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Die Erfindung betrifft ein System zur dynamischen Anpassung der Fahreigenschaften eines Kraftfahrzeugs mit einer Verbundlenkerachse sowie ein Verfahren zur dynamischen Einstellung der Fahreigenschaften eines Kraftfahrzeugs.
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Eine Verbundlenkerachse ist eine Bauart der Hinterachse für Kraftfahrzeuge mit Frontantrieb. Eine Verbundlenkerachse besteht im Wesentlichen aus zwei verdreh- und biegesteifen Längslenkern, die über einen verdrehbaren, also torsionsweichen, aber biegesteifen Querträger verschweißt sind. Der Querträger hat typischerweise ein U- oder T-förmiges Profil. Bei gleichseitigem Ein- und Ausfedern verhält sich der Querträger wie eine Starrachse, bei einseitigem Ein- und Ausfedern verdreht er sich jedoch und wirkt zusätzlich wie ein Stabilisator. Die Kraftfahrzeugräder werden von Radträgern aufgenommen, die üblicherweise an den hinteren Enden der Längslenker angebracht sind. Die vorderen Enden der Längslenker der Verbundlenkerachse sind über Lager, besonders Gummilager, mit der Kraftfahrzeugkarosserie verbunden. Für einen hohen Fahrkomfort weisen die Gummilager oft ein weiches Material auf. Dabei werden Straßenunebenheiten durch weiche Gummilager ausgefiltert.
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Beim Steuern eines Kraftfahrzeugs mit Veränderung der Fahrtrichtung bewirken seitliche Kräfte eine Verdrehung der Verbundlenkerachse, verbunden mit Wanken der Verbundlenkerachse sowie mit Änderungen der Räderstellung in Längsrichtung (Spuränderung) und in vertikaler Richtung (Sturzänderung) des Kraftfahrzeugs. Diese möglichen Änderungen der Räderstellung durch in Querrichtung des Kraftfahrzeugs auf die Räder wirkende Kräfte können unter Berücksichtigung der Geometrie besonders der Räder und der Verbundlenkerachse vorausberechnet und diesen durch konstruktionsbasierte Maßnahmen entgegengewirkt werden. Dabei wird z. B. durch härteres Material der Lager eine höhere Spurstabilität erreicht, wobei harte Lager jedoch eine niedrigere Dämpfung mit sich bringen als weiche.
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In der gattungsbildenden Druckschrift
US 2006 / 0 273 530 A1 wird eine Anordnung in einem Kraftfahrzeug beschrieben, in der Längslenker über Lager mit der Karosserie verbunden sind, und an den Lagern Aktuatoren angeordnet sind, die die Rückführung eines Federelementes eines Lagers in einen vorgespannten Zustand bewirken können. In der
US 9 442 040 B2 werden Lagerelemente mit integriertem MEMS-Sensor offenbart. Weitere Druckschriften zum Hintergrund des Stands der Technik sind die
US 2008 / 0 211 293 A1 und die
DE 20 2014 103 377 U1 .
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Es besteht damit die Aufgabe, eine Vorrichtung bereitzustellen, die bei einem hohen Fahrkomfort in Querrichtung des Kraftahrzeugs wirkenden Seitenkräften entgegenwirkt. Es besteht weiterhin die Aufgabe, ein entsprechendes Verfahren bereitzustellen.
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Die erste Aufgabe wird durch ein System gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Die zweite Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 11 gelöst. Weitere Ausführungsformen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus dem Nebenanspruch, den Unteransprüchen, den Figuren und den Ausführungsbeispielen.
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Unter „Kraftfahrzeugen“ werden durch Motoren angetriebene, nicht an Spurführung gebundene Landfahrzeuge verstanden, in der vorliegenden Anmeldung insbesondere aber Kraftwagen.
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Ein „Aktuator“ ist eine Vorrichtung, die Steuerbefehle in mechanische Bewegung umsetzt und dabei einen Effekt bewirkt, wie beispielsweise in dieser Anmeldung die Kraftwirkung auf die Längslenker. Ein Aktuator kann deshalb auch als Effektor bezeichnet werden. Wird durch einen Aktuator eine geradlinige Bewegung bewirkt, wird er auch als Linearaktuator bezeichnet.
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Die „Kraftfahrzeuglängsrichtung“ ist die Orientierung der Erstreckung eines Kraftfahrzeugs vom vorderen zum hinteren Ende. Vorn ist dabei die Front des Kraftfahrzeugs, hinten das Heck.
