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Die Erfindung betrifft Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugs zur Vermeidung einer Kollision mit einem Kollisionsobjekt, insbesondere mit einem Fußgänger, ein entsprechendes Computerprogramm, ein entsprechendes maschinenlesbares Speichermedium auf dem das Computerprogramm gespeichert ist sowie eine entsprechende elektronische Steuereinheit, mithin ein Steuergerät für ein Fahrzeug.
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Stand der Technik
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In Deutschland sind bei etwa 10 % aller Straßenverkehrsunfälle Fußgänger beteiligt. In mehr als 60 % dieser Unfälle mit Fußgängerbeteiligung ist ein PKW, beteiligt.
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In einem nicht unerheblichen Anteil dieser Unfälle ist es nicht immer möglich, den Unfall mit einem reinen Bremseingriff, d.h. durch Verzögern des Fahrzeugs, zu verhindern.
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Allerdings kann zur Vermeidung einer Kollision in diesen Fällen ein Ausweichen, d.h. ein lateraler Versatz des Fahrzeugs, hilfreich sein.
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Eine Schwierigkeit, mit der sich ausweichende Systeme auseinandersetzen müssen, ist es, das Fußgänger-Verhalten in Bezug zu dessen Bewegungsablauf vorherzusagen.
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Bekannte Vorhersagemodelle berücksichtigen bisher nicht das Verhalten eines Fußgängers in der Pre-Crash-Phase eines realen Unfalls.
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Um zu vermeiden, dass es trotz Ausweichens zu einer Kollision mit einem Fußgänger kommt, weil bspw. der Fußgänger selbst versucht in die von dem System gewählte Richtung auszuweichen, wird der notwendige Lateralversatz zur Vermeidung einer Kollision um einem Sicherheitsaufschlag vergrößert.
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Dies führt zu dem Zielkonflikt, dass durch das Ausweichmanöver zwar der Fußgänger geschützt werden kann, allerdings andere Verkehrsteilnehmer, wie bspw. der Gegenverkehr, Nachbarfahrzeuge, weitere Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer, u.U. in Gefahr gebracht werden können.
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Soll Ausweichen zur Kollisionsvermeidung genutzt werden, ist es daher das Ziel, den Lateralversatz so gering wie möglich und gleichzeitig so groß wie nötig zu wählen.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs vor mit den Schritten:
- a. Erkennen einer bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs mit einem Kollisionsobjekt, insbesondere mit einem erhöht gefährdeten Verkehrsteilnehmer (VRU), insbesondere mit einem Fußgänger und Abschätzen eines Aufprallbereichs des Kollisionsobjekts auf das Fahrzeug;
- b. Bestimmen eines lateralen Versatzes des Fahrzeugs zur Vermeidung der Kollision abhängig von dem abgeschätzten Aufprallbereich;
- c. Herbeiführen des lateralen Versatzes zur Vermeidung der Kollision.
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Unter einem Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugs können Verfahren verstanden werden, die den Fahrer bei der Bewältigung der Fahraufgabe unterstützen (Fahrerassistenzsysteme), teilweise die Fahraufgabe übernehmen (automatisierte Fahrfunktionen) oder vollständig die Fahraufgabe übernehmen (voll-automatisches Fahren).
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Unter einem Kollisionsobjekt kann vorliegend jegliches Objekt verstanden werden, mit dem eine Kollision möglich ist. Insbesondere ist das vorliegende Verfahren zur Vermeidung von Kollisionen mit erhöht gefährdeten Verkehrsteilnehmern, auch Vulnerable Road User (VRU) genannt. Darunter sind jegliche Teilnehmer am Straßenverkehr zu verstehen, die sich im Falle einer Kollision mit einem Fahrzeug in einer unterlegenen Situation befinden. Dazu zählen u. a. Zweiradfahrer, Fußgänger und insbesondere Kinder.
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Unter einem lateralen Versatz kann vorliegend verstanden werden, dass das Fahrzeug von seiner ursprüngliche Trajektorie lateral abweicht.
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Unter einem Aufprallbereich kann vorliegend ein lateraler Bereich im Bereich der Fahrzeugfront verstanden werden.
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Die Erfindung basiert auf der Erkenntnis, dass ein sich bewegendes Kollisionsobjekt, wie bspw. ein VRU oder Fußgänger, in alle Richtungen innerhalb gewisser Grenzen beschleunigen (siehe 1) könnte.
