenen Kontur bereitgestellt werden.
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Die im Laufe des Herstellungsverfahrens entstehende polymere Matrix besteht überwiegend aus Polyamid, insbesondere Polyamid-6. Hilfs- und Zusatzstoffe können jedoch im Schritt b) des Verfahrens zugesetzt werden, um die Materialeigenschaften oder den Prozessablauf zu beeinflussen.
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Der Katalysator muss nicht auf der gesamten Oberfläche der Faser beziehungsweise des Metallkörpers aufgetragen sein. Vielmehr ist es möglich, auch selektiv nur in vorgegebenen Oberflächenbereichen den Katalysator bereitzustellen. Gegebenenfalls kann auch die Konzentration an Katalysator in verschiedenen Oberflächenbereichen variiert werden.
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Besonders bevorzugt ist das in Schritt b) zugefügte cyclische Amin Azepan, das zu ε-Caprolactam oxidiert wird. Azepan ist eine gesättigte heterocyclische chemische Verbindung. Sie ist der einfachste siebengliedrige stickstoffhaltige Heterocyclus und wird auch häufig als Hexamethylenimin bezeichnet. Dementsprechend führt die Polymerisation im Schritt c) zu Polyamid-6 (PA6), einem polymeren Werkstoff, dem im Automobilbau aufgrund seiner Materialeigenschaften besondere Bedeutung zukommt.
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Die Faser oder der Metallkörper mit einer Oberfläche, an die ein Katalysator zur Oxidation eines cyclischen Amins zu einem Lactam gebunden ist wird im folgenden näher beschrieben.
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Bevorzugt ist der Katalysator ein Ruthenium-Komplex. Ruthenium-Komplexe eignen sich insbesondere zur Oxidation cyclischer Amine zu Amiden unter milden Reaktionsbedingungen. Besonders bevorzugt weist der Ruthenium-Komplex einen Pincer-Liganden auf. Pincer-Liganden sind terdentat an ein Metallzentrum gebundene Chelatliganden. Derartige Komplexe besitzen eine hohe thermische Stabilität, so dass die gegebenenfalls parallel stattfindende Polymerisation der cyclischen Amine nicht zu einer thermischen Deaktivierung des Katalysators führt. Darüber hinaus weist ein Pincer-Ligand ein aliphatisches oder aromatisches Rückgrat auf. Über dieses Rückgrat kann beispielsweise eine kovalente Anbindung an die Oberfläche der Faser beziehungsweise des Metallkörpers erfolgen. Ganz besonders bevorzugt dient als Katalysator ein Ruthenium-(P,N,P)-Pincer-Komplex, insbesondere auf Basis von Acridin. Derartige Katalysatoren ermöglichen die Oxidation der cyclischen Amine unter besonders milden Bedingungen und sind zudem thermisch besonders stabil. Ein Beispiel für einen derartigen Katalysator kann J. R. Khusnutdinova, Y. Ben-David, D. Milstein, J. Am. Chem. Soc., 2014, 136, 2998-3001 entnommen werden.
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Der Katalysator wird vorzugsweise kovalent an die Oberfläche der Faser/des Metallkörpers gebunden. Insbesondere kann eine solche Anbindung über den gegebenenfalls vorhandenen Pincer-Ligand erfolgen. Zur kovalenten Anbindung dient auf Seiten der Oberfläche eine reaktive Gruppe. Diese kann beispielsweise vorab elektrochemisch, mittels Plasmabehandlung oder nasschemisch erzeugt werden. Geeignete reaktive Gruppen umfassen: -OH, =O, =C=O, und -COOH. Ist der Katalysator ein Ruthenium-Komplex, so kann die kovalente Anbindung an die reaktive Gruppe der Oberfläche über einen (Pincer-)Liganden erfolgen. Anstelle einer direkten Anbindung kann auch ein Spacer, zum Beispiel ein zweifach endständig funktionalisiertes Organosilan, verwendet werden.
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Schließlich betrifft die Erfindung ein Halbzeug aus einem polyamidhaltigen Verbundwerkstoff, das gemäß dem vorab beschriebenen Verfahren hergestellt wurde. Das Halbzeug enthält also die zuvor beschriebenen modifizierten Fasern und/oder Metallkörper. Insbesondere enthält der Verbundwerkstoff Polyamid-6 (PA6) als polymere Matrix.