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Die „Kraftfahrzeugquerrichtung“ ist die Orientierung der Erstreckung eines Kraftfahrzeugs von der rechten zur linken Seite und umgekehrt.
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Die „vertikale Achse“ ist senkrecht zur Kraftfahrzeuglängsrichtung und - querrichtung von unten nach oben orientiert.
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Die Begriffe „links und rechts“ beziehen sich auf die Seiten des Kraftfahrzeugs von vorn aus gesehen, also vom Blick auf die Front des Kraftfahrzeugs.
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„MEMS“ steht für „mikroelektromechanisches System“, auch als Mikrosysteme bezeichnet; diese sind miniaturisierte Geräte, deren Komponenten Abmessungen im Mikrometerbereich haben und als System zusammenwirken.
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Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein System zur dynamischen Erfassung und Einstellung von Fahreigenschaften eines Kraftfahrzeugs mit einer Verbundlenkerachse mit einem Querträger und zwei mit diesem verbundenen Längslenkern, die in Kraftfahrzeuglängsrichtung an ihren hinteren Enden jeweils mit einem Radträger zur Befestigung eines Kraftfahrzeugrades versehen sind und an ihren vorderen Enden jeweils über ein Lager mit der Kraftfahrzeugkarosserie verbunden sind, wobei an jedem Lager jeweils mindestens ein als Aktuator ausgebildetes mikroelektromechanisches System (MEMS) angeordnet ist. Ein MEMS ist ein Aktuator, wenn es eine mechanische Bewegung, z. B. durch Anlegen einer elektrischen Spannung, bewirken kann. Damit sind die MEMS an den Lagern vorgesehen, eine Bewegung der Lager zu bewirken bzw. einer Bewegung der Lager entgegenzuwirken.
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Das System ist vorteilhaft, weil dadurch bei einem fahrenden Kraftfahrzeug in Abhängigkeit von der Fahrsituation im Bereich der Lager durch die Wirkung der MEMS eine Härte eingestellt werden kann, die mit herkömmlichen Lagern nur durch anderes Material zu erreichen wäre. So können relativ weiche Gummilager durch die Wirkung von als Aktuatoren ausgebildeten MEMS bei Bedarf härter eingestellt werden.
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Bevorzugt ist zusätzlich an jedem Radträger mindestens ein als Aktuator ausgebildetes MEMS angeordnet. Damit sind die MEMS an den Radträgern vorgesehen, eine Bewegung der Räder zu bewirken bzw. einer Bewegung der Lager entgegenzuwirken.
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Weiterhin ist es bevorzugt, wenn an jedem Lager und jedem Radträger zusätzlich mindestens ein als Sensor ausgebildetes MEMS angeordnet ist. Somit können vorteilhafterweise während des laufenden Fahrbetriebs des Kraftfahrzeugs ständig Informationen über die Position der Lager und die Radstellung und damit über diverse Parameter der Fahreigenschaften ermittelt werden, wodurch dynamisch Information über den Status des Kraftfahrzeugs erhaltbar sind. Als Sensoren funktionieren MEMS dabei besonders als Inertialsensoren, d. h. sie messen Beschleunigung und Drehraten.
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Vorzugsweise sind weiterhin zusätzliche Sensoren an Radträgern, Lagern und anderen Stellen angeordnet. Diese Sensoren können MEMS umfassen, können aber auch konventionelle Sensoren für bestimmte Parameter der Fahreigenschaften sein, z. B. der Fahrgeschwindigkeit oder Federung.
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Bevorzugt ist dabei jedes Lager mittels des oder der entsprechenden MEMS relativ zur Kraftfahrzeugkarosserie in Kraftfahrzeuglängsrichtung derart beweglich, dass mit einer Bewegung des Lagers eine Bewegung der Verbundlenkerachse um die vertikale Kraftfahrzeugachse bewirkt oder einer Bewegung der Verbundlenkerachse entgegengewirkt werden kann. Vorzugsweise sind die Aktuatoren dabei Linearaktuatoren. Diese Ausführungsform ist vorteilhaft, weil durch die lineare Bewegung der Aktuatoren deren Kraftwirkung über die Lager in einer Linie in Kraftfahrzeuglängsrichtung auf die Längslenker übertragen werden kann. Die als Aktuatoren ausgebildeten MEMS können auch mit weiteren Aktuatoren in Wirkverbindung stehen, die keine MEMS sind.