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Dieser „Aktionsradius“ wird jedoch nicht ausgeschöpft, da – abhängig vom Aufprallbereich – bestimmte Beschleunigungsrichtungen vom Kollisionsobjekt, wie bspw. ein VRU oder Fußgänger, nicht gewählt werden oder gewählt werden können.
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Aus der Kenntnis des Reaktionsverhaltens des Kollisionsobjekts, wie bspw. eines VRU oder Fußgängers, ergibt sich der Vorteil, dass die Bestimmung des maximal notwendigen Lateralversatzes zur Vermeidung einer Kollision mit einem kreuzenden Fußgänger exakter oder präziser erfolgen kann.
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Im Weiteren wird anhand des möglichen Reaktionsmusters des Kollisionsobjekts, wie bspw. eines VRU oder Fußgängers, ein Lateralversatz zur Vermeidung der Kollision ermittelt.
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Konkret kann ein maximal notwendiger Lateralversatz zur Vermeidung der Kollision reduziert werden, wenn es nachweislich sehr wahrscheinlich ist, dass sich das Kollisionsobjekt, wie bspw. ein VRU oder Fußgänger, nicht in diesen Bereich hinein bewegen wird.
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Dadurch sinkt das Risiko der Gefährdung weiterer Verkehrsteilnehmer, bspw. des Gegenverkehrs oder weiterer Objekte bzw. Personen am Fahrbahnrand udgl.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung ist mit speziellen Bezug zur Reaktion auf Kollisionen mit Fußgängern ausgelegt. Da Fußgänger ein probalistisches Reaktionsverhalten auf drohende Kollisionen aufweisen, dessen Kenntnis über dieses Reaktionsverhalten vorliegend vorteilhaft zur Bestimmung eines lateral Versatzes zur Vermeidung einer Kollision mit Fußgänger eingesetzt werden kann.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform wird zur Bestimmung des lateralen Versatzes die Zeit bis zum Eintreffen der abgeschätzten Kollision herangezogen, um den lateralen Versatz zu bestimmen. Durch die Hinzunahme der Zeit bis zum Eintreffen der Kollision kann der laterale Versatz genauer ermittelt werden und kann geringer ausfallen. Dies führt zu einem verringerten Risiko der Gefährdung weiterer Verkehrsteilnehmer durch das lateral versetzte Fahrzeug.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird zur Bestimmung des lateralen Versatzes mindestens ein Bewegungsparameter des Kollisionsobjekts herangezogen. Unter Bewegungsparameter kann vorliegend u. a. verstanden werden:
- – eine Bewegungsgeschwindigkeit des Kollisionsobjekts;
- – eine Bewegungsrichtung des Kollisionsobjekts;
- – eine Wahrscheinlichkeit der Änderungen eines des Bewegungsparameters des Kollisionsobjekts;
- – ein Ausmaß der Änderung eines des Bewegungsparameters des Kollisionsobjekts.
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Diese Bewegungsparameter (bspw. Bewegungsgeschwindigkeit, Bewegungsrichtung) können teilweise durch geeignete Sensoriken (bspw. Video- und/oder Radar- und/oder Lidar-Sensoriken) erfasst werden und können teilweise als Parameter des Verfahrens vorbestimmt sein (bspw. Wahrscheinlichkeit der Änderungen eines der Bewegungsparameter).
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Die Wahrscheinlichkeiten der Änderung eines Bewegungsparameters und das Ausmaß der Änderung eines Bewegungsparameters können bspw. aus empirischen Untersuchungen von realen oder nachgestellten Unfallereignissen ermittelt werden.
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Durch die Hinzunahme mindestens eines Bewegungsparameters des potentiellen Kollisionsobjektes kann der zur Vermeidung der Kollision notwendige laterale Versatz genauer ermittelt werden und kann geringer ausfallen. Dies führt zu einem verringerten Risiko der Gefährdung weiterer Verkehrsteilnehmer durch das lateral versetzte Fahrzeug.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform des Verfahrens wird im Schritt des Bestimmens ein minimaler lateraler Versatz zur Vermeidung der Kollision und/oder ein maximaler lateraler Versatz zur Vermeidung der Kollision bestimmt wird und im Schritt des Herbeiführens ein lateraler Versatz herbeigeführt, der größer oder gleich dem minimalen lateralen Versatz ist und/oder der kleiner oder gleich dem maximalen lateralen Versatz ist.