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Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den übrigen, in den Unteransprüchen genannten Merkmalen oder der Beschreibung.
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Die Erfindung wird nachfolgend in einem Ausführungsbeispiel anhand der zugehörigen Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
- 1 Eine schematische Schnittansicht durch ein erfindungsgemäßes Halbzeug aus einem polyamidhaltigen Verbundwerkstoff; und
- 2 ein Ablaufschema zu einer Ausführungsvariante des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung des Halbzeugs aus 1.
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1 zeigt eine schematische Schnittansicht durch ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Halbzeugs 10 aus einem polyamidhaltigen Verbundwerkstoff. Das hier dargestellte Halbzeug 10 beinhaltet als erste Komponente einen Metallkörper 12, hier ausgeformt als ein Stahlblech. Weiterhin weist das Halbzeug 10 eine polymere Matrix 14 als zweite Komponente auf, in die als Verstärkung dienende Fasern 16 als dritte Komponente eingebettet sind (Kohlenstofffasern). Die polymere Matrix 14 besteht aus Polyamid-6. Nachfolgend wird anhand eines Ablaufschemas eine Ausführungsvariante des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung des in 1 dargestellten polyamidhaltigen Verbundwerkstoffs näher erläutert.
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Im Schritt S1 des Verfahrens werden zunächst zwei zur Herstellung des Halbzeugs 10 notwendige Komponenten, nämlich der Metallkörper 12 und die Fasern 16, für das erfindungsgemäße Verfahren hergerichtet. Zunächst gilt es, einen Katalysator zur Oxidation eines cyclischen Amins zu einem Lactam an eine Oberfläche der Fasern 16 beziehungsweise des Metallkörpers 12 anzubinden.
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Im ersten Teilschritt wird dazu die Oberfläche gereinigt und durch Plasmabehandlung in Gegenwart von Sauerstoff aktiviert, so dass OH-Gruppen in den zu beschichtenden Bereichen der Fasern 16 beziehungsweise des Metallkörpers 12 bereitgestellt werden.
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Der nachfolgend dargestellten Katalysator 1 ist ein auf Acridin basierender Ruthenium-(P,N,P)-Pincer-Komplex. Die Anbindung an die Oberfläche erfolgt über ein organofunktionelles Silan, beispielsweise Dimethyldimethoxysilan. Organofunktionelle Silane sind hybride Verbindungen, welche die Funktionalität einer reaktiven organischen Gruppe mit der anorganischen Funktionalität eines Alkylsilikats verbinden. Diese besondere Eigenschaft ermöglicht ihren Einsatz als molekulare Brücken zwischen organischen und anorganischen Materialien. Die Anbindung an das anorganische Material (Faser/Metallkörper) erfolgt über hydrolysierbare OR-Gruppen. Als hydrolysierbare funktionelle Gruppen OR verwendet man hauptsächlich Methoxy- und Ethoxy-Substituenten. Da auf nahezu allen mineralischen und metallischen Oberflächen Hydroxylgruppen vorhanden sind, kommt es in der Regel zu einer kovalenten Anbindung des Silans an das anorganische Substrat im Zuge einer Kondensationsreaktion. Der Acridin-Ligand des Katalysators wird über eine am Acredingerüst bereitgestellte OH-Funktionalität kovalent an das Silan gebunden.
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Im Schritt S2 wird die derart oberflächenmodifizierte Komponente in ein Werkzeug eingebracht. Das Werkzeug ist derart ausgelegt, dass es in seinem Innern die für das Halbzeug 10 notwendige Kontur aufweist, sich mit einer Flüssigkeit befüllen lässt und gegebenenfalls temperiert werden kann.
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Im Schritt S3 wird in das Werkzeug eine alkalische wässrige Lösung von Azepan eingeleitet und auf 150 °C erhitzt. In der Folge findet am Katalysator 1 die im Schema 1 dargestellte Oxidation von Azepan hin zum ε-Caprolactam statt.
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Mit der Entstehung von ε-Caprolactam einhergehend setzt die ringöffnende Polymerisation der Verbindung hin zu Polyamid-6 ein (Schritt S4). Nach Abschluss der Reaktion wird das fertige Halbzeug 10 aus dem Werkzeug entnommen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Halbzeug
- 12
- Metallkörper
- 14
- polymere Matrix
- 16
- Faser