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Es ist weiterhin bevorzugt, wenn jeder Radträger mittels des oder der MEMS relativ zur Kraftfahrzeugkarosserie derart beweglich ist, dass durch eine Bewegung der Radträger eine Bewegung der Räder bewirkt oder einer Bewegung der Räder entgegengewirkt werden kann.
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An jedem Lager und/oder jedem Radträger ist zusätzlich mindestens ein weiteres zur Energiegewinnung ausgebildetes MEMS angeordnet. Dabei werden mittels des MEMS beispielsweise Vibrationen oder Bewegungen der Verbundlenkerachse relativ zur Karosserie in elektrische Energie umgewandelt. Der Vorteil der Energiegewinnung mittels des MEMS besteht in einer autarken Gewinnung von Energie, die zum Betrieb der MEMS-basierten Sensoren und Aktuatoren verwendet werden kann. Weiterhin kann durch MEMS gewonnene Energie zum Betrieb weiterer Systeme des Kraftfahrzeugs und zum Aufladen seiner Batterie genutzt werden.
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Vorteilhafterweise weist mindestens ein MEMS in dem erfindungsgemäßen System piezoelektrische Elemente auf. Unter Ausnutzung des Piezoeffektes ist es effektiv möglich, aus Vibrationen an den Lagern oder Bewegungen der Räder relativ zur Karosserie oder Verbundlenkerachse sowie der Verbundlenkerachse relativ zur Karosserie Energie zu erzeugen. Bevorzugt weisen besonders die zur Energiegewinnung ausgebildeten MEMS piezoelektrische Elemente auf.
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Vorzugsweise sind die MEMS in dem erfindungsgemäßen System an verschiedenen Punkten der Radträger und Lager angeordnet und weisen verschiedene, den Radträgern und Lagern angepasste geometrische Ausbildungen auf. Besonders als Sensoren ausgebildete MEMS können damit an verschiedenen Punkten Messwerte aufnehmen.
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Vorteilhafterweise wird die Aktivität jedes MEMS durch eine Steuereinheit gesteuert. Durch ein Steuergerät werden die MEMS-Aktuatoren in Abhängigkeit von den Sensordaten und eingestellten Sollwerten angesteuert. Weiterhin wird durch das Steuergerät entschieden, ob MEMS-Aktuatoren zum Bewegen der Steuerung eingesetzt werden sollen und ob in bestimmten Situationen MEMS zur Energiegewinnung eingesetzt werden sollen. Weiterhin ist eine mit der Steuereinheit verbundene Regeleinheit vorgesehen, die durch die MEMS- und anderer Sensoren aufgenommenen Daten und Parameter zu erfassen und auszuwerten und einzustellende Positionen für die Aktuatoren vorzugeben. Durch die Steuereinheit werden mit entsprechenden Steuerungsbefehlen die Aktuatoren angesteuert, um stabilisierend auf das Kraftfahrzeug einzuwirken.
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Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug mit einem erfindungsgemäßen System. Bevorzugt ist also ein Kraftfahrzeug mit einer Verbundlenkerachse mit einem Querträger und zwei mit diesem verbundenen Längslenkern, die in Kraftfahrzeuglängsrichtung an ihren hinteren Enden jeweils mit einem Radträger zur Befestigung eines Kraftfahrzeugrades versehen sind und an ihren vorderen Enden jeweils über ein Lager mit der Kraftfahrzeugkarosserie verbunden sind, wobei an jedem Lager jeweils mindestens ein als Aktuator ausgebildetes mikroelektromechanisches System (MEMS) angeordnet ist.
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Ein dritter Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zur dynamischen Einstellung von Fahreigenschaften eines Kraftfahrzeugs mit einer Verbundlenkerachse mit einem Querträger und zwei mit verbundenen Längslenkern, die in Kraftfahrzeuglängsrichtung an ihren hinteren Enden jeweils mit einem Radträger zur Befestigung eines Kraftfahrzeugrades versehen sind und an ihren vorderen Enden jeweils über ein Lager mit der Kraftfahrzeugkarosserie verbunden sind und Radträger und Lager weiterhin mit jeweils mindestens einem MEMS verbunden sind, wobei das Verfahren folgende Schritt umfasst:
- - Erfassen einer Anzahl von Messwerten durch mindestens ein als Sensor ausgebildetes MEMS,
- - Ermitteln des Status des Kraftfahrzeugs aus den Messwerten durch eine Regeleinheit,
- - Ermitteln weiterer relevanter Parameter des Kraftfahrzeugstatus durch als Sensor ausgebildete MEMS oder andere Sensoren,
- - Ausgeben mindestens eines Steuerbefehls durch eine Steuereinheit,
- - Bewegen der Lager und/oder der Radträger mittels als Aktuatoren ausgebildeten MEMS entsprechend des Steuerbefehls.