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Der minimale laterale Versatz kann dabei auf Parametern bestimmt werden, die zu einem lateralen Versatz führen, der so groß ist wie nötig, um eine Kollision zu vermeiden. Der maximale laterale Versatz kann dabei auf Parametern bestimmt werden, die zu einem lateralen Versatz führen, der so klein ist wie möglich, um eine Kollision zu vermeiden.
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Im Weiteren liefert die Erfindung ein Entscheidungskriterium zu einer möglichen Ausweichstrategie, um eine drohende Kollision mit einem Kollisionsobjekt, wie bspw. einem VRU oder Fußgänger, zu vermeiden. Unter Berücksichtigung der Bewegungsrichtung des Kollisionsobjekts, wie bspw. eines VRU oder Fußgängers, und des Umfelds, wird eine Ausweichstrategie festgelegt.
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Dazu wird im Schritt des Erkennens ein Umfeld des Fahrzeugs erfasst und im Schritt des Bestimmens der laterale Versatz abhängig von dem erfassten Umfeld bestimmt.
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Unter einem erfassten Umfeld sind vorliegend geeignete Informationen zu verstehen, die einer Sensorik entstammen, die dazu ausgelegt ist, ein Umfeld um das Fahrzeug zu erfassen.
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Bspw. ist es durch das Heranziehen des erfassten Umfeldes möglich bei der Entscheidung, ob ein lateraler Versatz nach links oder nach rechts geschehen soll, abzuschätzen in welcher der möglichen Richtungen ein geringeres Risiko auftritt, weitere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform kann das Verfahren der vorliegenden Erfindung mit einer gleichzeitigen Verzögerung des Fahrzeugs, mithin in Kombination mit einem bremsenden Eingriff, erfolgen. Insbesondere dadurch, dass vor und/oder nach und/oder während des Schritts des Herbeiführens ein Schritt des Verzögerns erfolgt, wobei im Schritt des Verzögerns das Fahrzeug verzögert wird.
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In einer speziellen Ausführung dieser Ausführungsform wird das Fahrzeug im Schritt des Verzögerns maximal verzögert.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform des Verfahrens erfolgt vor dem Schritt des Bestimmens und/oder vor dem Schritt des Herbeiführens ein Schritt des Prüfens, wobei im Schritt des Prüfens geprüft wird, ob die Kollision nur durch Verzögern des Fahrzeugs, insbesondere durch maximales Verzögern des Fahrzeugs, vermieden werden kann und die Schritte des Bestimmens und/oder des Herbeiführens nur erfolgen, wenn die Prüfung negativ ausfällt.
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Da das Herbeiführen eines lateralen Versatzes mit dem Risiko verbunden ist für weitere Verkehrsteilnehmer eine Gefährdung darzustellen, ist es vorteilhaft, wenn das Verfahren der vorliegenden Erfindung nur dann zum Einsatz kommt, wenn ein weniger risikoträchtiges Verfahren als aussichtslos bzw. weniger wirksam erkannt wird. Dadurch kann als Ultima-Ratio dennoch ein Schutz des Kollisionsobjekts, wie bspw. eines VRU oder Fußgängers, erreicht werden, der ansonsten durch ein Verfahren, das lediglich einen Bremseingriff vorgesehen hätte, nicht erreichbar gewesen wäre.
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Es versteht sich, dass die vorteilhaften Ausführungsformen des Verfahrens der vorliegenden Erfindung sowohl einzeln als auch in Kombination miteinander umgesetzt werden können.
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Ein weiterer Aspekt dieser Erfindung betrifft ein Computerprogramm, welches eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens der vorliegenden Erfindung auszuführen.
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Ein weiterer Aspekt dieser Erfindung betrifft ein maschinenlesbares Speichermedium auf dem vorstehendes Computerprogramm gespeichert ist.
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Ein weiterer Aspekt dieser Erfindung betrifft eine elektronische Steuereinheit, mithin ein Steuergerät, insbesondere für ein Fahrzeug, die bzw. das eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens der vorliegenden Erfindung auszuführen.
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Ein weiterer Aspekt dieser Erfindung betrifft ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug, wobei das Fahrerassistenzsystem dazu geeignet ist, zumindest teilweise automatisch einen lateralen Versatz des Fahrzeugs herbeizuführen, umfassend Mittel zum Erkennen einer bevorstehenden Kollision und Mittel zum Bestimmen eines lateralen Versatz zur Vermeidung der Kollision und Mittel zum Herbeiführen des lateralen Versatzes zur Vermeidung der Kollision und welches eingerichtet ist alle Schritte des Verfahrens der vorliegenden Erfindung auszuführen.
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Der hier vorgestellte Ansatz wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
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1 einen Aktionsradius eines gehenden Fußgängers;
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2 eine Definition lateraler Kollisionsbereiche;
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3 eine Auswertung der Reaktionen von Fußgängern in Abhängigkeit eines Aufprallbereichs;
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4 eine alternative Definition lateraler Kollisionsbereiche;
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5 ein Beispiel für die Ermittlung eines Lateralversatzes zur Vermeidung einer Kollision;
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6 ein Ablaufdiagramm des Verfahrens der vorliegenden Erfindung;
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7 ein Blockschaltbild einer elektronischen Steuereinheit
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In der nachfolgenden Beschreibung günstiger Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden für die in den verschiedenen Figuren dargestellten und ähnlich wirkenden Elemente gleiche oder ähnliche Bezugszeichen verwendet, wobei auf eine wiederholte Beschreibung dieser Elemente verzichtet wird.
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1 zeigt Beschleunigungsmöglichkeiten eines gehenden Fußgängers FG. Mit der Richtung A wird die aktuelle Gehrichtung des Fußgängers FG angezeigt. Erkennt der Fußgänger eine drohende Kollision, so wird sich der Fußgänger zur Vermeidung einer Kollision, im Falle, dass der Fußgänger FG reagiert, für ein Ausweichen in eine der Beschleunigungsmöglichkeiten B1 bis B4.
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2 zeigt eine Definition lateraler Kollisionsbereiche. Abhängig von der Gehrichtung A eines Fußgängers FG im Bezug zu einem Fahrzeug FZG kann die Fahrzeugfront FF in drei Bereiche Near Side NS, Center Area CA und Far Side FS eingeteilt werden. In der dargestellten Variante nehmen die Near Side NS und die Far Side FS jeweils ca. 30 % der Fahrzeugfront FF ein. Für die Center Area CA verbleiben dann die restlichen ca. 40 %.
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3 zeigt die Reaktion der Fußgänger in Abhängigkeit des Aufprallbereichs (Near Side NS; Center Area CA; Far Side FS). Die Ergebnisse entstammen einer Auswertung von videodokumentierten Unfällen mit Fußgängerbeteiligung.
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Ausgewertet wurden die Reaktionen:
- – der Fußgänger beschleunigt;
- – der Fußgänger verzögert oder hält an;
- – der Fußgänger geht zurück;
- – die Reaktion des Fußgänger ließ sich nicht zuordnen;
- – der Fußgänger zeigte keine Reaktion.
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Aus der Darstellung der Auswertung in 3 lässt sich zeigen, dass
- (1) Fußgänger überwiegend nicht reagieren
- (2) Fußgänger nicht zur Fahrzeugmitte (Center Area, CA) hin beschleunigen bzw. verzögern;
- (3) Wenn eine Beschleunigung der Fußgänger stattfindet, dann nahezu ausschließlich von der Fahrzeugmitte (Center Area; CA) weg.
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4 zeigt eine alternative Aufteilung der Fahrzeugfronr in Near Side NS, Center Area CA und Far Side FS Bereiche. In dieser Alternativen Aufteilung sind die Anteile der Near Side NS und Far Side FS Bereiche wesentlich größer als der Center Area Bereich. In dieser alternativen Aufteilung tritt der Vorteil auf, dass der Reaktion der Fußgänger Rechnung getragen wird, wonach der Fußgänger – sofern er reagiert – von der Fahrzeugmitte weg beschleunigt.
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Ein Anteil der verzögernden FG im Near Side Bereich und ein Anteil der beschleunigenden FG im Far Side Bereich wäre ohne FG-Reaktion vom mittleren Bereich der PKW-Front getroffen worden.