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Das Bewegen der Aktuatoren und entsprechend der Lager und/oder der Radträger erfolgt in Abhängigkeit vom ermittelten Kraftfahrzeugstatus, um einer ungünstigen Kraftfahrzeugdynamik entgegenzuwirken, besonders für die Stabilisierung des Kraftfahrzeugs gegen in Querrichtung wirkende Kräfte. Die Vorteile des Verfahrens entsprechen dabei denen der Vorrichtung.
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In dem erfindungsgemäßen Verfahren ist in Abhängigkeit vom ermittelten Kraftfahrzeugstatus eine Energiegewinnung mittels zur Energiegewinnung ausgebildeter MEMS möglich. Dabei wandelt die MEMS mechanische Energie in elektrische Energie um. Vorteilhaft kann die Energie zum Betrieb der MEMS im erfindungsgemäßen System genutzt werden. Die Energiegewinnung kann aus Vibrationen erfolgen, oder aus in Querrichtung des Kraftfahrzeugs wirkenden Kräften aus Bewegungen der Verbundlenkerachse und/oder der Räder.
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Vorzugsweise messen zusätzliche MEMS und/oder weitere Sensoren an weiteren Stellen des Kraftfahrzeugs Parameter des Fahrzeugstatus. Vorteilhafterweise werden dabei möglichst viele Daten ermittelt, die der Ermittlung des Kraftfahrzeugstatus dienen.
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Weiterhin ist es bevorzugt, wenn eine Steuereinheit die Aktivität der MEMS in Abhängigkeit von durch einen Benutzer vorgegebenen Einstellungen kontrolliert. Dabei kann der Benutzer z. B. einen Betriebsmodus einstellen, der sich auf eine bestimmte Fahrweise bezieht. Entsprechend fließen die Voreinstellungen zusammen mit den durch die Sensor-MEMS gemessenen Daten und dem daraus ermittelten Status des Kfz in die Steuerbefehle des Steuergeräts ein.
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Die Erfindung wird anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung in Draufsicht
- 2 die Ausführungsform gemäß 1 mit zusätzlichen MEMS an den Rädern
- 3 eine Flussdiagramm einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
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Die in 1 dargestellte Ausführungsform des Systems 1 besteht aus einer Verbundlenkerachse 2 aus zwei verdreh- und biegesteifen Längslenkern, die mit einem biegesteifen, aber torsionsweichen Querträger verschweißt sind. An den hinteren Enden der Längslenker sind die Räder 3 um eine Rotationsachse 4 rotierbar an Radträgern 5 angebracht. An den vorderen Enden der Längslenker sind Lager 6 angeordnet, über die die Längslenker und damit die Verbundlenkerachse 2 mit der Kraftfahrzeugkarosserie 7 verbunden sind. An den Lagern 6 ist jeweils ein MEMS 8 angeordnet.
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Das MEMS 8 ist vorzugsweise ein als Aktuator ausgebildetes MEMS, kann aber auch ein zur Energiegewinnung oder als Sensor ausgebildetes MEMS sein. Es können auch mehrere MEMS 8 an den Lagern 6 angeordnet sein, und sowohl als Aktuator ausgebildete, zur Energiegewinnung und als Sensoren ausgebildete MEMS umfassen. Als elektromechanische Vorrichtungen umfassen die Aktuator-MEMS 8 elektromotorische Stellglieder. Es ist möglich, dass die MEMS 8 mit weiteren, größeren Aktuatoren zusammenwirken, z. B. auf diese regulierend wirken, und die weiteren Aktuatoren elektromotorische, hydraulische oder pneumatische Stellglieder umfassen.
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Weiterhin kann das System 1, wie in 2 gezeigt, weitere MEMS 9 in Bereich der Räder 3 umfassen, die an den Radträgern 5 angeordnet sind. Auch diese MEMS 9 sind vorzugsweise als Aktuatoren ausgebildete MEMS, können aber auch zur Energiegewinnung oder als Sensoren ausgebildete MEMS sein. Für die an den Radträgern 5 angeordneten als Aktuatoren ausgebildeten MEMS 9 gelten die o.g. Ausführungen entsprechend. Die Aktuator-MEMS sind so an den Radträgern angeordnet, dass sie bei Erhalten eines entsprechenden Befehls von einer Steuereinheit 12 eine Bewegung der Räder bewirken können.