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Daher kann es sinnvoll sein, dass für einen Algorithmus, der die Entscheidung über die Ausweichrichtung und den notwendigen Lateralversatz trifft, die Außenbereiche vergrößert werden.
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Die alternative Aufteilung der Fahrzeugfront, wie in 4 dargestellt, trägt diesem Umstand Rechnung.
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5 zeigt ein Beispiel für die Ermittlung eines Lateralversatzes zur Vermeidung einer Kollision. Ein Fußgänger bewegt sich mit ein Bewegungsgeschwindigkeit vFG = 2 m/s in eine Gehrichtung A. Ein Fahrzeug bewegt sich mit einer Fahrgeschwindigkeit vego = 12 m/s auf seiner Trajektorie. Zum dargestellten Zeitpunkt beträgt der laterale Abstand zwischen dem Fahrzeug und dem Fußgänger 0,5 m. Wird es zu keiner Änderung der Bewegungsparameter kommen, so schätzt das vorliegende System eine Zeit bis zur Kollision auf der Near Side NS des Fahrzeugs FG von 0,42 s ab. In dieser Zeit würde der Fußgänger eine Strecke von 0,83 m zurücklegen. Daraus kann das Verfahren der vorliegenden Erfindung bestimmen, dass ein Lateralversatz dy = 0,33 m zur Vermeidung der Kollision notwendig wäre. Aufgrund der Erkenntnis, dass ein Fußgänger unabhängig von dem zur erwartenden Aufprallbereich mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Reaktion zeigen wird, d.h. seine Bewegungsparameter nicht ändern wird, bzw., dass ein Fußgänger, der einen Aufprall auf die Near Side NS des Fahrzeugs FG erwarten muss, seine Bewegungsgeschwindigkeit verzögern bzw. ganz anhalten wird, kann durch das Verfahren der Lateralversatz dy = 0,33 m bestimmt werden. Dieser Lateralversatz liegt niedriger, als bei bisherigen Ausweichstrategie, so kann der Zielkonflikt gelöst werden, eine Kollision durch ein Ausweichmanöver zu vermeiden, ohne dabei weitere Verkehrsteilnehmer durch das Manöver zu gefährden.
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6 zeigt ein Ablaufdiagramm des Verfahrens der vorliegenden Erfindung. Im Schritten 601 bis 603 wird eine bevorstehende Kollision erkannt durch, Detektion und Klassifizierung eines Fußgängers, Prädiktion der Fußgängerbewegung 602 bspw. unter Annahme einer gleichförmigen Bewegung des Fußgängers und der Entscheidung 603, ob eine Kollision bevorsteht, bzw. ob sich der Fußgänger auf einem Kollisionskurs befindet. Wird die Entscheidung verneint, wird das Erkennen einer Kollision 601–603 durchgeführt. Wir die Entscheidung bejaht, wird abhängig von mindestens einem Bewegungsparameter 604 des Fußgängers eine Bestimmung 605 eines Aufprallbereichs (Near Side NS, Center Area CA, Far Side FS) durchgeführt. Wird eine Kollision mit der Near Side ermittelt, so wird die Größe des Lateralversatzes ermittelt 606a. Darauf folgt im Schritt 607a die Prüfung anhang von bspw. Daten über das Umfeld um das Fahrzeug FZG herum, ob ein lateraler Versatz möglich ist. Ist der Versatz möglich, so wird ein Lateralversatz in Richtung der Far Side FS herbeigeführt 608a. Wird eine Kollision mit der Center Area ermittel, so wird die Größe des Lateralversatzes ermittelt 606b. Darauf folgt im Schritt 607b die Prüfung anhang von bspw. Daten über das Umfeld um das Fahrzeug FZG herum, ob ein lateraler Versatz möglich ist. Ist der Versatz möglich, so wird ein Lateralversatz in Richtung weg von der Center Area CA herbeigeführt 608b. Die Richtung kann dabei vorbestimmt sein. Wird eine Kollision mit der Far Side FS ermittel, so wird die Größe des Lateralversatzes ermittelt 606c. Darauf folgt im Schritt 607c die Prüfung anhang von bspw. Daten über das Umfeld um das Fahrzeug FZG herum, ob ein lateraler Versatz möglich ist. Ist der Versatz möglich, so wird und ein Lateralversatz in Richtung der Near Side NS herbeigeführt 608c.