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Die Sensor-MEMS erfassen vor allem Fahrzeugparameter wie Geschwindigkeit und Beschleunigung in Längsrichtung, Roll-, Nick-, und Gierbewegungen und -raten des Kraftfahrzeugs, Spur- und Sturzänderungen der Räder 3 sowie Wankbewegungen der Verbundlenkerachse 2. Das System weist weitere Sensoren 10 auf, die an diversen Punkten im System angeordnet sein können. Die Sensoren können MEMS und/oder Sensoren sein, die keine MEMS sind. Die Sensoren 10 erfassen ebenfalls die o.g. Fahrzeugparameter.
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Im dem System sind weiterhin eine Regel- 11 und die Steuereinheit 12 angeordnet. Die Regeleinheit 11 erfasst die von den Sensoren, besonders Sensor-MEMS aufgenommenen Daten zu relevanten Parametern, wertet diese aus und übermittelt die Ergebnisse an die Steuereinheit 12. Die Steuereinheit 12 übermittelt die entsprechenden Steuerbefehle an die MEMS 8 und ggf. 9.
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Jedes Lager 6 weist vorzugsweise Buchsen auf, die jeweils ein äußeres Metallelement, einen Kern aus einem Elastomer und ein inneres Metallelement umfassen. Dabei ist das Elastomer idealerweise Gummi, weil Gummi eine Verbindung von der Verbundlenkerachse 2 zur Kraftfahrzeugkarosserie 7 ermöglicht, wobei Schwingungen gedämpft werden. Über die inneren Metallelemente sind die Längslenker der Verbundlenkerachse mit den Aktuator-MEMS verbunden. Die Verbindung von Lagern 6 und Aktuatoren 8 kann dabei weitere für die Verbindung notwendige Bauteile umfassen, z. B. Zwischenstücke, Bolzen und Schrauben. Wird ein Aktuator 8 bewegt, wird diese Bewegung über diese Verbindung auf die Verbundlenkerachse 2 übertragen, und dadurch eine Rotationsbewegung der Verbundlenkerachse 2 um die vertikale Fahrzeugachse bewirkt bzw. einer entsprechenden Bewegung der Verbundlenkerachse 2 entgegenwirkt.
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Die Energiegewinnungs-MEMS wandeln mechanische in elektrische Energie um. Als mechanische Energiequelle werden dabei besonders Vibrationen, aber auch andere Bewegungen, an den Lagern 6 und Rädern 3 des Kraftfahrzeugs genutzt. Dabei werden besonders MEMS mit piezoelektrischen Elementen verwendet. Durch die MEMS 8 an den Lagern 6 werden zum einen Vibrationen genutzt, die bei der Bewegung des Kraftfahrzeugs an den Lagern 6 entstehen, und zum anderen Bewegungen der Längslenker der Verbundlenkerachse 2, die durch Verdrehung der Verbundlenkerachse 2 bei bestimmten Manövern nach vorn oder nach hinten geschoben werden. Durch die MEMS 9 an den Radträgern 5 werden Bewegungen der Räder 3 genutzt, z. B. Spur- und Sturzänderungen, wobei die Räder 3 durch ihre Bewegung in Querrichtung 14 auf die MEMS wirken und dabei elektrische Energie durch die MEMS erzeugt wird. Die durch die zur Energiegewinnung ausgebildeten MEMS gewonnene elektrische Energie wird zum Betrieb der MEMS im System genutzt, und kann weiterhin zum Betrieb anderer elektrischer Vorrichtungen im Kraftfahrzeug oder zum Aufladen der Kraftfahrzeugbatterie genutzt werden.
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Zur dynamischen Einstellung von Fahreigenschaften eines entsprechenden Kraftfahrzeugs wird, wie in 3 dargestellt, in einem ersten Schritt S1 eine Anzahl von Messwerten durch mindestens einen als Sensor ausgebildetes MEMS aufgenommen. Es können auch weitere Sensoren, die keine MEMS sind, Messwerte aufnehmen. Die Messwerte beziehen sich beispielsweise auf die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs und/oder der Räder, Lenkradwinkel, Querbeschleunigung, Gierrate, Bremsmoment und Motorwerte wie die Umdrehungszahl. Der Messwert wird zur Regeleinheit 11 übermittelt, die in Schritt S2 aus einem oder mehreren erfassten Messwerten den Status des Kraftfahrzeugs ermittelt. Zur Ermittlung des Kraftfahrzeugstatus (vehicle state estimation, VSE) wird das sogenannte Kalman-Filter verwendet, ein mathematisches Modell, mit dem der VSE unter Berücksichtigung und Entfernung von durch Sensoren verursachte Störungen ermittelt wird.