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In der dargestellten Ausführungsform kann die Richtung des Lateralversatzes vorbestimmt sein.
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In der folgenden Tabelle ist bspw. eine Ausweichstrategie aufgeführt, die abhängig von dem Aufprallbereich (Near Side NS, Center Area CA, Far Side) Ausweichrichtungen und beispielhafte (Maximal- bzw. Minimal-)Größen für den lateralen Versatz umfasst.
Erkannter
Aufprallbereich | Ausweichstrategie:
Ausweichen in Richtung ... | Beispielhaft
notwendiger
Lateralversatz |
Near Side NS | Far Side FS | < 0,5 m |
Center Area CA | Far Side FS oder
Near Side NS | >> 0,5 m |
Far Side FS | Near Side NS | < 0,5 m |
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In einer alternativen Ausführungsform des Verfahrens der vorliegenden Erfindung kann die Richtung des Lateralversatzes von ermittelten Umfeldinformationen abhängen.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung wurde vorstehend mit der Annahme, dass Rechtsverkehr vorliegt beschrieben, dabei kann das Verfahren auch auf den Linksverkehr angewendet werden. Die Ausweichstrategie in Anhängigkeit der Fußgänger-Bewegungsrichtung und der Fußgänger-Reaktion bleibt gleich.
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7 zeigt ein Blockschaltbild eines Fahrerassistenzsystems 7 umfassend eine elektronischen Steuereinheit 70, mithin eines Steuergeräts, gemäß der vorliegenden Erfindung.
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Aufbauend auf dem oben beschriebenen probalistischen Reaktionsverhalten des Kollisionsobjekts, wie bspw. eines VRU oder Fußgängers FG, werden die verfügbaren Informationen, welche z.B. in einem EEPROM 74 abgespeichert vorliegen, herangezogen um den Lateralversatz dy entsprechend zu parametrieren bzw. zu bestimmen, um den Lateralversatz dy herbeizuführen.
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Das vorstehend beschriebene Verfahren 600 gemäß der vorliegenden Erfindung kann in einer dafür vorgesehenen elektronischen Steuereinheit 70, mithin einem, Steuergerät, erfolgen. Idealerweise läuft das Verfahren der vorliegenden Erfindung in einem bereits vorhandenen Steuergerät 70 ab.
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Informationen über die Fahrzeuggeschwindigkeit vego können dabei ein Fahrzeugkommunikationssystem 85, bspw. über einen CAN Bus, an das Steuergerät 70 übermittelt werden. Bewegungsparameter (vFG, A, B1–B4) von Fußgängern FG können über geeignete Umfeldsensoriken 83, wie bspw. Video- bzw. Lidar- bzw. Radar- bzw. Ultraschallsysteme, erfasst werden. Auch denkbar wäre, dass die Bewegungsparameter (vFG, A, B1–B4) von Fußgängern FG mittels Car-2-X-Kommunikationsmittel übertragen werden. Von den Umfeldsensoriken 83 bzw. Kommunikationsmitteln können die Bewegungsparameter (vFG, A, B1–B4) der Fußgänger FG ebenfalls über ein Fahrzeugkommunikationssystem 85 an das Steuergerät 70 übermittel werden. Die elektronische Steuereinrichtung 70 weist geeignete Mittel 75 auf, um aus den übermittelten Daten eine bevorstehende Kollision mit einem Fußgänger FG zu erkennen, geeignete Mittel 75, um abhängig von mindestens einem Bewegungsparameter (vFG, A, B1–B4) des Fußgängers FG einen lateralen Versatz dy zur Vermeidung der Kollision zu bestimmen und geeignete Mittel 91, um einen entsprechenden lateralen Versatz dy bei dem Fahrzeug FZG herbeizuführen. Diese Mittel 91 zum Herbeiführen können auch in Form von Schnittstellen zu geeigneten Aktuatoriken des Fahrzeugs FZG vorliegen, die über die Schnittstellen geeignete Signale erhalten, um den ermittelten lateralen Versatz dy herbeizuführen. Die Aktuatoriken können dabei unter anderem Lenksysteme bzw. Bremssysteme des Fahrzeugs FZG sein.