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In Schritt S3 werden weitere Parameter durch MEMS oder andere Sensoren ermittelt und an die Regeleinheit 11 übermittelt, vor allem die Sturz und Spur der Hinter- und Vorderräder, Über- oder Untersteuern durch Querkräfte, Stabilitätsindices, Lenkübersetzung sowie Dämpfungskoeffizienten und Federungskenngrößen des aktuellen Kraftfahrzeugs. Aus dem VSE und den weiteren Daten werden notwendige Steuerungsbefehle errechnet, die zur Stabilisierung des Fahrverhaltens dienen. Dazu fließen in die Berechnung auch Voreinstellungen ein, die z. B. durch den Fahrer vorgenommen werden. Praktischerweise können Voreinstellungen als Modus vorgenommen werden, z. B. als normaler, sportlicher oder Komfort-Modus.
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Im Komfort-Modus wird idealerweise hauptsächlich geradeaus gefahren und wenig gelenkt bzw. wenig durch Kurven gefahren. Dazu sind die MEMS an den Lagern 6 und Radträgern 5 so eingestellt, dass zur Energiegewinnung ausgebildete MEMS aktiviert sind und durch sie bevorzugt Energie gewonnen wird, wogegen den Lager- und Radbewegungen durch als Aktuatoren ausgebildeten MEMS wenig oder gar nicht entgegengewirkt wird. Im normalen Modus, z. B. bei Kurvenfahrten, werden die MEMS so eingestellt, dass den in Querrichtung 14 wirkenden Kräften durch die als Aktuatoren ausgebildeten MEMS an den Lagern 6 und Radträgern 5 entgegengewirkt wird, aber auf Abschnitten mit längerer ruhiger Geradeausfahrt auch Energie durch die MEMS gewonnen werden kann. Im sportlichen Modus werden die zur Energiegewinnung ausgebildeten MEMS nicht aktiviert, und die als Aktuatoren ausgebildeten MEMS an den Lagern 6 und Radträgern 5 so eingestellt, dass jederzeit Änderungen an den Rädern oder Lagern entgegengewirkt werden kann. Dadurch werden z. B. die Lager 6 härter eingestellt als Lager aus demselben Material ohne MEMS.
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In Schritt S4 wird entsprechend des ermittelten VSE und notwendiger Reaktionen zur Stabilisierung des Fahrverhaltens ein Befehl durch die Steuereinheit 12 an die Aktuatoren-MEMS 8 ausgegeben. Durch die MEMS 8 werden die Lager in Schritt S5 entsprechend den Berechnungen der Regeleinheit 11 in einer Weise bewegt, dass sie den Bewegungen der Verbundlenkerachse 2 stabilisierend entgegenwirken. Alternativ oder zusätzlich kann auch ein Steuerbefehl an die Aktuatoren-MEMS 9 ausgegeben werden, die daraufhin über die Radträger 5 die Räder 3 bewegen und vor allem quer zur Fahrtrichtung 13 lenkenden Kräften entgegenwirken.
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Ist der Status des Kraftfahrzeugs so, dass keine Stabilisierung des Fahrverhaltens zu erfolgen braucht, werden durch die Steuereinheit 12 in Schritt S4 zur Energiegewinnung ausgebildete MEMS aktiviert, die daraufhin in Schritt S5 an den Lagern 6 und/oder an den Rädern 3 aus den Bewegungen des Kraftfahrzeugs Energie gewinnen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- System
- 2
- Verbundlenkerachse
- 3
- Rad
- 4
- Rotationsachse des Rades
- 5
- Radträger
- 6
- Lager
- 7
- Karosserie
- 8
- Lager-basiertes MEMS
- 9
- Rad-basiertes MEMS
- 10
- Sensor
- 11
- Regeleinheit
- 12
- Steuereinheit
- 13
- Längsrichtung des Kraftfahrzeugs
- 14
- Querrichtung des Kraftfahrzeugs